Das Witznitzer Werk mit seiner charakteristischen gelben Klinkerfassade befindet sich im Nordosten der Stadt Borna und ist nach dem devastierten Dorf Witznitz benannt. Es liegt östlich der ehemaligen Tagebaugrube Witznitz I (heute Speicher). Zum Werk führt eine eigene Werksstraße, die von einer Allee gesäumt ist. Parallel dazu liegt die Geländevertiefung der einstigen Kohlenbahn und der aufgefächerten Gleisharfe, wo die Verladung der Kohle stattfand. Zwischen den Werksgebäuden und dem Tagebaurestsee Witznitz befinden sich die landschaftsgestaltenden Elemente der einstigen Spülkippe und Absetzbecken. An der Werksstraße stehen Sozialgebäude, weiter nördlich schließt sich das Fabrikareal an mit der Brikettierung im Süden und der Verstromung im Norden. Daran schließt sich das eigenständige Werkstattgebäude an. Im Vergleich zu anderen Brikettanlagen ist die bauliche Trennung der einzelnen Funktionsabschnitte am Witznitzer Werk besonders.
Die Brikettfabrik Witznitz entstand in einer Zeit, in der ein Maximum an Brikettfabriken in Deutschland und Mitteldeutschland existierte. Sie gehört zur zweiten Generation mitteldeutscher Brikettfabriken und ist mit ihren ursprünglich acht Pressen, den damals größeren Werken zuzurechnen. Die betriebliche Entwicklung sowie technologische Abläufe sind an der überlieferten Gebäudesubstanz gut erkennbar. Der Fabrikkomplex verweist damit exemplarisch auf die Entwicklung der Braunkohlenindustrie im Allgemeinen und besitzt im regionalen Kontext einen hohen technik- und wirtschaftsgeschichtlichen Aussagewert. Die Bauten sind zudem anschauliche Zeugnisse der Industriearchitektur des frühen 20. Jahrhunderts mit einem ästhetischen Anspruch, welcher sich auch in der Integration jüngerer Bauphasen ausdrückt. Die markante Anlage ist im Bornaer Norden und durch den fernwirkungsstarken Schornstein darüber hinaus städtebaulich und landschaftsgestaltend prägend. Umfangreich und authentisch ist von den Brikettfabriken im Borna-Leipziger Revier – neben der Fabrik in Neukirchen – nur Witznitz erhalten. Ein außerordentliches Herausstellungsmerkmal ist hier der ablesbare größere braunkohlenwirtschaftliche Zusammenhang des Werkes in seiner kulturlandschaftlichen und städtebaulichen Umgebung, wozu der Speicher Witznitz, die nördliche Aufschlusshalde, Wohnbauten, Folgeindustrien und die Relikte der Kohlenbahn gehören. Es handelt sich somit um ein herausragendes Zeugnis der Braunkohlenindustrie.
LfD-BKM/2012/2022
Datierung:
- Erbauung 1912–1913
Quellen/Literaturangaben:
- Christliches Umweltseminar Rötha e.V./Kulturbüro im Werk Espenhain (Hg.): Glück auf, Witznitz! Südraum Journal 10. Leipzig 1999.
- Kraft, Marco: Wirtschaftsgeschichte der Witznitzer Kohlenwerke. 2021. http://suedraumarchiv.hvbola.de/wp-content/uploads/wirtschaftsgeschichte-witznitzer-kohlenwerke-1911-42.pdf (13.10.2021).
- Lausitzer und Mitteldeutsche Bergbau-Verwaltungsgesellschaft mbH (LMBV) (Hg.): Witznitz. Wandlungen und Perspektiven 08. 2018.
- Museum der Stadt Borna, diverse Fotografien u. a. o. Sign.
- Wagenbreth, Otfried: Die Braunkohlenindustrie in Mitteldeutschland. Geologie, Geschichte, Sachzeugen. Beucha/Markkleeberg 2011, S. 98–103, 285, 287, 289.
- Bischoff, Ursula: Der Einfluss der bergbaulichen Traditionen und großindustriellen Entwicklungen auf das soziale Gefüge und die Mobilität der Braunkohlenarbeiterschaft von Borna. Berlin 2000, S. 86f.
- Hansa Luftbild: Witznitz (b. Borna) Brikettfabrik, RW 0229 Nr. 35174, Fotografie. 1931.
Bauherr / Auftraggeber:
- Bauherr: Witznitzer Kohlenwerke
- Eigentümer: Deutsche Erdöl-AG, Borna
- Ausführung: Steudel, Theodor (Maurer- und Zimmermeister)
BKM-Nummer: 30200019