Rad- und Motorsport in Köln
Die frühen Jahre der Radrennbahn am Zoo
Motorradrennen auf der Riehler Radrennbahn
Speedway-Rennstrecke, Fußballplatz und ein illegales Autorennen
Lage und Verlauf der Rennbahn
Hinweise
Quellen, Internet, Literatur
Rad- und Motorsport in Köln
Neben der bis 1937 genutzten Rennstrecke im Lindenthaler Stadtwald und dem 1948/49 befahrenen „Kölner Kurs“ auf der A 555 hat auch die Radrennbahn am Zoologischen Garten (bzw. Riehler Radrennbahn) ihre Bedeutung für die Geschichte des lokalen Motorsports – obgleich diese als Radrennbahn gebaut und zunächst auch ausschließlich als solche betrieben wurde.
In Köln herrschte zu Beginn des 20. Jahrhunderts eine aus heutiger Sicht kaum noch vorstellbare Begeisterung für den Radsport: Veranstaltungen im 1923 eröffneten Müngersdorfer Radstadion oder ab 1957 in der Deutzer Sporthalle waren Zuschauermagneten und lokale Sportler der Zeit wie die Radweltmeister Albert Richter (1912-1940) und Anton „Toni“ Merkens (1912-1944) überaus populäre Helden bei den damals Radsport-verrückten Kölnern.
Die frühen Jahre der Radrennbahn am Zoo
Der Bau der 400 Meter langen Radrundstrecke „Riehler Radrennbahn“ (diese Angabe nach Nordmann u.a. 2003, S. 90, ebenso Klein 2008; unter wikipedia.org werden 333 Meter genannt) wurde von den Gummiwerken Clouth in Nippes unterstützt. Zum 19. Mai 1889 wurde die Radrennbahn als Sandbahn eingeweiht. Darüber hinaus „verfügte die Anlage über einen Sportplatz, der im Winter bei Frost als Eisbahn genutzt werden konnte, mehrere Plätze für Rasen-Ballschlag-Spiele, Scheiben-Schießstände und eine Kegelbahn“ (unser-quartier.de; vgl. auch Mergen 2023, S. 213).
Nur ein Jahr nach der Eröffnung trat am 16. September 1890 der weltbekannte Westernheld Buffalo Bill (eigentlich William Frederick Cody, 1846-1917) auf seiner Europatournee mit seiner Wildwestshow vor 8.000 Zuschauern auf der Riehler Rennbahn auf (Klein 2008).
Erst im Jahr 1895 erhielt die „an der Riehler Straße“ gelegene Rennbahn für die Austragung der 3. Bahn-Radweltmeisterschaften vom 17. bis 19. August in Riehl eine Asphaltdecke und bis zu 1,8 Meter überhöhte Kurvenneigungen (Klein 2008). Seitdem konnte das nun auch „Zementbahn“ genannte Oval auch für Motorrad-Rennen genutzt werden. Ab 1906 erfolgte ein Umbau der Steilkurve, die Radrennbahn konnte aber zum 12. Mai 1907 wieder eröffnet werden (Datum entsprechend Hinweis von Herrn Brokmeier 2021 mit Verweis auf ein Sportalbum der Radwelt, Jahrgang 8 von 1910, ebenso Klein 2008).
Seit dem Umbau von Sand auf Asphalt fanden hier auch die vor allem in den 1920er- und 1930er-Jahren beliebten „Steher-Rennen“ statt, für die die Riehler Bahn wegen ihrer großen Neigung besonders geeignet war. Bei diesen Radrennen auf der „Zementbahn“ mit überhöhten Steilkurven nutzen die Fahrer (die „Steher“ oder auch „Dauerfahrer“) den Windschatten eines knapp vorausfahrenden Motorrads und erzielen damit deutlich höhere Geschwindigkeiten:
„Anfangs spendeten 4-er oder gar 5-er Tandems Windschatten und 'zogen' die Rennfahrer so auf erstaunliche Geschwindigkeiten. Die Erfindung des Motors aber sorgte für ein Spektakel, das bis heute nichts an Faszination eingebüßt hat. Im Windschatten des Schrittmacher-Motorrades erreichten Asse wie die Kölner Willi Schmitter oder Peter Günther über hundert Stundenkilometer! Das donnernde Fauchen der flammenzüngelnden Spezialmaschinen mit ihren riesigen Ein- oder Zweizylindermotoren durchschnitt mit jeder Runde den Jubel der Massen.“ (Nordmann u.a. 2003, S. 91).
