Kloster Sion in Altstadt-Süd

„Maria im Spiegel“, zuerst Minoritenniederlassung, dann Zisterzienserinnenkloster, später Birgittenkloster

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Köln
Kreis(e): Köln
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 55′ 42,59″ N: 6° 57′ 42,14″ O 50,9285°N: 6,96171°O
Koordinate UTM 32.356.760,23 m: 5.643.852,15 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.567.656,12 m: 5.644.132,98 m
  • Das Kölner Kloster Sion / Maria im Spiegel als "zu Seyn cloister" am Katharinengraben ("off S Catreinen graben") auf einer Stadtansicht nach Arnold Mercator von 1570/71. Die Beschriftung der "Seyengasse" erfolgte offenbar von späterer Hand.

    Das Kölner Kloster Sion / Maria im Spiegel als "zu Seyn cloister" am Katharinengraben ("off S Catreinen graben") auf einer Stadtansicht nach Arnold Mercator von 1570/71. Die Beschriftung der "Seyengasse" erfolgte offenbar von späterer Hand.

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    Arnold Mercator
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  • Das Kloster Sion / Maria im Spiegel zwischen der "Sions Gas" und "S. Catharinen Graben", davor die damalige Rheininsel im Kölner Stadtplan von Johann Valentin Reinhardt von 1752.

    Das Kloster Sion / Maria im Spiegel zwischen der "Sions Gas" und "S. Catharinen Graben", davor die damalige Rheininsel im Kölner Stadtplan von Johann Valentin Reinhardt von 1752.

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    Johann Valentin Reinhardt
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  • Ausschnitt der historischen Ansicht Kölns aus dem Jahr 1531 von Anton Woensam (um 1500-1541): der Bereich zwischen dem Bayenturm und Sankt Severin mit der Stadtmauer, vor dem Hafenbereich sind auf dem Rhein Schiffsmühlen zu sehen.

    Ausschnitt der historischen Ansicht Kölns aus dem Jahr 1531 von Anton Woensam (um 1500-1541): der Bereich zwischen dem Bayenturm und Sankt Severin mit der Stadtmauer, vor dem Hafenbereich sind auf dem Rhein Schiffsmühlen zu sehen.

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    Anton Woensam
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  • Ausschnitt aus dem "Plan von Köln nach J. V. Reinhardt 1752" aus der Karte "Kirchliche Organisation und Verteilung der Confessionen, Übersicht über die Kölner Kirchen (...) c. 1610" (Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz von Wilhelm Fabricius, 1903).

    Ausschnitt aus dem "Plan von Köln nach J. V. Reinhardt 1752" aus der Karte "Kirchliche Organisation und Verteilung der Confessionen, Übersicht über die Kölner Kirchen (...) c. 1610" (Geschichtlicher Atlas der Rheinprovinz von Wilhelm Fabricius, 1903).

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Das in enger Beziehung zu der Grafenfamilie von Sayn bei Bendorf stehende Kloster im Kölner Severinsviertel war zunächst eine Niederlassung von Franziskaner-Minoriten und ab der Mitte des 13. Jahrhunderts ein Zisterzienserinnenkloster, bevor es ab um 1600 einen weiblichen und einen männlichen Konvent des Doppelordens der Birgitten beherbergte. Im Zuge der Säkularisation wurde das Klosters im Jahr 1802 aufgelöst.

Vorgängerkonvent, Stiftung und Klostergründung
Name(n) des Kovents und des Klosters
Geschichte bis zur Auflösung
Das Kloster auf historischen Karten
Internet, Literatur

Name / Patrozinium: Sionskloster / Marienspiegel / Maria.
Orden: Zisterzienserinnen.
Gründung: 1215.
Aufhebung: 1802 (Bönnen / Hirschmann 2006).
Eduard Hegel führt als Gründungsjahr des Zisterzienserinnenklosters hingegen erst das Jahr 1246 an (ders. 1992, S. 24; in der Karte die Nr. 4 in der Pfarrei St. Severin).

