Die kleine mittelalterliche Siedlung Mechtern im Nordwesten Kölns, die sogar einer eigenen Pfarrei St. Bartholomäus vorstand, ist im Laufe des 19. Jahrhunderts im seinerzeit entstehenden Stadtteil Ehrenfeld aufgegangen. Spuren des mit dem nur kurzlebigen Augustiner-Chorherrenstift Sankt Mechtern verbundenen Ortes an der heutigen Thebäerstraße und Mechternstraße gibt es heute keine mehr.
Die Ursprünge von Mechtern Der Name Mechtern (früher auch Martiren, Mechteren, Meichteren, Meichtern) soll auf das lateinische ad martyres sanctos („zu den heiligen Märtyrern“) zurückgehen. Der Ort und das spätere Kloster befanden dort, wo - zumindest nach einer der vielen ungesicherten Legenden (und zudem mit Xanten, Bonn und St. Paulin in Trier konkurrierend) - am Ende des 3. Jahrhunderts n. Chr. der Heilige Gereon von Köln (um 270-304) und die dem christlichen Glauben anhängenden über 300 römischen Soldaten der Thebäischen Legion durch Kampf oder Hinrichtung den Märtyrertod gefunden hatten (vgl. Wilhelm 2008 und www.heiligenlexikon.de). Die angebliche Stätte des Todes der Märtyrer soll sich oberhalb eines „uralten unterirdischen Gewölbes“ befunden haben, das zur Zeit der Römerherrschaft als geheime Versammlungsstätte der frühen Christen gedient haben soll: „Es ist jetzt verschüttet, aber doch noch kenntlich und mit einem Denkmal geziert.“ (Huyssen 1870, S. 154).
Eine wohl spätantike „Blutsäule des heiligen Gereon“ wird seit der merowingischen Zeit erwähnt. Sie ist noch heute an der in ihren ältesten Teilen aus der Mitte des 4. Jahrhunderts stammenden Kirche des Stifts St. Gereon vorhanden (nördlich des Eingangs zum Dekagon). In der Kirche in Altstadt-Nord befindet sich vor dem Altar auch das Grab des aus Mauretanien im nordwestlichen Afrika stammenden Heeresführers Gregorius Maurus, der als Mitpatron der Gereonskirche gilt. [Anmerkung: Gregorius wird historisch (und in heutigem Sinne stereotyp-rassistisch) auch „Gregor der Mohr“ genannt; nach den der Überlieferung nach schwarzen Mauren der Legion ist die Kölner Mohrenstraße bei St. Gereon benannt (Signon 2006, S. 262).] Die sterblichen Überreste des heiligen Gereon sollen hingegen vor den Mauern der Stadt in einen Brunnen geworfen worden sein. Erst im 12. Jahrhundert wurde sein angeblicher Leichnam „auf wundersame Weise und in unversehrtem Zustand“ aufgefunden. Seitdem befindet sich das Gereonsgrab in seiner Kirche, vor der ferner ein monumentaler steinerner Kopf des Heiligen liegt (in der Grünfläche des Gereonsdriesch).
Die früheste Nachricht für das Stift St. Mechtern datiert auf das Jahr 1180, als der Kölner Erzbischof Philipp von Heinsberg (um 1130-1191, amtierte seit 1167) hier sein neues Kloster außerhalb der Kölner Stadtmauer gründete („ad martyres extra muros Colonie“). Das Gelände war alter Besitz des Stiftes St. Gereon, welches das Pfarrrecht in seinem Seelsorgebezirk gegen eine finanzielle Abgabe an die Pfarrkirche St. Bartholomäus von St. Mechtern abtrat (Engels 2006). Bereits 1277 wurde das Männerkloster wegen „Zuchtlosigkeit und Verschwendung“ und „kriminellen und ruinösen Zuständen“ unter Erzbischof Siegfried von Westerburg (?-1297, amtierte seit 1275) aufgelöst und in ein Zisterzienserinnenkloster umgewandelt. Während der Kölner Stiftsfehde 1473-1478 im so genannten „Neusser Krieg“ bzw. „Burgundischen Krieg“ hatte der Stadtrat im Juli 1474 beschlossen, die vor den Toren gelegenen und als Schwachstellen der Stadtbefestigung geltenden Frauenklöster Sankt Maria zum Weiher und Mechtern zu zerstören. In der Folge wurden diese (wie zahlreiche weitere Bauten vor den Toren Kölns) abgetragen, um dem Feind keine Rückzugsmöglichkeit als militärischen Vorteil zu überlassen. Die Zisterzienserinnen wurden daher im Jahr 1474 nach Sankt Apern innerhalb der Mauern verlegt (Hegel 1992, S. 4 u. 17 und Engels 2006, S. 54). Das Zisterzienserinnenkloster St. Apern wurde 1802 aufgehoben und der noch in napoleonischer Zeit stehende Kirchenbau des Klosters 1819 abgebrochen. Heute steht die 1947/54 erbaute Ehrenfelder Pfarrkirche St. Mechtern in der Tradition der beiden nicht mehr zu lokalisierenden Klöster Mechtern und Apern.
