Triftwooge und Holztrift im Pfälzerwald

Triftklause, Triftbach

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde, Architekturgeschichte
Gemeinde(n): Merzalben
Kreis(e): Südwestpfalz
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 49° 15′ 58,99″ N: 7° 48′ 42,35″ O 49,26638°N: 7,81176°O
Koordinate UTM 32.413.554,71 m: 5.457.748,49 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.413.595,65 m: 5.459.492,52 m
  • Wasserbauwerk Gambs-Klause im Pfälzerwald (2018)

    Wasserbauwerk Gambs-Klause im Pfälzerwald (2018)

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    Dreyer, Matthias C.S.
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    Matthias C.S. Dreyer
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Triftwooge sind künstlich angelegte Stillgewässer. Deren aufgestaute Wasserkraft wurde nach dem Öffnen einer Schleuse zum Holztransport genutzt. Triftwooge zählen zu den sichtbaren Relikten der früheren Holznutzung im Pfälzerwald. Sie sind prägnante Überbleibsel aus der „bayrischen Zeit“ der Pfalz. Aufgrund des bayrischen Ursprungs ist der Name Triftwoog eher unpassend. Denn errichtet wurden damals Triftklausen, gemäß des im süddeutschen Alpenraum verwendeten Begriffes Klause. Der synonyme Begriff Woog für ein künstlich aufgestautes Stillgewässer ist dagegen typisch pfälzisch.

Geschichte
Einzugsgebiet und Organisation
Bauwerke

Mit ihren prägnanten wasserstauenden Wehren bilden Triftwooge das Rückgrat eines für den Holztransport ausgebauten Gewässersystems. Durch Sandsteinquader ausgebaute und begradigte Bäche mit zahlreichen Sohlrampen ergänzen das bauliche Ensemble zur Holztrift. Da sich im Pfälzerwald keine größeren Flüsse befinden, konnte der Holztransport auf dem Wasser nur in Einzelstücken (ungebundene Form) stattfinden. Der Transport von Scheitholz mit einer Länge von 1 bis 1,5 Meter wird, im Gegensatz zur Holzflößerei, als Holztrift bezeichnet. Dieser Begriff verweist auf „triften“ im Sinne von „auf dem Wasser treiben“.

Die Bauwerke für die Holztrift stammen aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Im Jahr 1816 wurde die gesamte Pfalz zum Rheinkreis zusammengefasst, der wiederum durch den bayrischen König Maximilian I. fortan regiert wurde. Auslöser für diese territoriale Neuordnung waren die Beschlüsse anlässlich des Wiener Kongresses (1815) im Nachgang zu den napoleonischen Kriegen.
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Geschichte
Der Aus- und Umbau von Fließgewässern im Pfälzerwald für die Holztrift geschah in einer zeitlich relativ kurzen Periode in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Die Nutzung künstlich aufgestauter Stillgewässer hat dagegen eine viele Jahrhunderte zurückreichende Geschichte. Im 11. und 12. Jahrhundert entstanden erste künstliche Wooge in der Pfalz im Zusammenhang mit Klostergründungen (zum Beispiel Kloster Hornbach, Kloster Rosenthal). Hauptsächlich wurden die Wooge zur Fischzucht und zum Antrieb von Mühlen (Mahlen von Getreide, Öl) genutzt.

