Das „in abgeschiedener und nahezu ungestörter Lage an der Mündung des Wahnbachs in die Sieg und mit freiem Umfeld“ gelegene Franziskanerkloster (Fachbeitrag Regionalplan Köln 2016) geht auf Graf Heinrich III. von Sayn (~1185-1246/47) und seine Ehefrau Mechthild(is) von Landsberg, Gräfin von Sayn (~1200-1285/91) zurück. Die Klostergründung im Jahr 1231 erfolgte am Ort einer 1210 gegründeten Einsiedelei „St. Annenkloster“, einer Niederlassung von Franziskaner-Minoriten. Die Eheschließung mit der Tochter des Thüringer Markgrafen von Landsberg (vor 1215) hatte Heinrich „mit einem Schlage zu dem beherrschenden Adeligen zwischen Sieg und Lahn“ gemacht (Halbekann 1996, S. 8). Auf den wegen seiner enormen Körpergröße auch „der Große“ genannten Heinrich, mit dessen Tod die ältere Linie des Sayner Grafengeschlechts im Mannesstamm erlosch, und die ihn um rund 50 Jahre überlebende Mechthild gehen zahlreiche weitere Stiftungen zurück, unter anderem die des ebenfalls an der Sieg gelegenen Zisterzienserinnenklosters in Windeck-Herchen 1247, des Zisterzienserinnenklosters Zissendorf bei Hennef um 1260 und Stiftungen für die Zisterzienserabtei Heisterbach, etwa 1254 dessen Hospital (vgl. das nach der Familie benannte Kölner Kloster Sion).
Die Weihe der Klosterkirche von Seligenthal erfolgte 1255 (Groten u.a. 2006, S. 959). Die aus der Mitte des 13. Jahrhunderts stammende Antoniuskirche gilt als älteste Franziskanerkirche nördlich der Alpen, seit 1834 wird sie als Pfarrkirche genutzt. Ihr Baustil wird als „rheinischer Übergangsstil“ bezeichnet, eine Mischform aus Romanik und Gotik. Die übrigen Kloster- und Wirtschaftsgebäude stammen aus den Jahren nach 1647, als das Kloster bei einem Brand stark beschädigt wurde, darunter der seinerzeit neu errichtete Südflügel des Klosters und das Pfarrhaus von 1660. Weitere Bauten stammen aus dem 18. und 19. Jahrhundert, darunter eine Ölmühle, die barocke Wallfahrtskapelle St. Rochus von 1709 und eine heute als Hotel-Restaurant „Klosterhof Seligenthal“ betriebene Gastwirtschaft. Für das Jahr 1627 ist erstmals eine Wallfahrt nach Seligenthal urkundlich belegt.
Seit 1231 durch Franziskaner geführt, gründete der franziskanische Ordenszweig der Minoriten zum 21. Oktober 1654 eine Niederlassung in den Gebäuden und führten das Kloster bis zu dessen Auflösung im Zuge der Säkularisation 1803. Die Mönche erhielten bei der Übernahme die Auflage, in Siegburg eine Schule einzurichten: das von 1654/55 bis 1804 betriebene Gymnasium der Minoriten (Fleck 2008).