Vorgängerkonvent, Stiftung und Klostergründung
Im Jahr 1229 begründeten Kölner Franziskaner-Minoriten ein Oratorium (ein kapellenartiges Gebäude zum Gebet) auf einem ihnen von dem Kölner Patrizier Gerhard Quatermart geschenkten Grundstück am Katharinengraben in der Pfarrei von Sankt Severin. Um das Jahr 1245 veräußerten die Ordensbrüder dieses an den Grafen Heinrich III. von Sayn (um 1185-1246/47) und dessen Gattin Mechthild(is) von Sayn (um 1200-um 1285/91). Die vor 1215 erfolgte Eheschließung Heinrichs mit Mechthild, der Tochter des Thüringer Markgrafen von Landsberg, hatte den Grafen „mit einem Schlage zu dem beherrschenden Adeligen zwischen Sieg und Lahn“ gemacht. In Köln besaßen Sayner bereits seit den 1170ern verschiedene Häuser, darunter bei Sankt Andreas und in der Trankgasse (Halbekann 1996, S. 8 u. 27).
Bereits zu Lebzeiten hatte Graf Heinrich zusammen mit Mechthild zahlreiche Klöster gestiftet, darunter


Die ihren Gatten um viele Jahrzehnte überlebende Mechthild von Sayn führte diese Tradition nach dem Tod Heinrichs über zahlreiche Schenkungen fort.
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Die zuvor am Katharinengraben lebenden Ordensbrüder siedelten in eine neue Niederlassung im Pfarrbezirk St. Kolumba in der Innenstadt um (nach Hegel 1992, S. 21, wurde dieses Minoritenkloster bereits 1221 begründet) und in der Sayn'schen Erwerbung bei Sankt Severin ließ sich ein Zisterzienserinnen-Konvent „de Speculo S. Mariae“ (Maria im Spiegel) nieder. Eine Klausel der Übertragung besagte, dass Mechthild von Sayn noch über einen Teil des Gartens und der Gebäude verfügen dürfe und der Rest erst bei Ermangelung eines Erben an das Kloster fallen solle. Mit dem kinderlosen Tod Heinrichs III. in der Silversternacht 1246/47 erlosch das Sayner Grafengeschlecht im Mannesstamm.
Noch im gleichen Jahr unterstellte Papst Innozenz IV. (um 1195-1254, amtierte ab 1243) das Kloster seinem Schutz und beauftragte 1248 die Leitung des Zisterzienserordens, sich das Kloster „S. Mariae in Speculo“ einzuverleiben und es unter die Aufsicht des Abtes von Heisterbach zu stellen. Eine solche Inkorporation unter ein älteres und höhergestelltes Kloster, welches dann Aufsichts- und Seelsorgefunktionen übernahm, war für den Orden üblich.
Die Zisterzienser waren im Laufe des 12. Jahrhundert zum einflussreichsten Orden der katholischen Kirche aufgestiegen, alleine die Anzahl der Frauenkonvente in Deutschland stieg von 15 im 12. Jahrhundert auf 220 Tochter- bzw. Enkelklöster im Jahre 1250 - „Zahlreich wie die Sterne des Himmels“ kommentierte damals bereits der Kardinal und Chronist Jakob von Vitry (um 1160/1170-1240).
Im Jahr 1283 bedachte Mechthild von Sayn „mine Cloister ze Colne“, ihren Witwen- und Alterssitz neben der Burg Löwenburg im Siebengebirge, ein weiteres Mal mit einem Vermächtnis. Nach ihrem Tod wurde die Gräfin unter dem von ihr gestifteten Hauptaltar der Klosterkirche Sion beigesetzt.
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Name(n) des Kovents und des Klosters
Der Name des Konvents „Maria im Spiegel“ oder auch „Marienspiegel“ ist möglicherweise auf eine Mitgründerin - und womöglich auch Angehörige des ersten Konvents - aus dem Kölner Patriziergeschlecht derer „von Spiegel“ zurückzuführen. Aus der Familie sind Amtleute der Richerzeche (ein Verbund Kölner Patrizier aus dem 12. Jahrhundert) sowie Schöffen der Stadt und Besitzer großer Höfe belegt.
Das Sionstal (später sprachlich zu Seyen verschliffen) an der heutigen Seyengasse erhielt seinen Namen nach der später im Volksmund auch „Kloster Sion“ genannten Ordensniederlassung. In der Regel nahm ein entsprechendes Patrozinium Bezug auf den biblischen Berg Zion (oder Zionsberg, der Südwesthügel der heiligen Stadt Jerusalem) - hier geht der spätere Name allerdings auf die Stifterfamilie Sayn (bzw. Seyne) zurück, so etwa im 16. Jahrhundert mit „zu Seien“.

