Denkmalbereich „Heimaterde“ Mülheim-Heißen

Denkmalbereich III „Siedlung Heimaterde“

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Essen (Nordrhein-Westfalen), Mülheim an der Ruhr
Kreis(e): Essen (Nordrhein-Westfalen), Mülheim an der Ruhr
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 51° 25′ 47,21″ N: 6° 56′ 35,82″ O 51,42978°N: 6,94328°O
Koordinate UTM 32.357.025,12 m: 5.699.626,50 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.565.645,06 m: 5.699.882,67 m
Die Siedlung Heimaterde, eine Werkssiedlung des Industrieunternehmens Krupp, entstand zwischen 1918 und 1941 in zwei großen Bauphasen und umfasste nach Fertigstellung etwas mehr als 1.000 Wohneinheiten.

Die Siedlung liegt an der Grenze von Mülheim zur Stadt Essen südlich von Mülheim-Heißen im Landschaftsteil Fulerum. Hier schneiden fünf schmale, zwischen 100 und 500 Meter lange Siepen in steilen Taltrichtern mit bis zu 15 Meter tiefen Sohlen in die Erdoberfläche ein. Ihre Wasserläufe führen von Westen und Süden nach Nordosten und vereinigen sich zu dem „Mühlen-Bach“. Die Siedlung erstreckt sich über eine Fläche von insgesamt etwa 86,6 Hektar. Ihr liegt ein planerisches Konzept zugrunde, das sich aus der Flächenbewirtschaftung, aus der Notwendigkeit der Selbstversorgung, - des Gemüse- und Obstanbaus, der Kleinviehhaltung und Wiesenbewirtschaftung -, erklärt: Während die ebenen, sehr fruchtbaren Böden auf den Höhen landwirtschaftlich und gärtnerisch ertragreich waren, konnten die Schrägflächen der Siepentäler sowohl landwirtschaftlich als auch architektonisch nur schwerlich bebaut werden. Sie boten sich jedoch als gemeinschaftliche Grünflächen zur Kleinviehweide, zum Spaziergang und als allgemeine Park- und Sportfläche an. Die bestmögliche Landnutzung bestimmt das Siedlungskonzept. Die Bauflächen sind der Landnutzung nachgeordnet und stehen auf der Grenze zwischen den ebenen Gartenflächen und den schrägen Wiesenflächen.

Am 1. Dezember 1916 wurde die Siedlungsgenossenschaft „Heimaterde“ durch Max Halbach, den Prokuristen der Firma Krupp, gegründet. Im Stadtteil Heißen sollte eine neue Siedlung der bei Krupp beschäftigten neu angeworbenen Arbeiter angelegt werden, nach und nach den Bewohnern zu günstigen Bedingungen als Eigentum zu überlassen, um die überwiegend aus den Großstädten kommenden Arbeiter und ihre Familien zu ernähren, an die Firma zu binden und ihnen ein Stück „Heimat“ zu geben.

Der Mülheimer Architekt Theodor Suhnel erhielt den Auftrag, die Siedlungspläne zu entwerfen. Die Siedlung entstand in zwei großen Bauphasen: 1918 bis 1929 und 1930 bis 1941, ab 1933 unter veränderten politischen Bedingungen. In der ersten Bauphase wurden ab 1918 bis 1929 ein- und zweigeschossige bzw. eineinhalbgeschossige Einfamilienhäuser zunächst auf recht großzügig bemessenen Grundstücken gebaut. 1930 wurde ein Naturstadion, eine großzügige Sport- und Erholungsstätte aus Schwimmbad, Ruderteich und Sportplatz geschaffen, eingefasst von Wiesen, die südwestlich zu der Terrasse der Gaststätte „Krug zur Heimaterde“ ansteigen. Ab 1930 bis 1941 entstand der zweite Siedlungsteil aus zwei- bis dreigeschossigen Häusern, zum Teil für zwei Familien. Bis 1940 waren etwa 1.000 Wohnungen errichtet.

In den nachfolgenden Jahrzehnten wurde die Siedlung durch verschiedene Maßnahmen weiterentwickelt und verändert. Die Kriegszerstörungen von etwa 10% der Bausubstanz konnten behoben werden. Ab 1953 fand eine Verdichtung der Innenbereiche der Blockrandbebauung statt. 1958 entstand die katholische Kirche, 1960 die Grundschule, 1962 die evangelische Kirche. 1971/72 wurden Zeilen an der Amselstraße, am Finkenkamp und am Sunderweg, abgerissen und durch Neubauten ersetzt. 1976 bis 1986 wurden andere Teile neu erschlossen und verdichtet. Die Absicht, die Häuser in den Besitz der Genossenschaftsmitglieder übergehen zu lassen, konnte schon wenige Jahre nach der Gründung der Genossenschaft nicht weiter verfolgt werden. 1941 ging die Siedlungsgenossenschaft auf in die Baugenossenschaft des Vereins der Kruppschen Beamten und der Kleinwohnungsbau GmbH.

