Geologische Grundlagen - Entstehung von Tuffstein
Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten von Tuffstein
Geschichte des Tuffabbaus
Struktureller Wandel von Plaidt durch die Tuffindustrie im 19. Jh.
Landschaftliche Folgen und Nachnutzung
Abbau in der Moderne (ab 1800 bis Mitte des 20. Jahrhunderts)
Heimische Bimsindustrie
Aktuelle Situation
Wirtschaftliche Folgen und Nachnutzung (Tourismus)
Identitätsstiftende Wirkung
Internet
Geologische Grundlagen - Entstehung von Tuffstein
Im Jahr 10.966 v. Chr. brach der Laacher-See-Vulkan aus. Es war die gewaltigste Vulkaneruption der jüngeren Erdgeschichte Mitteleuropas. Ursache für diesen Ausbruch war, dass sich gasreiche Magma in den fünf Kilometer dicken Schichten des rheinischen Schiefergebirges in einer Kammer ansammelte und in Gesteinsspalten nach oben drückte. Das Magma traft etwa einen Kilometer unter der Erdoberfläche auf eine führende Wasserschicht, was eine gewaltige unterirdische Wasserdampf-Explosion verursachte, die schließlich die Erdoberfläche durchschlug. Durch die Eruptionssäule wurden ungeheure Mengen Asche und Bims mehr als 30 km in die Stratosphäre geschleudert und nördlich bis nach Schweden, südlich bis nach Italien transportiert (Hunold und Schaaff 2008, S. 9). Mehrfach brach die Eruptionssäule in sich zusammen, wodurch bis zu 600°C heiße Glutlawinen und Ascheströme (sog. „pyroklastische Ströme“) mit mehr als 100 km/h durch die umliegenden Täler rasten. Das ausgeschleuderte und transportierte Material heißt „Tephra“ und besteht aus Bims sowie Fremdgestein (u.a. Schiefer-, Sandstein-, Quarz- und ältere Basaltgesteinbruchstücke) (Hunold, Ippach und Schaaff 2002, S. 9). Das Krufter Bachtal wurde mehr als 14 mal von diesem Szenario heimgesucht (Hunold und Schaff 2008, S. 9). Die Folgen waren mächtige Ablagerungen dieser Tephra-Aschen, die sich im Laufe der Jahrhunderte in Verbindung mit Wasser bzw. Feuchtigkeit zu „Tuffstein“ verfestigt haben (Hunold, Ippach und Schaaff 2002, S. 9). Die so entstandenen Tuffvorkommen können bei Kretz eine Mächtigkeit zwischen 20 bis 35 Metern erreichen. Allerdings entstand keine durchgängige Tuffschicht, sondern es bildete sich eine obere Tuffschicht, der sogenannte „Römertuff“ und eine untere Tuffschicht, der sogenannte „Untere Tuff“, was beispielsweise das Bodenprofil am „Römerbergwerk Meurin“ zeigt: Geringe Humusschicht, Oberer Laacher-See Bims (ca. 3 m), Römertuff (ca. 3 m), Tauch (ca. 6 m), Unterer Tuff (ca. 6 m - die Oberkante liegt etwa auf dem Niveau des Grundwasserspiegels), Unterer Bims, Grundgebirge. Zusätzlich dünnte der „Römertuff“ zu den Rändern des Krufter Bachtals hin aus, so dass dort nur die untere Tuffschicht vorhanden war. Das Bodenprofil am Landschaftsdenkmal „Krufter Bachtal“ gestaltet sich daher wie folgt: Geringe Humusschicht, Bims (2-3 m), Tauch (10-12 m), Unterer Tuff (10-14 m) (Pohl 2012, S. 42). Im Unterschied zum „Tuffstein“ haben sich beim „Tauch“ die Aschen nicht verfestigt, so dass der „Tauch“ keine stabile Gesteinsschicht bildet (Horch 2009, S. 23-24).
Eigenschaften und Verwendungsmöglichkeiten von Tuffstein
Der Tuffstein des Krufter Bachtals ist hellgrau, grobporös (Pohl 2012, S. 43) und besteht aus verfestigten Aschen sowie Fremdgestein (u.a. Schiefer-, Sandstein-, Quarz- und ältere Basaltgesteinbruchstücke) (Hunold, Ippach und Schaaff 2002, S. 9). Er bildet dadurch einen massigen, ungeschichteten Stein, der nach allen Seiten hin gut spaltbar ist (Schaaff 2000, S.17). Zusätzlich ist Tuff im bergfeuchten Zustand relativ weich und lässt sich dadurch einfach mit einem Beil abbauen sowie behauen (Pohl 2012, S. 43), ähnlich wie Holz. Die Gewinnung von großen Blöcken ist daher problemlos möglich. Trocknet der Tuffstein aus, erhärtet er und verliert deutlich an Gewicht, bleibt dabei aber druckstabil (Schaaff 2000, S. 17). Wegen seinem vergleichsweise geringem Gewicht und seiner leichten Bearbeitbarkeit wurde er gerne als Baustein für Mauern sowie besonders in Gewölben benutzt. Für Steinmetzarbeiten war er nicht geeignet aufgrund der großen Poren und des Fremdgesteins. Diese Porosität und die damit verbundene einfache Wasseraufnahme macht den Tuffstein auch relativ witterungsanfällig, vor allem bei Frost-Tau-Wechsel. Dies zeigt sich beispielsweise bei alten Gebäuden, wie den dänischen Tuffsteinkirchen, besonders an der Südwand. Der Pellenztuff weist jedoch eine verhältnismäßig hohe Witterungsresistenz auf (Pohl 2012, S. 43). Zusätzlich besitzt Tuffstein eine hydrauliche Eigenschaft. Wird Tuff zu feinem Gesteinspulver zermahlen, dem sogenannten „Trass“, und mit Kalk vermischt entsteht ein Mörtel, der sogar unter Wasser aushärten kann (Pohl 2000, S. 43 sowie Schaaff 2000, S. 17).
