Stollwerck-Schokoladenfabrik in Altstadt-Süd

Franz Stollwerck & Söhne, Gebr. Stollwerck AG, Gebr. Stollwerck GmbH, „Kamelledom“

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Fachsicht(en): Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Köln
Kreis(e): Köln
Bundesland: Nordrhein-Westfalen
Koordinate WGS84 50° 55′ 27,85″ N: 6° 57′ 53,98″ O 50,9244°N: 6,965°O
Koordinate UTM 32.356.978,78 m: 5.643.390,26 m
Koordinate Gauss/Krüger 2.567.893,30 m: 5.643.680,26 m
  • Werbeanzeige für die Fabriken und Fabrikate des Kölner Schokoladenherstellers Gebr. Stollwerck (aus: "Gartenlaube - Kalender 1893", Verlag Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig).

    Werbeanzeige für die Fabriken und Fabrikate des Kölner Schokoladenherstellers Gebr. Stollwerck (aus: "Gartenlaube - Kalender 1893", Verlag Ernst Keil's Nachfolger, Leipzig).

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  • Ansicht der Stollwerck-Fabrik von 1898, im Vordergrund der "Kamelle Dom" in der Severinsmühlengasse.

    Ansicht der Stollwerck-Fabrik von 1898, im Vordergrund der "Kamelle Dom" in der Severinsmühlengasse.

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  • Vorzugsaktie über 1000 Mark der "Gebrüder Stollwerck, Aktiengesellschaft zu Cöln" vom 17. Juli 1902.

    Vorzugsaktie über 1000 Mark der "Gebrüder Stollwerck, Aktiengesellschaft zu Cöln" vom 17. Juli 1902.

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  • Bronzene Porträtbüste des Schokoladen-Unternehmers Hans Imhoff (1922-2007) in der Ausstellung des von ihm begründeten Schokoladenmuseums am Kölner Rheinauhafen (2023).

    Bronzene Porträtbüste des Schokoladen-Unternehmers Hans Imhoff (1922-2007) in der Ausstellung des von ihm begründeten Schokoladenmuseums am Kölner Rheinauhafen (2023).

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  • Kompressorräder der früheren Stollwerck-Schokoladenfabrik in der Kölner Severinsmühlengasse (2010).

    Kompressorräder der früheren Stollwerck-Schokoladenfabrik in der Kölner Severinsmühlengasse (2010).

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  • Historische Verkaufsautomaten für Stollwerck-Schokolade in der Sammlung des Schokoladenmuseums am Kölner Rheinauhafen (2023).

    Historische Verkaufsautomaten für Stollwerck-Schokolade in der Sammlung des Schokoladenmuseums am Kölner Rheinauhafen (2023).

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  • Auf dem früheren Gelände der Stollwerck-Fabrikanlagen zwischen 1987 und 1991 entstandene Wohnbebauung an der Karl-Korn-Straße in Altstadt-Süd (2019).

    Auf dem früheren Gelände der Stollwerck-Fabrikanlagen zwischen 1987 und 1991 entstandene Wohnbebauung an der Karl-Korn-Straße in Altstadt-Süd (2019).

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  • Kompressorräder ("Stollwerck-Kompressor") der früheren Schokoladenfabrik, dahinter zwischen 1987 und 1991 entstandene Wohnbebauung auf dem früheren Gelände der Stollwerck-Fabrikanlagen in Köln-Altstadt-Süd (2019).

    Kompressorräder ("Stollwerck-Kompressor") der früheren Schokoladenfabrik, dahinter zwischen 1987 und 1991 entstandene Wohnbebauung auf dem früheren Gelände der Stollwerck-Fabrikanlagen in Köln-Altstadt-Süd (2019).

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  • Kompressorräder ("Stollwerck-Kompressor") der früheren Stollwerck-Fabrikanlagen in Köln-Altstadt-Süd, Severinsmühlengasse (2019).

    Kompressorräder ("Stollwerck-Kompressor") der früheren Stollwerck-Fabrikanlagen in Köln-Altstadt-Süd, Severinsmühlengasse (2019).

