Das Doppelblockkraftwerk mit zwei 800-MW-Blöcken entstand als erstes Lausitzer Braunkohlekraftwerk auf Grundlage der neuen Umweltgesetzgebung im Kraftwerkbetrieb, die stickoxidarme Verbrennung, Rauchgasentschwefelung und Staubabscheidung vorschrieb. Durch Umweltschutztechnik wurden nach Informationen der Vattenfall Schadstoffemissionen bei Staub um 98 Prozent, bei Schwefeldioxid um 91 Prozent und bei Stickstoffoxiden um 61 Prozent vermindert. Mit einem Nettowirkungsgrad von 41 Prozent und einer Brennstoffnutzung von 55 Prozent zählt das Kraftwerk Schwarze Pumpe heute zu den effektiveren der durchschnittlichen Kraftwerke in Deutschland. Neben der Bereitstellung von Elektroenergie versorgt es die Brikettfabrik mit Prozessdampf und sichert die Fernwärmeversorgung von Hoyerswerda, Spremberg und Schwarze Pumpe.
Die weiterentwickelte Kraftwerktechnologie erforderte eine neue Bauweise, die in Hinblick auf Konstruktion und Montagetechnik, aber auch auf Gestaltung von Kubatur und Fassade eine Herausforderung für die Ingenieure und Architekten darstellte. Neben der technischen Vorgabe einer wirtschaftlichen und umweltschonenden Stromerzeugung wurde eine gestalterische Qualität gefordert, die auf die gesellschaftliche Verpflichtung der Energiewirtschaft eingehen sollte und gleichzeitig unter dem wirtschaftlichen Druck der Nachwendezeit stand. Bei der Planung wurden die Architekten Fred Angerer und Gerhard Feuser hinzugezogen, die bereits Kraftwerkanlagen wie z.B. das Heizkraftwerk München Nord entworfen hatten und den finalen Entwurf für das Kraftwerk Schwarze Pumpe lieferten.
Die Planungsziele legte Gerhard Feuser in seinem Beitrag Neue Wege in der Kraftwerksarchitektur (1998) ausführlich dar. Zusammenfassend lässt sich konstatieren, dass das Konzept als gestalterische Lösungsfindung der Negativkritik an Kraftwerkanlagen entgegenwirken sollte. Demzufolge wurde der Kraftwerkkomplex als eine zusammenhängende Baukubatur konzipiert, deren ruhige und klare Silhouette mit sparsamer Ausformung und Gliederung auf Nah- und Fernwirkung der Anlage ausgelegt war. Die Funktionsbereiche der beiden Kraftwerkblöcke sind zu einem geschlossenen Baukörper zusammengefasst, der in Gleichbehandlung aller Bauteile vollständig in Trapezblechverkleidung gehüllt ist. Mit der reflektierenden Oberflächenbeschaffenheit von Aluminium, heller Farbe und weichen Konturen fügt sich die Baumasse in den Landschaftsraum ein. Dabei ist die umgebende Grünzone mit Baumreihen und Bepflanzung Teil der Planung von Angerer und Feuser.
In einem Radius von etwa 10 km dominiert das Kraftwerk den Landschaftsraum südlich von Spremberg und wirkt noch weit darüber hinaus als Landmarke. Durch die fensterlose Fassade und die sparsame Gliederung ist kein Maßstab für die Einschätzung der tatsächlichen Größe des Gebäudes gegeben. Dabei stellt das Kesselhaus mit einer Höhe von 161,5 m nach Angaben der Leag das höchste Gebäude in Brandenburg dar.
Die planmäßige Stilllegung des auf Braunkohle basierenden Kraftwerks Schwarze Pumpe ist nach Beschluss vom 16.01.2020 auf das Jahr des Kohleausstiegs datiert. Perspektivische Planungen für ein Wasserstoffkraftwerk, das am Standort Schwarze Pumpe als Referenzkraftwerk dienen soll, wurden bislang nicht realisiert.
Datierung:
- Errichtung: 1993-1998
- Inbetriebnahme: 1997
Quellen/Literaturangaben:
- Markus Otto: Werk + Architektur, in: Vattenfall (Hg.): Schwarze Pumpe, Forst 2005, S. 96-123.
- Günter Bayerl: Werk + Geschichte, in: Vattenfall (Hg.): Schwarze Pumpe, Forst 2005, S. 30-51, hier: S.47-50.
- Gerhard Feuser: Neue Wege in der Kraftwerksarchitektur, in: VEAG (Hg.): Die Braunkohlenkraftwerke der VEAG, Wien 1998, S. 126-140.
- Rainer Hoeppchen und Horst Mayer: Metallfassaden, Dacheindeckung, Industriebau, in: VEAG (Hg.): Die Braunkohlenkraftwerke der VEAG, Wien 1998, S. 396-398.
- Markus Otto, Lars Scharnholz und Nadine Wichote (Hg.): Nachkriegsmoderne. Umgang mit dem Bauerbe der Nachkriegsmoderne (1945–1965) in den postsozialistischen Ländern Europas, Forst 2006, S. 30.
- Torsten Meyer: Werk + Technik, in: Vattenfall (Hg.): Schwarze Pumpe, Forst 2005, S. 74-95, hier: S. 88-89.
- Hans Mandel: KW Schwarze Pumpe, in: VEAG (Hg.): Die Braunkohlenkraftwerke der VEAG, Wien 1998, S. 94-109.
- Klaus von Dornick, Horst Feuser: Das 2 x 800 MW Braunkohlekraftwerk Schwarze Pumpe der VEAG. Planung und Bau des ersten Braunkohlekraftwerkes in den Neuen Bundesländern mit neuester Technologie, in: VEAG (Hg.): Die Braunkohlenkraftwerke der VEAG, Wien 1998, S. 215-222.
BKM-Nummer: 32000506
(Erfassungsprojekt Lausitz, BLDAM 2023)