Der enge Bezug zwischen Wohnbauten und Gärten ist in einzelnen Abschnitten noch fast unverändert erhalten. Jedoch hat die Siedlung insgesamt nach wechselvoller Geschichte innerhalb von 90 Jahren ihren ursprünglichen Charakter weitgehend eingetauscht und hat sich zu einem Wohnort mit vorstädtischem Charakter aus Wohnhäusern mit Ziergärten gewandelt. Heimaterde ist im jetzigen Charakter ein Wohnviertel in den Ausmaßen eines eigenen Stadtteils von Mülheim. In der Siedlung leben heute zwischen 3.000 und 4.000 Einwohner in etwa 990 Wohneinheiten. Einzelne strukturelle Elemente sind unverändert überliefert: so das Siedlungsgrundmuster aus Straßen- und Wegeführung, Platzbildung und Parzellenteilung. Das Netz der Straßen- und Wegeführung setzt sich aus Erschließungsstraßen und schmalen Fußwegen (Mistwegen) durch die Blockinnenbereiche zusammen. An einzelnen Straßenzügen und -kreuzungen ist die qualitätvolle städtebauliche Planung kombiniert mit außergewöhnlicher architektonischer Gestaltung.

Die Siedlung Heimaterde ist ein Beispiel einer Werkssiedlung mit gartenstädtischen Charakter. Die Idee der „Gartenstadt“, der Arbeitersiedlung mit großen Grünflächen zur Selbstversorgung und zur Erholung, setzte Suhnel geradezu beispielhaft um. Neben der reinen Schaffung von Wohnraum belegt die Siedlung den Fürsorgegedanken der Firma Krupp gegenüber ihren Arbeitern, denn die Familie Krupp fühlte sich im Hinblick auf Licht, Luft und zur guten Ernährung der Arbeiter verpflichtet. Mit dem Bau einer werkseigenen Siedlung und den Vergünstigungen band Krupp die Arbeiter einerseits an die Firma, schuf andererseits durch Lage und Geschlossenheit der Siedlung eine eigene soziale Gemeinschaft.

Schutzziele des Denkmalbereiches sind: die Erhaltung der städtebaulichen Struktur, des Siedlungsgrundrisses aus Straßen- und Wegeführung, Parzellenteilung und Platzbildung, die Erhaltung der architektonisch besonders ausgebildeten Ensembles innerhalb der Siedlung, die Erhaltung des Gesamtcharakters, die Erhaltung der Freiflächen, die Erhaltung der Blickbezüge.

Die Satzung besitzt seit 2007 Rechtskraft.

(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Literatur

Bertrand, Heinrich; Kissenkoetter, Jobst Anton; Ottens, Wilhelm; Kirchberg, August (1928)
Der Architekt Theodor Suhnel. Seine Werke. Siedlung Heimaterde Essen-Mülheim. Entstehung und Entwicklung der Siedlung Heimaterde eGmbH Essen. Düsseldorf.
Bollerey, Franziska; Hartmann, Kristiana (1985)
Siedlungen aus dem Regierungsbezirk Düsseldorf. Essen.
Brocke (Hrsg.) (1929)
Mülheim an der Ruhr. Neues Bauen in Mülheim-Ruhr. (Neue Stadtbaukunst.) Berlin.
op ten Höfel, Klaus (1978)
Mülheim so wie es war. S. 95, Düsseldorf.
Penndorf, Kerstin (1986)
Genetische, physiognomische und funktionale Analyse der ehemaligen Werkssiedlung „Heimaterde“ in Mülheim an der Ruhr. (Schriftliche Hausarbeit im Rahmen der Ersten Staatsprüfung für das Lehramt für die Sekundarstufe I, bei Prof. Dr. G. Henkel, Fachbereich 9, Geografie, Essen 1986.) Essen.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 204-207, Petersberg.

Denkmalbereich „Heimaterde“ Mülheim-Heißen

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Finkenkamp, Sunderweg
Ort
Mülheim an der Ruhr - Heißen-Fulerum
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archivauswertung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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„Denkmalbereich „Heimaterde“ Mülheim-Heißen”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BODEON-59286-18062019-294831 (Abgerufen: 26. April 2024)
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