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  • Die historische Werbefigur "Sarotti-Mohr" im Regal eines historischen Kolonialwarenladens in der Sammlung des Schokoladenmuseums am Kölner Rheinauhafen (2023). Die seit 1918 genutzte Figur wird bereits seit 2004 in abgewandelter, weniger stereotyper Darstellung als "Sarotti-Magier der Sinne" verwendet.

    Die historische Werbefigur "Sarotti-Mohr" im Regal eines historischen Kolonialwarenladens in der Sammlung des Schokoladenmuseums am Kölner Rheinauhafen (2023). Die seit 1918 genutzte Figur wird bereits seit 2004 in abgewandelter, weniger stereotyper Darstellung als "Sarotti-Magier der Sinne" verwendet.

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  • Zwischen 1987 und 1991 entstandene Wohnbebauung auf dem früheren Gelände der Stollwerck-Fabrikanlagen zwischen der Dreikönigenstraße und der Karl-Korn-Straße in Altstadt-Süd (2019).

    Zwischen 1987 und 1991 entstandene Wohnbebauung auf dem früheren Gelände der Stollwerck-Fabrikanlagen zwischen der Dreikönigenstraße und der Karl-Korn-Straße in Altstadt-Süd (2019).

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  • Auf dem früheren Gelände der Stollwerck-Fabrikanlagen zwischen 1987 und 1991 entstandene Wohnbebauung zwischen der Dreikönigenstraße und der Karl-Korn-Straße in Altstadt-Süd (2019).

    Auf dem früheren Gelände der Stollwerck-Fabrikanlagen zwischen 1987 und 1991 entstandene Wohnbebauung zwischen der Dreikönigenstraße und der Karl-Korn-Straße in Altstadt-Süd (2019).

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  • Historische Wechselgeld-Wertmarke des Lunaparks im Köln-Riehler Vergnügungsviertel "Goldene Ecke" mit einem Werbeaufdruck der Kölner Stollwerck-Schokoladenfabrik (zwischen 1918 und 1928).

    Historische Wechselgeld-Wertmarke des Lunaparks im Köln-Riehler Vergnügungsviertel "Goldene Ecke" mit einem Werbeaufdruck der Kölner Stollwerck-Schokoladenfabrik (zwischen 1918 und 1928).

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  • Das auf den Schokoladen-Unternehmer Hans Imhoff (1922-2007) zurückgehende Kölner Schokoladenmuseum am Rheinauhafen in Altstadt-Süd (2019).

    Das auf den Schokoladen-Unternehmer Hans Imhoff (1922-2007) zurückgehende Kölner Schokoladenmuseum am Rheinauhafen in Altstadt-Süd (2019).

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„Ich will keine Schokolade, ich will lieber einen Mann!“
(Trude Herr, 1960)

„Vielen Dank, singt man im Chor, vielen Dank, Sarotti-Mohr!“
(Werbung für Sarotti-Schokolade in den 1950er-Jahren)

„Aphrodisiakum, Opfergabe, Zahlungsmittel, Nahrung und Genuss – all das ist und war Schokolade.“
(Schokoladenmuseum Köln, 2019)

Mehr als 100 Jahre lang wurde im Kölner Severinsviertel bei den Gebrüdern Stollwerck Schokolade produziert. Unter der Ägide von Hans Imhoff wurde Stollwerck zwischen den 1970er- und 1990er-Jahren zu einem der weltgrößten Schokoladenhersteller. Der Aufgabe des traditionsreichen Werks Mitte der 1970er-Jahre folgte von Mai bis Juli 1980 mit der Stollwerckbesetzung die größte Hausbesetzung in der Geschichte der Stadt.

Schokolade – von der „Speise der Götter“ zum universellen Kulturgut
Die Anfänge der Gebr. Stollwerck in Köln: Süßgebäck, Brustbonbons und Kölnisch Wasser
Von Bonbons und Backwaren zum internationalen Schokolade-Unternehmen
Die Ära Hans Imhoff
Schokoladenmuseum und Imhoff-Stiftung
Das Ende von Stollwerck in Köln
Heutige Situation
Quellen, Internet, Literatur

