Industriedenkmal Sayner Hütte in Bendorf

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Bendorf
Kreis(e): Mayen-Koblenz
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 50° 26′ 27,78″ N: 7° 34′ 50,53″ O 50,44105°N: 7,5807°O
Koordinate UTM 32.399.218,62 m: 5.588.632,89 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.399.253,38 m: 5.590.428,58 m
  • Das Außengelände des Industriedenkmals Sayner Hütte in Bendorf (2022)

    Das Außengelände des Industriedenkmals Sayner Hütte in Bendorf (2022)

    Copyright-Hinweis:
    Produktion: Kristina Sus, Julia Barth, Björn Janßen / Universität Koblenz-Landau
    Fotograf/Urheber:
    unbekannt; Björn Janßen; Kristina Sus; Julia Barth; Kristine Sus
    Medientyp:
    Video
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Beschreibung
Die Sayner Hütte liegt unmittelbar am Saynbach, direkt an der Bundesstraße 413, Richtung Isenburg, am Ortsausgang von Bendorf-Sayn. Das Denkmalareal besteht heute noch aus vielen Gebäuden. Diese spiegeln die 250-jährige Geschichte der Sayner Hütte wider. Darunter befindet sich die sogenannte „Krupp´sche Halle“ (In der Sayner Hütte 4) aus dem Jahr 1908. Direkt hinter der Krupp´schen Halle steht das Wohn- und Werkstatthaus, das sogenannte „Haus Nr. 6“ (In der Sayner Hütte 6). Dieses dreigeschossige Gebäude aus dem frühen 19. Jahrhundert war sowohl Schreinerei, Werkstatt, als auch Wohnhaus. Direkt daneben befindet sich das vierstöckige „Comptoir“ oder auch das erste Beamtenhaus der Sayner Hütte aus dem Jahr 1769 (In der Sayner Hütte 14), das älteste noch erhaltene Gebäude der Sayner Hütte und ehemaliger Sitz des Hüttenleiters. Das Herzstück des gesamten Geländes stellt aber die historische Gießhalle, fertiggestellt im Jahr 1830, dar (In der Sayner Hütte 10). Sie war die Produktionsstätte der Eisengussprodukte. Unmittelbar neben der Gießhalle befindet sich das sogenannte „Arkadengebäude“ oder auch die Kunstgießerei und das Magazin der Sayner Hütte (In der Sayner Hütte 16-20) aus dem frühen 19. Jahrhundert. Wiederum vor der Kunstgießerei befindet sich das ehemalige Turbinenhaus aus dem 20. Jahrhundert, indem mithilfe des Wassers Strom für das Gelände produziert wurde.

Geschichte
Eisenverhüttung wurde in Bendorf bereits zu Zeiten der Römer betrieben. Dies war möglich, weil der Standort schon immer die geeigneten Voraussetzungen für die Eisenverhüttung erfüllte. Man hatte einerseits das Erz aus den Gruben im Westerwald, den Westerwald als Brennholzlieferanten, den Formsand vom Meisenhof in Bendorf, Bäche und Flüsse zum Betreiben der Gewerke und schließlich den Rhein oder auch andere Flüsse als Transportwege. Aufgrund dieser guten Bedingungen wurde im Jahre 1769 vom letzten Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus von Sachsen (1739-1812, regierte ab 1763) die Sayner Hütte gegründet.
Relativ schnell belieferte die Sayner Hütte das gesamte Rheinland mit Roheisen. Hergestellt wurden in der kurtierischen Zeit vor allem Masseln (gegossener Metallblock), Reifen für Weinfässer oder auch Wasserleitungen. Im Jahr 1815 wurde das Rheinland preußische Rheinprovinz. Infolgedessen wurde auch die Sayner Hütte mit den Hütten in Berlin und Gleiwitz offiziell eine der drei königlich preußischen Eisengießereien und damit Staatsbetrieb. Der Aufbau der zahlreichen Festungen und Forts im Rheinland sorgte für eine gute Auftragslage für den Hüttenbetrieb. Deshalb wurden in der Sayner Hütte zu dieser Zeit vor allem Bauelemente, Kanonen, Geschütze und Munition hergestellt. Als weiterer Produktionszweig beginnt unter preußischer Krone auch die Herstellung des feinen Eisenkunstgusses, der von Tellern bis hin zu feinen Medaillons oder Halsschmuck reichte. In der preußischen Zeit entstehen wiederum einige Gebäude, währenddessen ältere Gebäude weichen mussten.
Im Jahr 1824 kommen, unter der Leitung von Carl Ludwig Althans, die ersten Ideen für eine neue Gießhalle auf. Dieser war erst leitender technischer Beamter und später Hüttenleiter. Nachdem, durch die Oberbaudeputation Berlin und dem Oberbergamt in Bonn, zahlreiche Entwürfe aufgrund des Feuerschutzes abgelehnt wurden, gelang es Carl Ludwig Althans im Jahr 1828 den endgültigen Entwurf durchzusetzen und mit den Bauarbeiten zu beginnen. 1830 wurde die Gießhalle schließlich fertiggestellt. Bis ins Jahr 1844 wurde sie aufgrund der wachsenden Auftragslage erneut erweitert auf ihre heutige Größe. Der Bau dieser Halle stellte zur damaligen Zeit eine völlige Innovation dar, da man das Bauen mit Eisen und Glas so noch nicht kannte. Selbst der berühmte Kristallpalast zur Londoner Weltausstellung wurde erst 1851 erbaut, also 20 Jahre nach der Sayner Gießhalle. Ihre Konstruktion ist weder geschraubt, noch geschweißt. Alle gusseisernen Elemente sind ineinandergesteckt und verzapft, was ebenfalls eine bauliche Innovation darstellte.

