Der Lützelhof war das größte Bauvorhaben im Stadtteil Koblenz-Lützel im frühen 20. Jahrhundert. Die gesamte Anlage umfasste ursprünglich 17 Gebäudeteile. Zwölf Gebäude sind heute noch erhalten. Konzipiert wurden die Wohnungen nach den damaligen Vorstellungen von „modernen Wohnkonzepten“.
Lage Der Lützelhof liegt zentral innerhalb des Stadtteils Koblenz-Lützel. Das Stadtzentrum von Koblenz lässt sich über die Balduinbrücke zügig erreichen. Auch viele Lützeler Unternehmen befinden sich in der Nähe. Einige Unternehmen existierten bereits im frühen 20. Jahrhundert. Daher muss der Lützelhof alleine wegen seiner zentralen Lage als geschätzte Wohnlage gegolten haben.
Insgesamt bestand der Lützelhof vor dem Zweiten Weltkrieg aus 17 Gebäudeteilen und zwei Innenhöfen. Zwölf Gebäudeteile sind erhalten geblieben und entsprechen in ihrem Äußeren größtenteils ihrem Ursprungszustand. Der Lützelhof befindet sich an der Gartenstraße. Weitere Gebäude liegen am Brenderweg und an der Paulstraße. Auch an der Wilhelmstraße finden sich Gebäudeteile des ehemals in sich geschlossenen Hofkomplexes. Die beiden letztgenannten Straßen sind nach dem Schrotthändler Paul Steus und dem Holzfachmann Wilhelm Erlemann benannt. Beide gelten als Miterbauer des Lützelhofes.
Struktur Die Anlage an der Gartenstraße, dem Brenderweg und der Neuendorfer Straße in Lützel zeigt trotz einer teilweisen Kriegszerstörung am Brenderweg und im Hof selbst noch die Strukturen einer einheitlichen Bebauung unter Nutzung älteren Bestandes. Das Bestreben, ein gehobenes Wohnquartier zu schaffen, wird deutlich. Dieses Bestreben findet sich in Koblenz später auch in der Südlichen Vorstadt, in der in den 1920er-Jahren ganze Straßenzüge einheitlich geplant wurden. Der Lützelhof sollte offenbar städtebaulich wirken. Dafür sprechen die Toranlagen zu den umliegenden Straßen mit ihrer baulichen Akzentuierung ebenso wie die aufwendige bauliche Gestaltung der Ecke Gartenstraße/Brenderweg. Die Hofanlange besetzt vis-à-vis der Rampe der Balduinbrücke und an einer Kreuzung eine „prominente“ Position im Stadtteil.
Gebäude Die Gebäudeteile sind über eine Eckbauweise miteinander verbunden. Jedes der Gebäudeteile verfügt über vier Geschosse. Über dem Erdgeschoss erheben sich zwei Obergeschosse sowie ein Dachgeschoss. Von der Innenhofseite aus sind die Wohnungen des Dachgeschosses in den unteren Teil des Mansardendaches integriert. Die Wohnungen in den Dachgeschossen verfügen über stehende Dachfenster. Von der Straßenseite aus ist das Dachgeschoss als vollwertiges Geschoss sichtbar. Es schließt an dieser Seite mit einem Satteldach ab. Die Fassaden der Gebäudeteile verfügen über hochrechteckige Fenster und über erkerartige Auskragungen. Diese treten ab dem ersten Obergeschoss aus der Fassade hervor. Von der Gartenstraße aus sieht man, dass diese Auskragungen farblich akzentuiert sind. In einem Blauton bilden sie einen Kontrast zur beigefarbenen Hausfassade.
Ein markantes Stilelement wiederholt sich in allen Gebäuden des Lützelhofs: das Bogenmotiv. Auch die Tore, die von der Straße aus in die Innenhöfe führen, befinden sich in solchen Bögen. Auch an den Balkonen lässt sich das Bogenmotiv feststellen. Ein weiteres sich wiederholendes Stilelement befindet sich an den Bogentoren zu den Hinterhöfen. Diese sind in die Hausfassaden integriert. Von der Straße aus ist über beiden Torbögen mittig der Schriftzug „Lützel=Hof.“ angebracht. Rechts und links der jeweiligen Zugänge zeigen sich reliefartige Tierabbildungen beispielsweise ein Hund und ein Hahn.
Geschichte Am Standort der heutigen Hofanlage Lützelhof befanden sich zuvor mehrere Lagerhäuser. Diese gehörten zwei Großhandelsfirmen aus Lützel. Die Inhaber der beiden Firmen waren Paul Steus und Wilhelm Erlemann. Während Steus im Schrotthandel und Baustoffhandel tätig war, hatte Erlemann ein Vermögen als Holzfachmann gemacht. In seiner Lohnsägerei und Kistenfabrik ließ Erlemann Spezialkisten für Sekte der Firma Deinhart fertigen. Mithilfe dieser Kisten konnten die Sektflaschen bruchsicher nach England transportiert werden. Im Jahre 1911 brannte eines der Lagerhäuser ab. Steus und Erlemann planten, die anderen Lagerhäuser abreißen zu lassen und an ihrer Stelle Wohngebäude zu errichten. Die beiden Unternehmer schenkten der Stadt Koblenz Teile des Grundstücks. Die Stadt verpflichtete sich im Gegenzug auf diesen Grundstücksteilen Straßen zu erbauen. Teile der heutigen Straßen Paulstraße und Wilhelmstraße künden von dieser Vereinbarung. Die Straßen sind nach den Vornamen der Erbauer des Lützelhofs benannt.
Steus und Erlemann beteiligten mehrere Architekten an der Planung des Baus. Unter ihnen war auch ein Architekt des „Bundes Deutscher Architekten e.V.“ (BDA). Der BDA wurde im Jahre 1903 gegründet und widmet sich besonders baukünstlerischen und städtebaulichen Aufgaben. Hierbei war der Lützelhof von Interesse. Für seine Zeit galt das Bauprojekt aufgrund der Wohnkonzeption als sehr fortschrittlich: Durch den Bau einer Hofanlage mit Innenhöfen, versprach man sich ruhige Wohnräume. Die Innenhöfe waren teilweise begrünt. Viele Balkone sind in Richtung der Innenhöfe ausgerichtet. Auch heute noch hält man den Innenhof von eingeschobenen Gebäudeteilen frei. Für damalige Verhältnisse waren die Wohnungen groß und mit eigenem Bad ausgestattet. Daher entsprechen die Grundrisse der Wohnungen im Lützelhof auch den heute geltenden Ansprüchen der Bewohner.
Im Zweiten Weltkrieg wurden zwei Drittel des Lützelhofes zerstört. Mehrere Gebäude wurden wiederaufgebaut. In ihrem Aussehen unterscheiden sich diese Gebäude von den ursprünglichen. Zwei Gebäude wurden in den 1950er Jahren komplett abgerissen. Es gelang damit, den Innenhof besser zu belichten. Gleichzeitig sollte in den Wohngebäuden eine günstigere Durchlüftung ermöglicht werden.
(Shabnam Ahmadshahi, Universität Koblenz-Landau / freundliche Hinweise von Herrn Werner Seul und Herrn Manfred Böckling, 2020)
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