Zisterzienserinnenkloster Zissendorf bei Hennef

Kloster „De pace Dei“ (Zum Gottesfrieden), Cicendorp, Cisendorp, später Caritas-Suchtfachklinik Sankt Mechthild, heute Fachklinik für Frauen Gut Zissendorf

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Hennef (Sieg)
Kreis(e): Rhein-Sieg-Kreis
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 47′ 7,44″ N: 7° 15′ 48,81″ O 50,7854°N: 7,26356°O
Koordinate UTM 32.377.597,15 m: 5.627.398,15 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.589.149,49 m: 5.628.534,84 m
  • Mit "Fig. 27. Lageplan vom J. 1826/27" betitelter Grundriss des Zisterzienserinnenklosters Zissendorf bei Hennef; aus E. Renard / P. Clemen, Die Kunstdenkmäler des Siegkreises (1907).

    Mit "Fig. 27. Lageplan vom J. 1826/27" betitelter Grundriss des Zisterzienserinnenklosters Zissendorf bei Hennef; aus E. Renard / P. Clemen, Die Kunstdenkmäler des Siegkreises (1907).

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  • Schrägluftbild des Gutes Zissendorf bei Hennef (vormals Zisterzienserinnenkloster, heute Fachklinik), Ansicht von Osten her (2017).

    Schrägluftbild des Gutes Zissendorf bei Hennef (vormals Zisterzienserinnenkloster, heute Fachklinik), Ansicht von Osten her (2017).

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Orden: Zisterzienserinnen.
Gründung: 1260.
Aufhebung: 1803 (Bönnen / Hirschmann 2006).

Ursprünge und Gründung des Klosters
Weitere Entwicklung und Baugeschichte
Das Kloster auf historischen Karten
Internet, Literatur

Ursprünge und Gründung des Klosters
Das Handbuch der Historischen Stätten NRW berichtet zu der im Jahr 1247 erstmals erwähnten und 1248 zur Pfarrkirche erhobenen Kirche St. Katharina in Blankenberg, dass diese „zum 1246 gestifteten Prämonstratenserinnenstift [gehörte], welches bald von Zisterziensierinnen übernommen und zwischen 1259 und 1265 nach Zissendorf verlegt wurde“ (Groten u.a. 2006, S. 451; mit gleicher Datierung der Verlegung auch Wensky 2008, S. 34).
Die Hennef Chronik beschreibt dies wie folgt: „1247 wird die Kirche 'Zum Gottesfrieden' in Blankenberg erwähnt, mutmaßlich errichtet um 1245, die Klosterkirche der Prämonstratenserinnen. Im selben Jahr erfolgt die Umwandlung des Stifts in einen Konvent der Zisterzienserinnen nach dem letzten Willen Graf Heinrichs III.“ (www.hennef.de; die Umsiedlung der zisterziensischen Ordensfrauen wird hier auf „zwischen 1263 und 1265“ datiert).
Ebenso schreibt Edmund Renard (1907, S. 46), dass das im Jahr 1247 von Mechthild von Sayn bei der Katharinenkapelle in Blankenberg gestiftete Zisterzienserinnenkloster De pace Dei (Zum Frieden Gottes, Zum Gottesfrieden) schon im Jahr 1248 im Besitz des Hofes Zissendorf erscheint und: „Die Verlegung der Niederlassung nach diesem Gut erfolgte zwischen 1259 und 1288.“ Die Encyclopaedia Cisterciensis datiert den Transfer von Blankenberg nach Zissendorf auf 1258, Halbekann auf die Jahre zwischen 1263 und 1265 (ders. 1996, S. 18 u. 31).