Unfälle mit schweren Verletzungsfolgen und sogar Todesfälle blieben dabei nicht aus – die Lokalmatadoren Wilhelm Robert „Willy“ Schmitter (1884-1905) und Peter Günther (1882-1918) starben beide infolge von Rennunfällen (allerdings nicht in Köln, sondern in Leipzig bzw. Düsseldorf).
Zu erwähnen ist an dieser Stelle noch eine von immerhin 15.000 Menschen besuchte Kundgebung gegen das Dreiklassen-Wahlrecht, die am 6. März 1910 auf dem Riehler Sportplatz stattfand (Klein 2008).
Motorradrennen auf der Riehler Radrennbahn
Längst galt Köln damals aber auch als eine Hochburg der Motorrad-Szene. Der Ruf gründete auf lokale Hersteller und deren Fabrikate wie die „Allright“-Motorräder der Köln-Lindenthaler Metallwerke AG (KLM) auf der Neuenhöfer Allee oder die „Imperia“ der Kalker Firma Kölner Motorrad- und Maschinenbau Dr. Franz Becker (K.M.B.).
So blieb es nicht aus, dass schließlich ab den 1920er-Jahren auf der Radrennbahn am Zoo „an den Wochenenden die Motorrad- und Radrennen auf der nicht ungefährlichen Riehler Bahn massenhaft Besucher anzogen“ (www.ksta.de).
Mit speziellen Bahnrennmotorrädern wurden dabei auf der Zementbahn Meisterschaftsläufe verschiedener Klassen ausgefahren, sogar ein 24-Stunden-Rennen. Auch hier waren lokale Motorsportler erfolgreich am Start, darunter damals bekannte Namen wie Adolf Esch, Wilhelm Etzbach, Harry Herzogenrath, Erich Pätzold oder Hans Soénius (1901-1965).
Das erste Bahnrennen nach dem Zweiten Weltkrieg fand am 1. Juni 1947 auf der Riehler 400-Meter-Zementbahn statt. Durch den im gleichen Jahr wiedergegründeten Kölner Club für Motorsport (KCM) organisiert, zog die Veranstaltung über 5.000 Besucher an (Nordmann u.a. 2003, S. 116).
Speedway-Rennstrecke, Fußballplatz und ein illegales Autorennen
Bei einer vermeintlichen zweiten Riehler Rennstrecke, von der 1925 berichtet wird, handelte es sich wohl um eine Speedway-Sandbahn, die im inneren Rand der Zementbahn angelegt wurde. Diese separate Bahn war 350 Meter lang, in den Kurven 14 Meter und auf den Geraden 9 Meter breit (Nordmann u.a. 2003, S. 95f., ebenso Klein 2008: „1925 fand das erste Dirt-Track-Rennen statt. Für diese aus Übersee stammende Motor-Sportart war vor der Radbahn eine 350 m Sandbahn neu angelegt worden.“)
Beim heute eher weniger bedeutenden Speedway (oder englisch Dirt Track) starten vier oder sechs Fahrer mit fliegendem Start auf verhältnismäßig kurzen Rundstrecken von 260 bis 450 Metern Länge auf einem eher lockeren Untergrund (eine weitere Variante ist das Eis-Speedway). Die extreme Seitenlage verbunden mit spektakulären Drifts – das so genannte Powersliding – bei Geschwindigkeiten bis zu 120 km/h auf den kurzen Geraden machten diese meist über vier Runden führenden Rennen um das „Blaue Band vom Rhein“, den „Goldenen Helm“ oder den „Goldenen Handschuh“ populär.
Bereits ab 1951 soll die Rennbahn für Radrennen gesperrt gewesen sein (unser-quartier.de, jedoch ohne Quelle).
