Stadt Übach-Palenberg

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege
Gemeinde(n): Übach-Palenberg
Kreis(e): Heinsberg
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 55′ 11,03″ N: 6° 07′ 7,07″ O 50,91973°N: 6,11863°O
Koordinate UTM 32.297.484,29 m: 5.644.853,11 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.508.385,98 m: 5.642.723,34 m
  • Rathausplatz von Übach-Palenberg (2021)

    Rathausplatz von Übach-Palenberg (2021)

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  • Erstes Rathaus von Übach-Palenberg (2021)

    Erstes Rathaus von Übach-Palenberg (2021)

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  • Werkssiedlung Palenberg, privat aufgestellte Bergwerkslore zur Erinnerung an die Bergbauvergangenheit der Stadt (2021)

    Werkssiedlung Palenberg, privat aufgestellte Bergwerkslore zur Erinnerung an die Bergbauvergangenheit der Stadt (2021)

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  • Blick von der Bergehalde der Gewerkschaft Carolus Magnus über Übach-Palenberg (2021)

    Blick von der Bergehalde der Gewerkschaft Carolus Magnus über Übach-Palenberg (2021)

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  • Blick von der Bergehalde der Gewerkschaft Carolus Magnus über Übach-Palenberg (2021)

    Blick von der Bergehalde der Gewerkschaft Carolus Magnus über Übach-Palenberg (2021)

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  • Katholische Volksschule Übach (2021)

    Katholische Volksschule Übach (2021)

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  • Werkssiedlung Palenberg, Carolus-Magnus-Allee (2021)

    Werkssiedlung Palenberg, Carolus-Magnus-Allee (2021)

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  • Erlöserkirche am Ende der Carolus-Magnus-Allee mit Werkshäusern, errichtet zwischen 1948-1953 in der Werkssiedlung Palenberg (2021)

    Erlöserkirche am Ende der Carolus-Magnus-Allee mit Werkshäusern, errichtet zwischen 1948-1953 in der Werkssiedlung Palenberg (2021)

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  • Ausblick von der Bergehalde der Gewerkschaft Carolus Magnus (2021)

    Ausblick von der Bergehalde der Gewerkschaft Carolus Magnus (2021)

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Die Stadt Übach-Palenberg liegt mit ihren etwa 24.400 Einwohnern und einer Fläche von etwa 26,09 Quadratkilometer im Südwesten des Kreises Heinsberg, an der politisch-administrativen Grenze zwischen Deutschland und den Niederlanden. Übach-Palenberg ist zwar die kleinste Gemeinde im Kreis Heinsberg, weist allerdings 2020 mit 921,6 Einwohnern pro Quadratkilometer eine deutlich überdurchschnittliche Bevölkerungsdichte für den Kreis Heinsberg und Nordrhein-Westfalen (407 bzw. 626,1 Einwohner pro Quadratkilometer) auf.

Siedlungsgeschichte
Entwicklungen im 18. und 19. Jahrhundert
Zeit der Steinkohlenförderung 1911-1962
Die Zeit nach der Steinkohlenförderung

Siedlungsgeschichte
Durch das heutige Stadtgebiet führte in der Vergangenheit die Via Belgica, eine Fernstraße aus der römischen Zeit. Erstmalig erwähnt wird der Ort Palenberg im Jahr 867 in einem Güteraustausch zwischen den Jülicher Grafen und dem fränkischen König Lothar II. (835-869). 1172 findet sich die erste Erwähnung von Übach, als eine Adlige als Ministerialin der Abtei der Benediktinerinnen im niederländischen Thorn denselben Namen führt.

