Ausgangspunkt der industriellen Ansiedlung bildete die 1902 gegründete Gewerkschaft Regiser Kohlenwerke, die im Tief- (bis 1909) und Tagebauverfahren Braunkohle förderte und in einer 1905 bis 1906 errichteten Brikettfabrik diese veredelte. Diese Fabrik sowie ein bald darauf errichtetes Schwelwerk (1916/1917) wurden fortlaufend modernisiert und ihre Kapazitäten erhöht. Gedeckt wurde der Bedarf an Rohkohle zunächst aus dem bis 1933 aktiven Tagebau Regis I. Die bereits seit Beginn der 1920er Jahre beteiligte Deutsche Erdöl-Aktiengesellschaft (DEA) übernahm das Werk 1936 vollständig. In der zweiten Hälfte der 1930er Jahre wird das Schwelwerk II zur Herstellung von Braunkohlenstückkoks errichtet. Weite Teile der nach dem Zweiten Weltkrieg in den Besitz der Sowjetischen Aktiengesellschaft »Brikett« übergegangenen Industrieanlagen werden 1947 demontiert. Nördlich des später zur Zentralwerkstatt ausgebauten Areals wird zwischen 1952 und 1960 eine neue Brikettfabrik errichtet, die nach ihrer Stilllegung 1993 komplett abgebrochen wurde.
1949 wurde der VEB Zentralwerkstatt Regis für das Bornaer Braunkohlenrevier gegründet. Es wurden umfassende Anlagen zur Reparatur, Instandsetzung sowie Instandhaltung von Anlagen und Geräten der Tagebaue, Brikettfabriken und Kraftwerke errichtet. Nördlich der heutigen Forststraße entstanden zu diesem Zweck diverse Fabrikgebäude, Werkstätten, Produktionshallen, Sozial- und Verwaltungsgebäude sowie eine Lehrwerkstatt. Vereinzelt wurden Gebäude der in den 1930er Jahren ausgebauten Schwelerei II genutzt. Ein Großteil des Werkstattkomplexes entstand in den 1950er Jahren im Zuge eines Generalbebauungsplanes. Weitere Gebäude wurden in den folgenden Jahrzehnten ergänzt.
Die Dimension des Werkstattkomplexes ist vor dem Hintergrund der nach dem Zweiten Weltkrieg zurückgebliebenen und maroden Infrastruktur zu verstehen. Zudem war der Weg zu diversen Zuliefererbetrieben aus Westdeutschland abgeschnitten und mussten Braunkohlenbetriebe vor Ort die Funktionstüchtigkeit der Großgeräte und hochtechnisierten Fabriken gewährleisten. Oft waren aufgrund des hohen Verschleiß´ und der Materialknappheit individuelle Lösungen und Einzelanfertigungen vonnöten. Der vielfach behelfsmäßigen Erhöhung der Werkstattkapazitäten folgte eine Zersplitterung des Werkstattwesens, der Mitte der 1950er Jahre mit einer Initiative zur Neuorganisation begegnet wurde. 1964 schließlich wurde die Struktur mit einer Zentralwerkstatt, Haupt- und Tagebauwerkstätten sowie Stützpunktwerkstätten institutionalisiert. Zu diesem Zeitpunkt waren etwa 27 500 Mitarbeiter im Instandhaltungswesen der ostdeutschen Braunkohlenwirtschaft beschäftigt. Infolge weiterer Umstrukturierungen während der Kohlenkrise – die wenige Jahre später wieder revidierte Konzentration auf Erdöl – und darüber hinaus führten 1971 zur Bildung des Zentralen Montagekombinates Regis und des VEB Instandhaltungskombinat Kohle (IKK) Regis. Zu einer weiteren Neubenennung und inhaltlichen Umorientierung kam es zehn Jahre später, als die Zentralwerkstatt Regis als Stammbetrieb des Kombinats Anlagenbau Braunkohle mit der Herstellung kompletter Bandanlagen für die Tagebauförderung beauftragt wurde. In diesem Kontext entstanden nochmals neue bauliche Einheiten im Werk. Nach der politischen Wende wurde die Zentralwerkstatt als erstes ostdeutsches Unternehmen in eine Kapitalgesellschaft überführt (Stahl- und Maschinenbau AG).
Die Zentralwerkstatt Regis und darüber hinaus der Standort als ein ehemaliges Zentrum der mitteldeutschen Braunkohlenindustrie sind für die Genese und Entwicklung dieses Wirtschaftszweiges im 20. Jahrhundert von herausragender geschichtlicher Relevanz. Insbesondere die mehrmalige bauliche Überschreibung macht das Werksgelände zu einer Quelle für die Wirtschaftsgeschichte Mitteldeutschlands. Nicht zuletzt sind einige der baulichen Zeugnisse von architekturgeschichtlicher Aussagekraft.
(Isabell Schmock-Wieczorek, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2023)
Datierung:
- Erbauung 1949–
Quellen/Literaturangaben:
- Sachsen, Archivwesen: Sächsisches Staatsarchiv, 40125 VEB Zentralwerkstatt Regis, Stammbetrieb des VE Kombinat Anlagenbau Braunkohle, mit Kombinatsleitung und nachgeordneten Betrieben; In: Sachsen.de. URL: https://archiv.sachsen.de/archiv/bestand.jsp?oid=09.01.04&bestandid=40125&_ptabs=%7B%22%23tab-geschichte%22%3A1%7D#geschichte.
- Sachsen, Archivwesen: Sächsisches Staatsarchiv, 40126 VEB Braunkohlenwerk Regis bei Borna; In: Sachsen.de. URL: https://archiv.sachsen.de/archiv/bestand.jsp?oid=09.01.04&bestandid=40126&_ptabs=%7B%22%23tab-geschichte%22%3A1%7D#geschichte.
- Gieseler, Albert: Brikettfabrik Regis; In: Kraft- und Dampfmaschinen. URL: http://www.albert-gieseler.de/dampf_de/firmen5/firmadet55177.shtml.
- SächsStA-F, 40093 VVB Braunkohle (Z) Leipzig, Sitz Borna, 91.
- Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH: Instandhaltung im Braunkohlenbergbau. Werkstätten und Tagesanlagen; Lausitzer Braunkohlenrevier. Wandlungen und Perspektiven 26. Senftenberg 2014, S. 4-6.
Bauherr / Auftraggeber:
- Bauherr: Zentralwerkstatt (Regis-Breitingen) (GND: 5094637-7)