Das Kesselhaus diente dazu, den energiereichen Ausgangsstoff Kohle zu verbrennen, um mit dieser Verbrennungshitze das zugepumpte Speisewasser zu erhitzen, bis es in Form von Dampf weitergegeben werden konnte. Über ein Förderband vom alten Kesselhaus kam im südwestlichen Gebäudeteil die sog. Feuerkohle an – eine minderwertige Rohkohle, die nicht zur Brikettierung verwendet wurde. Diese gelangte im westlichen oberen Teil in die heute noch erhaltenen Kesselbunker 1–4 mit einem Fassungsvermögen von je 300 t. Von dort fiel die Kohle in die Dampferzeuger, wo sie verbrannte und das Wasser zu Dampf erhitzte. Die Asche fiel weiter in die Aschekeller. Die Rauchgase der Dampferzeuger wurden in den Schornstein übergeleitet. Der erzeugte 425 °C heiße Dampf diente danach im Maschinenhaus als Energie zur Stromerzeugung. Zudem wurde die Wärme des Dampfs für die Brikettierung im Trockenhaus genutzt und für den Antrieb einer Speisewasserturbine sowie der Dampfpressen, des Weiteren als Fernwärme für werkseigene Bauten wie Kaue oder Kindergarten und auch extern für die Gärtnerei »GPG des Friedens Borna«, das Kreiskrankenhaus Borna und das Pumpenhaus II des Kraftwerks Thierbach.
Der große, kubische Baukörper mit glatten gelben Klinkermauerwerksflächen erzeugt ein funktionales, sachliches Erscheinungsbild. Dabei tritt das nördliche Treppenhaus aus dem Kubus hervor. Der westliche schmalere Teil ist durch die Aufnahme des Kohlenbunkers etwas erhöht und schließt mit einem flachen Satteldach ab, der östliche Teil mit einem Pultdach. Über einem hohen Sockel befinden sich an den Längsseiten zwölf große Hochrechteckfenster mit Gesimsbekrönung. Diese Wandöffnungen reichen nur bis etwa zur Hälfte der Gebäudehöhe. An der Traufe verläuft galerieartig ein Fensterband. Die erhaltene technische Ausstattung ist auf den Kohlenbunker reduziert.
Trotz der weitestgehenden Entfernung der Technik zeugt der Bau in seinen großen Ausmaßen von Wirtschafts- und Technikgeschichte der Braunkohlenindustrie im Energiesektor. Als volumenmäßig größtes Gebäude des Werkes prägt es das Bild der gesamten Witznitzer Brikettfabrik wesentlich und ist durch seine Höhe neben dem Schornstein dominant in der Silhouette und damit auch städtebaulich prägend. Zugleich zeigt sich in seiner integrierenden Gestaltung der Fassade durch Verwendung des gelben Klinkers, wie schon bei den dreißig Jahre früher errichteten Werksbauten, sowie in seiner zeitgenössischen Ausformung ein gestalterischer Anspruch.
(Josephine Dreßler, Landesamt für Denkmalpflege Sachsen, 2021/2022)
Datierung:
- Erbauung 1942
- Umbau 1957
Quellen/Literaturangaben:
- Christliches Umweltseminar Rötha e.V./Kulturbüro im Werk Espenhain (Hg.): Glück auf, Witznitz! Südraum Journal 10. Leipzig 1999, S. 26–31.
- Bauaktenarchiv Borna, Witznitzer Werkstraße.
- Thomas, Herbert: Chronik der Brikettfabrik Witznitz. Unveröffentlicht 1986, S. 16, S. 3 (1950), S. 1 (1953), S. 2 (1977).
BKM-Nummer: 30200020