Die Bevölkerung verteilt sich heute auf elf Stadtteile:
  • Frelenberg
  • Zweibrüggen
  • Marienberg
  • Windhausen
  • Rimburg
  • Scherpenseel
  • Siepenbusch
  • Boscheln
  • Übach
  • Palenberg
  • Holthausen

Die letztgenannten vier Stadtteile bilden ein durchgehendes Siedlungsband in Ost-West Ausrichtung. Die Stadt Geilenkirchen, ebenfalls zum Kreis Heinsberg zugehörig, grenzt nördlich an Übach-Palenberg. Östlich und südlich von Übach-Palenberg liegen die Städte Baesweiler und Herzogenrath der Städteregion Aachen, sowie im Westen jenseits der Grenze die Gemeinden Brunssum und Landgraaf der niederländischen Provinz Limburg, die über Grenzübergänge in Marienberg und Scherpenseel erreichbar sind. Der westlichste Teil des Stadtgebiets von Übach-Palenberg bildet einen schmaler Zipfel entlang der niederländischen Grenze. Es handelt sich dabei um Flächen des Naturschutzgebiets Teverener Heide.

In Süd-Nord Richtung durchfließt die Wurm, ein Nebenfluss der Rur, das Stadtgebiet und trennt es in zwei Teile. In der Talsohle der Wurm zwischen Palenberg und Marienberg befindet sich seit 1989 das Naherholungsgebiet „Wurmtal“, mit seinen zahlreichen Seen sowie Wander- und Freizeitmöglichkeiten. In den 2010er Jahren wurde die Wurm entlang des Naherholungsgebietes auf einem Abschnitt von etwa 400 Metern zwischen Marienberg und Zweibrüggen renaturiert, nachdem diese zunächst bis 1977 begradigt wurde. Hier sind ebenfalls die Überreste eines römischen Gutshofes zu finden, deren Therme zum Teil rekonstruiert wurde und öffentlich zugänglich ist.
Auf der westlichen Seite der Wurm liegen die Stadtteile Windhausen, Siepenbusch, Scherpenseel, Marienberg und Teile von Frelenberg und östlich das restliche Frelenberg, Zweibrüggen, Palenberg, Holthausen, Boscheln, Rimburg und Übach.
Aus südlicher Richtung kommend verläuft das Flussbett des Übaches in Richtung Norden durch den gleichnamigen Stadtteil Übach, macht einen Bogen nach Westen und verläuft nördlich entlang der Siedlung Palenberg und mündet schließlich bei dem Naherholungsgebiet in die Wurm. Im Stadtteil Übach ist der Übach weitestgehend verrohrt.

Übach-Palenberg hat sich in den letzten 150 Jahren erheblich verändert. Der Steinkohlenabbau in Übach-Palenberg hatte, obwohl dieser im Vergleich zum restlichen Aachener Steinkohlerevier erst spät begann, ab 1910 wesentlichen Einfluss auf die Entwicklung der Stadt. Innerhalb weniger Jahrzehnte veränderten sich die Ortschaften und Höfe stark.
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Entwicklungen im 18. und 19. Jahrhundert
Vor dem Einzug des Steinkohlebergbaus in den 1910er Jahren war Übach-Palenberg, beziehungsweise die damals noch einzelnen Siedlungen und Höfe, im heutigen Stadtgebiet landwirtschaftlich geprägt und kaum durch die bisherige Industrialisierung in der Region berührt worden. Nach dem Wiener Kongress 1815 fiel das Gebiet, das zuvor zum Herzogtum Limburg gehörte, aber 1794 von französischen Revolutionstruppen besetzt wurde, an das Königreich Preußen und wurde in die Rheinprovinz eingegliedert. Hierbei entstand ebenfalls die Grenze zum damaligen Königreich der Vereinigten Niederlande, deren Verlauf sich bis heute nur geringfügig veränderte. Die Ortschaft Ubach over Worms, die jahrhundertelang zu Übach gehörte, lag nun auf niederländischem Gebiet.

