Wasserflugzeughäfen in Köln
Die eingesetzten Wasserflugzeuge
Der Wasserflughafen auf dem Rhein, Höhe Sankt Kunibert
Hans Bertrams „Flug in die Hölle“ 1932/33
Das Ende der Kölner Wasser-Luftfahrt
Lage und Objektgeometrie
Hinweis
Quellen, Internet und Literatur
Wasserflugzeughäfen in Köln
Ein „Wasserflugzeughafen“ oder auch „Wasserflughafen“ ist im Grunde lediglich ein auf dem Wasser liegendes und am Ufer festgemachtes Floß, an dem Wasserflugzeuge anlanden können. Über einen Brückensteg können die Flugzeuge dann mit Fracht beladen oder von Passagieren bestiegen werden.
Auch wenn sich heute keine sichtbaren Spuren mehr von ihnen finden, sind in Köln zumindest zwei Landeplätze auf dem Wasser des Rheins recht sicher durch Zeugnisse belegt:
- einer auf dem Rhein bei Sankt Kunibert, an der so genannten „Kunibertsrampe“,
- einer im Becken des 1922-1925 erbauten Niehler Hafens, sowie
- ein nur unsicher genannter und wahrscheinlich mit dem erstgenannten identischer Landeplatz auf Höhe der Machabäerstraße.
Zur Vorgeschichte der Kölner Wasserflugzeughäfen ist anzumerken, dass schon Jahre vor deren Inbetriebnahme der Erste Weltkrieg 1914-1918 und nachfolgend die Demilitarisierung infolge des Versailler Vertrags bereits begonnene Entwicklungen in diese Richtung beendete.
Neben der Schaffung eines Luftboot- bzw. Wasserflugzeughafens in Köln als Zubringer für ein geplantes Erholungsgebiet im Bereich des ehemaligen Schießplatzes in der Wahner Heide wurde auf Anregung der Firma AEG Berlin seinerzeit auch die Einrichtung eines Wasserflugzeug-Verkehrs von Köln nach Mainz angedacht. Ein planmäßiger Luftverkehr von Köln bis Königswinter stand zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns im Sommer 1914 unmittelbar bevor.
Erneut wurde um 1923/26 die Frage der Eignung der Wahner Heide für die Luftfahrt diskutiert, da diese über Straßen- und Bahnverbindungen verkehrsgünstig gelegen war und durch die früheren Militärlager auch über Unterkunftsmöglichkeiten verfügte. Der Landrat des Kreises Mülheim empfahl die Einrichtung eines Notlandeplatzes für Flugzeuge und erwähnte zudem die Möglichkeit, die Scheuerteiche (Stauweiher) auch für Wasserflugzeuge nutzen zu können. Dem widersprach der Präsident des Landesfinanzamtes Köln - selbst als Notlandeplatz sei die Wahner Heide nur sehr wenig geeignet und die kleine Fläche der Stauweiher, deren zeitweilige Wasserarmut und der unmittelbar angrenzende Hochwald sprächen auch gegen eine Eignung als Landeplätze für Wasserflugzeuge (Hinweise Herr Müller nach der Chronik des Kölner Luftfahrtchronisten Heribert Suntrop (1928-2016), 2022).
Die eingesetzten Wasserflugzeuge
Schon am 20. September 1913 hatte in Porz der Vorbeiflug eines der ersten Wasserflugzeuge Aufsehen erregt, als ein Ingenieur (Heinrich?) Dahm aus Friedrichshafen auf seinem Doppeldecker-Flug nach Kiel in geringer Höhe rheinabwärts kommend in Köln Station machte und am Bootshaus des „Cölner Club für Wassersport“ landete (Hinweis Herr Müller 2022).
Bereits 1914 hatte der Kölner Richard Beckmann ein zweimotoriges Wasserflugzeug entwickelt, das nach Amerika fliegen sollte. Die Konstruktion erwies sich jedoch als noch nicht ausgereift (Mikloweit 2002, S. 158).
In den 1920er- und 1930er-Jahren wurden zum beschleunigten Posttransport Katapultflugzeuge eingesetzt. Diese mit Schwimmerkufen ausgerüsteten Flugzeuge wurden von Überseedampfern aus mittels eines Bordkatapults gestartet, sobald die Reichweite zum gewünschten Ziel dies zuließ. Nach dem Start flogen die schnellen Flugzeuge dann mit ihrer Eilfracht den deutlich langsameren Schiffen voraus.