Geschichte des Tuffabbaus
Der Abbau von Tuffstein im Krufter Bachtal beginnt bereits sehr früh, in der Römerzeit ab dem 1. Jh., und prägte über die Jahrhunderte hinweg bis heute die Region.
Römerzeit (8. Jh. v. Chr. - 7. Jh. n. Chr.)
In vorgeschichtlicher, wie auch in antiker Zeit war der sogenannte „Römertuff“ (die obere, etwa 3 m dicke Tuffschicht) nur im Bereich der eingeschnittenen Bachtäler des Bahner Baches, des Krufter Baches und der Nette freigelegt. Streckenweise konnte sich dort daher bereits in früher Zeit ein kleinflächiger Tagebau entwickeln. Die ansonsten mächtigen Bimsablagerungen machten einen Tagebau an anderen Stellen nahezu unmöglich (von Berge und Wegner 1995, S. 66).
Erst anhand eines Wissens- und Technologietransfers aus dem Mittelmeerraum durch die Römer, vor rund 2.000 Jahren, konnte eine ausgedehnte Tuffsteingewinnung beginnen. Die Römer kannten die Steinbauweise sowie den Wert des Tuffsteins, der leicht zu bearbeiten war, bereits aus ihrer Heimat. In den Städten Pompeji und Herculaneum wurde Tuff bereits als Baumaterial verwendet (Hunold 2011, S. 7; Schaaff 2009, S.11). Mit dem Abbau des Gesteins im Krufter Bachtal wurde das römische Militär im 1. Jh. n. Chr. beauftragt (Schäfer 1995, S. 33). Später wurde aber über lange Zeit staatlich-militärische und private Gewinnung parallel betrieben (Schaaff 2015, S. 210). In regelmäßigen Abständen (ca. 20 m) wurden senkrechte Schächte durch die Humus- und Bimsschicht bis zur Tuffschicht getrieben. Sie dienten dem Einstieg, der Förderung sowie als Luftschacht (Schäfer 1995, S. 33) und wiesen einen Durchmesser von 1-3 m auf. Untertage wurde der Abbau in einem Stollensystem durchgeführt. Die maximale Stollenhöhe betrug 2,0 -2,5 m, so dass eine einsturzsichere Decke sowie ein fester Untergrund für den Transport der Steine im festen Gestein gewährleistet wurde. Generell kann von einer Stollenbreite von ca. 3,60 m ausgegangen werden. Es lassen sich Ausbeutekammern nachweisen, die anhand von Durchbrüchen miteinander verbunden sind und ein Stollensystem bilden. Mit dem Abraum (Steinabfall) der durch die Gesteinsgewinnung und Zerkleinerung entsteht wurden die alten Stollen bis unter die Decke verfüllt (von Berge und Wegner 1995, S. 82).
Aus dem Tuff wurde mittels Eisengeräten Steinblöcke folgender Abmessung gewonnen: 2-2,5 m Höhe, bis 1,80 m Breite und 0,60 - 0,80 m Tiefe. Diese Blöcke wurden in den Stollen weiter zerkleinert und an die Oberfläche transportiert, wo sie zu Bausteinen, Wasserleitungen oder Leichenbrandbehältern weiterverarbeitet wurden (Schäfer 1995, S. 33). Die unterirdischen Stollensysteme umfassten in der Antike insgesamt ein Areal von 2-3 km², wobei die einzelnen Steinbrüche oft durch nichtausgebeutete Flächen getrennt waren (von Berge und Wegner 1995, S. 70).
Die Steinbauweise hielt seit dem 1. Jh. n. Chr. in den römischen Städten und Siedlungen nördlich der Alpen Einzug. Schnell wurde die Versorgung der Baustellen mit Baumaterial bzw. Tuffsteinen ein wichtiger Wirtschafsfaktor. So entwickelte sich das Steinbruchrevier im Krufter Bachtal zum größten unterirdischen Abbaugebiet für Tuffstein nördlich der Alpen. Bis ins 4. Jh. hinein wurde dort hochwertiges Baumaterial gewonnen (Hunold & Schaaff 2008, S.17.) Ein Großteil der Tuffsteine wurde nach Andernach (Antunnacum) gebracht (Schäfer 1995, S. 34) und von dort über den Rhein über teils weite Strecken transportiert. Die Steine wurden vor allem in die rheinabwärts gelegenen römischen Provinzen gebracht und dort verbaut. Bis in die Niederlande hinein gab es kaum eine römische Stadt oder Siedlung ohne Bauten aus Tuff (Hunold und Schaaff 2008, S. 18; Hunold 2011, S.7; Schaaf 2009, S. 11) Beispiele sind das römische Xanten und Köln (Schäfer 1995, S. 34). Aber auch rheinaufwärts bis Mainz und im gesamten Mittelgebirgsraum von Eifel, Hunsrück und Taunus war der Tuffstein sowie Produkte aus Tuffstein in der antiken Zeit verbreitet. Der Tuffstein fand in nahezu allen Bereichen des römischen Bauwesens Verwendung, etwa als Quader-Stein, Gesimse, Säulen, Wasserleitungen, Ziersteine und Sarkophage (von Berg und Wegner 1995, S. 70f.).
Die meisten der römischen unterirdischen Steinbrüche wurde durch den tiefgreifenden Tuffabbau seit Mitte des 19. Jh. zerstört. Einen kleinen Ausschnitt eines einst viel größeren Tuffbergwerks zeigt das jetzige „Römerbergwerk Meurin“ in Kretz (Hundold, Ippach und Schaaff 2015, S. 61).