Die Ortschaften des heutigen Übach-Palenberg verteilten sich zwischen 1815 und 1935 auf drei Bürgermeistereien. Zur Bürgermeisterei Frelenberg gehörten die Siedlungen Zweibrüggen mit dem dazugehörigen (ehemaligen) Wasserschloss, dass sich aus einem spätmittelalterlichen Landadelssitz heraus entwickelte, und Palenberg, bei dem es sich wie bei Frelenberg um einen kleinen Weiler handelte, einer Gruppensiedlung mit Gebäuden unterschiedlicher Nutzung.
Zu der Bürgermeisterei des Straßendorfes Scherpenseel gehörten die westlich der Wurm gelegenen Ortschaften Marienberg, Siepenbusch und Windhausen, sowie zur Bürgermeisterei des locker bebauten Haufendorfs Übach, die beiden Weiler Boscheln und Holthausen.

In dem Gebiet befanden sich zudem die Einzelhöfe Bersitten, damals als Berschelen bezeichnet, das zu Frelenberg gehörte, sowie Hoverhof, Drinhausen, Weyemberg, Neuhaus und Stegh, welche allesamt zur Bürgermeisterei Übach gezählt wurden. Die drei Bürgermeistereien gehörten dem Kreis Geilenkirchen an.
Der heutige Stadtteil Rimburg mit seinem Wasserschloss, dass sich aus einer mittelalterlichen Burg entwickelte, bildete eine eigene Gemeinde und gehörte bis 1971 dem Landkreis Aachen an.
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Zu Beginn des 19. Jahrhunderts überspannte lediglich eine Brücke bei Rimburg die Wurm im heutigen Stadt-gebiet von Übach-Palenberg, die durch eine Furt mit einen Steg zwischen Palenberg und Marienberg ergänzt wurde. Bis zum Ende desselben Jahrhunderts wurde eine Brücke anstelle des Steges gebaut, sowie eine weitere Brücke bei Frelenberg.

Die Ortschaften und Höfe umgab kleinteilig-parzelliertes Garten- und Hofland, hinter denen sich die großen landwirtschaftlichen Flächen anschlossen. Die letzten größeren Waldflächen in dem Gebiet wurden bis zum Ende des 19. Jahrhunderts gerodet und befanden sich südlich und süd-östlich von Übach bei Boscheln. Bei Schloss Rimburg hat sich bis heute der Rimburgerbusch erhalten sowie die Waldflächen in der Teverener Heide. Auch an den Hängen des Wurmtals gab es kleinere Baumflächen, bis diese 1989 durch das Naherholungsgebiet ergänzt wurden, genauso gab es auf den landwirtschaftlichen Flächen Einzelbäume, die als Orientierungspunkte dienten.
Neben der Landwirtschaft bestanden in den Ortschaften und Höfen kleinere Handwerks-, Dienstleistungs- und Einzelhandelbetriebe die 1909 57 verschiedenen Gewerben zugeordnet werden konnten. Darunter befanden sich je eine Wassermühle an der Wurm bei Marienberg, Frelenberg und Zweibrüggen, sowie eine weitere bei Rimburg, genauso wie eine Ziegelei südöstlich von Übach. Sand und Kies wurde im 19. Jahrhundert in Gruben zwischen Palenberg und Zweibrüggen und südlich von Übach im Übachtal bei Herbach abgebaut. Eine Kies- und Sandgrube ist heute (Stand 2021) östlich von Frelenberg, auf Geilenkirchener und Übach-Palenberger Stadtgebiet, noch in Betrieb.

1852 erfolgte die Eröffnung der Eisenbahnstrecke Aachen-Mönchengladbach, deren Gleise östlich entlang der Wurm verlegt wurden und zusammen mit dem Fluss das Stadtgebiet aufteilen. Zunächst erhielt Palenberg nur einen Haltepunkt, welcher allerdings einige Jahrzehnte später zu einem Bahnhof ausgebaut wurde. Im Jahr 1881 wurde der Palenberger Bahnhof eröffnet und die Ortschaften erhielten damit einen Anschluss an die inzwischen zweigleisige Eisenbahnstrecke.
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Zeit der Steinkohlenförderung 1911-1962
1892 erhielt der Eschweiler Bergwerks-Verein, als prägendes Bergbauunternehmen des Aachener Steinkohlereviers in dem schon seit dem Ende des 18. Jahrhunderts industriell Kohle abgebaut, das Bergwerkseigentum für das Steinkohlenfeld Boschelen III zwischen Übach und Frelenberg vom Oberbergamt in Bonn verliehen. Der Eschweiler Bergwerks-Verein ging nur von einer geringen Rentabilität des Steinkohlenabbaus am Nordrand des Aachener Reviers, aufgrund geologischer Störungen, einer geringen Flözmächtigkeit und sehr hohem Wasserverbrauch, aus. Schließlich verkaufte der Eschweiler Bergwerks-Verein 1910 die Abbaurechte der Kohlenfelder nach einigen Probebohrungen an drei französische Unternehmen der Eisen- und Stahlindustrie.

