In dieser Objektgruppe finden sich Einträge versammelt, die im Zusammenhang mit dem Unternehmen Krupp AG oder der Industriellenfamilie Krupp stehen.
Die Friedrich Krupp Aktiengesellschaft (die eigene Schreibweise lautete stets Fried. Krupp AG) war ein deutsches Schwerindustrie-Unternehmen in den Bereichen Gussstahl, Eisen und Kohle, das heute unter dem Namen ThyssenKrupp AG firmiert und im Rheinland und insbesondere im Ruhrgebiet durch seine Werke und Fabriken zahlreiche Spuren hinterließ. Neben den Sitzen der Fabriken und Firmen des Stahlkonzerns finden sich hier auch zahlreiche Relikte, die auf die Familie Krupp zurückgehen oder durch diese gefördert wurden, darunter Fabrikantenvillen, Wohnanlagen und Erholungsstätten für Krupp-Beschäftigte, Sportstätten usw. Aufgrund der Fülle der Beziehungen von Krupp über mehr als zwei Jahrhunderte hin, können hier nicht alle Firmen mit zeitweiser Krupp-Beteiligung oder auch sämtliche Halden und Steinbrüche angeführt werden, an denen das Unternehmen beteiligt war. Bemerkenswerte Verbindungen gibt es mit dem industriellen Erbe in Bendorf und der dortigen Sayner Hütte.
Die Anfänge von Krupp in Essen Die Familie Krupp ist in der Stadt Essen seit einem 1587 als Mitglied der „Großen Kaufgilde“ geführten Arndt Krupp bzw. Krupe urkundlich belegt. Neben Gewürzen, Wein und Vieh handelte die Familie auch mit Eisenwaren und bereits zur Zeit des Dreißigjährigen Kriegs (1618-1648) mit Waffen. Unter Friedrich Jodocus Krupp (1706-1757) und seiner Gattin Helene Amalie (1732-1810, geborene Ascherfeld) verlagerten sich die Geschäfte vom Kolonialwarenhandel hin zu einem Verbund aus Produktions- und Handelsunternehmen. Über Beteiligungen an Steinkohlenzechen, darunter zwischen 1799 und 1808 auch die Hütte „Gute Hoffnung“ in (Oberhausen-) Sterkrade, war man nicht nur im Umfeld von Rhein und Ruhr tätig, sondern zunehmend auch im weiteren nationalen und internationalen Raum.
Das spätere Familienunternehmen geht auf Friedrich Krupp (1787-1826, ein Enkel von Friedrich Jodocus und Helene Amalie) und die Brüder Georg Karl Gottfried und Wilhelm Georg Ludwig von Kechel zurück. Diese hatten zum 20. November 1811 zur Herstellung von Gussstahl die Firma Friedrich Krupp zur Verfertigung des Englischen Gussstahls und aller daraus resultierenden Fabrikationen gegründet. Friedrich Krupp war bereits ab 1816 Alleininhaber, die Unternehmensführung verblieb seitdem stets bei der Familie. Der Erfolg des Unternehmens im 19. Jahrhundert beruhte auf Gussstahl-Geschützen und Produkten für die Eisenbahn - hier vornehmlich auf den patentierten nahtlosen und bruchgeschützten Krupp-Eisenbahnradreifen. Die Kreise des 1875 bestimmten und in Abwandlung heute noch verwendeten Firmen-Logos stellen drei nahtlose Radreifen von Krupp dar.