Nach 50 Jahren unter preußischer Krone kauft der Essener Unternehmer Alfred Krupp (1812-1887) die Hütte und alle dazugehörigen Erzgruben für circa. 500.000 Taler, das entspricht heute einem Wert von ca. 15 Millionen Euro. Krupp war aber vor allem an den erzreichen Gruben interessiert, da sich mit dem qualitätvollen Erz dieser Gruben besonders belastbares Material herstellen ließ, was Krupp als Rüstungslieferanten besonders wichtig war. Da die Sayner Hütte verkehrstechnisch schlecht gelegen war, baute Krupp die im Nachbarort liegende Mülhofener Hütte, die bereits im Jahr 1856 gebaut wurde, für die Roheisenproduktion weiter aus. Im Jahre 1878 ließ Krupp den Hochofen auf der Sayner Hütte ausblasen. Fortan blieb die Sayner Hütte ein reiner Gießereibetrieb, der Maschinenguss, Wasserleitungen und auch Kunstgussgegenstände goss, aber kein Roheisen mehr schmolz. Im Jahr 1926 schloss das Hüttengelände gänzlich. Dies lag vor allem an der Weltwirtschaftskrise und daran, dass das Hüttengelände für das Unternehmen unrentabel geworden war. Während man Hüttenbetriebe im 18. Jahrhundert noch in der Nähe der Rohstoffvorkommen erbaute, errichtete man Industriebetriebe im 20. Jahrhundert vor allem an großen Wasserstraßen. Die Sayner Hütte lag zu abgelegen und auch die Technik war mittlerweile veraltet und schließlich hatte Krupp mit der Mülhofener Hütte einen modernen Hüttenbetrieb direkt am Rhein. 250 Mitarbeiter verloren im Dezember 1926 auf der Sayner Hütte ihren Arbeitsplatz. Das Gelände fiel in eine Art Dornröschenschlaf. Durch die Eingemeindung Sayns in die Stadt Bendorf ging das Gelände im Jahr 1928 an die Stadt Bendorf über. Aufgrund des Mangels an Geldern verfielen das Gelände und die Gebäude kontinuierlich. In den 1970er Jahren wurde die Abrissgenehmigung erteilt, da man den Einsturz der Gebäude, vor allem der Gießhalle, befürchtete. Noch bevor die Gebäude endgültig abgerissen werden konnten, kaufte die Firma Heinrich Stürmer AG das Hüttengelände und begann allmählich mit der Sanierung und anschließenden gewerblichen Nutzung. Das Unternehmen verlegte seinen gesamten Firmensitz auf das Gelände der Sayner Hütte. Der Firma von Heinrich Strüder und der unermüdliche Einsatz zahlreicher Bürger bewahrten das Gelände vor dem völligen Verfall.

