Zahlreiche Einzelhändler, Ärzte und Gastwirte ließen sich, in der Hoffnung auf gute Verdienstmöglichkeiten, in den umliegenden Ortschaften nieder. So entstand am westlichen Rand der Werkssiedlung Palenberg, an der Kirchstraße, Aachener Straße und Poststraße ein Versorgungszentrum. Der Großteil der Gebäude in diesem Bereich wurde, wie der überwiegende Teil der anliegenden Werkssiedlung, in den 1920er Jahren errichtet. Schlichte und schmucklose Putz- beziehungsweise Backsteingebäude waren bis zur Mitte der 1920er Jahre die Regel, ehe der Einfluss moderner Formen sich vergrößerte. Die Gewerkschaft Carolus Magnus wirkte in Maßen auch auf diesen Privatbau ein. Die Zeche lieferte, zum Teil vergünstigt, häufig Baumaterialien wie Ziegel oder Eisenträger und Moniereisen für Stahlbetondecken, für die privaten Bauherren, „was sich - begleitet durch die greifbar werdende Vorliebe der Genehmigungsbehörden für landschaftsgerechte, also ziegelsichtige und eher traditionalistisch aufgefasste Architektur - im Erscheinungsbild der Bauten “ (Breuer 2005, S. 226) und in einheitlichen, präventiv gegen Bergschäden gerichteten Konstruktionen niederschlug.
In diesem Kontext entstand an der Kirchstraße das ursprünglich freistehende Landhaus des Arztes Dr. Josef Erkens, dessen Fassade durch umfangreiche Ziegelornamente auffällt. Der Bauantrag für das durch den Architekten Fritz Toussaint entworfene Gebäude wurde im Juni 1926 gestellt und wenige Monate später war der Rohbau abgeschlossen, sodass im März 1927 die Gebrauchsabnahme stattfand. Die Gewerkschaft Carolus Magnus übernahm 1938 die Kosten für eine Erweiterung des Gebäudes, dabei wurden ein weiterer Behandlungsraum und eine Garage angebaut.
Ende der 1960er Jahren erfolgte ein weitläufiger moderner Ladenanbau, wodurch nur noch das ursprüngliche Obergeschoss erkennbar ist. Dies geschah in einer Zeit, in der Übach-Palenberg durch die Schließung des Steinkohlenbergwerks der Gewerkschaft Carolus Magnus vor erheblichen wirtschaftlichen Herausforderungen stand und zugleich die Gewerkschaft als (bau-) prägende Instanz wegfiel. Damit begannen sich die Werkssiedlungen und Privatbauten im Laufe der Zeit durch Umbauten, Anbauten, Sanierungen, Neubau oder ähnlichem immer stärker zu individualisieren, sodass die Einheitlichkeit des Siedlungsgebiets, auch heute noch, immer weiter zurückgeht.
(Robert Gansen, Universität Bonn, 2021)