Dies rechnete sich offenbar: Selbst die „Bremen“, das 1929 schnellstes Schiff auf der Transatlantik-Route, brachte es „nur“ auf eine Höchstgeschwindigkeit von gut 50 km/h – außerdem legte der Schnelldampfer in Bremerhaven und nicht in Köln an, was also einen weiteren Transport der Postfracht notwendig gemacht hätte. Mit der ab 1932 eingesetzten rund 200 km/h schnellen Junkers Ju 46 konnte die Dauer des Postversands zwischen den USA und Deutschland um bis zu zwei Tage verkürzt werden.
In Deutschland wurden vornehmlich zu Wasserflugzeugen umgerüstete Junkers F 13 eingesetzt. Die von 1919 bis 1932 produzierte F 13 war im Gegensatz zu den seinerzeit üblicherweise stoffbespannten Holz- oder Stahlrohrflugzeugen das erste in der zivilen Luftfahrt eingesetzte Ganzmetallflugzeug. Neben zwei Piloten boten die Maschinen vier Passagieren Platz und galten damals mit ihrem integrierten Heizsystem sowie einer Innenbeleuchtung als luxuriös (www.koeln-lotse.de).
Zudem waren die F 13 frühe STOL-Flugzeuge (engl. Akronym für Short Take-Off and Landing, deutsch Kurzstart und -landung), da sie schon zu Land lediglich 200 Meter als Start- und nur 150 Meter als Landestrecke benötigten. Bei einer Dauergeschwindigkeit von 140 km/h verfügten sie über eine Reichweite von 1.200 Kilometern.
Der Wasserflughafen auf dem Rhein, Höhe Sankt Kunibert
Zunächst wurden 1926 in Köln von einer seit 1924 in Bad Oeynhausen ansässigen Westflug GmbH Post-, Personen- und Werbeflüge aufgenommen, die auf dem Rhein starteten. Die Westflug, an der der Flugzeug-Ingenieur und Unternehmer Hugo Junkers (1859-1935) beteiligt war (www.hugojunkers.bplaced.net), ging möglicherweise als Tochterunternehmen in die am 6. April 1926 durch den Zusammenschluss der beiden Fluggesellschaften Deutscher Aero Lloyd AG und Junkers Luftverkehrs AG mit Sitz in Berlin gegründeten „ersten“ Deutsche Luft Hansa AG ein.
Die Werbeflüge sollten offenbar die finanzielle Grundlage für einen Ausbau des Rheintal-Linienverkehrs über Bonn, Mainz und Basel ermöglichen. Zwischen Köln, dem Wasserflughafen Duisburg-Wanheim und Rotterdam wurde diese Linie ab dem 16. Mai 1927 mit regulären Passagierflügen im Sommerflugplan der Lufthansa eingerichtet. Die bis August 1927 eingesetzten Junkers F 13 trugen auf dem Leitwerk zwar den Firmennamen der Westflug GmbH, zugleich aber den zeittypischen Anstrich der Lufthansa (koelner-luftfahrt.de und www.koeln-lotse.de).
Im gleichen Jahr wurde der Wasserflughafen etwa einen halben Kilometer nördlich der Hohenzollernbrücke fest angelegt (Wilhelm 2008, S. 146). Über die so genannten „Kunibertsrampe“, die es als Bauabschnitt des Rheinufers schon lange vor dem Wasserflugzeughafen gab, konnte man bei einem bestimmten Wasserstand Boote in den Rhein ablaufen lassen. In einem auf 1922 datierten Stadtplan von Köln findet sich im Bereich dieser Rampe ein „Elevator“ (Aufzug) eingezeichnet, der vermutlich auch schon vor der Einrichtung der Fluglinen ab 1926 für ähnliche Zwecke genutzt wurde (landkartenarchiv.de, 1922). Nun konnten bei Bedarf auch Wasserflugzeuge aus bzw. in den Fluss gezogen werden - dazu gab es zwei Unterkonstruktionen mit je zwei Rädern die unter die Schwimmer der Flugzeuge montiert wurden. Der Wasserflugzeughafen selbst hatte keine offizielle Benennung und wird zumeist als „Wasserflugzeughafen an St. Kunibert“ bezeichnet (Hinweise Herr Müller, 2022).
