Ehemalige Brikettfabrik Witznitzer Kohlenwerke, Brikettfabrik Witznitz

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege
Gemeinde(n): Borna
Kreis(e): Leipzig
Bundesland: Sachsen
Koordinate WGS84 51° 08′ 33,74″ N: 12° 29′ 56,73″ O 51,1427°N: 12,49909°O
Koordinate UTM 33.325.062,86 m: 5.668.668,26 m
Koordinate Gauss/Krüger 4.535.032,80 m: 5.667.638,26 m
  • Ehemalige Brikettfabrik Witznitz, v.l.n.r. Kühl-, Pressenhaus, Trockendienst, Maschinenhaus, Schornstein, dahinter neues Kesselhaus, Schaltwarte, von Südosten blickend

    Ehemalige Brikettfabrik Witznitz, v.l.n.r. Kühl-, Pressenhaus, Trockendienst, Maschinenhaus, Schornstein, dahinter neues Kesselhaus, Schaltwarte, von Südosten blickend

    Fotograf/Urheber:
    Josephine Dressler
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
  • Ehemalige Brikettfabrik Witznitz, Luftbild von Südwesten.

    Ehemalige Brikettfabrik Witznitz, Luftbild von Südwesten.

    Fotograf/Urheber:
    Ronald Heynowski
    Medientyp:
    Bild
    Anklicken öffnet eine größere Vorschau in Galerieansicht
Die Brikettfabrik Witznitzer Kohlenwerke wurde in den Jahren von 1912 bis 1913 errichtet und geht auf Pläne unterschiedlicher Entwerfer der Jahre 1911 und 1912 zurück. Die Bauausführung unterstand dem Maurer- und Zimmermeister Theodor Steudel, die Bauleitung dem Maurermeister Otto Stoye. Für die Baurealisation bis zur Inbetriebnahme 1913 waren über 1000 Menschen beteiligt. Die Produktion startete zunächst mit rund 500 Mitarbeitern. Vorausgegangen war dem Bau der Tagebauaufschluss Witznitz I im Jahr 1911, von dem bis in die 1940er Jahre die Rohkohle bezogen wurde, später u. a. aus dem Tagebau Witznitz II. Zum Zeitpunkt der Werksgründung gehörten der Tagebau und die Fabrik zu den Witznitzer Kohlenwerken, welche eine Gründung der Deutsch-Österreichischen Bergwerksgesellschaft zu Dresden war. Damit war das Werk eines der ersten im Bornaer Revier, welches von einem überregional agierenden Unternehmen gegründet wurde. Das Belegschaftsmaximum ist für das Jahr 1920 mit 1445 Mitarbeitern (davon 538 Abraum, 398 Grube, 497 Fabrik, 12 Ziegelei) festgehalten. 1922 ging das Werk auf ein Zweigunternehmen der Deutschen Erdöl-AG (DEA) über. Für eine ungeplante große Veränderung sorgte eine Explosion im alten Kesselhaus 1942. Ein moderneres und größeres wurde deshalb zügig errichtet sowie weitere Anlagen dem höheren Standard angepasst. Nach dem Zweiten Weltkrieg wandelte sich das Werk in einen Volkseigenen Betrieb mit wechselnder übergeordneter Zugehörigkeit. Technisch gab es über die ganze Betriebsdauer immer wieder Neuerungen, was sich auch in baulichen Veränderungen niederschlug. So wurden Gebäude um ein oder mehr Achsen verlängert oder Anbauten beispielsweise für spezielle Schaltwarten angefügt. Neben der Brikettproduktion entstanden weitere Nebenprodukte wie Dampf und elektrischer Strom – Erzeugnisse, die für externe Verbraucher immer wichtiger wurden. Ab 1990 wurde das Werk in die MIBRAG, später in die LMBV überführt. Die letzte Pressung von in Summe rund 38 Mio. t produzierten Briketts erfolgte 1991, bis das Werk 1992 geschlossen wurde. Denn mit der politischen Wende standen nun auch wirtschaftlichere und sauberere Energieträger wie Erdöl und -gas zur Verfügung. Wie für viele Brikettwerke lagen auch für Witznitz Abbruchanträge vor, die nur in geringem Umfang vollzogen wurden. Verschiedene Initiativen entwickelten und begleiteten in den 1990er Jahren Konzepte für eine ansprechende soziokulturelle Nutzung. Damit war die weitestgehende Leerräumung der technischen Ausstattung verbunden. Ein Teil der Bauten wird heute für Wohn- und Gewerberäume genutzt.
Das Witznitzer Werk mit seiner charakteristischen gelben Klinkerfassade befindet sich im Nordosten der Stadt Borna und ist nach dem devastierten Dorf Witznitz benannt. Es liegt östlich der ehemaligen Tagebaugrube Witznitz I (heute Speicher). Zum Werk führt eine eigene Werksstraße, die von einer Allee gesäumt ist. Parallel dazu liegt die Geländevertiefung der einstigen Kohlenbahn und der aufgefächerten Gleisharfe, wo die Verladung der Kohle stattfand. Zwischen den Werksgebäuden und dem Tagebaurestsee Witznitz befinden sich die landschaftsgestaltenden Elemente der einstigen Spülkippe und Absetzbecken. An der Werksstraße stehen Sozialgebäude, weiter nördlich schließt sich das Fabrikareal an mit der Brikettierung im Süden und der Verstromung im Norden. Daran schließt sich das eigenständige Werkstattgebäude an. Im Vergleich zu anderen Brikettanlagen ist die bauliche Trennung der einzelnen Funktionsabschnitte am Witznitzer Werk besonders.
Die Brikettfabrik Witznitz entstand in einer Zeit, in der ein Maximum an Brikettfabriken in Deutschland und Mitteldeutschland existierte. Sie gehört zur zweiten Generation mitteldeutscher Brikettfabriken und ist mit ihren ursprünglich acht Pressen, den damals größeren Werken zuzurechnen. Die betriebliche Entwicklung sowie technologische Abläufe sind an der überlieferten Gebäudesubstanz gut erkennbar. Der Fabrikkomplex verweist damit exemplarisch auf die Entwicklung der Braunkohlenindustrie im Allgemeinen und besitzt im regionalen Kontext einen hohen technik- und wirtschaftsgeschichtlichen Aussagewert. Die Bauten sind zudem anschauliche Zeugnisse der Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts mit einem ästhetischen Anspruch, welcher sich auch in der Integration jüngerer Bauphasen ausdrückt. Die markante Anlage ist im Bornaer Norden und durch den fernwirkungsstarken Schornstein darüber hinaus städtebaulich und landschaftsgestaltend prägend. Umfangreich und authentisch ist von den Brikettfabriken im Borna-Leipziger Revier – neben der Fabrik in Neukirchen – nur Witznitz erhalten. Ein außerordentliches Herausstellungsmerkmal ist hier der ablesbare größere braunkohlenwirtschaftliche Zusammenhang des Werkes in seiner kulturlandschaftlichen und städtebaulichen Umgebung, wozu der Speicher Witznitz, die nördliche Aufschlusshalde, Wohnbauten, Folgeindustrien und die Relikte der Kohlenbahn gehören. Es handelt sich somit um ein herausragendes Zeugnis der Braunkohlenindustrie.