Schokolade – von der 'Speise der Götter' zum universellen Kulturgut
Schokolade besteht im Wesentlichen aus Kakaoerzeugnissen und Zucker. Der Ursprung der Schokolade liegt in Mittel- und Südamerika, wo das indigene Volk der Olmeken den Kakaobaum (Theobroma cacao = 'Speise der Götter') vermutlich bereits um 1500 v. Chr. nutzte. Die Völker der indigenen Maya und der mesoamerikanischen Azteken nutzten den Kakaobaum seit etwa 600 n. Chr. als Kulturpflanze und ein aus den kostbaren Bohnen des Baums mit Pfeffer und Vanille zubereitetes Getränk Xocólatl oder Xocóatl (= 'bitteres Wasser') wurde von ihnen als göttliches Geschenk verehrt.
Mit den spanischen Eroberern gelangte die (Trink-) Schokolade im 16. Jahrhundert nach Europa, wo sie jedoch noch lange ein Luxusgut war. Erst durch technische Entwicklungen im 18. Jahrhundert ließ sich Kakaopulver effizienter herstellen und ein Verfall der Kakaopreise um 1900 machte Schokolade dann auch breiteren Bevölkerungsschichten zugänglich. Die uns heute vertraute Tafelschokolade wurde erstmals im frühen 19. Jahrhundert in England hergestellt.

Ob man Schokolade nun als Lebens-, Genuss- oder gar Suchtmittel ansehen sollte, sei an dieser Stelle dahingestellt. Mit einem jährlichen Konsum von mehr als 12 Kilogramm Schokolade pro Kopf (2013) sind die Deutschen jedenfalls internationale Spitzenreiter.
Schokolade ist heute nicht nur ein günstig verfügbares Konsumgut, das in nahezu unzähligen Variationen zum Verzehr einlädt, sondern auch ein universelles Kulturgut, dessen Bedeutung in den allermeisten Fällen positiv besetzt ist. So ist Xocólatl unter anderem namensgebend für eine Soul- und Funkband Hot Chocolate und für „süße“ Filme wie „Charlie und die Schokoladenfabrik“ (original Willy Wonka & the Chocolate Factory, USA 1971), „Chocolat – Ein kleiner Biss genügt“ (original Chocolat, USA/GB 2000), „Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück“ (original Bridget Jones’s Diary, GB/IRL/F 2001) oder die Neuverfilmumg „Charlie und die Schokoladenfabrik“ (original Charlie and the Chocolate Factory, USA/GB/AUS 2005).
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Die Anfänge der Gebr. Stollwerck in Köln: Süßgebäck, Brustbonbons und Kölnisch Wasser
Der aus dem Wollspinnergewerbe stammende Kölner Unternehmer Franz Stollwerck (1815-1876) gründete nach Abschluss seiner im Handwerk üblichen Wanderjahre 1839 in Köln ein Werk zur Produktion von Hustenbonbons und eine Mürbebäckerei in der Blindgasse, wo er seiner Kundschaft „neben Zwieback, Brezeln und Mutzen als traditionelles Kölner Gebäck ... auch Schokolade als Getränk sowie ‚neue Pariser Macronen‘“ anbot (www.rheinische-geschichte.lvr.de). Mit seinen „Stollwerckschen Brustbonbons“ erlangte er 1847 den begehrten Titel eines preußischen Hoflieferanten.
„Stollwerck weitete das Brustbonbon-Imperium aus - innerhalb von 20 Jahren wurde sein Produkt an 900 Verkaufsstellen gehandelt, er erhielt ein Hoflieferantendiplom und wurde mehrfach ausgezeichnet. Parallel baute Stollwerck die Konditorei zur Gastwirtschaft aus, in der er auch Abendkonzerte veranstaltete. ... Ebenso unterhielt er Theater- und Konzertsäle.“ (Widdig 2013, S.7)
Im Jahr 1847 eröffnete Franz Stollwerck in der Schildergasse das „Café Royal“, welches er möglicherweise unter dem Eindruck der 1848er Revolution in „Deutsches Kaffeehaus“ umbenannte. Daneben betrieb Stollwerck noch zwei Theater (eines davon war das Konzerthaus „Königshalle“ am Rheinufer mit immerhin 2.400 Plätzen) und stellte seit 1850 unter dem Markennamen „Farina“ Kölnisch Wasser her.

