Vorbemerkung
Der Zoologische Garten Köln
Die Flora und der Botanischer Garten
Der „Cölner Sportplatz“ und die Riehler Radrennbahn
Der Amerikanische Vergnügungspark, später Luna-Park
Theater in Riehl
Gaststätten in der Goldenen Ecke
Nachbemerkung: Eine Ära geht zu Ende
Objektgeometrie
Quelle, Internet, Literatur
Vorbemerkung
Bedingt durch die Industrialisierung Mitte des 19. Jahrhunderts setzte eine Landflucht ein und die Menschen aus der Eifel und dem Bergischen Land suchten Arbeit in den neuen Industriewerken in der Stadt. So platzte Köln von der Bevölkerung her aus allen Nähten.
Die alten und neuen Einwohner von Köln hatten aber auch gleichzeitig ein zunehmendes Interesse an Bildung und einer Gestaltung ihrer knapp bemessenen Freizeit. Innerhalb der damals noch engen Stadtmauern gab es aber keinen Platz für solche Angebote und der Rat der Stadt Köln hielt Ausschau nach freien Geländeflächen außerhalb der Stadtmauern, die dennoch fußläufig erreichbar waren.
In Riehl mit seinen weiten Weideflächen wurde man fündig.
Zwischen 1857 und 1860 wurde hier der Zoologische Garten angelegt, 1864 folgte der benachbarte „Zier- und Lustgarten Flora“. Im Rahmen der Sportausstellung im Jahr 1889 wurde der „Cölner Sportplatz“ mit Radrennbahn und Motorsportstrecke eröffnet (vgl. den Lageplan in der Mediengalerie).
Daneben lockten hier zahlreiche Garten- und Tanzlokale, ein Festplatz, ein Ballhaus, ein Panoptikum, gleich mehrere Theater und ein frühes Kino, der „Amerikanische Vergnügungspark / Luna“, ein Freibad „Rheinlust“ an schönen Tagen mehr als 50.000 Besucher an.
Diese Freizeitorte zogen insbesondere an Wochenenden viele Kölner an, die entweder „ze Foß, per Päädsbahn oder mit dem Müllemer Böötchen“ eintrafen.
Natürlich wollten diese Besucher auch verpflegt werden. So ließen sich auch viele Gastronomen in dem Bereich nieder. Zu Spitzenzeiten gab es in dem Bereich ca. 30 Gastwirtschaftsbetriebe, über die hier natürlich ein großer Umsatz und Steueraufkommen entstand, so dass man bald von der „Goldenen Ecke von Köln“ sprach.
1909 kam dann an der Riehler Straße zwischen der Frohngasse und dem Neußer Wall noch der Amerikanische Vergnügungspark als weiterer Publikumsmagnet hinzu.
Der Zoologische Garten Köln
In Köln kam Mitte des 19. Jahrhunderts der Wunsch nach einem Zoologischen Garten bei dem Bildungsbürgertum auf – als ein „Ort des Vergnügens, des gemüthlichen Ausruhens nach gethaner Arbeit, der durch seinen Inhalt belehrt, unterhält und nachhaltiges Vergnügen bereitet“, so die Anregung des Oberlehrers und Förderers des Zoos Dr. Caspar Garthe (1796-1876). Da in den engen Stadtmauern von Köln dafür kein Platz zu finden war, wurde der heute drittälteste Zoologische Garten in Deutschland am 22. Juli 1860 in Riehl eröffnet.
Die Flora und der Botanischer Garten
Durch den Bau des 1859 vollendeten Kölner Zentralbahnhofs am Dom musste der 1801 angelegte alte Botanische Garten zu Köln geschlossen werden. Bis dahin befand sich dieser auf dem nordöstlich vor der im Bau befindlichen Kathedrale liegenden Gartengelände des Jesuitenkollegs und dem angrenzenden Gelände des 1802 säkularisierten Augustinerinnenklosters Sankt Maximin und wurde durch die Jesuiten betrieben.
Für eine Neuanlage war in den engen Stadtmauern von Köln kein Platz und man beschloss, einen neuen „botanischen Zier- und Lustgarten“ nahe des Zoologischen Gartens in Riehl anzulegen.
Im Juli 1864 konnte der Glaspalast mit einer 57 Meter langen und 9 Meter hohen Glaskuppel fertig gestellt werden und die von dem Gartenarchitekten Peter Joseph Lenné (1789-1866) entworfene Anlage konnte im September der Öffentlichkeit übergeben werden.
Durch die hohen Eintrittspreise konnten sich allerdings nicht alle Kölner einen Besuch leisten und die höhere Gesellschaft blieb wie gewünscht unter sich.