Der immense Aufschwung des Unternehmens erfolgte in den Jahrzehnten während der allgemeinen Hochkonjunktur der Gründerjahre nach dem deutsch-französischen Krieg unter der Firmenleitung durch Friedrichs Sohn Alfred Krupp (1812-1887) und nachfolgend dessen Sohn Friedrich Alfred Krupp (1854-1902). Ausgehend von gerade einmal 109 Beschäftigten im Jahr 1849 und 365 1854 wuchs die Belegschaft über 2.108 (1861), 8.248 (1865), 10.400 (1871), 16.000 (1873) auf 20.200 Beschäftigte im Todesjahr Alfreds 1887 (davon etwa 13.000 in der Gußstahlfabrik). Unter Friedrich Alfred stieg die Gesamtbelegschaft dann auf 42.000 Mann. Gleichzeitig entwickelte sich der Umsatz von noch eher bescheidenen 48.160 Talern im Jahr 1844, 79.601 Taler (1846), 68.300 Taler (1849), 303.308 Taler (1854), 4,1 Millionen (1861, umgerechnet in die 1871 eingeführte Goldmark), 15,7 Millionen Goldmark (1865), 47,5 Millionen Goldmark (Geschäftsjahr 1887/88) auf 101 Millionen Goldmark (1902, davon bereits über 42 Millionen in der Rüstungsproduktion).
Die Aktiengesellschaft Krupp (ab 1903), Rüstungskonzern im Ersten Weltkrieg Als es nach dem Tod von Friedrich Alfred keinen männlichen Erben gab, wurde das Unternehmen zum 1. Juli 1903 in die Aktiengesellschaft Fried. Krupp AG umgewandelt. Die 160.000 ausgegebenen Aktien wurden jedoch nie an der Börse gehandelt, sondern gingen als Erbe an Friedrichs Tochter Bertha Krupp (1886-1957). Lediglich fünf der Wertpapiere gingen entsprechend den börsenrechtlichen Vorschriften, dass eine AG mindestens fünf Aktionäre haben müsse, an die Mitglieder des Aufsichtsrats der Gesellschaft. Nach Berthas Heirat mit dem Diplomaten Gustav „Krupp“ von Bohlen und Halbach (1870-1950) im Jahr 1906 wurde dieser zunächst Mitglied und ab 1909 Vorsitzender des Aufsichtsrats der AG (bis 1943). Sein Namenszusatz „Krupp“ wies ihn und seine Nachfolger gemäß einem eigens dazu eingeholten königlich-preußischen Erlass als den Alleininhaber und Leiter des Unternehmens aus.
Während des Ersten Weltkriegs erzielte der nunmehrige Rüstungskonzern unter der Leitung des späteren NS-Ministers Alfred Hugenberg (1865-1951) mit den Produkten seiner Werke immense Gewinne - zu den bekanntesten Krupp-Waffen gehörten das Mörsergeschütz „Dicke Bertha“ und die Schnelllade-Kanone „Langer Max“. Als das Unternehmen nach Kriegsende infolge der Auflagen des Versailler Vertrags mit dem Verbot einer deutschen Rüstungsgüterproduktion und durch Demontagen in wirtschaftliche Schwierigkeiten geriet, wurden rasch neue Fertigungsbereiche aufgenommen, wie z. B. der Bau von Lokomotiven, Lastwagen, Landmaschinen und Baggern.
NS-Zeit und Zweiter Weltkrieg: Rüstung und Kriegsverbrechen Im Zweiten Weltkrieg war Krupp der wohl wichtigste Rüstungslieferant der Nationalsozialisten - höchstpersönlich gefördert vom „Führer“ Adolf Hitler, zu dem „der Krupp“ Gustav durch mehrere Treffen und großzügige Zuwendungen an NS-Organisationen seit um 1932/33 gute Beziehungen aufgebaut hatte. Der Diktator benannte in einer Rede vor 50.000 Jungen seiner Hitler-Jugend am 14. September 1935 sein Ideal für diese mit den berüchtigten Worten „Flink wie Windhunde, zäh wie Leder und hart wie Kruppstahl“.