Gelände heute
Im Jahr 2003 ging das heutige Denkmalareal wieder an die Stadt Bendorf über, die sich seitdem um den Erhalt und die Nutzung des Geländes kümmert. Bis heute wird das Denkmalareal saniert, restauriert und für die Öffentlichkeit zugänglich gemacht. In der Nachfolge des Freundeskreises Sayner Hütte ist heute die Stiftung Sayner Hütte Träger des Denkmalareals und führt die Aufgaben des Freundeskreises, des Erhalts und der kulturellen Nutzung des Geländes fort. Seit dem 28. April 2017 kann das Gelände täglich besichtigt werden. In der ehemaligen Krupp´schen Halle befindet sich heute das Besucherzentrum mit einer Dauerausstellung zur Geschichte des ehemaligen Eisenhüttenwerks und der Tourist-Information der Stadt Bendorf. Das sogenannte „Haus Nr. 6“ ist heute, wie auch früher, Werkstatt. In den ehemaligen Werkstatträumen werden museumspädagogische Projekte angeboten. Das ehemalige Beamtenhaus, oder auch „Comptoir“, ist heute wieder Sitz der Verwaltungen, sowohl der Stiftung Sayner Hütte, als auch der des Rheinischen Eisenkunstguss-Museums. Die historische Gießhalle ist heute Museum und Veranstaltungsort. Mithilfe multimedialer Stelen, Bildschirmen und einer audio-visuellen Inszenierung aus Licht und Ton sollen die Eisenverhüttung und die Arbeit auf dem Gelände exemplarisch dargestellt werden. Das Arkadengebäude wird ab 2023 das Rheinische Eisenkunstguss-Museum beherbergen und dort die breite Produktpalette der ehemaligen Eisengießerei präsentieren. Das Turbinenhaus soll in den kommenden Jahren durch den Freundeskreis Sayner Hütte restauriert und damit den Besuchern zugänglich gemacht werden.

Die Sayner Hütte wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Landkreis Mayen-Koblenz (Stand 2022) geführt. Der Eintrag lautet: „In der Saynerhütte
Sayner Hütte 1769/70 durch den Trierer Kurfürsten Clemens Wenzeslaus gegründet, 1926 Stilllegung der Hütte; bauliche Gesamtanlage mit historischer Gießhalle (1824-30) mit Hochofen und Flügelbauten, barockem Vorgängerbau (In der Sayner Hütte 8), Seitengebäude der Hütte, Turbinenanlage, Torbauten diesseits des Saynbachs einschl. der beiden gusseisernen Adler, Werksgebäude: Bruch- und Backsteinbauten, 18./19. Jh.“.

(Björn Janßen, Universität Koblenz-Landau / freundliche Hinweise von Frau Barbara Friedhofen, 2021)


Internet
www.saynerhuette.org: Sayner Hütte (abgerufen 13.09.2022)


Literatur

Brog, Hildegard (2019)
Clemens Wenzeslaus und die Sayner Hütte. Die Wirtschaftsgeschichte der Eisenhütten im 18. Jahrhundert. Bendorf.
Custodis, Paul-Georg; Friedhofen, Barbara; Schabow, Dietrich (2002)
Sayner Hütte: Architektur. Eisenguss, Arbeit und Leben. (Rheinische Kunststätten, Heft 241.) Koblenz.
Generaldirektion Kulturelles Erbe Rheinland-Pfalz (Hrsg.) (2020)
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler, Kreis Mayen-Koblenz. Denkmalverzeichnis Mayen-Koblenz, 25. August 2020. Mainz.
Schabow, Dietrich; Schäfer, Albert (2017)
Eisenerz für die Sayner Hütte. Bendorf.
Trojan, Carsten (2015)
Zur Baugeschichte der Sayner Hütte und der Mülhofener Hütte. In: Krupp und Sayn … eine Verbindung, die vor 150 Jahren begann, S. 25-29. Bendorf-Sayn.
(2012)
Sayner Hütte. (GDKE Bildheft.) o. O.

Industriedenkmal Sayner Hütte in Bendorf

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
In der Sayner Hütte 4
Ort
56170 Bendorf
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Geschütztes Kulturdenkmal gem. § 8 DSchG Rheinland-Pfalz
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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Björn Janßen (2021): „Industriedenkmal Sayner Hütte in Bendorf”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-344060 (Abgerufen: 19. April 2024)
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