Mit dem Beginn der Wirtschaftstätigkeit der Gewerkschaft Carolus Magnus 1911 im heutigen Übach-Palenberg begann nicht nur ein umfangreicher Werkssiedlungsbau für die wachsende Arbeiterschaft und deren Familien, auch die private Bautätigkeit nahm zu.
Zahlreiche Einzelhändler, Ärzte und Gastwirte ließen sich, in der Hoffnung auf gute Verdienstmöglichkeiten, in den umliegenden Ortschaften nieder. So entstand am westlichen Rand der Werkssiedlung Palenberg, an der Kirchstraße, Aachener Straße und Poststraße ein Versorgungszentrum. Der Großteil der Gebäude in diesem Bereich wurde, wie der überwiegende Teil der anliegenden Werkssiedlung, in den 1920er Jahren errichtet. Schlichte und schmucklose Putz- beziehungsweise Backsteingebäude waren bis zur Mitte der 1920er Jahre die Regel, ehe der Einfluss moderner Formen sich vergrößerte. Die Gewerkschaft Carolus Magnus wirkte in Maßen auch auf diesen Privatbau ein. Die Zeche lieferte, zum Teil vergünstigt, häufig Baumaterialien wie Ziegel oder Eisenträger und Moniereisen für Stahlbetondecken, für die privaten Bauherren, „was sich - begleitet durch die greifbar werdende Vorliebe der Genehmigungsbehörden für landschaftsgerechte, also ziegelsichtige und eher traditionalistisch aufgefasste Architektur - im Erscheinungsbild der Bauten “ (Breuer 2005, S. 226) und in einheitlichen, präventiv gegen Bergschäden gerichteten Konstruktionen niederschlug.
In diesem Kontext entstand an der Kirchstraße das ursprünglich freistehende Landhaus des Arztes Dr. Josef Erkens, dessen Fassade durch umfangreiche Ziegelornamente auffällt. Der Bauantrag für das durch den Architekten Fritz Toussaint entworfene Gebäude wurde im Juni 1926 gestellt und wenige Monate später war der Rohbau abgeschlossen, sodass im März 1927 die Gebrauchsabnahme stattfand. Die Gewerkschaft Carolus Magnus übernahm 1938 die Kosten für eine Erweiterung des Gebäudes, dabei wurden ein weiterer Behandlungsraum und eine Garage angebaut.
Ende der 1960er Jahren erfolgte ein weitläufiger moderner Ladenanbau, wodurch nur noch das ursprüngliche Obergeschoss erkennbar ist. Dies geschah in einer Zeit, in der Übach-Palenberg durch die Schließung des Steinkohlenbergwerks der Gewerkschaft Carolus Magnus vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen stand und zugleich die Gewerkschaft als (bau-) prägende Instanz wegfiel. Damit begannen sich die Werkssiedlungen und Privatbauten im Laufe der Zeit durch Umbauten, Anbauten, Sanierungen, Neubau oder ähnlichem immer stärker zu individualisieren, sodass die Einheitlichkeit des Siedlungsgebiets, auch heute noch, immer weiter zurückgeht.
(Robert Gansen, Universität Bonn, 2021)
Literatur
Breuer, Dieter (Hrsg.) (2005)
Deutscher Rhein - fremder Rosse Tränke?. Symbolische Kämpfe um das Rheinland nach dem Ersten Weltkrieg. (Düsseldorfer Schriften zur neueren Landesgeschichte und zur Geschichte Nordrhein-Westfalens, Band 70.) Essen.
Buschmann, Walter (1998)
Zechen und Kokereien im rheinischen Steinkohlenbergbau.. Aachener Revier und westliches Ruhrgebiet. (Die Bau- und Kunstdenkmäler des Rheinlandes 1.) Berlin.
Esser, Reinhold (1996)
Die Gewerkschaft Carolus Magnus. Alsdorf.
Fehl, Gerhard (Hrsg.) (1988)
Werksiedlungen im Aachener Revier. Dokumentation zur Wanderausstellung, seit 1986. Aachen.
Kahlen, Ludwig (1967)
Übach-Palenberg in Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ein Heimatbuch. Übach-Palenberg.
Pohle, Frank; Simons, Herbert (Hrsg.) (2017)
1967-2017 50 Jahre Übach-Palenberg. 1150 Jahre Palenberg : 800 Jahre Frelenberg : 650 Jahre Zweibrüggen : Beiträge zur Heimatgeschichte. Aachen.
Schreiber, Theo / Kreis Heinsberg (Hrsg.) (1997)
Übach-Palenberg im Spiegel amtlicher topographischer Karten. In: Heimatkalender des Kreises Heinsberg 1997, o. O.
Der hier präsentierte Inhalt ist urheberrechtlich geschützt. Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.