Während des Kriegs waren bei Krupp Schätzungen zufolge alleine im Jahr 1943 etwa 25.000 Kriegsgefangene, ausländische Zwangsarbeiterinnen und Zwangsarbeiter sowie KZ-Häftlinge „beschäftigt“ - sprich: versklavt. Zusammen mit der Gestapo unterhielt der Krupp-Werkschutz für diese Zwecke gleich mehrere Sonderlager (Kraus 1999 und Kraus 2007). Rechtlich gesehen endete 1943 mit der Übergabe von Gustav an seinen Sohn Alfried Krupp von Bohlen und Halbach (1907-1967) die vormalige Fried. Krupp AG, die Firma wurde nunmehr wieder als Personengesellschaft und Familienunternehmen geführt. Ein von Hitler wegen der von Krupp „in ihrer Art einzige[n] ... um die Wehrkraft des deutschen Volkes“ erworbenen Verdienste eigens erlassenes Reichsgesetz vom 12. November 1943 regelte die Umwandlung und Nachfolge. Mittels dieser „Lex Krupp“ wurde die Übertragung der Vermögenswerte über Bertha auf Alfried vollzogen, wobei Krupp zugleich 400 Millionen Reichsmark an Erbschaftssteuer sparte. Eine Ermächtigung Hitlers erlaubte Alfried, fortan ebenfalls „Krupp“ vor seinen Namen zu stellen.
Bei Kriegsende wurde Alfried Krupp von Bohlen und Halbach am 11. April 1945 von amerikanischen Truppen festgenommen und sein gesamtes Vermögen beschlagnahmt. Das Unternehmen verlor durch die zwischenzeitliche Enteignung und zu erbringende Reparationsleistungen einen Großteil seiner Substanz.
Kriegsverbrecherprozess und Wiederbeginn, Erbverzicht und Stiftung Am 8. Dezember 1947 begann der gegen Alfried von Bohlen und Halbach und weitere elf leitende Krupp-Mitarbeiter geführte eigene Kriegsverbrecherprozess vor einem amerikanischen Militärtribunal. Der Krupp-Prozess war neben dem I.G.-Farben- und dem Flick-Prozess einer der drei großen Nürnberger Prozesse gegen Wirtschaftsverantwortliche im NS-Staat. Am 31. Juli 1948 wurde „der Krupp“ wegen Sklavenarbeit und Plünderung von Wirtschaftsgütern im besetzten Ausland zu zwölf Jahren Haft und Einziehung seines gesamten Vermögens verurteilt (bei nur einem Freispruch erhielten zehn Mitangeklagte ebenfalls teils lange Haftstrafen). Von dem Vorwurf der Verschwörung zu einem Angriffskrieges wurde Alfried jedoch freigesprochen, da seinerzeit noch sein Vater Gustav und nicht er die Geschicke der Firma leitete. Gustav selbst war aufgrund seines andauerend schlechten Gesundheitszustands verhandlungsunfähig, wurde aber symbolisch angeklagt. Bereits zum 31. Januar 1951 erfolgte die Begnadigung Alfrieds und der acht noch in Haft befindlichen Mitverurteilten durch den amerikanischen Hohen Kommissar für Deutschland. Nach der vorzeitigen Entlassung Krupps aus dem Kriegsverbrechergefängnis Landsberg nahm dieser umgehend wieder seine unternehmerische Tätigkeit auf, ab März 1953 leitete er wieder das Unternehmen. Sein gesamtes Vermögen wurde Alfried unter Auflagen zurückerstattet. Ein erstaunliches, aber keinesfalls einzigartiges Comeback in der Adenauer-Ära der jungen Bundesrepublik, die sich in der Auseinandersetzung mit der NS-Vergangenheit erkennbar schwer tat. Noch 1959 antwortete der Firmenpatriarch auf Fragen zur Schuld von Krupp während der NS-Zeit kaum einsichtig: „Was für eine Schuld? Für das, was sich unter Hitler ereignet hat? Nein. Es ist jedoch bedauerlich, dass das deutsche Volk selbst zuließ, von Hitler so betrogen zu werden.“