Mittelalter (500 - ca. 1500)
Die Tätigkeit in den Tuffsteinbrüchen des Nettetals nahm mit den großen Frankeneinfällen und der beginnenden Völkerwanderungszeit ab. Tuff spielte in der fränkischen Architektur keine Rolle. Erst im Mittelalter fand der Tuff als Baumaterial wieder Verwendung und wurde verstärkt abgebaut (von Berg und Wegner 1995, S. 85f.). So entstand eine mehrere Jahrhunderte lange Pause zwischen dem römischen und dem mittelalterlichen Tuffabbau (Pohl 2012, S. 106). Die Tuffgewinnung erreichte nach der „Römerzeit“ vom 11. bis 13. Jh. einen zweiten Höhepunkt (Hunold 2011, S. 7; Hunold und Schaaff 2008, S. 18). In der Sakralarchitektur, d.h. im Kirchen- und Klosterbau fand der Tuffstein im Mittelalter eine weite Verbreitung (Hunold 2011, S. 7; Hunold und Schaaff 2008, S. 18; von Berge und Wegner 1995, S. 86). Große Mengen des Baumaterials wurden teilweise bis nach Dänemark verschifft (Hunold 2011, S. 7; Hunold und Schaaff 2008, S. 18). Ebenfalls wurde vom Mittelalter bis in die Neuzeit Tuffsteine als bevorzugtes Baumaterial für das Fundament und den ersten Stock der Häuser eingesetzt. Erst auf eine 50-60 cm dicke Mauer aus Tuffstein wurde der nächsthöhere Stock als Fachwerk aufgesetzt (Morbach 1983, S. 57). In den Steinbrüchen des Krufter Bachtals ist somit ein umfangreicher Abbau anzunehmen, der Material für den Bau bzw. Bauteile für mehr als 480 Kirchen lieferte. Dabei wurden fast ausschließlich Mauersteine gewonnen, die meist etwas größer waren als die römischen Steine und aufgrund der Lichtverhältnisse wahrscheinlich überirdisch gefertigt wurden. Untertage wurden dagegen bereits Halbfabrikate für einfache Bauornamente wie Kreuzbogenfrisse hergestellt, um der Schuttproblematik einzudämmen (Pohl 2012, S.106 f.).
Auch wenn Keramikscherben aus dem Mittelalter in den alten römischen Steinbrüchen im Krufter Bachtal und Nettetal gefunden wurden, lässt sich der Abbau und die Herstellung von Baumaterial im Mittelalter nur schwer durch historische Quellen belegen (Pohl 2012, S. 99; Schaaff 2015, S. 213). Mögliche Erklärungsansätze sind:
- Die römischen Ruinen lieferten genügend Steine, so dass die Revitalisierung der alten Steinbrüche oder gar die Anlage neuer Steinbrüche im großen Umfang nicht nötig war (Schaaff 2015, S. 213).
- Zu dieser Zeit unterlag der Tuffstein nicht dem Bergregal. Die Grundeigentümer waren somit auch Eigentümer des Rohstoffes und konnten dieses konzessionsfrei abbauen (Pohl 2012, S.108). Es ist möglich, dass diese die Tuffsteinvorkommen im Eigenbetrieb abgebaut haben oder von hofangehörigen Arbeitern abbauen ließen und es dadurch offiziellen keine Pachtverträge und Urkunden gab. Hier bietet sich ein saisonaler Betrieb im Winterhalbjahr an, in der die Arbeitskraft der Hofleute in größerem Umfang zur Verfügung stand (Pohl 2012, S. 98).
- Die römischen Tuffsteinbrüche wurden in der Römerzeit angelegt und im Mittelalter weitergenutzt. Aufgrund ähnlicher Abbauweisen ist es schwierig Art und Umfang des Abbaus einwandfrei den beiden Perioden zuzuweisen. Es wird angenommen, dass römische Werkzeuge in den Steinbrüchen gefunden und kopiert wurden. Nach gängiger Forschungsmeinung haben die Römer den Tuff in größeren Blöcken abgebaut, wogegen im Mittelalter zunächst der Versatz und dann die stehen gelassenen Pfeiler abgebaut wurden, um Tuffziegel zu gewinnen (Pohl 2012, S. 100ff.).
Im Gegensatz zur römischen Zeit fand im Mittelalter im Krufter Bachtal keine Gewinnung des Tuffsteins mehr im Tagebau statt, sondern ausschließlich Untertage (Pohl 2012, S.104). Zusätzlich verlagerte sich der Abbau zunehmend in die unteren Schichten, da die oberen bereits ausgebeutet waren (von Berg und Wegner 1995, S. 86f.).
Neuzeit (frühe Neuzeit: ca. 1500 - 1900 )
Bereits im späten Mittelalter ging der Abbau des Tuffs im Krufter Bachtal zur Bausteinherstellung stark zurück (von Berg und Wegner 1995, S. 86f.) und es gewann in der frühen Neuzeit ein weiteres Produkt an Bedeutung; der Trass (Hunold 2011, S. 7). Als Trass wird gemahlener Tuffstein bezeichnet, der in Verbindung mit Kalk einen Mörtel ergibt, der unter Wasser aushärtet. Diese wertvolle Eigenschaft des Trass war bereits den Römern und im Mittelalter bekannt, bevor er ab dem 17. Jh. für Unterwasserbauten (z. B. Brücken, Deiche- und Molebauten) genutzt wurde (Horch 2009, S. 25; Hunold 2011, 7; Mertes 1995, S. 40). Bereits ab der Mitte des 16. Jh. nahmen Herstellung und Handel mit Trass zu. Große Mengen wurden über den Hafen von Andernach vor allem in die Niederlande verschifft und es entstanden zahlreiche Trassmühlen. Die Trassindustrie entwickelte sich zu einem wichtigen Wirtschaftszweig in der Pellenz, die ihren ersten Höhepunkt im 17. Jh. erreichte (Hunold und Schaaff 2008, S. 20f.). Der Abbau erfolgte im Stollensystem sowie in offenen Steinbrüchen.
Abbau in Stollen (frühe Neuzeit (ca. 1500 - 1800)
Die Gewinnung von Tuffsteinen zur Herstellung von Trass erfolgte in der frühen Neuzeit noch vielfach durch den Abbau in unterirdischen Stollensystemen, die sich von den römischen stark unterschieden. Der Zugang zum Stollensystem erfolgte nicht über senkrechte Förderschächte im Deckgestein, sondern die Stollen traten meist in Tal- oder Bachanschnitten zutage (von Berg und Wegner 1995, S. 87). Ebenfalls verliefen die Stollen rechtwinklig und waren in großen Abständen zueinander angelegt (Hunold und Schaaff 2008, S. 20; von Berg und Wegner 1995, S. 87.). Dies war notwendig, um die Stabilität der Decke zu gewährleisten, da die Stollen durch die weiche Zwischenschicht, den sogenannten „Tauch“ vorangetrieben wurden, um den darunterliegenden „Unteren Tuff“ abzubauen (von Berg & Wegner 1995, S. 87). Ein sichtbares Beispiel für neuzeitliches Stollensystem ist das Landschaftdenkmal Krufter Bachtal.
