Auf der linken Moselseite, gegenüber der Koblenzer Altstadt, liegt Koblenz-Lützel. Es ist einer von insgesamt 30 Koblenzer Stadtteilen. Im Norden wird Lützel von den Stadtteilen Neuendorf, Bubenheim und Metternich eingerahmt. Im Süden dient die Mosel als natürliche Grenze.
Im Jahr 1891 wurde Lützel nach Koblenz eingemeindet. Heute wohnen in Lützel 8.568 Menschen (Stand 2018, nach Stadt Koblenz). Der größte Teil des Baubestands an Ein- und Zweifamilienhäusern sowie an Mehrfamilienhäusern stammt aus dem Zeitraum zwischen den Jahren 1949 bis 1976. Teilweise prägt aber auch alter Baubestand, vor dem Jahr 1949, das Bild. So stehen in der Elisenstraße niedrige Fachwerkhäuser nach dem Rayongesetz aus dem 19. Jahrhundert. Nahe des Moselufers erheben sich dagegen große, teilweise mit reichen Stilelementen versehene Bürgerhäuser. Sie setzen in Richtung der Koblenzer Altstadt ein gut sichtbares städtebauliches Zeichen. Unweit der Balduinbrücke steht der „Lützelhof“. Der Gebäudekomplex zeugt noch heute von Wohnkonzepten, die zur Zeit seiner Erbauung (in den Jahren 1913/14) als modern erachtet wurden. Im Bereich des Petersberges liegt eine Grünanlage, die sich vom Volkspark bis zum Franzosenfriedhof erstreckt. Eine weitere Grünfläche zieht sich am Moselufer im Bereich der alten Schwartwiese entlang.
Lützel entsteht Bereits im Jahre 1070 lässt sich auf dem Gebiet des heutigen Stadtteils eine Siedlung nachweisen. Die alte Ortsbezeichnung „Confluentia minor“, wie das spätere Lützelcoblenz, können als kleines Koblenz gedeutet werden (regionalgeschichte.net). Wallfahrer, die nach Aachen pilgerten, übernachteten an diesem Ort, da eine Überfahrt nach Koblenz im Winter oder bei schlechtem Wetter zu beschwerlich war. So entstand eine große Anzahl an Gasthäusern und Wirtsstuben. Die Bekanntesten hießen „Zum Schwan“ und „Zum Ochs“. Als weiterer Gewerbezweig entstand der Schiffsbau und die Schifferei. Im 13. Jahrhundert wurden den Bürgern von Lützelkoblenz, wie die damalige Ortsbezeichnung lautete, die Bürgerrechte der Stadt Koblenz zugestanden. Lützelkoblenz bekam den Status einer Vorstadt.
Balduin von Luxemburg, Erzbischof und Kurfürst von Trier (1285-1354, Erzbischof ab 1308), begann den Bau einer Brücke in den Jahren 1342/43. Sie wurde im Jahr 1429 fertiggestellt. Nun mussten die Lützeler Gasthäuser mit denen in Koblenz konkurrieren. Auch die Brückenmaut ab dem Jahr 1450 änderte nichts daran, dass viele Pilger nun in Koblenz übernachteten und nicht mehr in Lützel. Auch zogen viele Schiffer und Schiffsbauer nach Neuendorf, Handwerker und Krämer siedelten ins Stadtgebiet. Die neue Brücke stellte lange Zeit den einzigen Zugang vom linksseitigen Moselufer zur Stadt Koblenz dar.
Das alte „Lützelkoblenz“ Um zu verhindern, dass sich Feinde des strategisch wichtigen Brückenkopfs bemächtigen konnten, war der Ort durch Mauern und einen Graben befestigt. Auch der Brückenkopf war befestigt, um den Zugang zur Brücke und somit in die Stadt zu sichern. Der Zugang nach Lützelkoblenz erfolgte durch die drei Tore „Brückenthor“, „Oberthor“ und „Niederthor“. Darüber hinaus verfügte Lützelkoblenz über ein Gemeindehaus, ein Hospital und ein Backhaus. Nahe der Brücke stand die Pfarrkirche des Ortes, die dem Apostel Petrus gewidmet war.
