Der Kölner Stadtteil 612 Worringen gehört zum nördlichsten Stadtbezirk 6 Chorweiler. Die damalige Bürgermeisterei Worringen war 1922 in die Domstadt eingemeindet worden. In Köln-Worringen leben heute etwa 10.200 Menschen (9.215 Einwohner*innen zum 31.12.2009, 10.333 zum 31.12.2017 und 10.233 zum 31.12.2019). Die Gesamtfläche beträgt 11,72 Quadratkilometer, der Erholungsflächenanteil liegt bei 5,4 Prozent (www.stadt-koeln.de).
Vorgeschichte und Römerzeit Der alte Ortskern von Worringen liegt nördlich des Worringer Bruchs, einem schon in vorgeschichtlicher Zeit vom heutigen Rheinverlauf abgeschnittenen und verlandeten früheren Mäanderbogen des Rheins, der heute von dem rund 165 Hektar Fläche umfassenden Naturschutzgebiet Worringer Bruch (K-009) eingenommen wird. Das Areal war bereits in vorrömischer Zeit - vermutlich seit etwa 500 v. Chr. - von den Volksstämmen der Eburonen und Ubier besiedelt. Für die römische Epoche sind hier Gutshöfe archäologisch nachgewiesen. Die Existenz eines römischen Kastells Castrum Boruncum (auch Burungum, Buruncum oder Kastell Worringen) ist mangels archäologischer Funde umstritten. Literarisch ist ein solches über schriftliche Verzeichnisse der wichtigsten römischen Reichsstraßen bezeugt, so in dem wahrscheinlich vom Beginn des 3. Jahrhunderts stammenden Itinerarium provinciarum Antonini Augusti und in der Zusammenstellung des anonymen Geographen von Ravenna Ravennatis Anonymi cosmographia et Guidonos geographica von um 700 n. Chr. (HbHistSt NRW 2006). Dieses Reiterlager soll sich möglicherweise nahe der alten Pankratiuskirche befunden haben, wo sich im Jahr 1869 römisches Gussmauerwerk fand. Andere Forschungen werten diese Spuren hingegen als Überreste eines Tempels und lokalisieren das Lager eher bei Dormagen.
Worringen lag an der wichtigen römischen Limesstraße, die linksrheinisch von der Hauptstadt der römischen Provinz Germania Inferior, der Colonia Claudia Ara Agrippinensium (CCAA, das heutige Köln) über das Castrum Novaesium (Legionslager Neuss) zur römischen Stadt Colonia Ulpia Traiana (CUT, das heutige Xanten) und weiter nach Nijmegen führte. Vor Ort entspricht der damalige Verlauf der Römerstraße, wie er sich z.B. auf der im Original spätrömischen Karte der Tabula Peutingeriana zeigt (vgl. Abb.), in etwa dem der heutigen (Alten) Neusser Landstraße, einem Teilabschnitt der Bundesstraße B 9 auf der Strecke Köln - Dormagen - Neuss. Die Limesstraße und das römische Umfeld ist Welterbestätte.
Mittelalter: Ersterwähnung, Vogtei, Herrschaft, Befestigung Im Mittelalter wird der wohl ab Mitte des 4. Jahrhunderts fränkisch besiedelte Ort Worringen erstmals in einer lediglich in späterer Abschrift vorliegenden Urkunde vom 11. August des Jahres 922 erwähnt. Unter dem Kölner Erzbischof Hermann I. von Bliesgau (~870-924, genannt „der Fromme“, amtierte ab 889/890) wurde das Kölner Ursulastift mit Besitz ausgestattet, darunter auch solcher in Vuurne - eine vermutlich bei der Abschrift der originalen Urkunde entstandene Fehlschreibung des auf den römischen Ursprungsnamen zurückgehenden Worunc bzw. Worunch. Als weitere Schreibweisen erscheinen in der Folgezeit noch u.a. Worinc, Woronc, Woring, Woeringen und Wuring, bevor sich erst in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts die heutige Schreibung Worringen durchsetzte (www.heimatarchiv-worringen.de).
