Entwicklung der Schuhindustrie in Pirmasens

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Fachsicht(en): Landeskunde
  • Seite "Interaktive Zugänge und Quizzes zur Schuhindustrie in Pirmasens" (2023)

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  • Historische Filmaufnahmen der Schuh und Ledermesse in Pirmasens (1950)

    Historische Filmaufnahmen der Schuh und Ledermesse in Pirmasens (1950)

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  • Historische Filmaufnahmen (ohne Ton) mit Einblicken in die Schuhfertigung (Lederverarbeitung) in einer Schuhfabrik in Pirmasens (1950er Jahre)

    Historische Filmaufnahmen (ohne Ton) mit Einblicken in die Schuhfertigung (Lederverarbeitung) in einer Schuhfabrik in Pirmasens (1950er Jahre)

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  • Historische Filmaufnahmen der Internationalen technischen Fachmesse "Schuh- und Lederschau" in Pirmasens (1953)

    Historische Filmaufnahmen der Internationalen technischen Fachmesse "Schuh- und Lederschau" in Pirmasens (1953)

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  • Historische Filmsequenz (ohne Ton) in der ein Arbeiter einen Schuh zwickt, also Oberschuh und Sohle miteinander verbindet (1950er Jahre)

    Historische Filmsequenz (ohne Ton) in der ein Arbeiter einen Schuh zwickt, also Oberschuh und Sohle miteinander verbindet (1950er Jahre)

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  • Ein Arbeiter der Rheinberger AG in Pirmasens bedient die Radpresse für die Herstellung von Sohlen (1930er/1940er Jahre)

    Ein Arbeiter der Rheinberger AG in Pirmasens bedient die Radpresse für die Herstellung von Sohlen (1930er/1940er Jahre)

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  • Arbeiterinnen (Stepperinnen) in einer Halle der Rheinberger AG (1930er/1940er Jahre)

    Arbeiterinnen (Stepperinnen) in einer Halle der Rheinberger AG (1930er/1940er Jahre)

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    Arbeiter (Zuschneider) in einer Halle der Rheinberger AG (1920er Jahre)

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  • Montageraum der Firma Schön & Cie GmbH in der Teichstraße in Pirmasens (frühe 1950er Jahre)

    Montageraum der Firma Schön & Cie GmbH in der Teichstraße in Pirmasens (frühe 1950er Jahre)

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  • Die Pirmasenser Gästeführerin Ute Jaquet-Wagner erzählt von der jüdischen Familie Eugen und Pauline Mandel an der ihnen gewidmeten Gedenktafel in der Teichstraße in Pirmasens (2023)

    Die Pirmasenser Gästeführerin Ute Jaquet-Wagner erzählt von der jüdischen Familie Eugen und Pauline Mandel an der ihnen gewidmeten Gedenktafel in der Teichstraße in Pirmasens (2023)

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  • Wolfgang Brendel erzählt über die Entwicklung der Pirmasenser Schuhindustrie (2023) (2023)

    Wolfgang Brendel erzählt über die Entwicklung der Pirmasenser Schuhindustrie (2023) (2023)

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  • Wolfgang Brendel erzählt über Kredite und Finanzierung der Schneiderbank für die Pirmasenser Schuhindustrie (2023)

    Wolfgang Brendel erzählt über Kredite und Finanzierung der Schneiderbank für die Pirmasenser Schuhindustrie (2023)

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  • Pirmasens - virtuelle Stadtführung durch die Zeit (2022)

    Pirmasens - virtuelle Stadtführung durch die Zeit (2022)

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„Aus der Not eine Tugend gemacht“. Wenn man sich mit Pirmasens und den Anfängen der Schuhindustrie beschäftigt, so bringt dieser Satz vordergründig betrachtet die Entwicklung auf den Punkt. Doch es steck mehr dahinter. Dies erkennt man bald, wenn man Gründe sucht, wie Pirmasens zur Deutschen Schuhmetropole werden konnte.