Die Häuser befanden sich an fünf Straßen: „Die, an welcher die meisten Häuser standen, war die Leygasse. Von da ging die Pützgasse, die ihren Namen von dem darin befindlichen Gemeinde-Brunnen hatte, zur Mosel, die Schaargasse zur Schaarwiese, die Berggasse, an deren Ende sich die Bergpforte befand, zum Petersburg, und die Hundsgasse zur Mosel-Brücke“ (Lange 1846, o. S.). Um die 500 Personen wohnten zu dieser Zeit im Ort, von denen ungefähr ein Viertel nach der Fertigstellung der Brücke wegzogen (Lange 1846, o. S.). Die Bürgerschaft organisierte sich durch mehrere Gemeindevorsteher, sogenannte Heimburger.
Lützelkoblenz wird zerstört Die Nähe zur Stadt Koblenz hatte auch negative Folgen für Lützelkoblenz. Mehrmals in seiner Geschichte geriet es in kriegerische Konflikte um die Festung und die Stadt Koblenz. Als Raban von Helmstatt, Erzbischof und Kurfürst von Trier (1362-1439, Erzbischof ab 1430) in den 1430er Jahren Krieg gegen Ulrich von Manderscheid (unbekannt-1436/38) führte, wurde Lützelkoblenz zuerst durch Ulrichs Soldaten geplündert und daraufhin durch den Erzbischof selbst niedergebrannt. Auch die Pfarrkirche fiel diesem Konflikt zum Opfer. In den folgenden zwei Jahrhunderten erholte sich die Siedlung wieder, wurde dann aber in den Jahren zwischen 1632 bis 1636 von schwedischen und französischen Soldaten heimgesucht. Johann Hugo von Orsbeck, Erzbischof und Kurfürst von Trier (1634-1711, Erzbischof ab 1676) ließ im Jahre 1682 den Brückenkopf zu einer Sternbastion ausbauen und mit Kanonen bestücken. Da jedoch den Kanonen durch die Bebauung nur bedingt freie Schussbahn gegeben war, sollten die Häuser im Fall einer Belagerung abgerissen werden, um die Stadt zu schützen. Lützelkoblenz wurde während der Belagerung durch die Franzosen im Jahr 1688 vollständig zerstört (Lange 1846, o. S.).
Langsamer Wiederaufbau Die Neubesiedlung nahm einige Zeit in Anspruch. Bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts war Lützel nur dünn besiedelt, wie ein Blick in historische Karten offenbart (siehe Tranchot- v. Müfflingkarte und die Karte „Preußische Uraufnahme 1843-1878 (RLP)“ im Kartenwerk von KuLaDig). Ein paar wenige Wirtshäuser und Gärtnereien hatten sich vor Ort niedergelassen. Ab dem Jahr 1816 wurde das Gebiet des heutigen Stadtteils Lützel maßgeblich durch militärische Anlagen geprägt: Kasernen als auch Anlagen zur Stadtverteidigung. Neben der Feste Kaiser Franz wurden die Bastionsanlagen Neuendorfer Flesche, die Rübenacher Schanze, Moselflesche und Bubenheimer Flesche sowie eine Vielzahl kleinerer Pulvermagazine erbaut. Fragmente dieser Bauwerke sind heute noch vorhanden.
Wie im Mittelalter und der frühen Neuzeit diente der Standort auch im 19. Jahrhundert vornehmlich der Verteidigung der Stadt Koblenz. Das Reichsrayongesetz schrieb beispielsweise vor, dass Häuser vor Ort nur in Leichtbauweise erbaut werden durften und eine gewisse Höhe nicht überschreiten sollten. Im Falle einer Belagerung mussten die Häuser abgerissen werden. In der Elisenstraße lassen sich heute noch Häuser finden, die aus dieser Zeit stammen.