Die für Verwaltung, Verteidigung und Gerichtsbarkeit zuständige Vogtei oblag zunächst den Grafen von Jülich, bevor sie 1153 im Besitz der Kölner Dompropstei genannt wird (HbHistSt NRW 2006). Die Unterherrschaft Worringen war eine „Herrlichkeit des Kölner Domstifts, das hier schon im 12. Jahrhundert reich begütert war. Die von dem Grafen Gerhard dem Jüngeren von Jülich vor 1151 heimgefallene Vogtei verkaufte dieser für 100 Mark Silbers dem Dompropst Arnold, dem späteren Erzbischof Arnold II., wobei die erzbischöfliche Oberherrschaft ausdrücklich vorbehalten blieb“ (Janssen 2008, S. 32, Nr. 120 und Zitat S. 48). Landesherrlich-politisch gehörte der Ort somit seit dem Hohen Mittelalter als Unterherrschaft in Besitz des Domkapitels zur Herrlichkeit Worringen im Kurkölnischen Amt Hülchrath. Dieses Amt wiederum geht auf die vormalige Grafschaft Hülchrath zurück, die zwischen 1314 und 1331 nach Erbteilungen, Verkauf und Verpfändung an das Kölner Erzstift gelangt war.
Eine 1273 als Pfand König Rudolfs von Habsburg genannte Burg der Jülicher in Worringen wurde 1277 durch den Kölner Erzbischof Siegfried von Westerburg (?-1297, amtierte ab 1275) zerstört, der selbst als Territorialherr 1276 eine Burg in Worringen hatte errichten lassen.
In der Aufstellung der 1789 zur „Herrlichkeit Worringen“ im „Amt Hülchrath und Erprath“ des Niederen Kurkölnischen Erzstifts gehörenden Orte zu Wilhelm Fabricius' Karte der politischen und administrativen Eintheilung der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789 im Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz wird die Gemarkungsfläche der Herrlichkeit mit „c. 2990“ Hektar angegeben und als zugehörige Orte „Roggendorf (Köln-Land)“ mit 18 Häusern, „Thenhoven (Köln-Land)“ mit 19 Häusern sowie „Worringen, Haus Arff, Bergerhof, Piewipp (Köln-Land)“ mit 89 Häusern (Hauszahlen jeweils für das Jahr 1670) angeführt (Fabricius 1898, S. 78, Nrn. 361-363 u. S. 101).
Obgleich selbst nicht mit Stadtrechten versehen, entwickelte sich Worringen zum größten Ort zwischen Köln und Neuss und hatte mit seinen mit drei Stadttoren und einer erst zu Beginn des 19. Jahrhunderts niedergelegten befestigten Umwallung das Erscheinungsbild einer niederrheinischen Kleinstadt. Der Ort war von Landwirtschaft geprägt, wirtschaftlich bestimmend blieb nach wie vor auch der Handelsverkehr über die Fernstraße. „Außerdem sorgte die Nähe zum Rhein für Arbeit und Brot. Die Worringer waren als Fischer, Taucher, Lotse oder Arbeiter im Hafenbereich tätig und konnten so ihre Familien ernähren.“ (www.stadt-koeln.de, Worringen)
Schlacht von Worringen 1288 Als wichtiger Wendepunkt der rheinischen und westfälischen Geschichte gilt die am 12. Juni 1288 ausgetragene Schlacht von Worringen, die als letztlich entscheidender Kampf den bereits seit 1283 schwelenden Limburger Erbfolgestreit beendete. Das Gefecht mit etwa 9.000 Panzerreitern und Fußvolk fand auf der Fühlinger Heide zwischen den Koalitionen des Herzogs von Brabant (u.a. im Verein mit den Grafen von Berg, von der Mark und Jülich sowie einem großen Kontingent der Kölner Bürgerschaft) und der Partei des Erzbischofs Siegfried von Westerburg mit seinen Verbündeten Grafen von Geldern und Luxemburg statt. Die erzbischöfliche Seite unterlag und der in brabantisch-bergische Gefangenschaft geratene Siegfried hatte sich den Forderungen der Sieger zu beugen. Seine Worringer Burg wurde auf Geheiß der Sieger zerstört.
