Entstehung und Nutzung Der Begriff „Mauer“ ist lateinischen Ursprungs („murus“) und fand unter römischer Herrschaft Verbreitung in den von germanischen Stämmen besiedelten Gebieten. Im Gegensatz zu den damals hier verwendeten geflochtenen und lehmverschmierten Wänden ist eine Mauer ein Massivbau, welcher aus Natursteinen oder künstlichen Steinen mit oder ohne Mörtel zusammengefügt wurde. Mauern, Wände, Hecken, Wälle und Zäune dienen der Einfriedung, d.h. der Abgrenzung und dem Schutz von Eigentum. Zusätzlich übernehmen Mauern auch eine Stützfunktion. Mauern sind sowohl in der Stadt als auch in der freien Landschaft zu finden und prägen unsere Kulturlandschaft als Haus, Hof, Burg, Kloster, Grundstücksumfriedung oder als stützende Weinbergsmauern.
Ökologische Bedeutung Sobald das Material einer Mauer oder eines Daches eine gewisse Rauigkeit besitzt, ist dies nach einigen Jahren der Ansatzpunkt für eine spontane Besiedlung durch Pionierorganismen, die resistent gegen Trockenheit und intensive Sonneneinstrahlung sind. Algen, Flechten, Moose, Farn- und Blütenpflanzen treten in der Sukzessionsfolge nacheinander auf. Übertragen auf natürliche Lebensräume sind Mauern mit Gesteinsfluren und Felsen mit wertvollen und seltenen Felsspalten gleichzusetzen. Um einen wertvollen Lebensraum für „Fugenbewohner“ darstellen zu können, sollten die Natursteine locker aufeinandergeschichtet werden und wenn nötig, möglichst mit Kalkmörtel verfugt sein. Selbst in der Natur sind Felsspalten sehr selten zu finden. Daher werden Mauerfugen bevorzugt von ansonsten konkurrenzschwachen Spezialisten besiedelt. Bleiben diese ungestört, können nun über viele Jahre hinweg Artengemeinschaften zwischen langsamwachsenden Mauerritzenpflanzen und tierischen Fugenbewohnern mit geringem Aktionsradius reifen. Es kann zwischen 100-500 Jahre dauern, bis Mauergesellschaften zur optimalen Entfaltung gelangen und Symbiosen miteinander eingehen. Mauern können unterteilt werden in eine feuchtere „Krone“ und trockenere „Flanken“. Zudem weist sie je nach Ausgangsgestein, Fugenfüllung und Exposition Standortunterschiede auf kleinstem Raum auf und kann demnach extrem artenreich sein.
In Mauerwerken herrschen vergleichbare Bedingungen wie in natürlichen Felsformationen, die eher selten auftreten. Meist handelt es sich um sonnenexponierte Flächen, die sich enorm aufwärmen. Ähnlich wie an Felskuppen kommen Farnarten wie der Braunstielige Streifenfarn (Asplenium trichomanes) vor oder unterschiedliche Mauerpfeffer-Arten (u.a. Sedum acre, Sedum album, Sedum telephium, Sedum dasyphyllum).
Blüten und Blätter, aber auch Algen und Flechten bilden die Nahrung für verschiedene Insektenarten; jedoch leben viele davon räuberisch. Die Mauerfauna setzt sich zusammen aus Spinnenarten, Weberknechten, Ameisen, Asseln, Laufkäfern, Wildbienen und Wespen. Gerade für sie sind die Lücken und Spalten in der Mauer ideal zur Anlage von Wohnhöhlen und Brutröhren. Auch Schmetterlinge wie der Karstweißling oder der Admiral kommen hier vor. Gängige Vertreter der Wirbeltiere sind die Mauereidechse, Zauneidechse, Kreuzotter, Östliche und Westliche Smaragdeidechse oder die Schlingnatter. Auch Amphibien, wie die Erdkröte, finden hier ein geeignetes Versteck.
Die Mauervegetation hatte über ihre Bedeutung als tierische Nahrung hinaus in vergangenen Zeiten auch eine medizinische Funktion: So dienten der Braunstielige Streifenfarn, der Goldlack und der Dach-Hauswurz als Heilpflanzen.
Gefährdung Alte Mauern sind vor allem durch Verfall, Säuberung mit dem Sandstrahler oder fehlerhafte Restaurierung bedroht. Entweder werden sie gänzlich beseitigt oder mit Betonmörtel verfugt, sodass gerade die auf die Fugen angewiesenen Arten verschwinden.
Besonderheit Alte Gemäuer haben neben ihrem kulturhistorischen und oft auch Denkmalwert einen sehr hohen ökologischen Wert. Beides geht zusammen einher, da nur das hohe Maueralter solch wertvolle Mauerlebensgemeinschaften hervorbringen kann und den historischen Charakter unterstreicht. Im Jahr 2016 wurden die Trockenmauern zum Biotop des Jahres gewählt.
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