Die Siedlung Mechtern Der kleine Ort befand sich stets außerhalb der im Mittelalter mehrfach erweiterten Kölner Stadtmauern (ad martyres extra muros Colonie), aber innerhalb der städtischen Bannmeile und darin der „Bauerbank Ehrenpforte“. Die fünf Boorbanken bzw. Buirgedinge der Domstadt waren genossenschaftlich verwaltete Areale, die sich später zu Gerichts- und Verwaltungskörperschaften entwickelten. Sie wurden 1798 während der Zeit der französischen Besetzung (1794-1814/15) durch eine Verordnung der französischen Verwaltung aufgehoben. Bei Mechtern wurde 1356 erstmals ein Hinrichtungsplatz „am Junkernkirchhof“ genutzt, der aber möglicherweise identisch mit der Richtstätte Rabenstein bei Melaten ist (vgl. ausführlicher den Eintrag zur Hacht). Nach Ende der Stiftsfehde ließen die Nonnen von Sankt Apern an der ehemaligen Klosterstelle Mechtern einen großen Meierhof erbauen. In einer Urkunde vom 13. August 1483 wird die Ortschaft als Meichteren bezeichnet. Der Kölner Ratsherr und Chronist Hermann von Weinsberg (1518-1597) erwähnt Mechtern 1553 als bewohnten Ort, „wo noch vor Zeiten das Jungfrauenkloster gestanden“ habe („da vur ziten das gonfern-cloister hatt gestanden“). Während der Zeit der Reformation wurde der Ort durch die hier im Juli 1582 gehalteten „Mechterner Predigten“ bekannt (vgl. de.wikipedia.org, Mechtern). Bis Mitte des 19. Jahrhunderts war das Gebiet entlang der Venloer Straße (heutige Bundesstraße B 49) zwischen Subbelrath und Mechtern überwiegend landwirtschaftlich besiedelt und genutzt.
Sofern überhaupt als (Bauern-) Dorf zu bezeichnen, gehörte das Areal der Siedlung über die Erbvogtei Köln zum Amt Hülchrath des Kurkölner Erzstifts (Janssen 2008, S. 32, Karte Nr. 123). In Wilhelm Fabricius' Aufstellung der 1789 zur „Erbvogtei Köln“ im „Amt Hülchrath und Erprath“ des Niederen Kurkölnischen Erzstifts gehörenden Orte wird „Mechteren, Subbelratherhof (Köln-Stadt)“ als Pfarreiort mit einer Gemarkungsfläche von ca. 200 Hektar und - zusammen mit der Siedlung „Melaten (Köln-Stadt)“ - lediglich 3 Häusern für das Jahr 1670 genannt (Fabricius 1898, S. 77, Nr. 344).
Während der Franzosenzeit wurde die kleine Siedlung Mechtern zusammen mit u.a. dem Areal von Melaten sowie den Orten Bickendorf, Bocklemünd, Mengenich, Ossendorf und Subbelrath (im heutigen Ehrenfeld / Neuehrenfeld) Teil der Mairie (Bürgermeisterei) Müngersdorf in dem 1798 gebildeten Canton de Weyden (Kanton Weiden im Département de la Roer), die nach der Franzosenzeit Teil des 1816 gebildeten preußischen Landkreises Köln wurde. In der zum 20. April 1816 erstellten Auflistung der Bürgermeistereien des neues Landkreises Köln wird die Bürgermeisterei Müngersdorf mit neun Orten und insgesamt 954 Einwohnern angeführt: Müngersdorf, Bickendorf, Bocklemünd, Mechtern, Melaten, Mengenich, Morsdorf, Ossendorf und Subbelrath. Für Mechtern werden dabei gerade einmal drei Einwohner genannt (Kisky u.a. 1966, S. 13). Von der Bürgermeisterei Müngersdorf wurde zum 8. Oktober 1879 die Bürgermeisterei Ehrenfeld - der Ort wurde gleichzeitig zur Stadtgemeinde erhoben - abgespalten. Im Gemeindelexikon zur Volkszählung von 1885 findet sich Mechtern dann bereits nicht mehr eigens angeführt, auch nicht als Teil von Ehrenfeld, innerhalb dessen Gebiet die vormalige Siedlung nun lag (Gemeindelexikon 1888, S. 124-125, dort Anm. * und Anm. zu Nr. 44). Ebenso wie zahlreiche andere bis dahin eigenständige Ortschaften wurde auch die Stadt Ehrenfeld im Rahmen der „zweiten Grenzveränderung der ersten Eingemeindungsaktion“ zum 1. April 1888 als Stadtteil nach Köln eingemeindet (Kisky u.a. 1966, S. 19-21).