Der 1953 abgeschlossene „Mehlemer Vertrag“ zwischen den Regierungen der USA, Großbritanniens und Frankreichs und Krupp verpflichteten den Konzern, bis 1959 die Berg- und Hüttenbetriebe abzutrennen und zu verkaufen. Im gleichen Jahr ernannte Alfried Krupp von Bohlen und Halbach den Erdöl-Manager Berthold Beitz (1913-2013) zum Krupp-Generalbevollmächtigten. Bereits vor dem Tod von Alfried Krupp von Bohlen und Halbach am 30. Juli 1967 hatte sich gezeigt, dass sich sein über Jahre hin auf sein Erbe als Unternehmer und Alleininhaber vorbereiteter Sohn Arndt von Bohlen und Halbach (1938-1986) nicht zur Führung des Konzerns eignete. Auf die Frage, ob er einmal zu arbeiten gedenke, antwortete dieser: „Das hat mir gerade noch gefehlt.“ und Berthold Beitz urteilte: „Arndt war ein kluger und begabter Junge, aber er hatte eben keine Lust zu arbeiten.“ Der junge Arndt wurde bereits 1966 zu einem Erbverzicht gedrängt, was das Ende der Familiendynastie zur Folge hatte. Der Krupp-Konzern ging 1968 testamentarisch vollständig in den Besitz der gemeinnützigen Alfried Krupp von Bohlen und Halbach-Stiftung über. Während sich der mit einer jährlichen Apanage von zwei Millionen DM versorgte Arndt dem Jetset zuwandte, fungierte der Testamentvollstrecker Beitz fortan bis zu seinem Tod als Leiter der Stiftung und damit als Verwalter des Kruppschen Vermögens. Von 1970 bis 1989 war Beitz zudem Vorsitzender und danach Ehrenvorsitzender des Aufsichtsrates der nunmehrigen Kapitalgesellschaft Fried. Krupp GmbH, deren sämtliche Geschäftsanteile bei der Stiftung lagen. Wegen der Rettung von mehreren hundert jüdischen Zwangsarbeitern während des Zweiten Weltkriegs wurde Berthold Beitz 1973 vom Staat Israel als „Gerechter unter den Völkern“ geehrt.
Nach der Übernahme der Dortmunder Hoesch AG durch eine feindliche Übernahme 1991 firmierte der Zusammenschluss ab 1992 erneut als Fried. Krupp AG und wenig später als Fried. Krupp AG Hoesch-Krupp. Durch die 1999 vollzogene Fusion der Thyssen AG mit Krupp/Hoesch entstand schließlich die heutige ThyssenKrupp AG (bzw. in der Eigenschreibung thyssenkrupp AG) mit Sitzen in Essen (Hauptverwaltung) und Duisburg.
Internet www.thyssenkrupp.com: thyssenkrupp AG Essen (abgerufen 10.10.2024) www.rheinische-geschichte.lvr.de: Familie Krupp, Industriellenfamilie (Text Ralf Stremmel, Essen, abgerufen 10.10.2024) www.monumente-online.de: Essen und die Krupps - Spur einer Industriellenfamilie (abgerufen 14.10.2024) www.deutsche-biographie.de: Alfred (Alfried) Krupp, Gußstahlindustrieller, 1812-1887 (abgerufen 10.10.2024) www.deutsche-biographie.de: Gustav Krupp von Bohlen und Halbach, Gußstahlindustrieller, 1870-1950 (abgerufen 10.10.2024) www.deutsche-biographie.de: Alfried Krupp von Bohlen und Halbach, Gußstahlindustrieller, 1907-1967 (und weitere dortige Biographien; abgerufen 10.10.2024) de.wikipedia.org: Familie Krupp (abgerufen 10.10.2024)
Krupp und Essen. In: Das Kunstwerk zwischen Wissenschaft und Weltanschauung, Gütersloh.
Kammertöns, Hanns-Bruno (2013)
Der letzte Krupp. Arndt von Bohlen und Halbach - das Ende einer Dynastie. Essen.
Kraus, Stefan (2007)
Stätten Nationalsozialistischer Zwangsherrschaft. (unter Mitarbeit von Walter Rummel). (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V.13.) Bonn.
Kraus, Stefan (1999)
NS-Unrechtsstätten in Nordrhein-Westfalen. Ein Forschungsbeitrag zum System der Gewaltherrschaft 1933-1945, Lager und Deportationsstätten. (Schriften zur Bodendenkmalpflege in Nordrhein-Westfalen 4.) Essen.
Spuren des Unternehmens Krupp AG und der Industriellenfamilie Krupp
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Empfohlene Zitierweise
„Spuren des Unternehmens Krupp AG und der Industriellenfamilie Krupp”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-355583 (Abgerufen: 10. Dezember 2024)
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