Vor dem Klostergebäude befindet sich eine Informationstafel des „Mönchweg Sieg“ zum Kloster (vgl. Abb.), die dortige Beschreibung lautet:
Vallis felix – das selige Tal Das Kloster Seliqenthal verdankt seine Gründung dem Grafenpaar Heinrich III. und Mechthild von Sayn. Sie schenkten einer Gruppe von Franziskanermönchen ein Stück Land im Wahnbachtal und gründeten so das erste Franziskanerkloster im Rheinland. Die Brüder nannten ihre neue Heimat „vallis felix“, das selige Tal, wo sie ihre Tage in Armut und Gebet zu verbringen gedachten. Franziskaner lebten damals nach dem Vorbild ihres Ordensgründers Franz von Assisi ohne festen Wohnsitz vom Betteln und von Spenden. Da Franziskaner für ihre Bestimmung als Wanderprediger und Seelsorger die Nähe der Städte suchten, war die abgeschiedene Lage im Wahnbachtal nicht gerade ideal. Ein Teil der Mönche war mehr und mehr unterwegs und verweilte in den umliegenden Orten. Im 13. Jahrhundert entwickelte die Gemeinschaft dann dank großzügiger Schenkungen und Rechteverleih der Grafen an Feldern, Waldstücken und Fischerei eine zunehmende Sesshaftigkeit mit Bewirtschaftungsaufgaben. Schon bald betrieben die Mönche mit weiteren Stiftungen Mühlen, eine Weberei, Wein- und Ackerbau. Das wiederum förderte die Ansiedlung von Menschen, die im Kloster Arbeit und geistlichen Beistand suchten. 1803 wurde das Kloster bei der Verstaatlichung von Kirchenbesitz aufgelöst, seine Güter und Stiftungen verkauft. Erst 1854 erhielt Seligenthal wieder den Status einer selbstständigen Pfarrei. Von der Klosteranlage sind die mittelalterliche Kirche und Nebengebäude aus der Zeit nach 1650 erhalten, ein Brand hatte die Anlage mit Ausnahme der Kirche verwüstet. In den Klostergebäuden befindet sich heute eine Tagungseinrichtung.
Zur Kartendarstellung Wenn auch über diese historischen Karten nur bedingt präzise zu verorten, so ist der Klosterbezirk Seligenthal auf der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (Tranchot / von Müffling 1801-1828), auf der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme (hier als „Kloster Seeligenthal“) sowie auf den Karten der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) deutlich ausgewiesen (vgl. die historischen Karten in der Kartenansicht).
Bau- und Bodendenkmal Die Gebäude des ehemaligen Klosters Seligenthal sind eingetragene Baudenkmale (Denkmalliste der Kreisstadt Siegburg, Stand: April 2007, Nr. A 210), ebenso die Kirche St. Antonius (Nr. A 52), das „Pfarrhaus“ (Nr. A 57), die ehemaligen Wirtschaftsgebäude (Nr. A 84) und die Kreuzigungsgruppe auf dem Kirchhof (Nr. C 4, bewegliches Denkmal). Ferner ist der Bereich des Klosters Seligenthal Bodendenkmal (UDB-Nummer 202, LVR-ABR Nr. SU 239, OA 0866 002).
Internet www.servatius-siegburg.de: Kirche St. Antonius, Das ehemalige Franziskanerkloster Seligenthal (abgerufen 18.03.2022) www.rheinische-geschichte.lvr.de: Heinrich III. (um 1190–1246/1247), Graf von Sayn (um 1202-1246/1247) (abgerufen 08.11.2016) www.rheinische-geschichte.lvr.de: Mechthild von Landsberg (1200/1203–1285), Gräfin von Sayn (abgerufen 08.11.2016) de.wikipedia.org: Kloster Seligenthal (Sieg) (abgerufen 08.11.2016) www.servatius-siegburg.de: Kirche St. Antonius in Siegburg-Seligenthal (abgerufen 08.11.2016, Inhalt nicht mehr verfügbar 18.03.2022) www.klosterhof-seligenthal.de: Event Hotel Klosterhof Seligenthal (abgerufen 08.11.2016, Inhalt nicht mehr verfügbar 11.04.2024)
Literatur
Bönnen, Gerold; Hirschmann, Frank G. (2006)
Klöster und Stifte von um 1200 bis zur Reformation. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.3.) S. 43, Bonn.
Fleck, Andrea (2008)
Hochschulen und Höhere Schulen 1500-1814/15. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, XII.6.) S. 45, Bonn.
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 959, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Halbekann, Joachim J. (1996)
Besitzungen der Grafen von Sayn bis 1246/47 und ihre Erben. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V. 5.) Köln.
Halbekann, Joachim J. (1994)
Mechthild von Sayn (1205-1284/85). In: Rheinische Lebensbilder, hrsg. von der Gesellschaft für Rheinische Geschichtskunde, Bd. 14, S. 29-46. Köln / Bonn.
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) (2016)
Fachbeitrag Kulturlandschaft zum Regionalplan Köln. Erhaltende Kulturlandschaftsentwicklung. S. 264, Köln.
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