Der „Cölner Sportplatz“ und die Riehler Radrennbahn
Zum 19. Mai 1889 wurde der „Cölner Sportplatz“ in Riehl an der Riehler Straße 201 eingeweiht. Neben einer Ballspielfläche, die im Winter als Eisbahn genutzt wurde, befanden sich auf dem Platz auch Schützenstände, Kegelbahnen, eine Musikbühne und die legendäre Radrennbahn, die auch für den Motorsport genutzt wurde.
Der Platz erstreckte sich bis zur Stammheimer Straße am Riehler Plätzchen. Auf diesem Gelände befinden sich heute das Regenwaldhaus, der Elefantenpark und der Spielplatz im Kölner Zoo.
Der Amerikanische Vergnügungspark, später Luna-Park
Aus einem Tanzlokal Hohenzollerngarten an der Riehler Straße 161-163 entstand 1909 der Amerikanische Vergnügungspark als weiterer Publikumsmagnet der Goldenen Ecke.
Der im Sommer geöffnete Vergnügungspark bot mit einer Gebirgsbahn, einer Wasserrutsche, einer Rodelbahn, einem Lachhaus (wir sagen heute: Spiegelkabinett), Wurfbuden, einem Hippodrom und seinem Freudenrad typische Kirmesattraktionen. Daneben wurden hier auch so genannte „Völkerschauen“, d.h. aus heutiger Sicht mehr als fragwürdige Ausstellungen von Menschen fremder Kulturen angeboten. Während des Ersten Weltkrieges geschlossen, wurde der Park um 1918 als Luna-Park neu eröffnet und schloss gegen Ende der 1920er Jahre.
Theater in Riehl
Während sich in Riehl ab 1860 die Erholungs- und Vergnügungsmeile der Goldenen Ecke entwickelte, wurde 1861 Am Thürmchen 1 (heute Konrad-Adenauer-Ufer) das Sommertheater errichtet, das bis 1864 bestand.
1867 öffnete das Actien-Theater an der Frohngasse. Nach dem Brand des Theaters in der Komödienstraße in Köln am 16. Februar 1869 wurde das Haus in Riehl als dessen Ausweichquartier genutzt. Am 9. Mai 1869 ging aber auch dieses Theater in Flammen auf, denn das Haus war wegen der Rayonbestimmungen aus Holz gebaut.
In den Jahren von 1870 bis 1878 erstanden mehrere Theater wie z. B. das Viktoria-Theater oder in einer umgebauten Gaststätte das Flora-Theater, das später in Sommertheater umbenannt wurde. Aber auch diese Einrichtungen konnten sich nicht dauerhaft halten.
Der letzte Theaterbau war wohl das Flora-Theater an der Villenstraße (heute An der Flora), das am 29. Mai 1878 eröffnet wurde. Am 16. Mai 1895 übernahm eine Operetten-Gesellschaft das Haus. Es muss dann aber später ein weiterer Besitzerwechsel stattgefunden haben, denn 1913 feierte das Flora-Theater sein 25-jähriges Jubiläum (1888 bis November 1913). Ab 1904 wurde das Haus als Sommertheater im Kölner Adressbuch geführt.
In den Riehler Theatern wurden wohl überwiegend Operetten, Singspiele und Possen aufgeführt. (z.B. am 13. Mai 1883 eine Aufführung der Operette „Der Bettelstudent“).
1909 wurde dann ein Kinematographen-Theater eröffnet, wo man in einer 200 Personen fassenden Holzbaracke Filme ansehen konnte. Hier waren Tierfilme besonders beliebt.
Im Frühjahr 1914 war dann Schluss mit dem Riehler Theaterleben. Das Flora-Theater wurde schließlich 1915 als „Flora-Tattersall“ bezeichnet (Tattersall = ein Unternehmen zur Unterbringung und Pflege fremder Pferde, d.h. hier wurden Pferde verliehen und verkauft), was auch durch eine Ansichtskarte aus der Zeit nach dem Ersten Weltkrieg belegt wird.
Der Eintrag in Greven’s Kölner Adressbuch von 1915 lautet wie folgt (ebd., S. 155):
Flora Tattersall Gesellschaft mit beschränkter Haftung (Geschäftsf.:
Rob. u. Tilla Thile), Nippes, Niehler Str. 94. A 5954
Rob. u. Tilla Thile), Nippes, Niehler Str. 94. A 5954
Gaststätten in der Goldenen Ecke
Viele Kölner machten auch früher gerne sonntags mit ihren Familien einen Spaziergang am Rhein in Richtung Riehl, um aus der dicht bebauten Stadt ins „Grüne“ zu kommen. Das nutzte bereits um 1830 ein Herr Wattler und baute etwa an der Ecke zur späteren Frohngasse sein Wattler's Fischerhaus, in dem er seinen Fischfang zum Verzehr anbot und wo man auch bei anderem deftigem Essen einkehren konnte.