Die Nutzung der Fließgewässer zum Holztransport reicht bis ins Mittelalter zurück. Ein Abkommen über die Ausübung der Flößerei zwischen Haingeraidegemeinden und der Stadt Landau ist aus dem Jahr 1295 überliefert. Eine Floßholzlegereiordnung für den Holzhof in Neustadt datiert zurück bis in das Jahr 1320 (Jentsch & Lukhaup 1998). Das „Rote Buch“ der Stadt Neustadt beinhaltet einen nicht datierten, jedoch vermutlich aus dem 14. oder 15. Jahrhundert stammenden, „Eid der Holzleger“, in dem es heißt: „Zum ersten sal ein holtzleger globen und sweren, das holtze recht zu legen“ (Weingart 2019, Seite 127). Aufgabe des Holzlegers war es, das aus dem Pfälzerwald über den Speyerbach antransportierte Holz zu entnehmen, um es aufgeschichtet für den Verkauf an Bürger vorzubereiten. Weiterhin wird angeführt, das Holz sollte „vierdehalbes schuwe“ lang sein. Viereinhalb Schuh bedeuteten, bei einer spätmittelalterlichen Schuhlängenschwankungsbreite von 28 bis 32 Zentimetern, eine Länge von rund 1,30 Meter.
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Die erste gesicherte urkundliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1403. König Ruprecht (Kurfürst Ruprecht III.) erließ mit der „Bachfreiheit“ den damaligen Flößern die Abgaben, zu denen sie von kurpfälzischen Amtsinhabern verpflichtet worden waren. Dies kann als Privileg zum Flößen auf dem Speyerbach eingestuft werden (Weingart 2019, Seite 57).

Erste Holztrift-Floßordnungen stammen für den Speyerbach aus dem Jahr 1413 und für die Queich aus dem Jahr 1427 (Meyer 1994). 1504 wurde durch Pfalzgraf Alexander von Zweibrücken und durch Graf Friedrich von Leiningen die Holztrift auf der Queich geregelt (Meyer 1994). Ein weiteres Vertragsrecht aus dem selben Jahr regelte, dass „die Holzhauer das Flözholz in das recht mass vnd nit zu kurz hawen“ (Meyer 1994). Stets wurde auch festgelegt, wo das Holz aus den Bächen entnommen und zum Verkauf angeboten werden musste. Diese Orte wurden als „Holzhöfe“ (Trift=Holzhof) bezeichnet. Desweiteren regelt der genannte Vertrag das Holzscheitmaß von „drythalb schuwes lang“. Die spätmittelalterlichen Schuhlängen schwankten zwischen 28 und 32 Zentimetern, so dass dreieinhalb Schuh gut einem Meter entsprachen (Meyer 1994).

Mit dem Dreißigjährigen Krieg endete vorerst die vielfältige Nutzung von Woogen und Wasserkraft im Pfälzerwald, so dass die entsprechenden Bauwerke verfielen. Eine weitere kurze aber bedeutsame Phase der Holztrift ergab sich im 18. Jahrhundert unter Kurfürst Carl Theodor. Mangels staatlicher Finanzierung scheiterte in der darauffolgenden napoleonischen Zeit ein erneuter Versuch, die Holztrift wieder einzuführen.

Die geschilderten rund 500 Jahre der Holztrift im Pfälzerwald lassen sich zwar in historischen Aufzeichnungen wiedergeben. Bauwerke sind aber aus diesen Jahrhunderten nicht erhalten. Sie wurden durch den massiven Ausbau der Holztrift in der „bayrischen Zeit“ weitgehend baulich überprägt. Denn nicht lange nach Napoleon sollte es erstmals zu einem zentralstaatlich gesteuerten Ausbau der Gewässer kommen – diesmal durch das Königreich Bayern.

Zu Beginn des 19. Jahrhunderts waren die Wälder der Pfalz, allen voran der Bienwald und der Pfälzerwald, stark übernutzt. Die Holznutzung im Pfälzerwald über die bis ins Mittelalter zurückreichenden kleinteiligen Besitztümer (Haingeraiden) führte zu einer immer weiter fortschreitenden Ausbeutung. Vor dem Hintergrund der desolaten Waldbestände sowie zur Verbesserung und Sicherung der künftigen Holzversorgung wurde durch das Königreich Bayern eine staatliche Forstverwaltung aufgebaut. Einhergehend mit der Einführung einer neugeordneten und damit effektiven Forstverwaltung wurde zugleich der Holztransport über die Fließgewässer des Pfälzerwaldes von Grund auf neu organisiert und erstmals systematisch ausgebaut. Ein wesentliches Ziel war es, die Bevölkerung in der Rheinebene mit Brennholz aus dem Pfälzerwald zu versorgen.