Geschichte bis zur Auflösung
Die Klosterkirche aus dem 13. Jahrhundert war eine fünfachsige, mit Kreuzgewölben ausgestattete dreischiffige Pfeilerbasilika (eine umfassende Baubeschreibung findet sich unter de.wikipedia.org).
Schon früh verfügte das Sionskloster über große auswärtige Besitzungen, darunter der Berchemshof im heutigen Köln-Longerich, der Neußerhof in Bergheim-Kenten, ein Gut Ahrheim bei Lechenich-Ahrem sowie Grangien in Köln-Godorf, Wesseling und Hürth-Gleuel.
Überschwemmungen bei größeren Rheinhochwassern, so in den Jahren 1432 und 1571, betrafen auch die in Ufernähe liegenden Klostergebäude. Zu dem Hochwasser 1571 berichtet der Kölner Ratsherr und Chronist Hermann von Weinsberg (1518-1597), dass „der Rhein uff dem hohen Elter [stund]“, der Strom also den Hochaltar der Klosterkirche überschwemmt hatte.

Offenbar bedingt durch mangelnde Disziplin und einem Nachlassen beim Einhalten der zisterziensischen Regeln durch „wenig klösterliches Verhalten“ des Konvents, sah sich die Kölner Kirchenführung zum Ende des 16. Jahrhunderts zu einer Reformierung der Niederlassung veranlasst.
Schwestern aus dem seit 1450 vom Doppelorden der Brigitten (auch Birgittinnenorden oder Erlöserorden, Ordo sanctissimi Salvatoris) geführten Kloster Marienforst im Kottenforst bei Bonn wurden von dort in das Kölner „Seyen Kloster“ verlegt. Nach der Umwandlung in ein Birgittenkloster beherbergte das Kloster Sion ab 1613 zwei Konvente: den männlichen „S. Salvatoris“ und den der Schwestern „S. Mariae“.

Im Zuge der Säkularisation während der Zeit der französischen Besetzung (1794-1814/15) wurde das Kloster im Jahr 1802 aufgelöst und samt seines Besitzes enteignet.
Nachdem die Anlage über einige Jahre verlassen war, wurde sie durch die mit der Abwicklung betrauten Domänenverwaltung 1809 an den Geschäftsmann Johann Jakob Goedecke verkauft. Dieser richtete das Grundstück zunächst zu Wohnzwecken her und ließ dann später auf dem Anwesen eine Stärkefabrik errichten. Die Klosterkirche stand noch bis 1833, als sie wegen der Errichtung einer im Severinsviertel geplanten Zuckerfabrik abgebrochen wurde.

Heute erinnern die Straßennamen im Kölner Vringsveedel („Vring“ ist die kölsche Kurzform von Severin, dem Namensparton des Viertels), d.h. die Seyengasse, Im Sionstal, Mechtildisstraße, Landsbergstraße - und mit etwas Phantasie auch die Heinrichstraße am etwa 700 m weiter westlich liegenden Martinsfeld - an das Sayner Grafenpaar und das Kloster (Signon 2006).
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Das Kloster auf historischen Karten
Auf einer Stadtansicht nach Arnold Mercator von um 1570/71 findet sich Maria im Spiegel als „zu Seyn cloister“. In der die Situation zu Beginn des 17. Jahrhunderts darstellenden Karte „Kirchliche Organisation und Verteilung der Confessionen, Übersicht über die Kölner Kirchen (...) c. 1610“ aus dem Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz ist das „Kl. Sion“ innerhalb der Pfarrei von Sankt Severin verzeichnet (Fabricius 1898, vgl. Abb., dort Nr. 6).
In dem der vorgenannten Karte zugrunde liegenden Kölner Stadtplan von Johann Valentin Reinhardt von 1752 ist das Kloster nördlich der „Sions Gas“ mit der Nr. 4 als „B. M. V. in Syon / Brigitten“eingezeichnet (= Beata Maria Virgo für Selige Jungfrau Maria; Abb. unter www.deutschefotothek.de).
Auf den Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (1801-1828) ist das rund 18.500 m2 Fläche (1,85 Hektar) einnehmende Areal des Klosters Sion noch gut auszumachen (vgl. Kartenansichten, hier technisch bedingt etwa 200 m nach Süden verschoben). Gleiches gilt auch noch für das jüngere Werk der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme, der auch die hier eingezeichnete Objektgeometrie folgt.
In der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) ist das Gebiet bereits mit neuer Bebauung überprägt.