Ab 1860 wurden schließlich in Produktionsstätten in der Hohe Straße sowie einer Fabrik in der Sternengasse Schokolade, Marzipan und Printen erzeugt.
Franz Stollwerck nahm zum 1. Januar 1869 seine drei ältesten Söhne Albert Nikolaus (1840-1883), Peter-Joseph (1842-1906) und Heinrich (1843-1915) per Gesellschaftsvertrag vom 16. Dezember 1868 in sein Unternehmen auf, das nun als „Franz Stollwerck & Söhne“ firmierte. Aufgrund familiärer Konflikte machten die Söhne sich jedoch bereits 1871 mit einer eigenen Fabrik als „Gebr. Stollwerck“ selbständig.
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Von Bonbons und Backwaren zum internationalen Schokolade-Unternehmen
Nach dem Tod Franz Stollwercks 1876 übernahmen die Söhne – nun unterstützt von den beiden jüngsten Ludwig (1857-1922) und Carl (1859-1932) – die Leitung der nun wieder vereinigten Firma. Sie bauten das Unternehmen in den folgenden Jahrzehnten zum größten europäischen Schokoladeproduzenten aus, u.a. mit Zweigniederlassungen in Berlin, Breslau, Bremen, Frankfurt, Leipzig, München, Amsterdam, Brüssel, Budapest, Chicago und Wien sowie Werken in Berlin, Wien, London, Brasov (Kronstadt) in Rumänien, Bratislava (Preßburg) in der heutigen Slowakei und im US-amerikanischen Stanford.
Um 1880/1882 wurde der Kölner Fabrikkomplex an der Severinsmühlengasse um Turmbauten ergänzt, was ihm im Volksmund den Namen „Kamelledom“ einbrachte.
Eine Anzeige von 1893 bewirbt die moderne Fabrikation mit „vorzüglichen technischen und maschinellen Einrichtungen … Dampfbetrieb: 650 Pferdekraft mit 451 Arbeitsmaschinen“ des „Königl. Preuss. und Kaiserl. Oesterr. etc. Hoflieferanten“, bei dem seinerzeit „ueber 1500 Personen beschäftigt“ waren (vgl. Abbildung, Wilhelm 2008 nennt sogar „bis zu 3.500, vornehmlich weibliche Arbeitskräfte“).

Zusammen mit dem deutschen Kaufmann Johann Heinrich „John“ Volkmann (1855-1928) gründete man 1894 in New York die Firma „Volkmann, Stollwerck & Co.“ zur Herstellung von Verkaufsautomaten. Die bereits seit 1887 von Stollwerck aufgestellten Automaten waren immens erfolgreich: Im Jahr 1893 verkauften 15.000 Automaten Stollwerck-Schokolade, alleine auf New Yorker Bahnhöfen standen 4.000 Apparate (de.wikipedia.org). Auf den zweitjüngsten der Brüder, den für Werbung und Vertrieb zuständigen Ludwig, geht die Gründung des für den Schokoladenverkauf in Automaten zuständigen separaten Unternehmens „Deutsche Automaten Gesellschaft (DAG)“ im Jahr 1895 zurück.

Ludwig Stollwerck galt modernen Entwicklungen gegenüber als besonders aufgeschlossen. So gründete er ebenfalls 1895 in Köln zusammen mit dem ihm freundschaftlich verbundenen US-amerikanischen Erfinder und Unternehmer Thomas Alva Edison (1847-1931) die „Deutsche Edison Phonographen GmbH“ zum Vertrieb des von Edison erfundenen Vorläufers des Grammophons in Deutschland. Und natürlich gab es dazu auch „sprechende Schokolade“: Schallplatten, die auf Spielzeugphonographen abgespielt werden konnten (ab 1903).
Viele weitere Innovationen seiner Zeit konnte Ludwig Stollwerck gewinnbringend für sein Unternehmen nutzen, darunter so verschiedene Neuerungen wie die Kinematographen (frühe Filmprojektoren, ab 1895) oder die bis weit ins 20. Jahrhundert populären Schokolade-Sammelalben mit naturwissenschaftlichen oder historischen Bildserien.