Einzugsgebiet und Organisation
Zwischen 1820 und 1850 entstanden rund 60 Triftwooge an gut einem Dutzend Fließgewässern, die den Pfälzerwald Richtung Rheinebene entwässern. Folgende Gewässer, soweit es heute noch nachweisbar ist, wurden zur Holztrift ausgebaut:

  • Einzugsgebiet Speyerbach: Breitenbach, Erlenbach, Helmbach, Legelbach, Leinbach;
  • Einzugsgebiet Queich: Kaltenbach, Modenbach, Wellbach;
  • Einzugsgebiet Wieslauter: Salzbach, Scheidbach, Storrbach, Wartenbach.


Um den Ausbau der Holztrift gezielt zu steuern und durchzuführen wurde bereits im Jahre 1816 das Triftamt Neustadt eingerichtet. Diesem untergeordnet entstanden Triftmeistereien in den umliegenden Orten Annweiler, Elmstein, Landau und Weidenthal. Durch das Triftamt Neustadt wurden zunächst „floßbare“ Bäche festgelegt. Es folgte der Ausbau dieser Fließgewässer. Schließlich wurden an diesen gezielt Triftwooge aufgestaut. Die Stauwehre mit Ablassfunktion wurden aus behauenem Sandstein errichtet.

Die Hauptausbauphase fand in den Jahren von 1820 bis 1839 statt. Im Jahr 1859 verzeichnete das Triftinventar des Triftamtes Neustadt 58 Triftwooge, davon 33 im Einzugsgebiet des Speyerbachs, 13 im Einzugsgebiet der Queich und 12 im Einzugsgebiet der (Wies-) Lauter. Bereits ab dem Jahr 1860 endete der Ausbau der Holztrift. Im Zuge der zunehmenden Industrialisierung war insbesondere der Ausbau des Schienennetzes für das Ende der Holztrift ausschlaggebend. Bezeichnenderweise zählte die aus dem Jahr 1848 stammende Schienenverbindung von Kaiserslautern nach Neustadt zu den sehr früh entstandenen Bahnlinien. Die Schienenstrecke von Pirmasens nach Landau entlang der Queich wurde im Jahr 1874 gebaut. Fortan galt es, das Holz auf kürzestem Wege zum nächstliegenden Gleis zu bringen, um den größten Teil des bisherigen Transportweges per Schiene zurückzulegen. Mit der Auflösung des Triftamtes Neustadt im Jahr 1881 begann der Rückgang der Holztrift im Pfälzerwald. Die formale Aufhebung des Triftbetriebes erfolgte schließlich im Jahr 1906 durch die bayrische Regierung.
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Bauwerke
Die rund 60 Triftwooge im Pfälzerwald bilden die zentralen Bestandteile der vom bayrischen Staat ausgebauten Holztrift. Die Teiche dienten der Speicherung und Abgabe von Wasser für die Zeiten, in denen alljährlich Holz abtransportiert wurde, in der Regel im Frühling. Mit dem Aufstau wurde die nötige Erhöhung der Wassermenge und der Wasserstände für den Transport der Holzscheite erreicht.

Wooge wurden damals mit unterschiedlichen Funktionsweisen zur Durch- oder Umleitung ausgebaut. Die Holzscheite wurden entweder durch die Triftwooge hindurchgeleitet oder mittels Umleitungsgräben um die Wooge herumgeführt. Das jeweilige Ablauf- bzw. Auslassbauwerk war entsprechend gestaltet. Der sogenannte Mönch war ein Ablaufbauwerk nur für Wasser. Ein Absturz dagegen sah den Abfluss von Wasser und Holz vor.

Der bayrische Begriff Klause beinhaltet den lateinischen Wortbestandteil „claudere“ (dt. schließen) und verweist hierbei auf die zentrale Funktion durch das wasserstauende verschließbare Wehr, um die Wasserkraft für den Holztransport zu nutzen. Das Wort „Woog“ stammt dagegen von dem aus dem Spätmittelalter stammenden mittelhochdeutschen Begriff „wâc“, einem sog. Wasserwort. Im Zusammenhang mit der Flößerei im Schwarzwald ist der Begriff „Waag“ überliefert als eine tiefe Stelle im Fluss (Flößerbüchle, Teil 1 2019). Heute wird der Begriff Woog nur noch im Südwesten Deutschlands verwendet, schwerpunktmäßig in der Pfalz.

