Kulturlandschaft als Lebensraum

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Naturschutz
Spätestens seit der „neolithischen Revolution“ und der Sesshaftwerdung des Menschen steht die nacheiszeitliche Naturlandschaft unter der stetig zunehmenden Einflussnahme durch den Menschen. In Deutschland kann längst keine Rede mehr von einer vom Menschen unberührten oder unbeeinflussten Naturlandschaft sein - vielmehr sprechen wir von einer Kulturlandschaft als Landschaft aus zweiter Hand. Bis zur industriellen Revolution Anfang des 20. Jh. bot das vorhandene vielfältige, da extensiv genutzte Mosaik aus Offenland- und Waldflächen Lebensraum für eine hohe Artenvielfalt. Da die extensive Bewirtschaftungsweise der Kulturlandschaft heute nicht mehr rentabel ist und kaum noch zur Anwendung kommt, handelt es sich um eine historische Kulturlandschaft. Jedoch bieten gerade die Erhaltung und Wiederherstellung historischer Kulturlandschaften und ihrer Elemente einen Ansatzpunkt für die Sicherung der Biodiversität: Historische Kulturlandschaftselemente sind als Lebensräume mit einer hohen genetischen und Artenvielfalt zu bezeichnen. Zwischen den einzelnen Arten eines Lebensraumes bestehen zudem vielfältige Zusammenhänge und Abhängigkeiten.

Im Laufe der Zeit differenzierte sich die Nutzung der Landschaft immer weiter und stärker aus, mit der Folge, dass sich entsprechend der neuen gegebenen Verhältnisse speziell angepasste Artenspektren aus Flora und Fauna einstellten. Dies betraf nicht nur die landwirtschaftlich genutzten Flächen, sondern im Zuge der Industrialisierung auch Abbauflächen zur Rohstoffgewinnung, Flächen für Industriebetriebe und die Verkehrserschließung, Flächen für wasserbauliche Maßnahmen zur Sicherung vor Hochwässern oder zur Anlage von Mühlenbetrieben, Siedlungsflächen etc.

Dieses durch den Menschen geschaffene Nutzungsmosaik, die Kulturlandschaft, ist die Grundlage für eine speziell auf die jeweilige Wirtschaftsweise angepasste Artenvielfalt, die nur hier ihre optimalen Lebensbedingungen vorfindet und die oft in einem Verbund aus Zusammenhängen, Kreisläufen und Abhängigkeiten mit anderen Lebewesen besteht (= ökosystemare Zusammenhänge). Mit Nutzungsende oder -änderung oder bei geringfügigen Änderungen in der Artenzusammensetzung hat dies unmittelbar Auswirkungen auf die individuellen Lebensbedingungen der jeweils angepassten Arten. Viele historische Kulturlandschaftselemente und die darin eingebetteten Ökosysteme sind somit sehr fragile und folglich besonders bedrohte Lebensräume: Da ihre ursprüngliche Funktion oftmals aus vor allem wirtschaftlichen Gründen nicht mehr nötig ist, werden sie aufgegeben.

Ein Verlust an historischer Kulturlandschaft und ihren Elementen bedeutet gleichzeitig ein Verlust an Biodiversität: Wenn historische Kulturlandschaft nicht mehr genutzt bzw. gepflegt wird, geht sie auch als Lebensraum für die Vielfalt spezialisierter Tier- und Pflanzenarten verloren, die dann von durchsetzungsstarken „Generalisten“ unterdrückt werden.

In der Storymap „Historische Kulturlandschaften als Lebensräume“ werden die Bedeutung historischer Kulturlandschaftselemente als Lebensräume und einige Beispiele für ökosystemare Zusammenhänge vorgestellt.

Unter folgenden Links werden Kulturlandschaftselemente in ihrer Eigenschaft als Lebensraum präsentiert:

Hohlwege
Mauern
Steinbrüche
Streuobstwiesen

(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2022)

Internet
www.bmuv.de: Ursachen für die Bedrohung der Tier- und Pflanzenarten (abgerufen am 14.12.2022)
spektrum.de: Intensivlandwirtschaft (abgerufen am 14.12.2022)


Literatur

Landschaftsverband Rheinland, Amt für Bodendenkmalpflege (1999)
Pflanzenspuren. Archäobotanik im Rheinland: Agrarlandschaft und Nutzpflanzen im Wandel der Zeiten. (Materialien zur Bodendenkmalpflege im Rheinland 10.) Köln.
Landschaftsverband Westfalen-Lippe; Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) (2007)
Erhaltende Kulturlandschaftsentwicklung in Nordrhein-Westfalen. Grundlagen und Empfehlungen für die Landesplanung (Kulturlandschaftlicher Fachbeitrag zur Landesplanung in Nordrhein-Westfalen. Fachgutachten zum Kulturellen Erbe in der Landesplanung. Münster u. Köln.

Kulturlandschaft als Lebensraum

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„Kulturlandschaft als Lebensraum”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-344468 (Abgerufen: 6. Dezember 2024)
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