Um weiteres Wachstumskapital zu beschaffen, wurde Stollwerck 1902 zur Aktiengesellschaft „Gebr. Stollwerck A.G.“ umgewandelt, Peter Joseph Stollwerck zeichnete die Aktien für den Aufsichtsrat und Ludwig Stollwerck für den Vorstand des Unternehmens. Von 1911 bis 1922 fungierte Ludwig zudem als Vorsitzender des 1877 gegründeten „Verbands Deutscher Schokolade-Fabrikanten“.
In der Folge übernahm Stollwerck regelmäßig eingeführte Marken, darunter um 1900 den „als tägliches Getränk“ und „Antidiarrheiicum“ (gegen Durchfallerkrankungen) empfohlenen Dr. Michaelis’ Eichel-Cacao und die Hamburger Kakao Compagnie Theodor Reichhardt, die man 1928 für 10 Millionen Reichsmark kaufte und deren Fabrikation man sogleich komplett nach Köln verlagerte.

Unter den von dem Geschichtsprojekt „Altes Köln“ für das Jahr 1909 aufgelisteten, seinerzeit insgesamt gerade einmal 640 in der Domstadt vergebenen Kraftfahrzeug-Kennzeichen, finden sich gleich vier Fahrzeuge der Kategorie „LW. - Lastwagen“ und weitere zwei „GW. - Wagen zu Geschäftszwecken“, die auf die „Schokoladenfabrik, Cöln, Korneliusstr. 2“ (heutige Corneliusstraße) zugelassen sind. Ferner ist jeweils ein „LxW. - Wagen für Luxus-, Vergnügungs- und Sportszwecke“ auf „Kaufmann Ludwig Stollwerck, Korneliusstr. 2“ bzw. auf dessen Bruder „Konsul Karl Stollwerck, Volksgartenstr. 58“ gemeldet - und dazu noch ein eher bescheidenes „KrD. - Kraftrad“ auf „Paul H. Stollwerk, Student, Hardefußstr. 16“, einen der Söhne Ludwigs, der ebenfalls unweit des Kölner Volksgartens in der heutigen Hardefuststraße wohnte (vgl. altes-koeln.de, nach Automobil-Adreßbuch 1909).

Infolge der Weltwirtschaftskrise 1929/30 und durch Fehlinvestitionen wurde Stollwerck in den 1930er-Jahren zum Sanierungsfall. Zudem entwickelten die Stollwerck-Erben auch „keine entscheidenden unternehmerischen Impulse“ (www.rheinische-geschichte.lvr.de). Die unter Führung der Direktoren Georg Solmssen (1869-1957) und Karl Kimmich (1880-1945) von der Deutschen Bank vorgenommene „harte Sanierung“ drängte nahezu alle Familienmitglieder aus dem Unternehmen.
Die rigide Kontrolle durch die Banken - die Deutsche Bank war zuletzt mit 40 Prozent der Großaktionär bei Stollwerck - und weitere Sanierungsversuche blieben wenig erfolgreich. Im Gegenteil: Die verantwortlichen Sanierer wurden 1970 von der Wirtschaftszeitschrift Capital zum „Versager des Jahres“ gekürt und während man den Aktionären noch 1969 ihre Geldanlage mit einer Superdividende von 16 Prozent versüßen konnte, machte Stollwerck 1972 bei einem Umsatz von 100 Millionen DM gleichzeitig einen Verlust von 10 Millionen DM. Eberhard Weissenfeld, langjähriger Generaldirektor und damaliger Vize des Aufsichtsrats der Stollwerck AG, warf seinen Nachfolgern vor, die ehemals renommierte Markenfirma innerhalb von zwei Jahren heruntergewirtschaftet zu haben und schimpfte: „Das Management hat restlos versagt“ (Der Spiegel 1971).
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Die Ära Hans Imhoff
Am 21. Dezember 1972 wurde schließlich auf einer „dramatischen Hauptversammlung“ der Schokoladen-Unternehmer Hans Imhoff (1922-2007) als Stollwerck-Sanierer präsentiert. Der Kleinaktionär Imhoff, der über weniger als 1% der Stollwerck-Anteile verfügte, übernahm für einen symbolischen Betrag 46,5% der Aktien von der Deutschen Bank und zugleich auch den Vorsitz des Stollwerck-Aufsichtsrats, wo er dem späteren Vorstandssprecher der Deutschen Bank Alfred Herrhausen (1930-1989) nachfolgte (www.manager-magazin.de).
Der gebürtige Kölner und gelernte Kaufmann Imhoff war nach dem Zweiten Weltkrieg kurz in der Fahrzeugproduktion bei Ford in Köln tätig, bevor er noch 1945 von den Besatzungsmächten eine Konzession für die Produktion und den Handel mit Lebensmitteln erhielt. Seitdem stellte Imhoff vor allem No-Name-Schokoladen und -Pralinen her, unter anderem ab Ende der 1940er-Jahre in seiner „Teddy“ Schokoladen- und Zuckerwarenfabrik in Bullay an der Mosel.
Beim schwer angeschlagenen Stollwerck-Konzern griff Imhoff zu, „reduzierte das Sortiment von 1200 auf rund 50 Produkte und schaffte neue Maschinen an. Auf teures Marketing verzichtete er. … Der Nobody Imhoff schaffte innerhalb von nur drei Jahren, was keiner für möglich hielt. Seit 1975 zahlt das Unternehmen wieder eine Dividende.“ (www.spiegel.de 2001)