Mechtern auf historischen Karten Mechtern ist in der um 1609/10 entstandenen Karte der „Ehrenportzer Schweidt“ des Kölner Kupferstechers Abraham Hogenberg (auch Hooghenbergh, um 1578-1653) neben Melaten als Kleinsiedlung Martiren im Bereich des Ehrenporter Burg-Bahn (d.h. der Bauerbank, vgl. vorab u. Abb.) eingezeichnet. In der auf 1663 datierten Karte Descriptio Agri Civitatis Coloniensis der Umgebung von Köln von Joan Blaeu (1596-1673) findet sich die Siedlung dann ebenfalls als Martiren benannt zwischen Melaten und einem Obelraedt verzeichnet (das spätere Subbelrath, vgl. Abb.).
Die dem Kartenbild nach nur aus einem Hof mit Nebengebäuden bestehende Kleinsiedlung Mechtenhoff findet sich auf den historischen Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (1801-1828) im Mechtenfeld unmittelbar nördlich des Melatenfeld[s] eingezeichnet. Ähnlich zeigt sich das Bild dann noch in der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme, nun mit dem Mechterhof mit rund 42.000 m2 Fläche, nur gut 300 Meter südlich von immerhin fünf Ziegeleien (Zgl.) im nach Osten hin angrenzenden Bereich Ziegelfeld im heutigen Grüngürtel am Fernmeldeturm Colonius. Die Blätter der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) benennen das frühere Mechtern dann nicht mehr eigens. Im Kartenbild ist die Siedlung bereits vollständig in neuer Wohn- und Gewerbebebauung verschwunden (vgl. Kartenansichten). Die hier eingezeichnete Flächengeometrie für die Siedlung Mechtern folgt der Darstellung in der vorgenannten Preußischen Uraufnahme aus der Mitte des 19. Jahrhunderts.
Quelle Gemeindelexikon für das Königreich Preußen. Auf Grund der Materialien der Volkszählung vom 1. Dezember 1885 und anderen amtlichen Quellen. Band XII, Provinz Rheinland. Bearbeitet und herausgegeben vom Königlichen Statistischen Bureau, Berlin 1888 (Digitalisat der Bayerischen Staatsbibliothek online unter www.digitale-sammlungen.de, abgerufen 21.03.2024).
Internet www.heiligenlexikon.de: Ökumenisches Heiligenlexikon, Florilegium Martyrologiii Romani (Text Klaus Martin Reichenbach, abgerufen 21.03.2024) web.archive.org: Die Blutsäule von St. Gereon (Text Heribert. A. Hilgers, Memento von www.stgereon.de, dort nicht mehr verfügbar, abgerufen 21.03.2024) de.wikipedia.org: Mechtern (abgerufen 21.03.2024) de.wikipedia.org: Ehrenfeld (abgerufen 21.03.2024)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 607-608, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Hegel, Eduard (1992)
Das mittelalterliche Pfarrsystem und seine kirchliche Infrastruktur in Köln um 1500. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.1.) Köln.
Huyssen, Gotthelf (1870)
Zur christlichen Alterthumskunde in ihrem Verhältniß zur heidnischen: Vorträge und Studien. Kreuznach.
Janssen, Wilhelm (2008)
Die Entwicklung des Territoriums Kurköln. Rheinisches Erzstift. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V. 14-15.) Köln.
Kisky, Hans; Köllen, Johann; Steimel, Robert (1966)
Siegel und Wappen, Burgen und Schlösser im Landkreis Köln. Festschrift zum 150jährigen Bestehen am 16. April 1966. Köln-Zollstock.
Signon, Helmut (2006)
Alle Straßen führen durch Köln. 3. von Klaus Schmidt überarbeitete und aktualisierte Ausgabe. Köln.
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 308, Köln (2. Auflage).
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