Im nach der Abtei Sankt Martin benannten Martinsviertel, befindet sich der nach dem populären Kölner Volkssänger und Karnevalisten Willi Ostermann benannte Ostermannplatz zwischen den beiden größeren Markplätzen Alter Markt (nördlich gelegen) und dem Heumarkt im Süden. Auf dem Platz steht der nach dem kölschen Original benannte Ostermannbrunnen.
Wilhelm „Willi“ Ostermann (1876-1936) Der in der damals noch eigenständigen Stadt (Köln-) Mülheim geborene Willi Ostermann konnte zwar keine Noten lesen, komponierte und textete aber ab 1899 zahlreiche humoristische Lieder, die er auch selbst als Sänger vortrug und die heute zum karnevalistischen Erbe der Domstadt gehören. Ausweislich des Eintrags in Greven’s Adreßbuch von lebte der „Liederdichter“ Ostermann 1915 in der Zülpicher Straße Nr. 290 in Sülz (ebd., II. Teil, S. 444), bevor er an seinen seinem letzten Wohnsitz am Neumarkt 33 umzog. Ostermann verstarb am 6. August 1936 im Lindenthaler Krankenhaus an den Folgen einer Magenoperation. Der Trauerzug vom Neumarkt zu seiner Beerdigung auf dem Friedhof Melaten am 10. August 1936 war ein städtisches Großereignis, schätzungsweise 35.000 Menschen säumten die Straßen: „Dä Wäch vum Nümaat bes Malote wor schwatz vun Minsche“ (www.rheinische-geschichte.lvr.de und www.kölner-karneval.de).
Der Ostermannplatz Der vom Kastellgässchen gequerte und knapp 800 Quadratmeter umfassende Platz liegt im heutigen Stadtteil Altstadt-Nord südlich der Lintgasse, wo früher von den „Lintschleißern“ (Korbflechtern) Korbwaren hergestellt wurden.
Vor seiner Sanierung in den 1930er Jahren galt das Martinsviertel als „vollständig verelendet und heruntergekommen“ und war „wegen der herrschenden Raumnot zu über 90 % überbaut. Es herrschten katastrophale hygienische Verhältnisse.“ (de.wikipedia.org). Die von 1927 bis 1932 über das gesamte damals „Rheinviertel“ genannte Areal laufende Sanierung wurde ab 1933 für den etwas weiter südlichen anschließenden Eisenmarkt (1936) und den Ostermannplatz (1937-1939) mit entsprechender ideologischer Motivation von den NS-Stadtvätern umgesetzt. Die beiden bis dahin zugebauten Plätze wurden neu geschaffen. Das bereits Jahrzehnte vor der NS-Zeit von Architekten und Stadtplanern rund um Wilhelm Riphahn (1889-1963) entwickelte Konzept mit dem kölschen Leitmotiv „Lich, Luff und Bäumcher“ (Licht, Luft und Bäumchen) fand wie im gesamten sozialen Wohnungsbau der damaligen Kölner Gemeinnützigen Wohnungsbau AG (GAG) auch hier seine Anwendung: Es galt, die Wohn- und Lebensverhältnisse offener, lockerer, großzügiger und freundlicher – sprich: lebenswerter – zu gestalten.
Die Benennung des neuen Platzes und ebenfalls die seit 1936 geplante Errichtung eines Brunnens in Gedenken an Willi Ostermann, haben offenbar nichts mit einer Nähe des Karnevalisten zum Nationalsozialismus zu tun, sondern sind wohl eher seiner Popularität in der karnevalsverrückten Domstadt geschuldet. Willi Ostermanns Einstellung zur NS-Herrschaft ist indes mangels Quellen nicht zuverlässig erforscht, für sein künstlerisches Wirken soll der Beginn des Nationalsozialismus 1933 jedenfalls „keine nachhaltige Zäsur“ gewesen sein (www.rheinische-geschichte.lvr.de).
Der Ostermannbrunnen Der Brunnen wurde ab 1936 von einem Bildhauer Willy oder Willi Klein aus einem vierzehn Kubikmeter großen Block aus Muschelkalk geschaffen, der aus Bayern angeliefert wurde. Da sich die Stadtverwaltung zunächst gegen den Brunnen stellte, erfolgte dessen Finanzierung über 38.000 Reichsmark aus Mitteln des Karnevals. Die Grundsteinlegung erfolgte am 11. November 1938, dem Elften im Elften als Beginn der Karnevalssession. Auf dem neuen Platz wurde der Ostermannbrunnen am 16. Februar 1939 mit einem kölschen Volksfest aller Karnevalsgesellschaften zum Weiberfastnachtstag eingeweiht. Im Zweiten Weltkrieg blieb der Brunnen wie durch ein Wunder nahezu unbeschädigt, zumal im Bombenhagel nur wenige Meter um ihn herum fast alles zusammenstürzte. Nach dem Krieg wieder hergerichtet, konnte der Brunnen zum Elften im Elften 1949 wieder feierlich eingeweiht werden.
