Im Rahmen des vom Landschaftsverband Rheinland (LVR) geförderten Projektes „Alte Streuobstwiesen in Eifel und Börde - Inventur, Schutzkonzept und Themenwege im Kreis Euskirchen“ wurden in den Jahren 2013 und 2014 Altbestände von Streuobst im gesamten Kreis Euskirchen erfasst. Dabei wurden über 558 Bestände festgestellt, die sich über den gesamten Kreis verteilen. Besonders sind hier die regionalen Unterschiede, da sich der Kreis in die wärmere und trockenere Rheinische Börde, die Voreifel und die höher gelegene Eifel teilen lässt. Gerade in Eifel und Voreifel sind für Obstbäume raue Standorte häufig, sodass sich hier im Laufe der Jahrhunderte besonders gut angepasste Lokalsorten entwickeln konnten. Die Gemeinden mit den meisten Obstwiesen sind Mechernich und Bad Münstereifel.
Die Streuobstwiese
Als Streuobstwiese bezeichnet man den lockeren bis geschlossenen Bestand von Hochstammobstbäumen mit einem Kronenansatz über 1,80 Metern. Kennzeichnend sind neben der Kronenhöhe die Zweifachnutzung der Ertragsfläche, zum einen für den Obstanbau und zum anderen als Wiese oder Weide. Die Streuobstbestände sind von kulturhistorischer Bedeutung, denn sie zeugen von vergangener bäuerlicher Selbstversorgerkultur. Der Obstanbau leistete einen wichtigen Beitrag für die Versorgung der Bevölkerung und ist bis heute Teil einer ausgewogenen Ernährung. Da inzwischen jedoch ein Großteil der Obstprodukte importiert wird, entsteht ein Defizit bei den heimischen Beständen. Intensiv betriebene Niedrigstammplantagen haben die heute unwirtschaftliche Hochstammkultur abgelöst. Damit einher geht der Verlust des Lebensraumes Streuobstwiese mitsamt seiner Artenvielfalt und seinen landschaftsprägenden Eigenheiten.
Die ökologische Bedeutung der Streuobstwiese ist deshalb so hoch, weil dieser Lebensraum ein Trittsteinbiotop zwischen Wald und Feldflur ist. Durch Höhlenbildung, Borkenstruktur und Totholz bietet eine hochwertige Streuobstwiese Lebensraum für Steinkauz, Bechsteinfledermaus, Wendehals und weitere Arten. Je nach Standort entwickelt sich eine individuelle Pflanzengemeinschaft, die auch als Rückzugsort innerhalb der ausgeräumten Kulturlandschaft dienen kann.
Als prägendes Kulturlandschaftselement erheben sich Streuobstwiesen im Kreis Euskirchen über die weiten Äcker der Zülpicher Börde und bedecken teilweise die Südhänge der Eifeltäler. Teile ehemaliger Streuobstgürtel umfassen heute noch Dörfer wie Pesch, Uedelhoven, Bescheid und die Stadt Zülpich. Ihr Bestand ist stark bedroht. Besonders auffällig sind Streuobstbestände um Aussiedlerhöfe wie die Weingartener Höfe, der Hof im Wiesengrund bei Berg und der Röttgerhof, deren alte Streuobstbestände sich rund um das zentrale Hofgebäude erstrecken. Die Obstbäume sind jedoch zunehmend in ihrem Bestand bedroht, da Überalterung, mangelnde Pflege, Krankheiten und Schmarotzer, wie Mistel und Pilze, zu einer Schwächung der Bäume führen. Die Ortsnähe bedingt auch eine Gefährdung durch Neubaugebiete, für die die Bäume gerodet werden. Nur in seltenen Fällen erfolgt eine Neuanlage von Streuobstwiesen.
Zukunft
Da die Bäume je nach Art eine begrenzte Lebensdauer haben (Apfel 100-130 Jahre, Birne bis 250 Jahre, Pflaume circa 80 Jahre), sollte pro Jahr der Anteil des Bestandes neugepflanzt werden, der in absehbarer Zukunft überaltert ist. Die Neuanpflanzungen werden ihre ökologische Wirksamkeit erst nach Jahrzehnten entfalten, bis dahin sollten die vorhandenen Bestände durch Pflege erhalten bleiben.
Das Thema Streuobst erfreut sich in letzter Zeit wachsender Beliebtheit, da der Anbau von Obst zur Selbstversorgung wieder vermehrt geschätzt wird. Das Wissen rund um den Obstbau sowie die Obstverwertung werden von Obstbaumwart*innen und Streuobstpädagog*innen weitergegeben.
Im Rahmen des LVR-Projektes „Alte Streuobstwiesen in Eifel und Börde“ wurden drei Streuobst-Themenwege angelegt. Diese befinden sich in Mechernich-Glehn, Zülpich-Silberberg und Weilerstwist-Erftaue und können jederzeit besucht werden. Die Wege in Weilerswist und Zülpich sind auch für Rollstuhlfahrende geeignet.
(Jennifer Thelen, Biologische Station Kreis Euskirchen e.V., 2015)
Internet
www.biostationeuskirchen.de: Faltblatt Themenwege-Streuobst (PDF-Datei, 17,2 MB, abgerufen 10.07.2024)
www.biostationeuskirchen.de: Alte Streuobstwiesen in Eifel und Börde (abgerufen 16.10.2015, Inhalt nicht mehr verfügbar 27.02.2024)