Der Weg von der Stadt zur Festung
Der Ausbau der inneren Umwallung
Umbau und Abriss der alten Befestigungsanlagen
Die mittelalterliche Stadtmauer in der heutigen Zeit
Internet, Quelle, Literatur
Der Weg von der Stadt zur Festung
1815 siegten die Preußen zusammen mit ihren russischen Verbündeten über die französischen Truppen unter Napoleon. Als Folge dessen wurde Köln auf dem Wiener Kongress dem Königreich Preußen zugesprochen. Bereits ein gutes Jahr zuvor, am 14. Januar 1814, erreichten die verbündeten Truppen bei ihrem Vorgehen gegen Frankreich die Stadt Köln. Die seit 1794 bestehende, von vielen Kölner Bürgern anfangs eher als Befreiung wahrgenommene französische Herrschaft endete somit. Der Einzug der Preußen sollte sich künftig vor allem in den gewaltigen Festungsanlagen zeigen, die, werden alle errichteten Anlagen zusammengefasst betrachtet, das größte Bauprojekt in der Geschichte der Stadt darstellen, selbst im Vergleich mit dem Bau des Kölner Doms (Meynen, 2010).
Nach der Rückeroberung der französisch besetzten Städte und Territorien stand die Verteidigung dieser Gebiete im Vordergrund des militärischen Denkens und Handelns der Zeit. Insbesondere der Stadt Köln wurde hierbei aufgrund ihrer exponierten Lage gegenüber Frankreich, aufgrund ihrer Rheinübergänge und aufgrund ihrer Funktion als Knotenpunkt wichtiger Verkehrsverbindungen eine entscheidende strategische Bedeutung zugesprochen.
So musste - neben dem Wunsch freie Reichsstadt zu werden - auch der Wunsch der Kölner Bürger nach einer Erweiterung ihrer Stadt dem preußischen Vorhaben zum Ausbau Kölns als Festung hinten angestellt werden. Eine diesbezügliche Bittschrift an den preußischen König aus dem Jahre 1815 wurde dementsprechend abgelehnt. Da Köln seit dem 17. Jahrhundert an wirtschaftlicher und politischer Bedeutung verloren hatte, waren weite Flächen im Stadtgebiet allerdings noch unbebaut (Wacker, 2010).
Der Ausbau der inneren Umwallung
Die mittelalterliche Mauer von 1180 wurde beständig modernisiert und verbessert. Dennoch war diese spätestens ab der Mitte des 16. Jahrhunderts veraltet. Eine bastionäre Befestigung ist durch die Bastionen gekennzeichnet, die pfeilförmig aus der Anlage herausragen. Darüber hinaus beruht sie auf der Umsetzung ballistischer Beobachtungen in geometrische Formen, auch wenn diese aufgrund von topografischen Gegebenheiten selten idealtypisch realisiert werden konnten. Der Ausbau zur Bastion sollte gegen Ende des 17. Jahrhunderts abgeschlossen sein. Die mittelalterliche Mauer existierte allerdings weiterhin. Sie sollte als rückwärtige Mauer eine zweite Verteidigungslinie bilden.
Doch auch diese neuen Festungswerke der Stadt waren schon beim Einmarsch der Franzosen in einem schlechten baulichen Zustand. Zwar planten die Franzosen den Ausbau dieser Anlagen, bis zur Rückeroberung durch die Preußen konnten diese Planungen allerdings nicht umgesetzt werden.
Unter den Preußen erhielt Köln den Status einer Festung ersten Ranges. Neben der Errichtung von detachierten (von der Hauptbefestigungslinie losgelösten) Forts, wurde mit dem Erlass der Kabinettsordre vom 11. März 1815 (also noch während des Wiener Kongresses) damit begonnen, die aus dem mittelalterlichen Vorgängerbau entstandene frühneuzeitliche Umwallung instand zu setzen und zu modernisieren. Zusammengefasst wurden folgende Arbeiten angeordnet (nach Zander, 1944; überarbeitet von Kupka, 2010):
- die Anpassung der Stadtbefestigung zum Gebrauch der modernen Waffen,
- die Anpassung der bastionären Anlage zur Deckung und zur Geschützaufstellung,
- die Nutzung eines nassen Grabens (nicht realisiert),
- die Sicherung der Rheinseite,
- die Sicherung und Deckung der Stadttore durch einen gedeckten Weg,
- die Einrichtung von Verbindungswegen durch die Stadt zum Rhein hin (nicht realisiert),
- die Befestigung von Deutz
Die rasche Rückkehr Napoleons im Jahre 1815 von der Insel Elba (nachdem er durch den Einmarsch alliierter Truppen in Paris 1814 abdanken musste) vereitelte zunächst die ehrgeizigen Pläne. Es wurde ein coup de main befürchtet, also die Rückeroberung der Rheingebiete durch die Franzosen in einem „Handstreich“. Die Kontrolle der Flussschiffahrt und die Sicherung der Rheinübergänge hatte daher höchste Priorität. So wurden im April 1815 Holzpalisaden geordert und die Wälle mit Geschützen aus der Festung Wesel bestückt. Für die nötigen Arbeiten zur Errichtung dieser provisorischen Befestigung wurden – da sich die Soldaten im Feldeinsatz befanden – die Kölner Bürger verpflichtet, später auch Kriegsgefangene, Schwerverbrecher, Frauen und Kinder. Erst nach der erneuten und endgültigen Niederlage Napoleons bei Waterloo am 18. Juni 1815 konnte die Modernisierung der frühneuzeitlichen fortifikatorischen Anlagen Kölns weiter vorangetrieben werden. Kurze Zeit später trat ein Vorläufer des Rayon-Gesetzes in Kraft, ein Gesetz, welches keine zivile Bebauung in einem Abstand von 1.300 Metern vor der Festungsmauer erlaubte. Hierdurch sollte ein freies Schussfeld ermöglicht werden sowie Raum für einen vorgelagerten Fortgürtel erhalten bleiben. Dieser sollte die Feinde noch vor der Stadtbefestigung stoppen und die Gefahr somit von der Stadt fernhalten. Ein entsprechender Plan wurde am 22. April 1816 von der preußischen Führung bewilligt. Dennoch kam der Ummauerung weiterhin eine bedeutende Rolle zu. Sie sollte durch den Fortgürtel durchgebrochene Gegner aufhalten und eine weitere Beschießung dieser durch die Verteidiger ermöglichen. Doch die knappen Mittel des preußischen Staates und die wichtige sowie teure Errichtung des Fortgürtels verhinderten ein rasches Voranschreiten der Arbeiten.