Gegen den ab 1970 geplanten Abriss des Brunnens – die Figuren sollten anschließend einzeln aufgestellt werden – intervenierten Kölner Karnevalisten erfolgreich. Im Zuge einer Neugestaltung des Ostermannplatzes wurde auch der Brunnen von dem Kölner Künstler Jürgen Hans Grümmer (1935-2008, auch Hansjürgen) überarbeitet und u.a. durch eine größere Einfassung als Wasseranlage begehbar gemacht. Die Wiedereinweihung erfolgte am Elften im Elften 1974. Ein nochmals notwendig gewordener Neuaufbau des Brunnens, bei dem dieser in seinen Originalzustand zurückgebaut wurde, wurde zum 14. Juni 1997 abgeschlossen (Wilhelm 2008 und www.willi-ostermann.de). Nur ein paar Meter nördlich des Brunnens befindet sich an einem kleineren Brunnen ein Bronzerelief mit einem Porträt Willi Ostermanns.
Als Brunnen mit eindeutig karnevalistischen Bezügen in seinem Figurenprogramm kann der Ostermannbrunnen zweifelsohne dem Typus des Fastnachts- oder Karnevals- bzw. Narrenbrunnens zugeordnet werden. In Lebensgröße dargestellt sind insgesamt fünfzehn um einen dreieckigen Sockel gruppierte Figuren aus Ostermanns Liedern – darunter de Tant, et Stina und et Billa (auch Schmitze-Billa; et = es, Frauen sind im kölschen sächlich), die teils den kölschen Puppen-Charakteren des von hier nicht weit entfernten Hänneschen-Theaters am Eisenmarkt entsprechen.
Weiteres Gedenken an Willi Ostermann Neben Platz und Brunnen erinnern u.a. auch ein 1949 errichtetes Denkmal für Willi Ostermann im Königswinterer Nachtigallental des Siebengebirges und eine Gedenktafel der Willi-Ostermann-Gesellschaft e.V. an seinem letzten Wohnsitz am Neumarkt 33 an das kölsche Original. Als „um die Stadt verdiente Persönlichkeit“ ist der Karnevalist als eine der insgesamt 124 Kölner Ratsturmfiguren an der Nordseite des Kölner Ratsturmes im dritten Obergeschoss dargestellt. Die ebenfalls von der Willi-Ostermann-Gesellschaft gestiftete Figur Nr. 93 wurde am Elften im Elften 1991 übergeben. Ausführender Bildhauer war Herbert-Paul Labusga (*1939). Seit 1967 wird die Willi-Ostermann-Medaille als höchste Auszeichnung des Kölner Karnevals vergeben.
Internet www.rheinische-geschichte.lvr.de: Willi Ostermann, Volkssänger und Karnevalist (Autor: Björn Thomann, abgerufen 25.11.2019) www.willi-ostermann.de: Willi Ostermann Gesellschaft Köln 1967 e.V., Der Willi Ostermann Brunnen in der Kölner Altstadt (abgerufen 26.11.2019) www.kölner-karneval.de: Willi Ostermann (abgerufen 18.03.2020) www.kölner-karneval.de: 1939 – Einweihung des Ostermann-Brunnens (abgerufen 28.11.2019) www.denkmalplatz.de: Willi Ostermann Brunnen in Köln (abgerufen 28.11.2019) www.stadt-koeln.de: Kölner Wald und Grün, Liste städtischer Brunnen (abgerufen 05.07.2023) www.stadt-koeln.de: Skulpturen auf dem Rathausturm (abgerufen 26.06.2023) www.stadt-koeln.de: Skulpturen auf dem Turm des historischen Rathauses (abgerufen 14.07.2021, Inhalt nicht mehr verfügbar 26.06.2023) www.vita-oeconomica.de: Willi Ostermann Brunnen und Ostermannplatz Köln (abgerufen 28.11.2019) de.wikipedia.org: Stadtentwicklung in Köln (abgerufen 27.11.2019)
Übernahme aus externer Fachdatenbank, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn vor 1939
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