Im darauffolgenden Jahr 1911 gründeten die französischen Unternehmen die Gewerkschaft Carolus Magnus. Angelegt wurde die Anlage auf einer Fläche zwischen den zu unterschiedlichen Bürgermeistereien gehörenden Ortschaften Übach und Palenberg, östlich der damaligen Hofschaft Bersitten, am Bett des Übaches, der in diesem Abschnitt verrohrt wurde und erhielt zudem einen direkten eingleisigen Anschluss an die Eisenbahnstrecke Aachen-Mönchengladbach. Die Trasse folgte dem Verlauf des Übaches, entlang der heutigen Bahnstraße.
1919 waren die vorläufigen Anlagen einsatzfähig und die Steinkohlenförderung konnte schließlich beginnen. In den 1920er und 1930er Jahren schloss sich daher der rasche Bau und Ausbau der Bergwerksanlagen, von Werksiedlungen und den benötigten Infrastrukturen sowie sozialen Einrichtungen für die neuen Anwohner an. Von nun an wurden die bisherigen Agrarstrukturen durch den Steinkohlenbergbau verdrängt. Arbeiter strömten schon ab 1912 zusammen mit ihren Familien in die Ortschaften der verschiedenen Bürgermeistereien, sodass die Gewerkschaft Carolus Magnus schon früh in Werksiedlungen sowie Sozial- und Freizeiteinrichtungen investierte.
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Zwischen 1912 und 1953 wurden so 1.455 Wohneinheiten in Palenberg, zwischen 1926 und 1953 314 Wohneinheiten in Marienberg gebaut und in Frelenberg, zusammen mit der 1920 für das gesamte Aachener Bergbaurevier gegründeten Aachener Bergmannsiedlungsgesellschaft mbH, von 1921 bis 1952 weitere 508 Wohneinheiten errichtet. In Boscheln errichtete zudem die Aachener Bergmannsiedlungsgesellschaft mbH für die nahegelegene Zeche Carl Alexander aus Baesweiler zwischen 1921 und 1930 eine Werksiedlung, die 1935 erweitert wurde. 1933 konnte etwa 45% der Belegschaft eine zecheneigene Wohnung zur Verfügung gestellt werden. In den 1950er Jahren wuchs dieser Anteil auf etwa 80% an. Allerdings verringerte sich nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges 1945 die Belegschaft der Zeche und die Siedlungstätigkeit ging zurück. Hinzu kamen ebenfalls Einrichtungen von privaten und öffentlichen Bauherren, um die Anforderungen und Bedürfnisse der wachsenden Bevölkerung, allen voran von Arbeitern und ihrer Familien, zu stillen. So wurden beispielsweise Kirchen, Schulen und Kindertagesstätten sowie Freizeiteinrichtungen, wie Sportplätze oder Schwimmbäder, gebaut oder angelegt, und die damit zusammenhängenden Vereins- und Sozialstrukturen begannen zu wachsen.