Für die Produktion von Trass wurden kleine Bruchstücke des Tuffsteins benötigt, wodurch auch im Krufter Bachtal ab spätestens dem ausgehenden 18. Jh. die Technik des „Sprengens“ oder auch des „Schießens“ angewendet wurde. Aufgrund der hohen Gefahren wurde der unterirdische Abbau 1858 verboten und der Tagebau nahm zu (Hunold und Schaaff 2008, S. 20).
Abbau im Tagebau ab etwa 1860
Nach dem Verbot des unterirdischen Tuffabbaus Mitte des 19. Jh. begann der Übergang zum großflächigen Tagebau. Man war durch die steigende Industrialisierung nun zunehmend in der Lage, auch den „Unteren Tuffstein“, der tief unterhalb des Grundwassers lag, zu erschließen (Schaaff 2000, S. 18). Dabei wurde versucht das Grundwasser anhand von Dampfmaschinen oder Entwässerungsstollen aus den Gruben zu leiten. Die Sohlen der Abbaugruben waren entweder über Rampen oder gewundene Wege am Rand des Tagebaus zugänglich. Über diese wurden die Steine auch herausgetragen oder per Schubkarre herausbefördert (Pohl 2012, S. 112.). Im Anschluss musste der Tuffstein getrocknet werden bevor er zu Trass zermahlen werden konnten. Dafür wurden die Steine in langen Trockenmauern, den sogenannten Arken, aufgesetzt (Pohl 2012, S.112; von Berg und Wegener 1995, S. 93f.). Diese waren ca. 3 m breit, 2,5 m hoch und beliebig lang. Die Mauern mussten luftdurchlässig sein, um eine gleichmäßige Trocknung zu ermöglichen. Dieser Prozess dauerte mehrere Monate (5-8 Monate) und reduzierte die Feuchtigkeit im Stein von 25-30% auf 6-8% (Pohl 2012, S. 111ff.). Danach wurden die getrockneten Steine zerkleinert und zu den Trassmühlen gebracht. Die Männer, die diese Arbeit verrichteten wurden „Schrotteler“ genannt. Diesen Arbeitern ist in Plaidt ein Denkmal gewidmet, das an die harte Arbeit erinnert.
War der Tagebau ausgebeutet und der ganze Tuffstein abgebaut, wurden die Gruben größtenteils zugeschüttet und die Fläche wieder landwirtschaftlich genutzt (Pohl 2012, S.111ff.). So entstanden zahlreiche Tagebaue in den Ortschaften der Pellenz, wie beispielsweise die ehemaligen Gruben Haans Loch und die Krebsekaul in Plaidt. Mit der Zeit wurden immer größere und tiefere Trassgruben geschaffen, die u.a. von den Firmen Meurin, Herfeldt, Zerwas, Coblenz und Tubag betrieben wurden (Schaaff 2015, S. 214).
Exkurs Trassmühlen
Die Verarbeitung des trockenen Gesteins erfolgte in sogenannten Trassmühlen. Dort wurde der Tuffstein zu Trass zermahlen. Obwohl es ab Ende des 16. Jh. auch einige Trassmühlen in der Pellenz und der näheren Umgebung gab (Mertes 1995, S. 40; Pohl 2012, S. 119f.), stand zu dieser Zeit die Mehrzahl der Mühlen in den Niederlanden. In der Mitte des 17. Jh. existierten in den Niederlanden 13 Mühlen mit insgesamt 24 Mühlgängen. In der Pellenz werden bis 1620 bis zu vier Trassmühlen vermutet. Grund für diese Standortverteilung lag bei den Transportkosten. Da der Tuffstein oder der bereits gemahlene Trass aufgrund gleichen Gewichts und Volumens die gleichen Transportkosten verursachte, wurde bevorzugt, die Veredelung und somit die Wertschöpfung ins eigene Land zu holen. Haupthandelsorte und Standorte der Mühlen in den Niederlanden waren Utrecht, Dordrecht und Amsterdam (Pohl 2012, S. 119ff.). Gegen Ende des 17. Jh. verschwanden die Mühlen in der Pellenz wieder, da der Absatz von Zement nach Holland immer geringer wurde. Erst später wurden neue Mühlen errichtet (Wolf 1923, S. 10). In den Mühlen wurden die Steine erst durch Steinbrecher zerkleinert und dann im Kollergang vermahlen. Viele Mühlen in der Pellenz besaßen dabei mehrere Kollergänge, einen für Getreide oder Öl sowie einen für Trass, so auch die Rauschermühle und die Noldensmühle.
Struktureller Wandel von Plaidt durch die Tuffindustrie im 19. Jh.