Den Urkunden zufolge nahm der Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden (~1205-1261, amtierte ab 1238) im Jahr 1248 das bereits als zisterziensisch bezeichnete Kloster mit der dortigen Katharinenkapelle und dem Hof Zissendorf unter seinen Schutz („monasterium de Pace dei in Blankenberg, cisterciensis ordinis Coloniensis diocesis, ... capellam b. Catharine ibidem ... item curiam suam in Cicendorp cum suis attentiis“, Lacomblet 1840, Bd. 2, Nr. 340) und entließ im gleichen Jahr die Klosterkapelle aus ihrem bisherigen Pfarrverband der Kirche zu Uckerath und erhob sie zur selbständigen Pfarrkirche („castrum et oppidum in Blankenberg ab ecclesia matrice et parochiali Okerode ... capella s. Catharine, iam construxerat monasterium sanctimonialium ordinis cisterciensis“, ebd., Nr. 341).
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Der 1075 erstmals urkundlich erwähnte Burgort Hennef gehörte zum Gebiet der Grafen von Sayn.
Die vor 1215 erfolgte Eheschließung des Grafen Heinrich III. von Sayn (~1185-1246/47) mit Mechthild(is) von Landsberg (~1200-1285/91), der Tochter des Thüringer Markgrafen, hatte Heinrich „mit einem Schlage zu dem beherrschenden Adeligen zwischen Sieg und Lahn“ gemacht (Halbekann 1996, S. 8). Das Paar trat bereits zu Lebzeiten Graf Heinrichs als Förderer und Stifter zahlreicher Klöster in Erscheinung. Die ihren Gatten um viele Jahrzehnte überlebende Mechthild von Sayn führte diese Tradition auch noch nach dem kinderlosen Tod Heinrichs III. in der Silversternacht 1246/47 und dem damit verbundenen Erlöschen des Sayner Grafengeschlechts im Mannesstamm fort (vgl. das nach der Familie benannte Kölner Kloster Sion).
Im Jahr 1251 benennt die Witwe Mechthild von Sayn die dem Kloster Zissendorf gestifteten Güter an der Sieg („Syge“) „curia Cicendorp cum censibus, terra arabili et omnibus attentiis eidem adiacentibus ex illa parte amnis que Syge vocatur, in qua iacet ipsa curia, ad dictum pertineat monasterium in perpetuum …“ (Lacomblet 1840, Bd. 2, Nr. 379) und im Jahr 1259 befreite Dietrich III. († 1303, auch Theoderich), Herr von Heinsberg und Blankenberg, den Hof Cisendorp von den Abgaben „der Herbstbede und dem Futterhafer“ (ebd. u. Halbekann 1996, S. 31).

Nach dem Tod Heinrichs von Sayn war Hennef zur Herrschaft Blankenberg gekommen, die ab 1363 ein Amtsbezirk der Grafen von Berg war (später Amt Blankenberg, vgl. Holdt 2008).
In Wilhelm Fabricius' Erläuterungen zu der die Territorien im Jahr 1789 abbildenden Karte wird das Zissendorfer Kloster unter dem Amt Blankenberg, Gericht und Kirchspiel Geistingen, als Teil der insgesamt „c. 1575“ Hektar Fläche einnehmenden Honschaft Hennef angeführt: „Honschaft Hennef und Stossdorf mit Geistingen, Warden, Kloster Zissendorf (Sieg)“ (Fabricius 1898, S. 310, Nr. 85). Eine Honschaft (auch Honnschaft, Hundschaft u.ä.) war in weiten Teilen des Rheinlands die unterste Verwaltungseinheit.
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Weitere Entwicklung und Baugeschichte
Der erste größere Kirchenbau der Zisterzienserinnen bei Stoßdorf entstand wohl im 14. Jahrhundert, von diesem sind - so Renard 1907 - „vielleicht noch ganz geringe Reste erhalten“, wohl im südlichen Trakt der rechteckigen Hofanlage: „die abgebrochene Kirche erstreckte sich wahrscheinlich weiter nach Westen in den jetzigen Garten hinein.“
Die weiteren Teile der Klostergebäude sollen aus dem 16. Jahrhundert stammen. Ein mitten in der Kirche gelegener Altar geht auf den in der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts lebenden Adligen Lambert von Heinsberg zurück, der diesen dotiert hatte; vor dem neuen Altar wurde später seine Gemahlin beigesetzt.