Unter Führung Imhoffs, der als „letzter rheinischer Kapitalist“ oder „Kamelle-Napoleon“ bezeichnet wurde, aufgrund seines Humors aber auch „Willy Millowitsch der Wirtschaft“ genannt wurde (ebd.), wurde Stollwerck in den folgenden 30 Jahren wieder zu einem der größten Schokoladenhersteller. Über die Imhoff Industrie Holding AG wurden einige der traditionsreichsten Schokoladen-Marken Deutschlands aufgekauft, darunter:

  • 1975 Übernahme von „Eszet“ (Staengel & Ziller, 1857 in Untertürkheim gegründet),
  • 1977 Übernahme von „Waldbaur“ (1848 in Stuttgart gegründet),
  • 1979 Übernahme von „Sprengel“ (1851 in Hannover gegründet, seit 1986 100%ige Tochter von Stollwerck),
  • 1982 Zusammenschluss mit der „Chocolaterie Jaques S.A.“ (1896 im belgischen Verviers gegründet),
  • 1991 Übernahme von „Rotstern“ der Thüringer Schokoladewerk GmbH (vormals VEB Kombinat Süßwaren) in Saalfeld/Saale,
  • 1998 Übernahme von „Sarotti“ (1868 in Berlin gegründet), und
  • 1999 Übernahme von „Gubor“ (1939 in der Schweiz gegründet).
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Im Jahr 1995 wurden eine neue Schokoladenfabrik im polnischen Poznan (Posen) und eine neue Keksfabrik im ungarischen Székesfehérvár (Stuhlweißenburg) eröffnet (www.stollwerck.de).
Daneben begründete Hans Imhoff 1977 mit der Larosé Hygiene-Service GmbH als 100%iger Tochter seiner Holding einen neuen Geschäftsbereich auf dem Gebiet textiler Leasingdienstleistungen rund um Berufs- und Schutzkleidung, Tisch-, Bett- und Badwäsche. Der Name Larosé wurde seit 1966 für Confiserie-Produkte der Stollwerck AG genutzt und kurzerhand auf den Geschäftszweig der Textil-Dienstleistungen übertragen (seit 2006 Larosé GmbH & Co. KG).

Das traditionsreiche Kölner Werk im Severinsviertel wurde bereits Mitte der 1970er-Jahre infolge der Konzentration der Produktion aufgegeben. Hans Imhoff verkaufte das Areal und die Gebäude für 48,3 Millionen Mark und 36% der Stollwerck-Aktien an den Immobilienmakler Renatus Rüger (*1933) und erlangte damit die Aktienmehrheit der Stollwerck AG.
Im Zuge dieser Transaktionen gelangte Imhoff außerdem noch an einen städtischen Zuschuss von 9,6 Millionen DM sowie ein zinsloses Darlehen über weitere 10 Millionen DM zur Förderung des Umzugs der Stollwerck-Produktion an den entwicklungsbedürftigen Kölner Stadtrand. Im Dezember 1975 zog die Stollwerck-Zentrale schließlich in die Industriestraße (seit 1993 Stollwerckstraße) im rechtsrheinischen Westhoven um. Hier wurde bis März 2005 produziert, bevor die Produktion in das schleswig-holsteinische Norderstedt auf die Stollwerck-Konzerntochter Van Houten GmbH & Co. KG (1815 in Amsterdam gegründet) übertragen wurde.
Der Aufgabe der traditionsreichen Schokoladenproduktion folgten lange Auseinandersetzungen über die Neugestaltung des Severinsviertels. Seit den 1970er-Jahren hatte sich in der Kölner Südstadt eine alternative Künstlerszene entwickelt, die sich auch im Areal der früheren Schokoladenfabrik ansiedelte. Der Streit über die geplante Umgestaltung des Viertels spitzte sich im Frühjahr 1980 zu und gipfelte in der so genannten „Stollwerckbesetzung“, der größten Hausbesetzung in der Geschichte Kölns.

