Der industrielle Aufschwung Frechens in der Braunkohlen-, Quarzsand-, vor allem aber in der Steinzeugindustrie löste einen rasanten Anstieg der Einwohnerzahlen aus: Während der Industrialisierungsphase zwischen 1885 und 1914 verdoppelte sich die Bevölkerungszahl auf ca. 11.500 Menschen (Details s. Kiegelmann 2003, S. 18). Dieser starke Einwohneranstieg, sowie die nach dem Ersten Weltkrieg kriegsbedingten wirtschaftlichen Schwankungen mit tiefgreifenden Auswirkungen auf den Bau- und Wohnungsmarkt und die daraus resultierende Wohnungsnot veranlassten die Gemeinde Frechen, ein Programm zur Schaffung bezahlbaren Wohnraumes für kinderreiche Familien zu initiieren. Im Rahmen dieses Programmes konnten ab dem Jahr 1924 350 Wohnungen fertiggestellt werden (VHS Frechen 1987, S. 77).
Das Wohnraumprogramm wurde vom Frechener Hochbauamt unter der Leitung des Kölner Architekten Julius Gatzen in den Jahren 1926-1931 umgesetzt. Für eine Ortserweiterung geeignet erschien das Gelände ca. 200 Meter nördlich des historischen Ortskernes, wo bereits seit 1912 die „Katholische Schule an der Hüchelner Straße“, die heutige Gemeinschaftsgrundschule Ringschule stand. Westlich der Schule wurde ab 1922 die Bergbausiedlung an der Heinrichstraße, Friedenstraße und Bartmannstraße von der Rheinischen Wohnungsbaugesellschaft für das Braunkohlengebiet errichtet (Heeg 1984, S. 77), die nun auch an den Ortskern angebunden werden sollte.
Beschreibung
Ab 1926 wurde der Freiheitsring, also die „Ringstraße“, ausgebaut und präsentierte sich als „schnurgerade(r), breite(r), mit Bäumen umsäumter Boulevard mit den architektonisch eindrucksvollen Bauschöpfungen jener Jahre an seiner Seite (...)“ (Heeg 1984, S. 75). Bei den Siedlungsbauten handelt es sich um zwei- bis dreigeschossige Reihen- und Laubenganghäuser aus Backstein im Stil des Neuen Bauens (Buschmann et al. 2020, S. 488); beispielsweise zählen die Laubenganghäuser zu den ersten Typen, die in Deutschland errichtet wurden. „Die Pläne für die Siedlung am Freiheitsring wie auch die Häuser der Siedlung selbst enstanden 1927-1931. Zeichnungen, Modelle und Lichtbilder wurden 1929 auf einer Ausstellung in Aachen gezeigt und in mehreren Publikationen veröffentlicht. Hervorgehoben wird mehrfach das hohe fachliche Interesse am kommunalen Wohnungsbau in Frechen wegen seiner architektonisch-städtebaulichen Qualität und vor allem wegen der durch Rationalisierungen und Typisierung erreichten ökonomischen Bauweise“ (Buschmann et al. 2020, S. 488). Die Anbindung an die Hauptstraße erfolgte über zwei rechtwinklig in den Freiheitsring mündende „Zubringerstraßen“, nämlich die Keimesstraße (ehemals Blumenstraße) und die Dr.-Tusch-Straße.
Zu den Bauten des Wohnraumprogrammes entlang des Freiheitsringes und den beiden anderen Straßen zählen:
- Laubenganghaus I (Freiheitsring 69-73)
- Laubenganghaus II (Freiheitsring 110)
- Einfamilien-Reihenhaus Typ 1 (Keimesstraße 26-54, 25-65) und Keimesstraße 24/ Hasenweide
- Reihenhaustyp 2 Freiheitsring 58-84 mit Kopfbauten und Dr. Tusch-Straße 15-33
- Reihenhaustyp 3 (Freiheitsring 51-69)
(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2021)