Die deutsche Wikipedia berichtet für die Zeit der Reformation (nach Felten 1927 und Hülster 1929; hier nicht eingesehen), dass die Zissendorfer Nonnen 1563 „das Habitat außgezogen, die Kirchen Ceremonien verlassen, die Gesäng aber auf teutsch gethan“ hätten und dem Abt von Heisterbach, dem sie unterstellt waren, nicht mehr gehorsam sein wollten. 1565 erklärten die Nonnen, ihren Habit nicht wieder anlegen zu wollen. Sie wollten „ihrem Mund nach reden, Latein verstünden sie nicht.“ Daraufhin wurden sie vom Herzog interniert, der Klosterschlüssel der Äbtissin übergeben und die Klosterakten dem Amtmann von Blankenberg übergeben.

„Im Jahr 1644 brannten Kloster und Kirche vollständig nieder. Nach einer anfänglichen Herstellung der Kirche, für die im Jahr 1654 ein Altar von dem Maler Tilmann Krull in Bonn gefertigt erscheint, hat man wohl um 1670 einen vollständigen Neubau errichtet, dem anscheinend die Reste der noch erhaltenen Nonnenempore angehören; im Jahr 1671 baute man an dem anstossenden Kreuzgang. Die Angabe, die Kirche sei im Jahr 1720 neu errichtet … beruht wohl lediglich auf dieser über einer Seitentür der Kirche angebrachten Jahreszahl.“ (Renard 1907)
Das ehemalige Klostergebäude, das die Westseite der Anlage einnimmt - „ein mächtiger zweigeschossiger Bau von zehn Achsen mit hohem Walmdach“ - stammt im Kern vielleicht noch aus dem 16. Jahrhundert, hat seine jetzige Gestalt aber erst nach dem Brand von 1644 erhalten, als auch an der östlichen Seite des Hofs im Obergeschoss „der zierliche mit drei Seiten vorspringende Erker in Fachwerk mit geschweiftem Dach“ errichtet worden war.
Die Ostseite der Hofanlage wird von einem großen Scheunenbau des 18. Jahrhunderts eingenommen, der unten aus Bruchsteinmauerwerk und oben aus Fachwerk besteht. Eine gemauerte Brücke über den Wolfsbach führt auf die rundbogige Tordurchfahrt in der Mitte zu. Die übrigen Bauten an der Nord- und Südseite des Hofes sind neueren Ursprungs.

Im Zuge der Säkularisation während der Zeit der französischen Besetzung (1794-1814/15) wurde das Kloster im Jahr 1803 aufgelöst und der als Rittergut genutzte Besitz 1818 an den ersten preußischen Landrat des Siegkreises, Eberhard von Hymmen (1784-1854, vollständig Ludwig Anton Friedrich Heinrich Eberhard Hymmen, ab 1786 von Hymmen) in Bonn verkauft. „Die Kirche war nach Ausweis der ältesten Katasterkarten von 1826/7 damals schon abgebrochen.“ (Renard 1907)
1934 wurde die ehemalige Klosteranlage von dem Kölner Zigarettenfabrikanten Heinrich Neuerburg erworben und ging dann 1959 für 200.000 DM an die Caritas über, die hier im Mai 1960 eine Suchtfachklinik „Sankt Mechthild“ für alkoholabhängige Frauen eröffnete. Da Mechthild von Sayn trotz ihres frommen und segensreichen Wirkens nie kanonisiert wurde (d.h. heiliggesprochen), bezog sich die Benennung wohl auf eine andere Heilige dieses Namens, vermutlich die Mystikerin Mechthild von Magdeburg (~1207-1282).
Das einstige Kloster wird heute als „Gut Zissendorf Fachklinik für Frauen“ geführt.
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Das Kloster auf historischen Karten
In der Karte „Kirchliche Organisation im Bereich der heutigen Rheinprovinz am Ende des Mittelalters um das Jahr 1450“ aus dem Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz ist das Kloster mit „Zissendf.“ im Dekanat Siegburg verzeichnet, ebenso in der Karte „Kirchliche Organisation und Verteilung der Confessionen im Bereich der heutigen Rheinprovinz um das Jahr 1610“ (Fabricius 1898).
Auf den historischen Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (1801-1828) findet sich 800 m östlich der kleinen Ortschaft „Stosdorf“ das Klosterareal mit „Zissendorf“ eingezeichnet (vgl. Kartensicht, technisch bedingt ca. 150 m nach Norden verschoben). Ebenso sind die Gebäude und der anliegende Bereich um das Kloster bei nunmehr „Stossdorf“ dann auch noch nach seiner Aufhebung in dem jüngeren Werk der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme auszumachen.
Dieses Bild zeigt sich noch etwas präziser in der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912), hier mit einer Fläche der Klosteranlage von knapp 50.000 m2 (5 Hektar). Nach Westen hin wird das Areal vom Wolfsbach begrenzt, von dem im Süden des Klosters ein Abzweig zu dem im Norden der Anlage gelegenen Klosterteich führte.
Die hier eingezeichnete Objektgeometrie orientiert sich an der Neuaufnahme und umfasst damit im Wesentlichen das heutige Areal des Guts Zissendorf.