Infolge der Schlacht fielen auch „endgültig die Würfel gegen eine überregionale erzstiftische Territorialstaatsbildung zugunsten eines Territorialsystems mittelgroßer und kleinerer weltlicher Herrschaften“ (Franz-Reiner Erkens, LexMa 2002, Bd. VII, Sp. 1865). Die Kölner Bürgerschaft, die sich in der Tradition ihrer bereits mehr als zwei Jahrhunderte andauernden Emanzipationsbemühungen erst kurz vor der Schlacht auf die brabantische Seite geschlagen hatte, „schüttelte durch den Sieg … die erzbischöfliche Stadtherrschaft ab und erkämpfte sich de facto die Reichsfreiheit, die aber erst 1475 auch de iure anerkannt wurde“ (Wolfgang Herborn, LexMa 2002, Bd. IX, Sp. 337; vgl. Wensky 2008, S. 54-55). Ebenfalls infolge der Schlacht erhielt das sich seinerzeit noch zögerlich zur Bergischen Hauptresidenzstadt entwickelnde Düsseldorf am 14. August 1288 die Stadtrechte verliehen, verbunden mit dem Privileg, Wall und Graben anlegen zu dürfen (Wensky 2008, S. 40, und Holdt 2008, S. 17-18).
Neuzeit: Mairie, Bürgermeisterei, Kölner Stadtteil Neben vielen Schäden in den zahlreichen Kriegen der Zeit, erlitt Worringen auch bei dem als „Jahrhundert-Eisgang“ bezeichneten Hochwasser von 1784 schwere Verwüstungen. Durch Worringen fließt der etwa 16 Kilometer lange und heute in weiten Teilen trockengefallene Pletschbach; das bei Dormagen entspringende linke Nebengewässer des Rheins mündet hier in den Fluss.
Während der Franzosenzeit (1794-1815) war Worringen Sitz der im Arrondissement de Cologne im Département de la Roer eingerichteten Mairie (Bürgermeisterei) Worringen, die zunächst zum Kanton Zons und später zum Kanton Dormagen zählte. In der Aufstellung zum neu gegründeten preußischen Landkreis Köln (1816-1974) vom 20. April 1816 werden für den Ort Worringen in der gleichnamigen preußischen Bürgermeisterei 1.167 Einwohner gezählt. Als weitere 19 Orte der Bürgermeisterei Worringen mit insgesamt 2.925 Einwohnern werden weiterhin Arft (Schloß) mit 14 Einwohnern, Bergerhof (19), Blechhof (12), Brüngsrath (12), Feldkassel (41), Fühlingen (174), Großlachem (15), Kleinlachem (15), Kasselberg (15), Krebelshof (15), Langel (373), Merkenich (392), Piwipp (6), Rheinkassel (168), Roggendorf (208), Stallagsberg (5), Thenhoven (160), Weiler (104) und Windmühle mit 8 Einwohnern angeführt. Das zunächst in Fühlingen befindliche Bürgermeisteramt wurde zum 23. Oktober 1867 nach Worringen verlegt (Kisky u.a. 1966, S. 15 u. 18). Als unter dem damaligen Kölner Oberbürgermeister Konrad Adenauer (1876-1967) im linksrheinischen Kölner Norden ausgedehnte Ländereien als „Landreserven“ nach Köln eingemeindet wurden, wurde der größte Teil der seinerzeitigen Landgemeinde Worringen zusammen mit den Dörfern Feldkassel, Fühlingen, Kasselberg, Langel, Merkenich, Rheinkassel, Roggendorf, Thenhoven und Weiler im Rahmen der „Vierten Grenzveränderung der dritten Eingemeindungsaktion“ zum 1. April 1922 in die Domstadt eingemeindet (Kisky u.a. 1966, S. 23).
Infrastruktur, Stadtteil-Akzente, Verkehr Bis heute verdeutlichen insbesondere die großen Höfe und Häuser aus dem 18. und 19. Jahrhundert den ursprünglichen ländlichen Charakter des Stadtteils. Die umgebenden Felder und Äcker werden nach wie vor landwirtschaftlich genutzt. In Worringen selbst sind einige kleinere Betriebe angesiedelt. Nach Norden hin grenzen mit dem Chempark Dormagen ausgedehnte Anlagen der chemischen Industrie an Worringen, darunter Standorte des Bayer-Konzerns und die deutsche Niederlassung des britischen Chemiekonzerns INEOS / Ineos Holdings Ltd., wo viele Einwohner*innen arbeiten.