Weitere markante Bestandteile eines ausgebauten Triftbaches waren die Begradigung bzw. Kanalisierung des Bachlaufes durch Sandsteinquader. Das Bachbett wurde vollständig ausgelegt und beide Uferbegrenzungen wurden befestigt. Damit entstanden entlang der Ufer Wege, die von den Triftknechten genutzt werden konnten. Sie begleiteten den Transport der Holzscheite. Denn nur die Bauwerke alleine ermöglichten keine reibungslose Holztrift. Entlang der ausgebauten Triftbäche und Triftwooge wurde auch Personal benötigt. Mit langen Stangen verhinderten sie das Verkeilen des Holzes entlang des Transportweges. Sohlrampen, auch Riesel genannt, sorgten dafür, dass ein Gefälle von 1:15 nicht überschritten wurde. Damit wurde die Fließgeschwindigkeit verringert und die Wassertiefe vergrößert. Zahlreiche beeindruckende Sohlrampen-Relikte sind heute noch sichtbar.

An der hangobersten Stelle der Holztrifteinrichtungen finden sich stets zwei markante Orte. Zum einen befanden sich dort die Holzlagerplätze, auch Holzbollerplätze genannt. Sie sind mangels baulicher Relikte heute nicht mehr erkennbar. Zum zweiten ist eine wasserreiche Quelle unbedingte Voraussetzung für die Holztrift. Nur damit lassen sich Triftwooge aufstauen. Beispielsweise befindet sich am Storrbach im Wasgau und am Wartenbach im mittleren Pfälzerwald jeweils eine wasserreiche Quelle in unmittelbarer Nähe des obersten Wooges.
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(Matthias C.S. Dreyer, Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd 2018)

Internet
www.floesserpfad.de: Flößerbüchle, Teil 1 (abgerufen 17.01.2019)

Literatur

Albrecht, Karl-Heinz / Landkreis Pirmasens (Hrsg.) (1983)
Die südpfälzische Holztrift und ihr Ende vor 100 Jahren. (Heimatkalender für das Pirmasenser und Zweibrücker Land 1983.) S. 53-56. r, Rengsdorf (Westerwald).
Jentsch, Christoph; Lukhaup, Rainer (1988)
Die Holztrift im Biosphärenreservat Naturpark Pfälzerwald als ein traditionelles Element der Kulturlandschaft. In: Beiträge zur Landeskunde Südwestdeutschlands und zur angewandten Geographie. Mannheimer Geographische Arbeiten, Heft 46, S. 33 bis 48. o. O.
Koehler, G. (2010)
Konzept zur ökologischen Bewertung und Entwicklung der Wooge im Biosphärenreservat Pfälzerwald. (Reihe der Berichte des Fachgebietes Wasserbau und Wasserwirtschaft der TU Kaiserslautern (Bericht 20).) o. O.
Meyer, Gerd Norbert (1994)
Flößerei und Triftwesen in der Pfalz. In: Altes Handwerk und Gewerbe in der Pfalz, Pfälzerwald, Annweiler-Queichhambach.
Seebach, Helmut (Hrsg.) (1994)
Altes Handwerk und Gewerbe in der Pfalz. Pfälzerwald, Waldbauern, Waldarbeiter, Waldprodukten- und Holzwarenhandel, Waldindustrie und Holztransport. Annweiler-Queichhambach.
Weingart, Johannes; Zimmermann, Karl Josef / Stiftung zur Förderung der Pfälzischen Geschichtsforschung (Hrsg.) (2019)
Das Rote Buch der Stadt Neustadt an der Haardt. (Sitfung zur Förderung der pfälzischen Geschichtsforschung Reihe A, Pfälzische Geschichtsquellen, Band 15.) Neustadt an der Weinstraße.

Triftwooge und Holztrift im Pfälzerwald

Schlagwörter
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde, Architekturgeschichte
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Schriften, Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1816, Ende 1906

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„Triftwooge und Holztrift im Pfälzerwald”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-286705 (Abgerufen: 27. April 2024)
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