LfD-BKM/2012/2022

Datierung:
  • Erbauung 1912–1913

Quellen/Literaturangaben:
  • Christliches Umweltseminar Rötha e.V./Kulturbüro im Werk Espenhain (Hg.): Glück auf, Witznitz! Südraum Journal 10. Leipzig 1999.
  • Kraft, Marco: Wirtschaftsgeschichte der Witznitzer Kohlenwerke. 2021. http://suedraumarchiv.hvbola.de/wp-content/uploads/wirtschaftsgeschichte-witznitzer-kohlenwerke-1911-42.pdf (13.10.2021).
  • Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hg.): Witznitz. Wandlungen und Perspektiven 08. 2018.
  • Museum der Stadt Borna, diverse Fotografien u. a. o. Sign.
  • Wagenbreth, Otfried: Die Braunkohlenindustrie in Mitteldeutschland. Geologie, Geschichte, Sachzeugen. Beucha/Markkleeberg 2011, S. 98–103, 285, 287, 289.
  • Bischoff, Ursula: Der Einfluss der bergbaulichen Traditionen und großindustriellen Entwicklungen auf das soziale Gefüge und die Mobilität der Braunkohlenarbeiterschaft von Borna. Berlin 2000, S. 86f.
  • Hansa Luftbild: Witznitz (b. Borna) Brikettfabrik, RW 0229 Nr. 35174, Fotografie. 1931.

Bauherr / Auftraggeber:
  • Bauherr: Witznitzer Kohlenwerke
  • Eigentümer: Deutsche Erdöl-AG, Borna
  • Ausführung: Steudel, Theodor (Maurer- und Zimmermeister)

BKM-Nummer: 30200019

Ehemalige Brikettfabrik Witznitzer Kohlenwerke, Brikettfabrik Witznitz

Schlagwörter
Ort
Borna
Fachsicht(en)
Denkmalpflege
Erfassungsmaßstab
Keine Angabe
Erfassungsmethode
Übernahme aus externer Fachdatenbank

Empfohlene Zitierweise

Urheberrechtlicher Hinweis
Der hier präsentierte Inhalt steht unter der freien Lizenz CC BY-NC 4.0 (Namensnennung, nicht kommerziell). Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Empfohlene Zitierweise
„Ehemalige Brikettfabrik Witznitzer Kohlenwerke, Brikettfabrik Witznitz”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/BKM-30200019 (Abgerufen: 8. Mai 2025)
Seitenanfang