Die Stadt Köln führt als besondere Akzente ihres nördlichsten Stadtteils den Friedhof, die Höfe an der Sankt-Tönnis-Straße, die neue Kirche Sankt Pankratius mit Pfarrhaus, die Rheinaue mit dem Rheindamm, das Schlachtdenkmal und den Worringer Bruch an (www.stadt-koeln.de). Das angrenzende Naturschutzgebiet und der Bereich der Rheinaue mit dem Hochwasserdamm bieten zahlreiche Möglichkeiten zur Freizeitgestaltung, wie z.B. Wandern oder Radfahren. Worringen hat aktuell rund 70 Vereine, darunter mehrere Sport- und Karnevalsvereine. Ein vereinsgeführtes Heimatarchiv beschäftigt sich unter dem Motto „Geschichte(n) zum Anfassen“ als Ausstellungsstätte und Forum mit der Ortsgeschichte (www.heimatarchiv-worringen.de).
Über mehrere Buslinien und die S-Bahnlinien S 6 und S 11 erfolgt die Anbindung von Worringen an das Kölner Stadtzentrum sowie in die Gegenrichtung über Dormagen und Neuss an Düsseldorf. An die unweit des Stadtteils vorbeiführende linksniederrheinische Eisenbahnstrecke zwischen Köln und Nijmegen (Niederlande) besteht kein direkter Anschluss. Der Straßenverkehr ist über die Bundesstraße 9 sowie die beiden in der Nähe kreuzenden Bundesautobahnen A 1 (im Süden am Kreuz Köln-Niehl) und A 57 (Auffahrt Worringen bei Roggendorf/Thenhoven) an die weitere Umgebung angebunden.
Das Ortsbild auf historischen Karten In der auf 1663 datierten Karte Descriptio Agri Civitatis Coloniensis des niederländischen Kartografen Joan Blaeu (1596-1673) findet sich „Woringen“ unterhalb des „Woringer broich“ eingezeichnet, der in dieser Zeit offenbar noch ein größeres stehendes Gewässer führt (vgl. Abbildung in der Medienleiste). Auf den historischen Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (1801-1828) ist Worringen dann mit einer besiedelten Fläche des Ortskerns von rund 100 Hektar zu sehen und der innere Mäander des Bruchs ist mit „Eispohl“ benannt. Die zwischen 1836 und 1850 erarbeitete Preußischen Uraufnahme zeigt bereits eine mehr als doppelt so große besiedelte Fläche und die Blätter der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) das inzwischen deutlich um den alten Ortskern angewachsene Worringen mit nun mehr als 400 Hektar Größe (vgl. Kartenansicht).
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 616-617, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Holdt, Ulrike (2008)
Die Entwicklung des Territoriums Berg. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V.16.) Bonn.
Hötzel, Dagmar (2002)
Köln: Worringen und Roggendorf-Thenhoven. Siedlungsgeschichte bis 1914. (Stadtspuren - Denkmäler in Köln, Band 29.) Köln.
Irsigler, Franz (1982)
Herrschaftsgebiete im Jahre 1789. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V.1.) Köln.
Jägers, Toni (1994)
Weeß do noch, wie dozomol …? Worringer Bilderbogen aus Historie, Heimat, Volkstum, Karneval. Köln.
Jägers, Toni (1985)
Köln-Worringen in Geschichte und Geschichten: ein Heimatbuch. Köln.
Janssen, Wilhelm (2008)
Die Entwicklung des Territoriums Kurköln. Rheinisches Erzstift. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V. 14-15.) S. 32, Nr. 120, Köln.
Kisky, Hans; Köllen, Johann; Steimel, Robert (1966)
Siegel und Wappen, Burgen und Schlösser im Landkreis Köln. Festschrift zum 150jährigen Bestehen am 16. April 1966. S. 15 ff., Köln-Zollstock.
Wensky, Margret (2008)
Städte und Freiheiten bis 1500. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, VI.2.) Bonn.
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 478, Köln (2. Auflage).
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