Die zunehmende Bedeutung der Tuffstein- und Trassindustrie veränderte die gesellschaftlichen und dörflichen Strukturen stark. Dies ist besonders gut an der Ortschaft Plaidt sichtbar. Um 1800 dominierten in Plaidt die Erwerbszweige Landwirtschaft, Basaltlavaabbau, Papierherstellung sowie die Tuffindustrie (Tuffabbau & Trassherstellung). In dieser Zeit gab es in Plaidt sechs Tuffsteinbrüche, zwei Mühlsteinbrüche, wo Basaltlava für die Produktion von Mühlsteinen abgebaut wurde sowie eine Trassmühle und eine Papiermühle. Im Laufe des 19. Jh. erlebten diese Erwerbszweige einen Aufschwung (Prößler 1995, S.179). So gab es 1856 bereits 29 Tuffsteinbrüche in der Pellenz mit 133 Beschäftigen, von denen 25 Steinbrüche mit 115 Arbeitern in Plaidt lagen. In den Folgejahren stieg die Anzahl der Steinbrüche auf 39 in der Pellenz mit 189 Beschäftigen an (Pohl 2012, S. 124f.) und um 1900 beschäftigte alleine die Firma Herfeldt mit Sitz in Plaidt 100 Arbeiter. Der zunehmende Anstieg von Tuffsteingruben und Trassmühlen bewirkte eine rasante Bevölkerungsentwicklung in den Gemeinden der Pellenz, u.a. wegen dem Zuzug verarmter Eifelbevölkerung, die Arbeit in der Tuff- und Trassindustrie fanden. Die Bevölkerungszahl von Plaidt stieg von 534 Einwohnern (1809) über 1.202 Einwohner (1855) und 1.876 Einwohner (1904) auf 2.244 Einwohner (1910) an (Prößler 1995, S. 179ff.).
Folgende Ereignisse haben den Bevölkerungsanstieg bis Ende des 19. Jh. in Plaidt entscheidend beeinflusst:
- Wirtschaftsaufschwung durch verbesserte Verkehrsanbindung zum Rhein:
- 1844 - Eröffnung der Straße zwischen Andernach und Mayen (Prößler 1995, S. 180).
- 1878 - Eröffnung der Bahnlinie von Andernach nach Niedermendig. Die Bahnstation in Plaidt entwickelte sich zum überörtlichen Dreh- und Angelpunkt zwischen Fuhrwerk und Eisenbahn (Prößler 1995, S. 181f.).
Das gesteigerte Verkehrsaufkommen brachte Käufer nach Plaidt, wovon Handwerk und Handel profierten (Prößler 1995, S. 183).
- Gründung und Sitz bedeutender Firmen der Trassindustrie
- 1859 - Gründung der Firma Herfeldt (Sitz: Pommerhof), die sich in den Folgejahren zum wichtigsten Betreiber von Tuffsteinbrüchen und Trassmühlen entwickelte (Prößler 1995, S. 180ff.)
- Ebenfalls ein bedeutendes Unternehmen in dieser Zeit betrieb der Kaufmann Florian Bianchi aus Neuweid (Sitz: Gut zur Nette bei Weißenthurm). Er baute einen Entwässerungsstollen, um den Tuff unterhalb des Grundwasserspiegels abzubauen und legte so 1857 den Dorfbrunnen trocken (Prößler 1995, S. 183).
- Im Zuge der Industrialisierung stieg der Tuffabbau und der Trassbedarf stark an
- Ab 1880 konnte durch die zunehmende Industrialisierung auch der Tuff unterhalb der Grundwasserline sicher abgebaut werden, wodurch der vermehrte Abbau von Tuff ermöglicht wurde (Prößler 1995, S. 182).
- Um 1890 wurde durch den Bau großer Wasserbauten viel Trass benötigt (z.B. Bau des Nord-Ostseekanals sowie Dortmund-Ems-Kanal). In dieser Zeit dominierten die Firmen Gerhard Herfeldt und Dominik Zervas die Trassindustrie in Plaidt.
- Der Trass konnte sich 1898 gegen den Zement durchsetzen und war auch nach 1900 gefragt für z.B. den Bau der Kaimauer in Antwerpen, der Seeschleuse in Emden, für Talsperren in Österreich und sogar auf die Philippinen und nach China wurde geliefert. (Prößler 1995, S. 183f.).
- Ab Mitte des 19.Jh. zunehmend aufkommender Bimsabbau und Schwemmsteinindustrie (Hunold, Ippach und Schaaff 2022, S. 43; Prößler 1995, S. 187)
- Zuwanderung aufgrund blühenden Kartoffelanbaus auf den fruchtbaren vulkanischen Böden (Prößler 1995, S. 180)
Der schnelle Anstieg der Bevölkerung bewirkte bald, dass die Kirche von Plaidt zu klein und eine größere Kirche nötig wurde. Der Neubau erfolgte 1859 ein paar Hundertmeter entfernt vom alten Standort. Zur Finanzierung des Neubaus wurde die alte Pfarrkirche abgerissen, um den darunter liegenden Tuff auszubeuten (Prößler 1195, S. 191). Das sogenannte „Marzis Loch“ entstand und ist heute noch ansatzweise sichtbar. Der Ausbeutung musste auch der alte Friedhof weichen, der an den Rand des Dorfes verlegt wurde. Die alten Basaltkreuze wurden dabei gerettet und stehen heute aufgereiht auf dem oberen Teil des neuen Friedhofs. Ebenfalls bewirkte der Bevölkerungszuwachs, dass sich ein Arzt und eine Apotheke (1903) sowie der Orden der „Schwestern vom hl. Geist“ (1909) in Plaidt ansiedelten. Langsam aber sicher verlor Plaidt seinen dörflichen Charakter. Verstärkt wurde dies durch den ab 1900 aufkommenden Fremdenverkehr aus Andernach ins schöne Nettetal. Dort entwickelten sich Gastronomie (Prößler 1995, S. 187f.) und Hotelbetriebe, wie beispielsweise neben der Rauschermühle.
Die große Bedeutung des Abbaus- und der Verarbeitung von vulkanischem Gestein wird auch an der Beschäftigungsstruktur der Bevölkerung im 19. Jh. gut sichtbar, die sich wie folgt zusammensetzte:
- 2/5 lebten von der Landwirtschaft
- 2/5 lebten vom Tagelohn (vor allem Ausbeute der vulkanischen Rohstoffe)
- 1/5 waren Handwerker und Geschäftsleute
Allerdings bedingte der hohe Anteil an gering verdienenden Tagelöhnern, dass 1893 ein Fünftel aller Beschäftigten nicht besteuert werden konnten, da sie zu wenig Einkommen hatten. Die Gemeinde Plaidt musste für viele Menschen eine notwendige Sozialpolitik finanzieren ohne entsprechende Gemeindesteueraufkommen. Sie erhielt aber auch Unterstützung von den reichen Abbaufirmen. Aufgrund der Wohltätigkeit von Viktor Herfeldt, Teilhaber an der Firma „Gerhard Herfeldt“ konnte die Gemeinde Plaidt den Bau von drei Schulen und zwei Wasserwerke finanzieren (Prößler 1995, S. 190ff.).