Das Feld im Inneren der Bahn diente von 1952 bis 1954 den Fußballern des seinerzeitigen SC Preußen Dellbrück als Heimspielort (Nordmann u.a. 2003, S. 97). Für rund 6 Kilometer von Dellbrück entfernte Spielstätte der Preußen findet sich für diese Jahre die Benennung „Riehler Kessel“ für die Rasenfläche im Inneren des Riehler Ovals (Skrentny 2015, S. 80).
Für das Jahr 1954 wird schließlich noch von einem offenbar nicht genehmigten Autorennen für „kleine einsitzige Rennwagen“ („small single seater racing cars“) auf der Riehler Rennstrecke berichtet. Dieses wurde von einer Veranstaltergruppe organisiert, die solche Rennen wohl regelmäßig in Belgien austrug (Semmeling 2009).
Lage und Verlauf der Rennbahn
Seit 1954 zum Gelände des Zoos gehörend, wurde die Riehler Rennbahn 1956 abgerissen. Das Gelände wurde später mit dem Elefantengehege des Zoos überbaut, zuletzt 2004 mit der neuen Anlage des „Elefantenparks Köln“.
Auf den historischen Karten der 1891-1912 erarbeiteten Preußischen Neuaufnahme sind Lage und Verlauf der Rundstrecke bereits deutlich als ovaler „Sport-Pl.“ zu erkennen. In den topographischen Karten TK 1936-1945 ist die Anlage dann als „Rad-Rennb.“ eingezeichnet (vgl. die entsprechenden Kartenansichten). Ein 1938 von einem Kölner Kaufhaus Peters vertriebener „Plan von Köln“ zeigt das Areal als „Rennbahn“ (landkartenarchiv.de).
Hinweise
Eine chronologische Auflistung verschiedener Umbauten, Rennen und Ereignisse an der Riehler Bahn zwischen 1889 und 1956 findet sich als PDF-Dokument „Chronik zur Radrennbahn Köln-Riehl“ in der Mediengalerie. Korrigierende und ergänzende Hinweise dazu sind willkommen!
Die Westernshows von Buffalo Bill auf der Radrennbahn in Riehl wurden unter „Schon gewusst, ...“ in Heft 3/2019 des Stadtmagazins KölnerLeben vorgestellt.
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2015/2023)
Quellen
- Geobasis NRW: Preußische Kartenaufnahme 1:25.000 (1881-1912); Neuaufnahme, Blatt 5007 (Köln).
- Freundliche Hinweise von Herrn Joachim Brokmeier, Bergisch Gladbach, 2019/2021.
- Florian Weber: „Schon gewusst, ... dass auf der Riehler Radrennbahn der Westernheld Buffalo Bill auftrat?“, in: Stadtmagazin KölnerLeben 3/2019, online unter koelnerleben-magazin.de (abgerufen 28.09.2023).
Internet
www.koelner-zweiraeder.de: Horst Nordmanns Kölner Zweiräder (abgerufen 30.03.2015)
www.ksta.de: „Mit dem Motorrad von Köln nach Köln“ (Bericht zur ADAC-Deutschlandfahrt 1924, Kölner Stadt-Anzeiger vom 24.02.2014, abgerufen 30.03.2015)
www.joachim-brokmeier.de: Private Homepage zu Köln-Riehl (abgerufen 27.05.2019)
www.joachim-brokmeier.de: Galerie von Radrennfahrern auf der Riehler Bahn (Bilder 991-996, abgerufen 30.03.2021)
unser-quartier.de: Riehler Geschichte: Wiedereröffnung der Riehler Radrennbahn (Text Joachim Brokmeier, 19.05.2018, abgerufen 05.02.2019)
www.riehler-geschichten.koeln: Die Riehler Radrennbahn (Text Joachim Brokmeier, abgerufen 02.01.2022)
landkartenarchiv.de: Plan von Köln 1938, Werbebeigabe des Kaufhauses Carl Peters in Köln, Verlag Ernst Moißl sen., Köln (abgerufen 29.04.2021)
de.wikipedia.org: Radstadion Köln (abgerufen 13.04.2015)
de.wikipedia.org: Bahn-Radweltmeisterschaften 1895 (abgerufen 25.06.2015)
www.cycling4fans.de: Köln (abgerufen 10.11.2022)
www.cycling4fans.de: Kölner Radrennbahnen, Riehl und Müngersdorf (abgerufen 21.10.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 10.11.2022)