Zur Stadtteilentwicklung trug auch der Bau des Güterbahnhofs in Lützel bei. Prinzregent Wilhelm, später Kaiser Wilhelm I., König von Preußen (1797-1888, regierte ab 1861) veranlasste diesen Bau im Jahre 1858 zeitgleich mit dem Bau des Personenbahnhofs in Koblenz, heutiger Bahnhof Koblenz Stadtmitte. Verbunden waren beide Bahnhöfe durch die ebenfalls in dieser Zeit erbaute Moseleisenbahnbrücke. Die Arbeiter, die den Ausbau der Gleisanlagen und der Bahnhöfe vorantrieben, siedelten vornehmlich in Lützel an. Der Güterbahnhof begünstigte die Ansiedlung weiterer Industrie- und Gewerbebetriebe in Lützel. Viele Arbeiter wohnten in Lützel, für deren Kinder im Jahr 1911 die Volksschule, heute Grundschule, erbaut wurde. Zur Zeit der Nationalsozialisten wurden vom Güterbahnhof in Lützel aus Menschen in die Vernichtungslager deportiert.
Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und Wiederaufbau Koblenz-Lützel wurde im II. Weltkrieg von den Alliierten stark bombardiert. Gründe dafür waren der Güterbahnhof, die nahegelegene Eisenbahnbrücke, die angesiedelten Industrieanlagen und die Militärstandorte, wie Kasernen. Die Nachkriegsjahre stehen auch in Lützel ganz im Zeichen des Wiederaufbaus. Rund achtzig Prozent der Wohnhäuser im Stadtteil sind nach dem Jahr 1949 erbaut (Stadt Koblenz). Lützel blieb ein Stadtteil, in dem vornehmlich die Arbeiter lebten.
Migration als Wachstumsgarant für Lützel Der Umstand, dass Lützel zu Beginn des 19. Jahrhunderts nur aus wenigen Häusern bestand, legt nahe, dass Menschen von außerhalb maßgeblich zum Wachstum des heutigen Stadtteils beigetragen haben. Nach dem Sieg über Napoleon begannen die Preußen damit, strategisch wichtige Städte durch Bastionen, militärische Verteidigungsanlagen, zu schützen. Neben Köln war besonders auch Koblenz von diesen Bauvorhaben betroffen. Die Festung Ehrenbreitstein in Koblenz veranschaulicht heute noch, wie groß das von Frankreich ausgehende Bedrohungspotenzial in Preußen wahrgenommen wurde. Im Jahre 1816 wurde auch mit dem Bau der Feste Kaiser Franz auf dem Petersberg begonnen. Die Arbeiter, die für den Bau benötigt wurden, besaßen unterschiedliche Nationalitäten. Familien ließen sich in Lützel nieder, die nach der Fertigstellung der Feste Franz im Jahr 1822 im Ort blieben und an anderen Verteidigungsanlagen arbeiteten.
Der Bau des Güterbahnhofs zur Mitte des 19. Jahrhunderts hatte ebenfalls zur Folge, dass sich Menschen in Lützel niederließen und zur Prosperität des Ortes beitrugen. Um das Jahr 1930 lebten Roma und Sinti in unmittelbarer Nähe zur Feste Franz, von denen viele zur Zeit des Nationalsozialismus gemeinsam mit Juden und anderen Minderheiten vom Güterbahnhof Lützel aus in die Vernichtungslager deportiert wurden. Nach dem Zweiten Weltkrieg, besonders in den 1960er und 1970er Jahren, ließen sich Menschen aus anderen europäischen Staaten in Lützel nieder, sodass auch heute noch ein hoher Migrationsanteil in der Bevölkerung den Stadtteil prägt.
Der heutige Stadtteil Koblenz-Lützel Heute ist Koblenz-Lützel sehr heterogen sowohl auf seine Gebäude als auch bezogen auf die Bevölkerung. Von der multikulturellen Prägung des Stadtteils zeugen die Koblenzer Moscheen in Lützel: Tahir-Moschee, die Aqsa-Moschee und - nahe der Grenze zu Neuendorf – die Abu Bakr-Moschee. Auch gibt es in Lützel eine Polnische Gemeinde, deren Zentrum die Polnische Katholische Mission darstellt. Als weiteres kulturelles Zentrum des Stadtteils dient die Kulturfabrik Koblenz (KUFA), die als Theater für Kleinkunst und Galerie genutzt wird und das kulturelle Leben in Lützel bereichert. Die KUFA ist im eindrucksvollen Gebäude der ehemaligen Couvertierfabrik Mayer-Alberti untergebracht.
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