Diese im 19. Jh. begonnene, dynamische Entwicklung wurde durch die Folgen des Ersten Weltkrieges (1914-1918) abrupt unterbrochen. Die Nachfrage nach Baumaterial ging stark zurück, was die Gemeinden der Region hart traf und es setzte eine starke Verarmung ein (Prößler 1995, S. 194). Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) verbesserte sich die Lage wieder, da die Bedeutung des Bimsabbaus und damit einhergehend der Schwemmsteinindustrie zunahm. Grund dafür war, dass ein Großteil des Wiederaufbaus in Deutschland mit Leichtbausteinen aus Bims erfolgte. Ebenfalls wurden seit den 1930er Jahren die basaltischen Lavaschlacken intensiver wirtschaftlicher genutzt und u.a. für den Straßenbau verwendet (Hunold 2011, S. 8). Bis heute ist die Trassindustrie ein wichtiger Industriezweig in der Pellenz (Hunold & Schaaff 2008, S. 21). Allerdings verfügt heute lediglich noch die Firma „Trasswerke Meurin“ über Tuffvorräte im Krufter Bachtal (Schaaff 2015, S. 214).
Landschaftliche Folgen und Nachnutzung
Der jahrhundertelange ausgeprägte Abbau von Tuff und anderer Vulkangesteine hat unterirdische sowie überirdische Spuren hinterlassen.
Unterirdische (unsichtbare) Folgen
Die unterirdischen, nicht direkt sichtbaren Spuren sind vor allem Folgen des ausgeprägten Tuffabbaus der Römer untertage. Im Gebiet unter der jetzigen Gemeinde Plaidt haben sie den Tuff in 6-7 m Tiefe in zahlreichen Stollen und Kammern abgebaut, die teilweise mit Abraum (Steinabfall) verfüllt wurden. Diese ausgebeuteten Räume werden „Alte Männer“ genannt und sorgen dafür, dass es immer wieder zu Bodenabsenkungen und Einbrüchen in der Gemeinde Plaidt kommt (Schaaff 2016, S. 68f.; Prößler 1995, S. 194). Häufig spielt dabei die weniger verfestigte Deckschicht aus „Tauch“ über dem „Römertuff“ eine Rolle, da die Tuffaschen (Tauch) sich in Verbindung mit viel Wasser (z.B. bei Wasserrohrbrüchen) zusammenziehen und bis zu Zweidrittel ihres Volumens verlieren (Horch 2023, S. 45). Wolfgang Horch vom Plaidter Geschichtsverein hat über 100 Einbrüche und Absenkungen in Plaidt dokumentiert. In seinen Aufzeichnungen wird dabei deutlich, dass ein Teil der alten Stollen auch als Keller, sogenannte Britzkeller im Tuff oder zu Kriegszeiten als Bunker benutzt wurden. Ebenfalls wurden neue Räume für teilweise weitläufige Bunkeranlagen und Kellerräume in den weichen Tuff geschlagen (Horch 2003, S. 45ff.; Horch 2004, S. 31ff.; Horch 2005, S. 31ff.; Horch 208, S. 23ff.; Horch 2023, S. 63ff.). Anschaulich veröffentlicht sind die Ergebnisse in der sechsteiligen Reihe „Ganz Plaidt ist unterhöhlt - Tuffsteinabbau, Stollen, Höhlen und Bunker“ in den jährlich erscheinenden „Plaidter Blättern“ vom Plaidter Geschichtsverein.
Die Beseitigung bzw. Behebung der entstandenen Schäden ist häufig mit viel Aufwand und hohen Kosten verbunden. Das älteste überlieferte Beispiel ist der Eisenbahnbau 1878/79, bei dem aufwendige Prospektionsbohrungen, Fundamentierungsarbeiten und Verlegungen der Strecke nötig wurden (Schaaff 2016, S. 68f.). Andere Beispiele für Einbrüche und Absackungen sind die Evangelische Kirche (Christuskirche), das Stollensystem Miesenheimer Straße, das Haus Kanters Eck oder das Haus Pickel. Um solche Schäden und die hohen Folgekosten zu vermeiden, wurde bei Verdacht des Baus über ehemaligen Abbaustollen Wasser in die Baugrube geleitet. Blieb die Deckschicht stabil, konnte beruhigt weitergebaut werden. Da aber nicht endgültig erkundet ist, wo unterhalb von Plaidt überall Tuff abgebaut wurde, kann es auch heute noch passieren, dass beispielsweise ein Teil eines Gartens oder einer Straße absackt oder wegbricht.
Überirdische (sichtbare) Folgen
Die überirdischen Folgen waren und sind besser erkennbar. Ab Mitte des 19. Jh. entstanden durch die Modernisierung der Abbautechniken immer tiefere und größere Tagebaue. Die Landschaft war geprägt durch zahlreiche offene Tuffsteinbrüche wie „Marzis Loch“, „Krebsekaul“ und „Haans Loch“ und fabrikmäßig betriebene Trassmühlen (Prößler 1995, S. 194). Die Nach- bzw. Folgenutzung der Abbaugrube ist dabei sehr unterschiedlich. Eine Vielzahl der Steinbrüche wurde nach der Ausbeute zugeschüttet und wieder landwirtschaftlich genutzt. Anders war es bei der Grube „Haans Loch“, die bis in die 1950erJahre zur Müllablage genutzt wurde und heute einen Spielplatz beheimatet. Die Grube „Krebsekaul“ war in den 1930ern bis in die 1950er Jahre hinein ein See, bevor sie in den 1960ern der Friedhofserweiterung diente und heute den unteren Teil des neuen Friedhofs bildet (Lohner 2007, S. 10ff.).