Etwas weiter rheinab lag bereits zur Zeit der französischen Besetzung um 1800 das Gasthaus Mülheimer Häuschen, dort wo heute die Mülheimer Brücke über den Rhein führt. Hier konnte man die Zeit überbrücken, wenn die Fähre noch nicht da war oder mal wieder die Schiffbrücke – die Vorgängerin der heutigen festen Brücke – ausgefahren war.
Das waren die bescheidenen Anfänge. Der Gastronomiebereich wuchs aber gigantisch an, als 1860 der Zoo, 1864 die Flora und 1889 der Sportplatz eröffnet wurden. Viele Besucher strömten nun nach Riehl und zahlreiche Gastwirte ließen sich in dem Bereich Rheinufer, Frohngasse und Riehler Straße nieder.
Zu Spitzenzeiten befanden sich etwa 30 Gaststätten im Bereich der Goldenen Ecke. Einige davon sollen hier noch erwähnt werden:
- Der Kurfürstengarten an der Frohngasse warb mit seiner großen Terrasse, dem Tennisplatz und seinen Konzerten.
- Das bis 2011 geführte Café Zillisch (vormals Bellevue, nach dem Krieg Zoo-Eck genannt) an der Stammheimer Straße Nr. 2 war bei Tänzern beliebt.
- Das Café Bade, damals an der Stammheimer Straße Nr. 9, wurde im Krieg zerstört und später als Garage aufgebaut, heute ist hier ein Fotoatelier.
- Das Riehler Haus an der Riehler Straße verfügte neben dem Gastraum über einen großen Saal, in dem Veranstaltungen, Karnevalssitzungen, Ausstellungen, aber auch Tanzveranstaltungen stattfanden. Hinter dem Haus befand sich ein großer Spielplatz, auf dem auch mancher Zirkus seine Zelte aufschlug.
- Die Münchner Bierhalle bot hier bayerische Getränke und Speisen an, nachdem 1909 der Amerikanische Vergnügungspark in der Goldenen Ecke dazu kam und auf diesem Gelände weitere gastronomische Angebote gemacht wurden.
- Das Hauptrestaurant Barthel (später Spallek) bot nicht nur Speisen, sondern auch Kaffee an.
Nachbemerkung: Eine Ära geht zu Ende
Zoo und Flora bestehen bis heute, aber um 1928 wurde das gesamte Gelände des Vergnügungsparks sowie des zum Rhein hin angrenzenden kleinen Festplatzes „Tönchen“ (Am Türmchen) abgebrochen und später (1954/56) auch die Radrennbahn niedergelegt, als der linksrheinische Grüngürtel bis zum Rhein hin verlängert wurde. Auch sind fast alle Gaststätten in dem Bereich verschwunden – bis auf Wattler's Fischerhaus, das sogar eigens im Stadtführer-Plan von 1897 verzeichnet war (vgl. Abbildung) und heute im Restaurant Richters am Konrad-Adenauer-Ufer unmittelbar neben der Zoobrücke einen Nachfolger gefunden hat.
Teile dieses alten Riehler Kerngebietes sind um 1955 dem Stadtteil Neustadt-Nord zugeordnet worden, als die bisherige Stadtteilgrenze bis zur Frohngasse verlegt wurde.
Objektgeometrie
Die hier eingezeichnete Objektgeometrie orientiert sich an dem Stadtführer-Plan von 1897 zur „Goldenen Ecke von Köln“ und den historischen Karten der zwischen 1891 und 1912 erarbeiteten Preußischen Neuaufnahme, stellt also den Stand um 1900/10 dar.
Die nur wenige Jahrzehnte älteren Blätter der Preußischen Uraufnahme (1836-1850) zeigen die spätere Goldene Ecke noch fast unbebaut (vgl. Abbildung und Kartenansichten).
(Joachim Brokmeier, Bergisch Gladbach, 2020)
Quelle
Broschüre „Riehl, ein Rundgang mit Tiefgang“ (Textredaktion Joachim Brokmeier), Stadt Köln 2019.
Internet
www.joachim-brokmeier.de: Private Homepage zu Köln-Riehl (abgerufen 04.02.2020)
www.riehler-geschichten.koeln: Festplätze und Kirmesse in Riehl (abgerufen 02.04.2024)
www.riehler-geschichten.koeln: Menschen- und Völkerschauen in Riehl (abgerufen 11.10.2024)
www.danielzakharov.de: „Der Tango war in der Goldenen Ecke von Köln strengstens verboten“, Ein Interview mit Riehls Stadtteilhistoriker Joachim Brokmeier (mit zahlreichen Abbildungen, abgerufen 11.02.2020)
www.stadt-koeln.de: Riehl (abgerufen 04.02.2020)
de.wikipedia.org: Riehl (Köln) (abgerufen 04.02.2020)
de.wikipedia.org: Alter Botanischer Garten am Dom zu Köln (abgerufen 10.02.2020)