Denkmalbereich „Freiheitsring in Frechen“

Freiheitsring / Keimesstraße

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Frechen
Kreis(e): Rhein-Erft-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 54′ 45,92″ N: 6° 48′ 29,76″ O 50,91276°N: 6,80827°O
Koordinate UTM 32.345.926,29 m: 5.642.410,96 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.556.887,87 m: 5.642.252,28 m
Lage und Geschichte
Um die nach dem Ersten Weltkrieg herrschende Wohnungsnot zu vermindern, entstand in den 1920er Jahren im Norden von Frechen die Siedlung am Freiheitsring. Das im Ursprung landwirtschaftlich geprägte Dorf Frechen hatte sich dank der Bodenschätze Ton und Braunkohle in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts in raschem Tempo zu einem aufstrebenden Industriestandort gewandelt: um 1880 war aus der handwerklichen Töpferei die industrielle Fertigung von Tonwaren hervorgegangen und nach 1890 wurde der Braunkohletagebau ein wichtiges Thema in Wirtschaft und Politik. In Folge der enormen Kohleforderungen nach dem Versailler Vertrag, wurde die Kohleförderung nach 1919 stetig erhöht und löste damit auch in Frechen einen wachsenden Zuzug von Bergarbeitern aus. Das bereits 1914 zu knappe Angebot an Kleinwohnungen konnte den steigenden Wohnraumbedarf nicht mehr decken, auch hatte sich genossenschaftliche Bautätigkeit auf Frechener Gebiet noch nicht etabliert. Unter Bürgermeister Dr. Toll (1925-1933) von der Zentrumspartei entwickelte der Kölner Architekt und spätere Leiter des Frechener Hochbauamtes Julius Gatzen ein neues Konzept zur Umsetzung von gemeindlichem Wohnungsbau.

1926 wurde eine breite Ringstraße (der Freiheitsring) parallel zur alten Hauptstraße angelegt, die dazu rechtwinklig verlaufende Blumenstraße (heute Keimesstraße) stellte die Verbindung zum Rathaus und zum alte Ortskern her. Die neuen Straßen wurden planmäßig mit gemeindeeigenen Wohnhäuser variierenden Zuschnitts und unterschiedlicher Größe bebaut. Niedriger Mietzins, die Herstellung aus vor Ort gewonnenen Materialien und die Ausführung durch ortsansässige oder Kölner Firmen dienten der Einsparung von Baukosten. Auch waren die Baukörper schlicht und im Raumangebot auf notwendige Funktionen (ohne Badezimmer) reduziert.
Die Siedlungsstruktur wurde dem Bedarf der kinderreichen Familien angepasst. So erfolgte sehr bald, 1928 bereits, eine Erweiterung der Ringschule und 1931 war die neue Lindenschule gebaut.

Charakteristik
Die Siedlung setzt sich zusammen aus zwei- und dreigeschossigen dunkelroten flach und mit flach geneigten Satteldächern gedeckten Backsteinzeilen in expressionistischer Formensprache, abschnittweise mit horizontalen Fensterbändern, horizontal gegliederten Balkonbrüstungen und mit Betonung einzelner Architekturelemente durch grün-beige glasierte Keramikelemente. Schmale Vorgärten prägen den Straßenraum; die rückwärtigen Gärten dienten ursprünglich der Selbstversorgung.

Die Keimesstraße bildet als Hauptachse mit aus der Straßenflucht symmetrisch zurückgesetzten Zeilen das Kernstück. Hier stehen beidseitig, leicht erhöht zum Straßenniveau, zweigeschossige Wohnhauszeilen aus gereihten Einfamilienhäusern mit Satteldach, im Erdgeschoss gegliedert durch ein Fensterband mit schmalhohen Fenstern, eingefasst von glasierten farbigen Tonplatten. Architektonisch und städtebaulich wird die Straße an beiden Enden betont. Das südliche Zeilenende ist in der Baukörperausbildung und städtebaulich Bildung eines Platzes abgesetzt; der westliche Kopfbau ist verputzt und mit Vor- und Rücksprüngen und mit originalem Ladeneinbau gegliedert. Im Norden mündet die Keimesstraße in den als Platanenallee gestalteten Freiheitsring. Hier schließt ein dreigeschossiges in der Flucht verspringendes Laubenganghaus mit einem hohen, von halbrunden Treppentürmen flankierten Durchgangsbogen den Straßenraum und leitet zu den rückwärtigen Grünanlagen über. Einzelne kleine quadratische Zierfeldern mit Tierdarstellungen schmücken den östlichen Flügel.

Die Siedlung ist ein Beispiel für die Behebung der Wohnungsnot in der Rheinprovinz nach dem Ersten Weltkrieg und ist bis heute ein funktionstüchtiges städtisches Element von hoher architektonischer und städtebaulicher Qualität.
Die Satzung ist seit 1993 rechtsgültig.

(Elke Janßen-Schnabel und Kati Pataki, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, aus: Pufke (Hrsg.) 2016)

Quelle
Kölner Stadt-Anzeiger vom 28.12.1929: „Wo Frechen sich vergrößerte“.

Literatur

Eger, Barbara (1985)
Frechen. Siedlungsbau 1925-1930. Der Architekt Julius Gatzen verband kostensparendes Bauen mit eindrucksvoller architektonischer Qualität. In: Denkmalpflege im Rheinland 3, S. 17-19. o. O.
Gatzen, Julius (1931)
Vier Jahre Hochbauamt Frechen. (Kommunale Bauaufgaben 8.) o. O.
Heeg, Egon (1984)
Innenstadt (Frechen). (Frechener Straßen: Spiegel der Frechener Geschichte / Egon Heeg ; Band 1.) Köln.
Pufke, Andrea (Hrsg.) (2016)
Denkmalbereiche im Rheinland. (Arbeitsheft der rheinischen Denkmalpflege 83.) S. 160-161, Petersberg.
(1930)
Siedlungsbau in Frechen bei Köln am Rhein. In: Bauwarte, S. 448-457. o. O.
(1929)
Der Wohnungsbau in der Gemeinde Frechen. In: Bauwarte, S. 453-474. o. O.

Denkmalbereich „Freiheitsring in Frechen“

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Freiheitsring / Keimesstraße
Ort
50226 Frechen
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Denkmalbereich gem. § 5 DSchG NW
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Archivauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1926

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„Denkmalbereich „Freiheitsring in Frechen“”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/O-80349-20131128-10 (Abgerufen: 8. Mai 2024)
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