Lage
Der Bunker liegt etwa 5 Kilometer (Luftlinie) südöstlich der Villa Hügel in Essen-Bredeney und 10 Kilometer (Luftlinie) südöstlich der Krupp-Werke. Er war Mittelpunkt und Leitstelle einer im Zweiten Weltkrieg bestehenden Nachtscheinanlage der Krupp-Werke; britische Kampfflugzeuge sollten Bomben auf die Attrappenanlage werfen, um Zerstörungen des eigentlichen Werks zu verhindern.
Geschichte
Mit dem in den 1930er Jahren wieder ausgebauten Schwerpunkt in der Schwer- und Rüstungsindustrie waren die Krupp-Werke während des Zweiten Weltkrieges im Ruhrgebiet das vorrangige Zielobjekt der Alliierten Streitkräfte. Um Luftangriffe auf die Fabrik zu verhindern, zumindest teilweise abzulenken, begannen 1941 Bau und Inbetriebnahme einer die flächenhafte Ausdehnung des Werks imitierenden Nachtscheinanlage auf dem Gebiet der Stadt Velbert. Die Bautruppe innerhalb der Organisation Todt, die die Anlage errichtete, setzte sich aus Spezialhandwerkern von Theaterwerkstätten, Messe- und Ausstellungsfirmen sowie Elektrotechnikern zusammen. Nach Fertigstellung wurde die Anlage an die Luftwaffe übergeben. Den Anlagenbetrieb und die Instandhaltung übernahm ein von den Krupp-Werken in der Handhabung eingewiesenes 30 bis 40 Personen starkes Sonderkommando.
Die Scheinanlage
Die Anlage aus einzelnen schematisch konzipierten Teilen erstreckte sich in dem topographisch bewegten Gelände mit etwa 2,5 x 1,5 Kilometer aus der Luftperspektive über eine deutlich kleinere Fläche als das Werk selbst, sie war in groben Zügen an die Werksstruktur angepasst und wurde entsprechend gezielt und wechselnd schwach beleuchtet, während das Werk selbst abgedunkelt war.
In unmittelbarer Umgebung der bestehenden Höfe war die Anlage mit einfachsten Mitteln für den Nachtbetrieb in Leichtbauweise errichtet, als niedrige Kulissen von etwa 1,7 bis 2 Meter Höhe, aus Holz, Sperrholz, Dachpappe, Draht und Segeltuch. Die Anlage war grün getarnt, um bei Tageslicht nicht aufzufallen.
Die Anlage sollte verschiedene Aufgaben erfüllen:
- Beleuchtete Sheddach-Attrappen imitierten Fabrikhallen.
- Bei Dunkelheit stellten stehende und bewegliche Lichter verschiedener Färbung und Lichtstärke Werkstraßen, Lagerplätze, Schrottplätze, Bahnanlagen und schlecht verdunkelte Werkshallen dar.
- Lichteffekte (elektrisch oder auch von Feuer mit Rauchschwaden) täuschten Arbeitsprozesse vor, in Intensität und Farbe wechselnde Feuererscheinungen stellten Stahlwerkabstiche, Walzvorgänge, Koksabstiche, Elektro-Schweißarbeiten, Gießereifeuer, auch in Brand gesetzte Anlagen, später auch hell lodernde Großfeuer nach.
- Für den Winterbetrieb wurden den Grundrissen von Werkshallen entsprechende variierende Dachnachbildungen aufgestellt, die durch ein besonderes Verfahren schneefrei gehalten wurden, um von dem übrigen schneebedeckten Gelände bei mondheller Nacht hervorzustechen.
- Aus nachgebauten Kühltürmen und aus einem Schornstein stiegen künstliche Dampfschwaden.
- Eine Attrappe aus Holz und Dachpappe stellte einen Gasometer dar.
- Eine kleine Eisenbahn, eine Motorlokomotive mit Anhänger, fuhr über eine ringförmige Gleisanlage und sollte den werksinternen Schienenverkehr nachbilden.
- Von später am Rand errichteten Anlagen konnten spezielle farbige Leuchtraketen hochgeschossen werden (Kugel, Strahlen, Kaskade, Sternchen), die den von britischen Flugzeugen abgeworfenen „Christbäumen“ zur Zielmarkierung glichen und die die Piloten gezielt zu der Scheinanlage lenken sollten.
Der Bunker
Im Zentrum der Anlage lag als elektrische Schaltstelle und zum Schutz für das Sonderkommando ein bombensicherer Kommando-Bunker. Von hier wurden die meisten Beleuchtungsgruppen geschaltet. Der Bunker, ein schlichter flach gedeckter Betonkubus von 9,10 Metern Länge, 6,60 Metern Breite und 3,90 Metern Höhe, ist auf freiem, nach Norden leicht geneigtem Feld teilweise ins Erdreich eingegraben.
Die Scheinanlage wurde verschiedentlich angegriffen, aber wohl niemals flächendeckend. Seit Mai 1942 war die Anlage den Alliierten bekannt. Ab 1943 erfolgten verstärkt Angriffe auf das echte Werk. Anfang 1944 wurde die Scheinanlage stillgelegt. Direkt nach dem Krieg wurden nahezu alle Bestandteile der Anlage abgerissen und beseitigt. Außer dem Bunker sind Reststücke von Eisenbahnschienen, zum Teil als Zaunpfähle verwendet, erhalten.
Der Bunker ist als einziger Massivbau im Zentrum der ehemals umliegenden in Leichtbauweise konstruierten Anlage ein gebautes Dokument der Geschichte und ein Zeugnis des Zweiten Weltkrieges.
(Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2013 / freundliche Hinweise von Herrn Jürgen Lohbeck 2012/2013)
Internet
www.historische-eschborn.de: Deutsche Scheinanlagen des Zweiten Weltkrieges im Main-Taunus-Kreis (Eschborn, Hofheim-Marxheim, Hochheim-Massenheim) (Text Gerhard Raiss, abgerufen 26.02.2013)
de.wikipedia.org: Krupp Gussstahlfabrik (abgerufen 25.02.2013)
www.altbergbau-untertage-u-verlagerungen-lost-places.de: Scheinanlagen (abgerufen 26.02.2013, Inhalt nicht mehr verfügbar 14.10.2024)