Am 1. Mai 1935 wurden schließlich Übach, Scherpenseel und Frelenberg, zusammen mit ihren gesamten Ortschaften und Höfen zu einer Gemeinde mit dem Namen Übach-Palenberg zusammengeschlossen, „deren neuer Name die veränderten Gewichtungen im Siedlungsgefüge wiederspiegelt[e]“ (Pohle und Simons 2020, S. 24-25). Palenberg gehörte zuvor, als kleinere Ortschaft, zu Frelenberg, vergrößerte sich aber zunehmend durch den Werksiedlungsbau und aufgrund der Lage des Bergwerkes zwischen Übach und Palenberg. Übach-Palenberg umfasste nun eine Fläche von 24,68 Quadratkilometern, auf der sich 1935 16.541 Menschen verteilten und gehörte dem im Oktober 1932 gegründeten Kreis Geilenkirchen-Heinsberg an.
Als wesentlicher Grund für die Zusammenlegung zu einer Gemeinde sind die Interessen und die Bedeutung der Gewerkschaft Carolus Magnus für das Gebiet zu nennen. Entwicklungen und Planungen lagen zuvor im Hoheitsgebiet von drei benachbarten und selbstständigen Gemeinden. Der Zusammenschluss sollte eine gemeinsame wirtschaftliche, verkehrspolitische, städtebauliche und soziale Entwicklung der Ortschaften ermöglichen und Abläufe vereinfachen, genauso wie „manche gemeindlichen Interessen dem Bergbauunternehmen gegenüber besser gewahrt werden“ sollten (Schreiber 1997, S. 78).
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Während des Zweiten Weltkrieges wurde das Bergwerk unter deutsche Verwaltung gestellt. Schwere Kämpfe im September und Anfang Oktober 1944 hatten erhebliche Schäden in Übach-Palenberg und am Bergwerk zur Folge, ehe diese am 5. Oktober 1944 von den US-Amerikanern für beendet erklärt wurden. Etwa die Hälfte der Werkswohnungen sowie Teile der Tagesanlagen waren zerstört und eine Notbelegschaft konnte das teilweise Absaufen der Schächte nicht verhindern. Nach dem Zweiten Weltkrieg fiel die Gewerkschaft Carolus Magnus wieder an ihre französischen Eigentümer zurück, die noch am 8. Mai 1945, am Tag der Befreiung und der bedingungslosen Kapitulation, einen neuen französischen Zechendirektor einsetzten; so konnte sie als erste Zeche im Aachener Revier nach dem Krieg den Betrieb wieder aufnehmen.

Bis 1956 wurde das Bergwerk repariert und ausgebaut, die zerstörten und beschädigten Werkswohnungen wiederaufgebaut und instandgesetzt sowie zusätzlich 560 weitere Werkswohnungen gebaut. Der Werkswohnungsbau wurde 1953 eingestellt, da 80% der Beschäftigten der Gewerkschaft Carolus Magnus in Werkswohnungen untergebracht waren und Carolus Magnus nicht die wirtschaftlichen Erwartungen der Zecheneigner erfüllen konnte. So gelang es nicht, an die Vorkriegs-Fördermengen oder an die Produktivität der benachbarten Zechen im Aachener Revier anzuknüpfen. Hinzu kam, dass die „Entwicklung hin zu kostensparenden Verbundbergwerken und Zentralkokereien […] an der Gewerkschaft Carolus Magnus wegen ihrer wirtschaftlichen Sonderstellung“ (Pohle und Simons 2020, S. 26), mit französischen Eigentümern, vorbeiging. Dies geschah in einer Zeit, in der es ab 1957 aufgrund von Überproduktion und der hohen Herstellungskosten in Deutschland zu einer Absatzkrise von Kohle kam, die in zahlreichen Zechenschließungen mündete.