Zeit seines Lebens gelang es Hans Imhoff nicht, eine familieninterne Nachfolge für seine Unternehmen zu sichern. Seine Tochter Annette Imhoff stieg später als Geschäftsführerin im Schokoladenmuseum sowie in der Leitung des Larosé-Textildienstleisters ein (www.schokoladenmuseum.de und www.larose.de), die zweite Tochter Susanne orientierte sich früh in Richtung der „sozialen und pädagogischen Schiene“ (www1.wdr.de). Im Jahr 2001 – die AG machte 16,3 Millionen Euro Gewinn bei 750 Millionen Euro Umsatz und führte 2.500 Beschäftigte – verkaufte Imhoff sämtliche Ostwerke und 2002 seine mittlerweile 96%ige Aktienmehrheit an der Stollwerck AG für 175 Millionen DM an den Schweizer Schokoladenkonzern Barry Callebaut AG bevor er sich ins Privatleben zurückzog.
Hans Imhoff wurde mit Kölner Ratsbeschluss vom 3. Juli 2001 zu einem der bis heute nur 24 Ehrenbürgerinnen und Ehrenbürger der Stadt ernannt, die Verleihung dieser Würde erfolgte am 4. Novemer 2001 (www.stadt-koeln.de). Er starb 2007 nach langer Krankheit, sein Grab befindet sich auf dem Kölner Melaten-Friedhof.
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Schokoladenmuseum und Imhoff-Stiftung
Bereits1992 war Hans Imhoff in den Besitz der Hafendrehbrücke und des Malakoffturms am Kölner Rheinauhafen gelangt, die er baulich in seinen großen und bereits seit seiner Kindheit gehegten Traum eines Spezialmuseums zum Thema Schokolade baulich einbinden wollte. Am 31. Oktober 1993 konnte Hans Imhoff sein für 53 Millionen DM errichtetes „Imhoff-Stollwerck-Schokoladenmuseum“ eröffnen (heute „Schokoladenmuseum Köln“).

Um „seiner Heimatstadt Gutes zu tun“ brachte Hans Imhoff (nach www.rheinische-geschichte.lvr.de bereits seit 1997) Teile seines Unternehmensvermögen in eine nach ihm benannte Stiftung zur Förderung sozialer, wissenschaftlicher und kultureller Projekte im Rheinland ein. Formal wurde die Imhoff Stiftung 2001 gegründet. Imhoffs Tochter aus zweiter Ehe Susanne übernahm 2017 den Vorstandsvorsitz von ihrer Mutter Gerburg Klara. Hans Imhoff jr. fungiert ebenfalls als Vorstand (www.imhoff-stiftung.de).
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Das Ende von Stollwerck in Köln
Nur wenige Zeit nach dem 2002 vollzogenen Verkauf der Stollwerck AG durch Hans Imhoff an den weltgrößten Kakao- und Schokoladenhersteller Barry Callebaut AG, nahmen die neuen Besitzer Stollwerck von der Börse und schlossen das Köln-Westhovener Werk, wo zunächst noch die Verwaltung erhalten blieb.
2011 wurde die Aktiengesellschaft mit seinerzeit ca. 500 Millionen Euro Umsatz in eine GmbH umgewandelt und an die 1920 gegründete und nach den Familiennamen der Gründer Barents, de Roth und Nieuwenhuis benannte belgische Unternehmensgruppe „Baronie“ verkauft (deren Bruttoumsatz 2009 lediglich ca. 41,8 Millionen Euro betrug).
Nach 177 Jahren Stollwerck-Geschichte in Köln wurden 2016 die zuletzt verbliebenen Reste der Firma von Westhoven nach Norderstedt in Schleswig-Holstein verlegt.