„Es muss ein toller Anblick gewesen sein: Auf dem Rhein, etwa in Höhe von St. Kunibert, beschleunigt ein Wasserflugzeug und hebt noch vor der Bastei ab. ... Gestartet wurde von einem etwa 50 Quadratmeter kleinen Holzfloß auf dem Rhein in Höhe der Kunibertsgasse, direkt gegenüber dem Rheinpark. Am Ufer befand sich noch ein kleines Häuschen. Dort wurde die Post gelagert.“ (www.koeln-lotse.de)
Der Kölner Verwaltungsbericht für 1927/28 führt dazu an: „Zur Befliegung der Strecke Köln-Duisburg-Rotterdam mit Wasserflugzeugen wurde am Rhein unterhalb der Hohenzollernbrücke auf der linken Rheinseite ein Wasserverkehrslandplatz eingerichtet und die Inbetriebnahme vom Reichsverkehrsministerium unterm 24.6.1927 genehmigt. Die Beschaffung eines Landefloßes und eines kleinen Holzgebäudes war hierfür erforderlich. Am 1.10.1927 wurde der Wasserverkehrslandplatz abgebaut und das Landefloß zur Überwinterung in den Hafen geschleppt.“
Unklar bleibt, warum dieser kleine Wasserflugplatz überhaupt betrieben wurde, zumal es in Köln doch mit dem Butzweilerhof den seinerzeit ohne Übertreibung als das „Luftkreuz des Westens“ bezeichneten bedeutendsten Luftverkehrsknotenpunkt Deutschlands gab. Der Kölner Luftfahrtexperte Werner Müller vermutet, „dass man aus Kostengründen den Rhein bevorzugt hat“ (www.koeln-lotse.de).
Zeitweise waren sogar ein Ausbau des Wasserflughafens und der von Köln ausgehenden Transatlantik-Verbindungen angedacht. Der rege Schiffsverkehr auf dem Rhein und das sich stets abwechselnde Hoch- und Niedrigwasser des Flusses machten den Betrieb mit großen Wasserflugzeugen jedoch unmöglich, so dass die Linie Köln – Duisburg – Rotterdam mit dem Sommerflugplan vom 14. Mai 1928 nicht wieder eröffnet wurde. Das Floß an St. Kunibert wurde in den Niehler Hafen geschleppt und für von dort startende Luftpost-Verbindungen genutzt.
Für 1928/29 protokolliert der Verwaltungsbericht dazu: „Die im Vorjahre mit Wasserflugzeugen beflogene Rheinstrecke Köln-Duisburg-Rotterdam wurde nicht wieder eröffnet und der Wasserverkehrslandplatz am Kaiser-Friedrich-Ufer nicht eingerichtet.“
Die Gedenksäule des Kölner Luftverkehrs berichtet von dem viel beachteten Besuch des legendären 12-motorigen Flugbootes Dornier Do X, das 1932 auf dem Kölner Rhein Station machte und am Auerschen Floßhafen in Riehl ankerte.
Die mit einer Flügelspannweite von 48 Metern auch für heutige Verhältnisse riesige Do X mit der Kennung D-1929 landete am 21. September 1932 „auf Höhe des Niehler Hafens und steuerte den Rhein herauf Richtung Dom um an den dort wartenden Zuschauern vorbei zu fahren. Danach bewegte Sie sich aus eigener Kraft zu ihrem einwöchigen Liegeplatz im Floßhafen von Riehl südlich der Mülheimer Brücke“ (www.luftfahrtarchiv-koeln.de, mit zahlreichen Bildern).
1935 beflog die Lufthansa noch von der Kunibertsrampe aus die Strecke Köln – Frankfurt mit dem Flugzeugtyp Junkers W 33 (eine Weiterentwicklung der F 13, die bei einer Reichweite von rund 1.000 Kilometern bis zu sechs Passagiere befördern konnte, vgl. ebd.).
Hans Bertrams „Flug in die Hölle“ 1932/33
Von Köln aus brachen im Frühjahr 1932 der Remscheider Pilot Hans-Karl Bertram (1906-1993) und dessen Bordmechaniker Adolf Klausmann mit einer mit Schwimmern ausgerüsteten Junkers W 33 namens „Atlantis“ zu einem Rekordflug nach China auf, der weltweit Schlagzeilen machte. Da zumindest zu diesem Zeitpunkt der Wasserflugzeughafen an St. Kunibert offenbar nicht betrieben wurde, erfolgte der Abflug von einem Startplatz am rechtsrheinischen Rheinpark.
Die Etappe am 12. Mai 1932, ein Nachtflug von der indonesischen Insel Timor aus, endete nach einem Irrflug mit einer Notlandung in Australien, der sich ein 53-tägiger Überlebenskampf im Busch anschloss. Erst nach 14 Monaten konnten Bertram und Klausmann wieder nach Deutschland zurückkehren und landeten am 17. April 1933 auf dem Berliner Flughafen Tempelhof.