Die Zeche Carolus Magnus wurde schließlich am 30. September 1962 stillgelegt. Übach-Palenberg verlor damit als wirtschaftlich monostrukturelle Bergbaugemeinde ihren bedeutendsten Arbeitgeber und Ausbildungsstelle sowie ihren größten Steuerzahler. Die Herausforderungen, die die Zechenschließung mit sich brachte, werden durch die Beschäftigtenzahlen von Übach-Palenberg deutlich: 1961 gab es in der Gemeinde Übach-Palenberg 5.344 Personen, die vor Ort einer Beschäftigung nachgingen, von denen durch die Zechenschließung nun etwa 2.500 ihren Arbeitsplatz in Übach-Palenberg verloren. Auch bis 1970 konnte mit 4.581 Beschäftigten die Anzahl der Beschäftigten in Übach-Palenberg nicht an das Niveau von vor der Zechenschließung anknüpfen. Hinzu kam, dass die „[Werks-]Siedlungen […] eine[r] gründliche[n] Sanierung [bedurften], und eine sachliche Absprache über die Entwicklung der Stadt […] es zwischen Stadtverwaltung und Zechenleitung nie gegeben“ hatte (Pohle und Simons 2017, S. 236) und zahlreiche weitere Betriebe mit dem Bergbau verflochten waren.
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Die Zeit nach der Steinkohlenförderung
Die Gewerkschaft Carolus Magnus blieb nach Zechenschließung bestehen und kümmerte sich um den Verkauf, den Abriss und die Vermietung der Werksanlagen sowie um die Vermietung und Verwaltung der früheren Werkssiedlungen, von denen ein Anteil im Laufe der Zeit privatisiert wurde.
Das einstige Bergwerksgelände blieb im Besitz von Carolus Magnus und wurde zunächst nicht von Altlasten befreit. Belastet war das Gelände besonders durch Kohlenwasserstoffe, deren Beseitigung erhebliche technische und finanzielle Mittel benötigte, über welche die Stadt Übach-Palenberg, als möglicher Investor beziehungsweise Flächenentwickler, zu der Zeit nicht verfügte. Mit Ausnahme des nördlichen Teils des Zechengeländes entwickelte sich die Fläche damit zu einer Industriebrache an der zentralen Verbindungsstelle zwischen den Stadtteilen Palenberg und Übach, deren gesamte Umnutzung sich bis 2014 hinzog.

Nach der Zechenschließung kam es mehrfach bei Starkregenereignissen zu Überschwemmungen in Übach, weil sich das Wasser auf dem Zechengelände staute. Erst mit Ausbauarbeiten (1980-1983) am Flussbett des Übaches südlich von Übach und den Bau eines Rückhaltebeckens konnte Abhilfe geschaffen werden.
Um den negativen Konsequenzen der Zechenschließung entgegenzuwirken, wurde in den nachfolgenden Jahrzehnten von der Stadtverwaltung die Ansiedlung von Unternehmen gefördert, welche sich in drei Gewerbe- beziehungsweise Industriegebieten niederlassen sollten: Dem Gewerbegebiet „Am Wasserturm“ (ehemaliges Zechengelände), dem Gewerbegebiet Holthausen Nord und Süd (zwischen der L225 und der Brünestraße) und dem Gewerbe- und Industriegebiet Weißenhaus, das zwischen der Roermonder Straße und Daimlerstraße angelegt wurde. Ein erster Teilerfolg konnte noch im Jahr der Zechenschließung verzeichnet werden: 1962 gelang der Gemeindeverwaltung die Ansiedlung des Textilmaschinenhersteller Schlafhorst aus Mönchengladbach, der sich im Nordteil des Zechengeländes niederließ.
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Mit Ausnahme der Bergehalde, die erst nach dem Abschluss der Haldenrückgewinnung 1990 erworben wurde, konnte die Landesentwicklungsgesellschaft von Nordrhein-Westfalen das Zechengelände 1986 kaufen und unter erheblichen Kosten und Aufwand bis 1993 von Altlasten befreien, instandsetzen und anschließend entwickeln. 2014 eröffnete schließlich auf dem ehemaligen Zechengelände der Einkaufspark Carolus am Wasserturm, der heute der Nahversorgung mit Gütern des alltäglichen Bedarfs dient. Insgesamt gelang es, mehrere Großbetriebe und zahlreiche kleinere Betriebe für Übach-Palenberg zu gewinnen. 58,8 % der Beschäftigten sind dabei im produzierenden Gewerbe, allem voran in der Herstellung von Nahrungs- und Futtermitteln und im Maschinenbau tätig. Die Industriegebiete wurden mehrfach erweitert.