Noch gravierender und sichtbarer sind die Auswirkungen des Bimsabbaus. Die technischen Entwicklungen und Fortschritte machten ab Mitte des 19. Jh. den Abbau und die Nutzung der Bimsablagerungen und Lavaschlacken unter der oberen Bodenschicht möglich (Hunold 2011, S.8). Bims ist ein vulkanisches Glas, was während des Ausbruchs des Laacher-See-Vulkans entstanden ist und flächendeckend sowie meterhoch die Landschaft in der Pellenz bedeckte. Aufgrund der Erfindung der Methode Leichtbausteine (sogenannte Schwemmsteine) mit Bims als Grundstoff herzustellen sowie der Lage direkt unter dem Ackerboden und der dadurch einfachen Erreichbarkeit, setzte ein großflächiger Abbau ein. Die Landschaft der Pellenz wurde durch das „Ausbimsen“ um einige Meter tiefer gelegt und änderte dadurch entscheidend ihr Erscheinungsbild (Hunold, Ippach und Schaaff 2002, S. 43). Auch der verstärkte Abbau der basaltischen Lavaschalken ab den 1930er veränderte die Landschaft der Pellenz zunehmend. Das Resultat sind aufgeschnittene, teils bis zur Hälfte, teils ganz abgebaute und verschwundene Vulkankegel (Schaaff 2009, S. 12). Nicht nur das ursprüngliche Relief der Landschaft ging verloren, auch zerstörte der flächendeckende Abbau allzu oft historische Funde, die sich in der Erde befunden haben (Schaaff 2009, S. 12), wie z.B. alte römische Stollen und Bergwerke.
Abbau in der Moderne (ab 1800 bis Mitte des 20. Jahrhunderts)
Die größte Ausdehnung erreichte die Trassindustrie in der Pellenz bis zum Ersten Weltkrieg (1914-1918). Die Entwicklung zunehmend weitläufiger und tieferer Abbaugruben setzte sich fort und auch die Unternehmensstruktur in der Trassindustrie veränderte sich zugunsten immer weniger und größerer Betriebe. So wurde 1922 die Firma TUBAG (Tuff und Basalt AG) in Kruft als Kollektiv aus mehreren Firmen gegründet. Nach 1923 bestand die Trassindustrie im Laacher See-Gebiet nur noch aus neun Firmen, die nach und nach der stärkeren Konkurrenz weichen mussten. Bis Anfang der 1930er Jahre hatte die TUBAG die meisten Trassmühlen der Region an sich gebunden und besaß bis zum Beginn des Zweiten Weltkriegs (1939-1945) die Monopolstellung für den Abbau von Basalt und Tuff, sowie die Trassgewinnung und -verarbeitung (Mertes 1995, 40f.).
Heimische Bimsindustrie
Die technischen Entwicklungen und Fortschritte machten ab Mitte des 19. Jh. ebenfalls den Abbau und die Nutzung der Bimsablagerungen und Lavaschlacken unter der oberen Bodenschicht möglich (Hunold 2011, S.8). 1845 erfand man eine Methode Leichtbausteine (sog. Schwemmsteine) mit Bims als Grundstoff herzustellen. Bims ist ein vulkanisches Glas, was während des Ausbruchs des Laacher-See-Vulkans entstanden ist und flächendeckend sowie meterhoch die Landschaft in der Pellenz bedeckte. Aufgrund der Lage des Bimsgesteins direkt unter dem Ackerboden und der dadurch einfachen Erreichbarkeit, setzte ein großflächiger Abbau ein. Wirtschaftlich wurde die Bimsindustrie zunehmend bedeutender und auch gesellschaftliche brachte sie einige Veränderungen. Viele Landwirte wurden zu Grubenbetreibern und kamen zu beträchtlichem Wohlstand und der Ausdruck „Bimsbarone“ entstand. Nach dem Zweiten Weltkrieg (1939-1945) nahm die Bedeutung des Bims sogar noch zu, da ein Großteil des Wiederaufbaus in Deutschland mit Leichtbausteinen erfolgte. In den 1960er Jahren waren die Bimsvorkommen im oberen Bereich weitgehend ausgebeutet, daher ging man auch an den bimshaltigen Tauch abzubauen, wodurch u.a. die Stollen im Krufter Bachtal zutage traten. Zusätzlich wurden ab den 1930er verstärkt basaltische Lavaschlacken abgebaut, die je nach Korngrößen getrennt, im Straßenbau, in der Leichtbetonindustrie, in Kläranlagen sowie als Streugut Verendung finden (Hunold, Ippach und Schaaff 2002, S. 43).
Aktuelle Situation
Bis heute ist die Trassindustrie ein wichtiger Industriezweig in der Pellenz (Hunold und Schaaff 2008, S. 21). Der Tuff wird immer noch als Baustein genutzt, wenn auch nicht als massiver Mauerstein, sondern meist in Form von Platten als Fassadenverkleidung (Häfner 2016, S. 25; Hunold 2011, S. 102). Verwendung findet Tuffstein auch für die Herstellung von Massivbauteilen, im Innenausbau und Garten- und Landschaftsbau sowie bei Restaurierungsarbeiten, wie z.B. beim Gartenhaus des Klosters Maria Laach (Häfner 2016, S. 25). Ebenfalls nicht verloren hat er seine Verwendung als Trass für die Herstellung des wasserfesten Mörtels (Hunold 2011, S. 102). Allerdings verfügt heute lediglich noch die Firma „Trasswerke Meurin“ über Tuffvorräte im Krufter Bachtal (Schaaff 2015, S. 214). Die Abbautechnik des Tuffsteins wurde über die Jahre dabei zunehmend maschinisiert. So werden Tuffe mit Festgesteinseigenschaft durch den Einsatz von Schrämmaschinen in großen Blöcken aus dem Gebirgsverbund herausgelöst, durch Keilen aus ihrer Lagerung gelöst und in Sägeanlagen zu Platten (Tranchen) und Blöcken verarbeitet. Dafür ungeeignete Tuffsteinpartien werden mit speziellen Fräsmaschinen gewonnen und zu Granulaten zerkleinert (Häfner 2016, S. 25).