Bis ins Jahr 1854 fanden Umbauten, Verstärkungen, Modernisierungen und teilweise auch Erweiterungen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Festungsbauten statt. Neubauten blieben die Ausnahme. Diese Arbeiten waren – abgesehen von der altersbedingten Instandsetzung baufälliger Anlagen – nötig, um die Verteidigung der Stadt an die sich stetig verändernde Kriegsführung aufgrund von neuen Waffentechnologien anzupassen.
Nachdem die mittelalterliche Stadtmauer in den 1830er Jahren einem Breschierversuch zum Test der Standsicherheit der Anlagen standhielt, kamen die Arbeiten zunächst zum Erliegen. Durch die unsichere Lage aufgrund der Revolution in Frankreich und der Beteiligung Frankreichs am belgischen Unabhängigkeitskrieg, wurden die Bauaktivitäten in den 1840er Jahren allerdings wieder aufgenommen, was auch eine weitere Verstärkung der alten Anlagen beinhaltete. Ab 1847 wurde sich im Wesentlichen auf Reparaturarbeiten beschränkt (Kupka, 2010).
Umbau und Abriss der alten Befestigungsanlagen
Trotz der Verstärkungen der mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Umwallung wurde deren Wert für die Verteidigung der Stadt aufgrund der bereits erwähnten, immer fortschrittlicheren Waffen stetig geringer. Bot sie während des Baus der vorgelagerten Forts weiterhin einen gewissen Schutz für die Stadt, so verlor sie nach der Fertigstellung der Forts zusätzlich an Bedeutung. Die Eisenbahnlinie von Köln nach Brühl hatte einen ersten Durchbruch der Umwallung am Pantaleonstor im Jahre 1843 zur Folge. Um hierdurch eine Schwächung der Anlage zu vermeiden, wurden umfangreiche Umbauarbeiten und Sicherungsmaßnahmen durchgeführt.
Das Wachstum der Stadt und der daraus resultierende Flächenbedarf besiegelte dann endgültig das Schicksal der Anlagen. Im Jahre 1881 wurde die innere preußische Wallanlage und die Mauer geschleift und die verwendeten Baumaterialien verkauft. (Kupka, 2010)
Die mittelalterliche Stadtmauer in der heutigen Zeit
Der Verlauf der ehemaligen mittelalterlichen Stadtmauer lässt sich heute noch sehr gut an der ringförmigen Anordnung sowie der Benennung der Straßen in dem Bereich nachvollziehen und ist daher noch heute eindeutig im Stadtbild Kölns zu identifizieren. Die häufig auf „-Wall“ endenden Straßennamen wie etwa „Thürmchenswall“, „Gereonswall“, „Friesenwall“, „Mauritiuswall“, „Pantaleonswall“, „Kartäuserwall“ oder „Severinswall“ sind eindeutige Hinweise auf die alten Anlagen. Von den Bauten selbst ist allerdings nur noch verhältnismäßig wenig in der heutigen Bausubstanz der Stadt zu finden. Von den 12 großen Toren sind noch die nördliche Eigelsteintorburg, die westliche Hahnentorburg, die Ulrepforte und der Sachsenturm samt der Stadtmauer am Sachsenring und die südliche Severinstorburg erhalten. Weitere erhaltene Teilstücke sind die Bottmühle, der Bayenturm (nach dem Zweiten Weltkrieg neu aufgebaut), die Stadtmauer am Hansaring und das „Thürmchen“, der sogenannte „Weckschnapp“ (de.wikipedia.org).
(Christoph Boddenberg, LVR-Fachbereich Umwelt, 2013, mit freundlicher Unterstützung von Fortis Colonia e.V.)
Quelle
Ernst Zander: Befestigungs- und Militärgeschichte Kölns (einschließlich der früher selbstständigen Städte Deutz und Mülheim) vom Beginn der Franzosenzeit (1794) bis zum Ende der britischen Besatzungszeit (1926). Köln 1944 (unveröffentlichtes Manuskript, im Stadtarchiv Köln, Signatur u.a. Ka 00023; online abrufbar über die Suchfunktion des Stadtarchivs, abgerufen 15.06.2023).
Internet
altes-koeln.de: Mittelalterliche Stadtmauer (mit historischen Abbildungen, abgerufen 15.06.2023)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Aufbruch in die Moderne – Die Franzosenzeit (1794-1814) (abgerufen 15.11.2012)
de.wikipedia.org: Stadtmauer (Köln) (abgerufen 04.12.2012)