Der Ritterstein „Trift=Holzhof 1864-1879“ (Ritterstein Nr. 1) befindet sich am Wanderparkplatz „Siebenteilbrücke“, südlich der Landstraße L 478 zwischen Bobenthal und Weißenburg. Thematisch bezieht sich der Ritterstein auf die Holztrift zu Zeiten der bayrisch regierten Pfalz im 19. Jahrhundert. In räumlicher Hinsicht besteht ein Bezug zur Waldabteilung „Große Siebenteil“ und zum Forsthaus Siebenteil, das heute nur noch eine Ruine ist.
Thematische Einordnung „Trift=Holzhof 1864-1879“ ist ein Ritterstein aus der Kategorie „Holzwirtschaft und Holzflößerei“. Der Begriff „Holzflößerei“ ist allerdings streng genommen nicht zutreffend, denn im Pfälzerwald gab es nie Holzflößerei, sondern nur eine (kleinere) Holztrift. Unter Holztrift ist der ungebundene Transport von rund einem Meter langen Holzscheiten in Fließgewässern zu verstehen.
Die Holzscheite wurden über Jahrhunderte unter Zuhilfenahme von aufgestauten Wogen über die Bäche des Pfälzerwaldes in waldarme Siedlungsbereiche, insbesondere die Rheinebene, „getriftet“, um dort als Brennholz zu dienen. Im Gegensatz zur Holztrift bezieht sich die Holzflößerei auf den Transport von ganzen Baumstämmen, die zu Flößen gebunden, beispielsweise zum Schiffsbau in die Niederlande transportiert wurden. Pfälzerwald-Gewässer besaßen jedoch nie die notwendige Dimension und Wasserkraft, um Baumstammflöße zu transportieren.
Die Holztrift im Pfälzerwald hat eine bis ins Mittelalter zurückreichende Geschichte. Aus heutiger Sicht ist jedoch die Phase der Holztrift im 19. Jahrhundert, als die Pfalz bayrisch regiert wurde, von herausragender Bedeutung. Denn die heute noch vorhandenen Relikte der Holztrift stammen überwiegend aus dem 19. Jahrhundert. Die bayrische Zeit der Pfalz, und damit auch der umfassende staatliche Ausbau der Triftwooge und Triftbäche, begann ab 1816. 1906 wurde der Triftbetrieb in der Pfalz offiziell eingestellt.
In der Kategorisierung der Rittersteine nach Art und Form zählt der Ritterstein Nr. 1 zu den aufgerichteten Sandsteinfindlingen und damit zu der am häufigsten vorkommenden Gestalt der Rittersteine.
Spezifische Einordnung Der Ritterstein trägt die eingravierte und in goldgelber Farbe nachgezeichnete Inschrift „Trift=Holzhof 1864-1879“. Links darunter befindet sich das „P.W.V.“-Kürzel, das für den Pfälzerwald-Verein steht. Bei der Inschrift und auch bei dem Ritterstein handelt es sich nicht um den ursprünglichen aufgestellten Ritterstein.
Die ursprüngliche Inschrift des Rittersteins lautete „Floßholzhof“ (Ritter 1916). Demnach wurde der ursprüngliche Ritterstein zwischen 1910 und 1916 aufgestellt. Aus der heutigen, davon abweichenden, Inschrift „Trift=Holzhof 1864-1879“ lässt sich ableiten, dass der Ritterstein nach 1916 und vor 1972 erneuert bzw. ersetzt wurde. Denn in der ersten Zusammenstellung der Rittersteine aus dem Jahre 1972 (Eitelmann 1972) war fortan von „Trift=Holzhof 1864-1879“ die Rede.
Der auf dem Ritterstein angegebene Zeitraum 1864 bis 1879 verweist auf die staatlich gesteuerte Holztrift in der bayrischen Zeit der Pfalz. Die Holztrift wurde spätestens im Jahr 1906, bedingt durch die Übernahme des Holztransports durch die Eisenbahn, eingestellt.
Ob einst an der Siebenteilbrücke zwischen Bobenthal und Weißenburg tatsächlich ein „Holzhof“ stand, ist fraglich. Holzhöfe waren siedlungsnahe Umschlagplätze, um die aus dem Pfälzerwald kommenden Brennholzscheite aus den Triftbächen herauszunehmen. Von dort aus wurden sie in den Siedlungen als Brennholz verkauft. Holzhöfe befanden sich demnach an den Siedlungsrändern in der waldarmen Rheinebene bzw. am Haardtrand. Beispielsweise hatte die Stadt Neustadt an der Weinstraße zwei Holzhöfe, jeweils am Westrand und am Ostrand der Stadt. Für Annweiler ist ebenfalls ein Standort unmittelbar am westlichen Rand der Altstadt überliefert. Ein Holzhof, der gut fünf Kilometer vor Weißenburg lag, erscheint demnach zu der damaligen Zeit eher unwahrscheinlich.