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2024)

Internet
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Heinrich von Sayn, Graf von Sayn (um 1202-1246/1247) (Text Thomas Bohn, abgerufen 28.03.2024)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Mechthild von Sayn, Gräfin von Sayn (1200/1203-1285) (Text Thomas Bohn, abgerufen 28.03.2024)
www.deutschefotothek.de: Stadtplan von Köln mit Gebäudeverzeichnis, ca. 1:6 500, Kupferstich, 1752 (abgerufen 28.03.2024)
de.wikipedia.org: Maria im Spiegel (abgerufen 28.03.2024)
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Literatur

Arntz, Ludwig; Neu, Heinrich; Vogts, Hans / Clemen, Paul (Hrsg.) (1937)
Die Kunstdenkmäler der Stadt Köln. Die ehemaligen Kirchen, Klöster, Hospitäler und Schulbauten der Stadt Köln. (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 7.3, Ergänzungsband.) Band 2, S. 278 ff., Düsseldorf.
Bönnen, Gerold; Hirschmann, Frank G. (2006)
Klöster und Stifte von um 1200 bis zur Reformation. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.3.) S. 34, Bonn.
Engels, Odilo (2006)
Klöster und Stifte von der Merowingerzeit bis um 1200. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.2.) Bonn.
Fabricius, Wilhelm (1898)
Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz. (2 Bände, Nachdruck 1965). Bonn.
Groten, Manfred; Johanek, Peter; Reininghaus, Wilfried; Wensky, Margret / Landschaftsverband Rheinland; Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.) (2006)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Halbekann, Joachim J. (1996)
Besitzungen der Grafen von Sayn bis 1246/47 und ihre Erben. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V. 5.) Köln.
Hegel, Eduard (1992)
Das mittelalterliche Pfarrsystem und seine kirchliche Infrastruktur in Köln um 1500. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.1.) S. 24, Köln.
Hüsgen, Hermann-Josef (1993)
Zisterzienserinnen in Köln. Die Klöster Mariengarten, Seyne und St. Mechtern/St. Apern. (Bonner Beiträge zur Kirchengeschichte 19 (zugleich Dissertation Univeristät Bonn 1992).) Köln, Weimar, Wien.
Keussen, Hermann (1910)
Topographie der Stadt Köln im Mittelalter, zweiter Band. (gekrönte Preisschrift, Preis-Schriften der Mevissen-Stiftung.) S. 198, Sp. 1, Bonn. Online verfügbar: www.ub.uni-koeln.de, Keussen, Topographie, Bd. 2, abgerufen am 13.09.2022
Signon, Helmut (2006)
Alle Straßen führen durch Köln. 3. von Klaus Schmidt überarbeitete und aktualisierte Ausgabe. S. 181-182 u. 318, Köln.

Kloster Sion in Altstadt-Süd

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Im Sionstal, Mechtildisstraße, Seyengasse
Ort
50678 Köln - Altstadt-Süd
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung
Historischer Zeitraum
Beginn 1215 bis 1246, Ende 1802 bis 1833

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Empfohlene Zitierweise
„Kloster Sion in Altstadt-Süd”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-352160 (Abgerufen: 4. Mai 2024)
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