Hans Bertrams noch im gleichen Jahr erstmals erschienenes Buch „Flug in die Hölle“ wurde zum in 20 Sprachen übersetzten Bestseller und noch 1985 als ARD-Mehrteiler verfilmt (www.deutschlandfunk.de).
Das Ende der Kölner Wasser-Luftfahrt
Über den Zweiten Weltkrieg verlieren sich dann die Spuren der Kölner Luftfahrt auf dem Rhein. Gründe dafür sind offenbar neuere flugtechnische Entwicklungen und ein nach dem Krieg völlig verändertes (Luft-) Verkehrswesen.
Lage und Objektgeometrie
Auf den historischen topographischen Karten TK 1936-1945 findet sich auf dem Rhein kein Wasserflughafen verzeichnet (vgl. Kartenansicht) und auch ein von einem Kölner Kaufhaus Peters vertriebener und ansonsten recht detaillierter „Plan von Köln“ aus dem Jahr 1938 zeigt die Wasserflughäfen am damaligen Kaiser-Friedrich-Ufer nicht (landkartenarchiv.de, 1938).
Eher durch Zufall konnte der Luftfahrtexperte Werner Müller noch im Jahr 2015 die ehemalige Stützmauer der Kunibertsrampe fotografieren, als diese bei Bauarbeiten zum Vorschein kam (vgl. koelner-luftfahrt.de mit Bildern). Die Objektgeometrie ist hier symbolisch auf dem Rhein in Höhe des Kunibertstifts angelegt.
Hinweis
Die Wasserflugzeughäfen auf dem Kölner Rhein wurden unter „Schon gewusst, ...“ in Heft 3/2022 des Stadtmagazins KölnerLeben vorgestellt (koelnerleben-magazin.de).
(Uli Kievernagel, Köln, 2019, Werner Müller, Historisches Luftfahrtarchiv Köln, 2021/2022, Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2019/2022)
Der Wasserflugzeughafen auf dem Kölner Rhein bei Sankt Kunibert war KuLaDig-Objekt des Monats im Juni 2022.
Quelle
Verwaltungsbericht der Stadt Köln für 1927/28 (Bericht über den Stand und die Verwaltung der Gemeinde-Angelegenheiten der Stadt Cöln), S. 62, und Verwaltungsbericht der Stadt Köln / 1928/29 (Bericht über den Stand und die Verwaltung der Gemeindeangelegenheiten der Stadt Köln), S. 69 (online unter Universitäts- und Stadtbibliothek Köln, Digitale Sammlungen, www.ub.uni-koeln.de, abgerufen 10.02.2022).
Internet
www.koeln-lotse.de: Wasserflugzeughafen auf dem Rhein (Uli, der Köln-Lotse vom 12.10.2019, abgerufen 14.11.2019)
koelner-luftfahrt.de: Die Wasserflugzeughäfen von Köln (abgerufen 15.11.2019 und 05.04.2022)
www.hugojunkers.bplaced.net: Westflug GmbH (abgerufen 18.11.2019)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Hugo Junkers, Luftfahrtpionier (1859-1935) (abgerufen 19.11.2019)
www.luftfahrtarchiv-koeln.de: Die Do X in Köln (abgerufen 18.11.2019)
www.deutschlandfunk.de: Abenteurer mit Geschäftssinn, Vor 100 Jahren wurde der Flugpionier Hans Bertram geboren (Artikel vom 26.02.2006, abgerufen 19.11.2019)
www.landkartenarchiv.de: Stadtplan von Cöln, Grosse Ausgabe, Köln, Januar 1922 (abgerufen 10.11.2022)
www.landkartenarchiv.de: Plan von Köln 1938, Werbebeigabe des Kaufhauses Carl Peters in Köln, Verlag Ernst Moißl sen., Köln (abgerufen 30.04.2021)
koelnerleben-magazin.de: KölnerLeben, Heft Juni/Juli 2022, S. 29 (abgerufen 03.06.2022)
de.wikipedia.org: Junkers F 13 (abgerufen 15.11.2019)
de.wikipedia.org: Junkers W 33 (abgerufen 19.11.2019)
de.wikipedia.org: Junkers Ju 46 (abgerufen 19.11.2019)
de.wikipedia.org: Dornier Do X (abgerufen 19.11.2019)
de.wikipedia.org: Wasserflugzeug (abgerufen 15.11.2019)
de.wikipedia.org: Katapultflugzeug (abgerufen 15.11.2019)