Am 13. Juni 1967 erhielt Übach-Palenberg die Stadtrechte von der Landesregierung Nordrhein-Westfalen verliehen. Seit der kommunalen Gebietsreform vom 1. Januar 1972 und dem dazugehörigen Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Aachen (Aachen-Gesetz) gehört die Stadt Übach-Palenberg dem damals neugeründeten Kreis Heinsberg an. Nach Übach-Palenberg wurde aus Merkstein das Schloss Rimburg mitsamt Mühle eingemeindet, wodurch sich die Stadtfläche nun auf die heutigen 26,09 Quadratkilometer erhöhte.

1990 stammten etwa 40% des gesamten Wohnungsbestandes von Übach-Palenberg aus dem Werksiedlungsbau der Gewerkschaft Carolus Magnus und der Aachener Bergmannsiedlungsgesellschaft. Von den 2011 insgesamt 7.092 Gebäuden mit Wohnraum in Übach-Palenberg wurden 25,9% in einem Zeitraum zwischen 1919 und 1949 errichtet und sind durchaus im Zusammenhang mit dem starken Wachstum im Zuge der Bergwerksansiedlung zu sehen. Die Mehrheit der zum Teil privatisierten Bauten aus dem Werksiedlungsbau ist noch erhalten, befindet sich jedoch in einem schlechten Zustand oder wurde „in einen Zustand der Unkenntlichkeit saniert“ (Pohle und Simons 2017, S. 159).

Auch nach der Schließung der Zeche ist Übach-Palenberg weitergewachsen, so wurden nicht nur Gewerbegebiete angelegt, sondern auch weitere Siedlungen und Sozial- und Freizeiteinrichtungen errichtet. Von Boscheln im Osten bis Palenberg im Westen bildet die Bebauung heute ein geschlossenes Band, von dem Marienberg durch die Eisenbahnstrecke, der Wurm und dem Naherholungsgebiet getrennt ist. Die weiteren Stadtteile sind über Verbindungsstraßen mit dem Siedlungsband verbunden.
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(Robert Gansen, Universität Bonn, 2021)

Literatur

Breuer, Dieter (Hrsg.) (2005)
Deutscher Rhein - fremder Rosse Tränke?. Symbolische Kämpfe um das Rheinland nach dem Ersten Weltkrieg. (Düsseldorfer Schriften zur neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens, Band 70.) Essen.
Buschmann, Walter (1998)
Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau.. Aachener Revier und westliches Ruhrgebiet. (Die Bau- und Kunstdenkmäler des Rheinlandes 1.) Berlin.
Esser, Reinhold (1996)
Die Gewerkschaft Carolus Magnus. Alsdorf.
Fehl, Gerhard (Hrsg.) (1988)
Werksiedlungen im Aachener Revier. Dokumentation zur Wanderausstellung, seit 1986. Aachen.
Kahlen, Ludwig (1967)
Übach-Palenberg in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ein Heimatbuch. Übach-Palenberg.
Pohle, Frank; Simons, Herbert (2020)
Bauliche Zeugnisse des Bergbaus in Übach-Palenberg. (Rheinische Kunststätten, Heft 571.) Köln.
Pohle, Frank; Simons, Herbert (Hrsg.) (2017)
1967-2017 50 Jahre Übach-Palenberg. 1150 Jahre Palenberg : 800 Jahre Frelenberg : 650 Jahre Zweibrüggen : Beiträge zur Heimatgeschichte. Aachen.
Schreiber, Theo / Kreis Heinsberg (Hrsg.) (1997)
Übach-Palenberg im Spiegel amtlicher topographischer Karten. In: Heimatkalender des Kreises Heinsberg 1997, o. O.

Stadt Übach-Palenberg

Schlagwörter
Ort
52531 Übach-Palenberg
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Kulturlandschaftspflege
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Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 867

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Robert Gansen: „Stadt Übach-Palenberg”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-334745 (Abgerufen: 27. April 2024)
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