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2024)

Internet
www.cistopedia.org: Encyclopaedia Cisterciensis, Zissendorf (abgerufen 05.04.2024)
www.hennef.de: Zeittafel der Hennefer Geschichte (3. Auflage der Hennef Chronik, Februar 2012, abgerufen 15.04.2024)
de.wikipedia.org: Kloster Zissendorf (abgerufen 05.04.2024)
de.wikipedia.org: Eberhard von Hymmen (abgerufen 10.04.2024)
www.zissendorf.de: Fachklinik Gut Zissendorf (abgerufen 05.04.2024)
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Literatur

Bönnen, Gerold; Hirschmann, Frank G. (2006)
Klöster und Stifte von um 1200 bis zur Reformation. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.3.) S. 46, Bonn.
Fabricius, Wilhelm (1898)
Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz. (2 Bände, Nachdruck 1965). Bonn.
Felten, Wilhelm (1927)
Kloster Zissendorf. In: Heimatblätter des Siegkreises, 3. Jg., 1927, Heft 4, o. O.
Groten, Manfred; Johanek, Peter; Reininghaus, Wilfried; Wensky, Margret / Landschaftsverband Rheinland; Landschaftsverband Westfalen-Lippe (Hrsg.) (2006)
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Halbekann, Joachim J. (1996)
Besitzungen der Grafen von Sayn bis 1246/47 und ihre Erben. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V. 5.) Köln.
Holdt, Ulrike (2008)
Die Entwicklung des Territoriums Berg. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V.16.) S. 14 u. 21, Bonn.
Hülster (1929)
Die hochadelige Zisterzienserinnenabtei Zissendorf bei Siegburg. In: Rheinisch-Bergischer Kalender, Jahrgang 1929, S. 151. o. O.
Lacomblet, Theodor Josef (1840)
Urkundenbuch für die Geschichte des Niederrheins. Niederrheinisches Urkundenbuch (NRUB, vier Bände 1840-1858). (Veröffentlichungen der staatlichen Archive des Landes Nordrhein-Westfalen, C 10, Neudruck Siegburg 1981.) Düsseldorf. Online verfügbar: digitale-sammlungen.ulb.uni-bonn.de, NRUB, abgerufen am 11.04.2024
Renard, Edmund / Clemen, Paul (Hrsg.) (1907)
Die Kunstdenkmäler des Siegkreises. (Die Kunstdenkmäler der Rheinprovinz, Band 5.4.) S. 46-47, Düsseldorf.
Wensky, Margret (2008)
Städte und Freiheiten bis 1500. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, VI.2.) Bonn.

Zisterzienserinnenkloster Zissendorf bei Hennef

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Gut Zissendorf / Löhestraße
Ort
53773 Hennef - Stoßdorf
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Kein
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, Auswertung historischer Schriften
Historischer Zeitraum
Beginn 1246 bis 1265, Ende nach 1803

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„Zisterzienserinnenkloster Zissendorf bei Hennef”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-352177 (Abgerufen: 18. Mai 2024)
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