Heutige Situation
Die meisten Gebäude der früheren Stollwerckfabrik wurden spätestens ab Frühjahr 1987 abgerissen. Vor Ort verblieben einzig das frühere Räderwerk, ein paar Schornsteinsockel und der so genannte „Annoriegel“, der bis 1991 zu einer neuen Wohnsiedlung mit Grünflächen umgestaltet wurde. An dem als Denkmal gestalteten früheren Räderwerk, dem so genannten „Stollwerck-Kompressor“ in der Severinsmühlengasse, erinnert eine Tafel an die einstige Schokoladenfabrik.
Wenn auch nicht im Sinne der hier über lange Jahre verwurzelten „linken Gegenkultur“, so führt das seit 1987 betriebene städtische Bürgerhaus Stollwerck die in den 1970ern begonnene Kulturtradition „im Stollwerck“ fort. Als zu diesem Zweck umgebautes ehemaliges preußisches Proviant-Magazin aus dem Jahr 1906 gehörte es jedoch nicht zur ehemaligen Schokoladenfabrik.
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Und auch wenn die Kölner Komödiantin Trude Herr (1927-1991) in ihrem eingangs zitierten Schlager vehement „keine Schokolade, sondern lieber einen Mann“ forderte, so ist es wohl kein Zufall, dass der dem Bürgerhaus benachbarte kleine Park 1995 nach ihr benannt wurde (Schünemann-Steffen 2016). Ihr zu Ehren wurde im Trude-Herr-Park auch ein Denkmal errichtet.

(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2019/2024)

Quellen
  • Karte Cöln, Beilage zum Offiziellen Führer durch die Deutsche Werkbund-Ausstellung Cöln 1914 (Februar 1914), Maßstab 1:10.100, Verlag Rudolf Mosse (dort „Fabrik d. Gebr. Stollwerk“ im Quadranten D-8).
  • Stadtplan von Cöln, Grosse Ausgabe 1922, Maßstab 1:8.000, Institut für Handels- und Verkehrsgeographie.

Internet
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www.ksta.de: Kölns geheimnisvollste Orte: „Als die Schokoladenfabrik Stollwerck unter die Räder kam“ (Kölner Stadt-Anzeiger vom 04.02.2019, abgerufen 12.08.2020, Inhalt nicht mehr verfügbar 04.04.2024)
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Literatur

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Via Industrialis. Entdeckungsreise Kölner Industriekultur. S. 214-215, Essen.
Junggeburth, Tanja (2014)
Stollwerck 1839-1932, Unternehmerfamilie und Familienunternehmen. (Vierteljahrschrift für Sozialund Wirtschaftsgeschichte, Beihefte Band 225.) o. O.
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Made in Cologne: Kölner Marken für die Welt. Begleitband zur Ausstellung im Kölnischen Stadtmuseum vom 11. Juni bis zum 11. September 2011. S. 114 ff., Köln.
Kramp, Mario; Soénius, Ulrich (Hrsg.) (2015)
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Schünemann-Steffen, Rüdiger (2016)
Kölner Straßennamen-Lexikon. S. 782, Köln (3. erweiterte Auflage).
Verlag Greiner & Pfeifer (Hrsg.) (1909)
Die deutschen Kraftfahrzeug-Besitzer in der Reihenfolge der polizeilichen Kennzeichen. Deutsches Automobil-Adreßbuch, gefertigt an der Hand des amtlichen Materials der listenführenden Behörden der sämtlichen deutschen Bundesstaaten. Stuttgart. Online verfügbar: leopard.tu-braunschweig.de, abgerufen am 15.06.2023
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 432-433, Köln (2. Auflage).

Stollwerck-Schokoladenfabrik in Altstadt-Süd

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Dreikönigenstraße 23
Ort
50678 Köln - Altstadt-Süd
Fachsicht(en)
Kulturlandschaftspflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Auswertung historischer Karten, Auswertung historischer Fotos, Geländebegehung/-kartierung
Historischer Zeitraum
Beginn 1839, Ende 1980

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„Stollwerck-Schokoladenfabrik in Altstadt-Süd”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-264314 (Abgerufen: 5. Dezember 2024)
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