Der als Holzhof titulierte Standort war viel eher ein Holzlagerplatz, zu Trift-Zeiten bezeichnet als Holzbollerplatz, wie z.B. der Holzbollerplatz am Legelbach. Dafür sprechen die Lage inmitten des Waldes und am Schnittpunkt einer großen Zahl zusammentreffender Waldwirtschaftswege. Auch bietet der Platz genügend Raum für die Lagerung des Holzes (noch heute), das Zurechtsägen der Holzscheite und das Einführen in den Triftbach.
Die in der Nähe befindlichen Rittersteine Nr. 4 „Eselscheif/Eselschleif“ und Nr. 5 „Esels=schleif Häuschen“ stehen ebenfalls im Zusammenhang mit dem Holztransport aus dem umliegenden Wald hin zu den Holzlager- oder Holzbollerplätzen an den Triftbächen.
Der Ritterstein ist im nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler des Landkreises Südwestpfalz wie folgt verzeichnet: „Ritterstein (Nr. 1) südlich der Straße Babenthal [Bobenthal]- St. Germanshof an der Siebenteilbrücke (L 478) Naturstein, Inschrift Trift-Holzhof 1864-1879“.
Lage Der Hinweis auf die Siebenteilbrücke bezieht sich auf die Waldabteilung „Große Siebenteil“ zwischen der Wieslauter und dem heutigen deutsch-französischen Grenzverlauf im Süden bzw. Südwesten des Flusses. Die Entwässerung der Waldabteilung erfolgt über den Alschbächel, der an der Siebenteilbrücke in die Wieslauter mündet.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wechselte das 265 ha große Waldareal, das dem Geschlecht der Sickinger gehörte, zunächst zu einem Gutsbesitzer aus Straßburg. Schließlich erwarb ein „Herr zu Montbrison aus Paris“ (Zeitz 2005, Seite 200) das Gelände. Der Pariser Besitzer erbaute im Jahr 1865 einen Hof nahe der Quelle des Alschbächels in 350 Meter Höhe. Bis in die 1930er Jahre bewohnten Waldhüter das Forsthaus. Allerdings hatte das Gebäude nie den Status eines offiziell-staatlichen Forsthauses. Während des Zweiten Weltkrieges lag das Anwesen in der „roten Zonen“, die evakuiert wurde. Schwere Zerstörungen und die Nachkriegsnutzung der Mauersteine hinterließen eine Ruine (Zeitz 2005, Seite 200). Ob ein Bezug der Waldungen zur Holztrift auf der Wieslauter besteht, ist aus der Literatur nicht herzuleiten. Jedoch liegt es nahe, dass auch Holzscheite aus der Waldabteilung „Siebenteil“ zum Holzbollerplatz an der Siebenteilbrücke transportiert wurden, um von dort Richtung Weißenburg und Rheinebene getriftet wurden.
(Sonja Kasprick und Matthias C.S. Dreyer, ZukunftsRegion Westpfalz, 2019)
Literatur
Eitelmann, Walter (1972)
Rittersteine im Pfälzerwald. Eine steinerne Geschichtsschreibung. (Sonderabdruck aus Mitteilungsblätter des Pfälzerwald-Vereins; 1967, 7, 8, 9; 1972, 10, 11, 12.) S. 150. Neustadt an der Weinstraße.
Eitelmann, Walter / Pfälzerwald-Verein e.V. (Hrsg.) (2005)
Rittersteine im Pfälzerwald. Gedenksteine und Inschriften - Eine steinerne Geschichtsschreibung. Neustadt an der Weinstraße (5. Auflage).
Nachrichtliches Verzeichnis der Kulturdenkmäler Kreis Südwestpfalz. Denkmalverzeichnis Kreis Südwestpfalz, 2. Juli 2018. S. 5, Mainz. Online verfügbar: denkmallisten.gdke-rlp.de/Südwestpfalz, abgerufen am 21.11.2018
Ritter, Karl Albrecht von (1916)
Rittersteine im Pfälzerwald. (Der Pfälzerwald, 17. Jahrgang, Nr. 5 und Nr. 6.) o. O.
Zeitz, Frank (2005)
Ein einsam Licht in dunklem Forst. Über alte Forsthäuser im Pfälzerwald. S. 200, o. O.
Ritterstein „Trift=Holzhof 1864-1879“ an der Siebenteilbrücke
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, Übernahme aus externer Fachdatenbank
Historischer Zeitraum
Beginn 1916 bis 1972
Empfohlene Zitierweise
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