Wirtschaftliche Folgen und Nachnutzung (Tourismus)
Die Pellenz sowie die gesamte Osteifel war über Jahrhunderte hinweg von der Ausbeute und Verarbeitung mineralischer Rohstoffe geprägt (Busch 2016, S. 38). Die bis heute andauernde Steingewinnung belastet die Landschaft schwer (Schaaff 2009, S. 12). Seit den 1970er Jahren verzeichnet die Steinindustrie jedoch eine rückläufige wirtschaftliche Entwicklung und bietet immer weniger Arbeitsplätze (Busch 2016, S. 38; Schaaff 2009, S. 13). Neue wirtschaftliche Alternativen und Impulse wurden nötig (Busch 2016, S. 38). Hier zeigt sich die Ambivalenz der exzessiven Steingewinnung, die nicht nur die Landschaft schwer belastet, sondern auch Chancen und Möglichkeiten bietet (Hunold 2011, S. 9). So ermöglichen die gewaltigen Abbauprofile detaillierte Einblicke in die geologische Erdgeschichte, die sonst im Verborgenen geblieben wären (Schaaff 2009, S. 12). Zusätzlich traten durch den Abbau auch immer wieder aufgelassene historische Steinbrüche und Bergwerke ans Tageslicht, wie z.B. das heutige Römerbergwerk Meurin (Schaaff 2009, S. 12).
Die Osteifel galt wegen der intensiven Abbautätigkeit als unattraktiv und war als Reiseziel sehr unbekannt (Hunold 2011, S.9). Ab Mitte der 90er Jahre begann sich dies zu ändern, da dem Wirtschaftsfaktor „Tourismus“ eine höhere Aufmerksamkeit geschenkt wurde (Busch 2016, S. 38). Hier spielt das „Vulkanpark-Projekt“ eine wichtige Rolle. Ziel des Projektes war es von Anfang an die erd- und industriegeschichtlichen Hinterlassenschaften zu schützen, zu erforschen und für Besucher zugänglich zu machen (Hunold 2011, S. 9; Schaaf 2016, S. 71). Zur Realisierung des Projektes wurde 1996 die Vulkanpark GmbH gegründet. Gesellschafter sind zur Hälfte der Zweckverband Vulkanpark des Landkreises Mayen-Koblenz, der die Interessen der einzelnen Ortschaften und Städte vertritt sowie das Römisch-Germanische Zentralmuseum als Forschungsinstitut für Vor- und Frühgeschichte. Diese Konstellation erlaubt es, wissenschaftliche Interessen und Tourismus in Einklang zu bringen und gleichermaßen zu fördern (Schaaff 2009, S. 15). Konkret sieht die Umsetzung des Projektes wie folgt aus: Einzelne Landschaftsteile, z.B. ein Vulkan oder ein altes Steinbruchareal wurden als Landschaftsdenkmäler ausgewiesen, durch Wege zugänglich gemacht und anhand von Informationstafeln erläutert. In das Projekt einbezogen sind größere Landschaftsdenkmäler, wie das Römerbergwerk Meurin sowie kleinere Einzeldenkmäler wie die Stollen im Krufter Bachtal. Derzeit sind mehr als 20 Denkmäler fertiggestellt, die über ein Areal von ungefähr 200 km² verstreut liegen (Schaaff 2009, S. 14). Als zentrale Anlaufstelle und Einstieg in den Vulkanpark dient das Vulkanpark Infozentrum in Plaidt, das über den Vulkanismus, und den historischen Steinabbau der Region informiert. Der Erfolg des Vulkanparks spiegelt sich in der zweimaligen Verleihung des Europa Naostra Award (2003/2010) wider, die höchste Auszeichnung für Erhalt und Vermittlung des Kulturellen Erbes in Europa. Währen 2010 der gesamte Vulkanpark in der Kategorie „Education, Training ans Awareness Raising“ ausgezeichnet wurde, ging der Preis 2003 an das Römerbergweerk Meurin wegen seiner historischen Bedeutung für die Bausteinindustrie Mitteleuropas (Schaaf 2016, S. 71) Das „Vulkanpark-Projekt“ ist wichtig für die Region, da es direkt die Attraktivität und damit die Zahl der Tages- und Übernachtungsgäste steigert, aber auch Impulse für weitere touristische Maßnahmen und Projekte, wie beispielsweise den Ausbau und die Ausweisung von Wanderwegen, gibt.
Identitätsstiftende Wirkung
Durch diese Entwicklungen, insbesondere die zunehmende Aufwertung des kulturellen Erbes für die touristische Nutzung, änderte sich nicht nur das Bild der Touristen auf die Osteifel, sondern auch das der einheimischen Bevölkerung. Größere Teile der Bewohner realisieren mittlerweile, dass sie in einer attraktiven Region leben und wissen dies zu schätzen. Die Hinterlassenschaften der Steinindustrie werden zunehmend als schützenswertes kulturelles Erbe wahrgenommen (Busch 2016, S. 38f.) und dadurch eine positive Identifikation mit der eigenen Region gestärt (Schaaff 2009, S. 13f.). Der starke Bezug der einheimischen Bevölkerung zum Vulkangestein und seiner Nutzung, spiegelt sich auch heute noch im Kulturgut der Pellenz wider. So spielen die unterirdischen Tuffstollen eine wesentliche Rolle im regionalen Kurzkrimi „Die Unterwelt von Plaidt“ von Gunter Gerlach sowie im Lied „Pääde U-Bahn“ ( Hochdeutsch „Plaidter U-Bahn“), was meist im Karneval gesungen wird.
(Annika Chagas da Silva, Verbandsgemeinde Pellenz, 2022/2023)
Internet
www.eifel.info: Vulkanpark Infozentrum Rauschermühle (abgerufen 08.09.2023)
www.deutsche-vulkanstrasse.com: 5. Infozentrum Rauschermühle (abgerufen 08.09.2023)
de.wikipedia.org: Krufter Bachtal (abgerufen 08.09.2023)
plaidtergeschichtsverein.de: Plaidter Geschichtsverein (abgerufen 08.09.2023)