Entstehung des Schuhmachergewerbes in Pirmasens
Frühe Schumacherei
Schwere Zeiten
Die Wirtschaft nimmt Fahrt auf
Entwicklung der Sohlenfertigung
Wandel der heimischen Wirtschaft
Entwicklung des Absatzmarktes
Die Fabriken entstehen - der Boom beginnt
Technische Innovationen steigern die Produktivität
Internationale Positionierung - Chancen und Herausforderungen
Mit der Wirtschaft entwickeln sich Stadt und soziales Gefüge
Erster Weltkrieg und Weimarer Republik
Zweiter Weltkrieg beendet die „goldene Zeit“
Die Nachkriegszeit bringt kurzzeitige Erholung
Weniger ist mehr - die jüngsten Entwicklungen
Internet

Entstehung des Schuhmachergewerbes in Pirmasens
Am 2. Dezember 1764, die Zeit der ersten Garnison Hessen-Darmstadts in Pirmasens, erhielten die schlecht besoldeten Grenadiere und Husaren gegen den Erwerb des Bürgerrechtes die Erlaubnis nebenberuflicher Arbeit nachzugehen. 1790 folgten die Rechte der Schuhmacherzunft. Im Vergleich zu anderen Städten hatte Pirmasens zu dieser Zeit nicht mehr und nicht weniger Schuhmacher. Bot sich doch als Absatzmarkt lediglich das hier ansässige Militär. Aufgrund der topographischen Lage von Pirmasens, konnten sich in den umliegenden Kerbtälern hervorragend Gerbereien ansiedeln. Gegerbt wurde damals noch mit 15-20-jähriger Eichenrinde, die in den umliegenden Mühlen zur Lohe gemahlen wurde. War diese nach der Gerbung ausgelaugt, so kamen Frauen und Kinder zum Einsatz, die sogenannten „Lohkeesdreppler“. Sie stampften die Lohe ein zu Lohkuchen, der sich hervorragend als Brennmaterial eignete. In den Akten des Stadtarchivs findet sich für 1771 die Bestätigung der Gerberzunft durch Ludwig IX.

Frühe Schumacherei
Von 1764 bis 1790 fertigten hauptsächlich die Pirmasenser Grenadiersfrauen Schuhe aus Wolle. Hauptlieferant war der aus Offenbach zugezogene Unternehmer Sturmfels, der beachtlicher Weise 1791 bereits 400 Arbeiter beschäftigte. Es entstand dabei ein Schuh aus Tuchabfällen in Wendearbeit. Die Sohle aus Stoff und das Oberteil wurden zusammengenäht und danach gewendet, so dass die Naht innen war. Dieser Schuh war nicht sehr haltbar und erhielt im Volksmund den Namen „Salwendsocken“, wobei Salwend für Tuchabfälle steht.

Schwere Zeiten
Als 1790 die Garnison, nach dem Tode des Stadtgründers Ludwig IX., zurück nach Darmstadt verlegt wurde, herrschte große Not in Pirmasens. Aus dieser Not heraus entwickelte sich ein reger Handel mit den kurzlebigen „Salwendsocken“. Gehandelt wurde neben den leichten Schuhen auch mit Bildern. Mit der Besetzung von Pirmasens 1793-1795 durch die Franzosen wurde dieser Handel unterbrochen. Wiederum verarmte die Bevölkerung. Als Messschnur können hier die Abgaben zur Requisition dienen. Die Pirmasenser zahlten 2.500 Francs. Im Gegensatz dazu wurden in Zweibrücken 40.000 Francs fällig. Die Armut ließ die „Öffentliche Sicherheit“ ins Wanken geraten. Die Franzosen sahen sich gezwungen, die Polizeikontrollen zu verstärken und ein Kantonsgericht in Pirmasens einzusetzen.
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Die Wirtschaft nimmt Fahrt auf
Unter dem Schutz des Kantongerichts erhöhte sich die Zahl der Schuhmacher von fünf im Jahr 1795 auf 19 im Jahr 1800. 1801 wurde die Stadt durch den „Frieden von Lunneville“ Frankreich zugeschlagen und ein Jahr später erhielten die Pirmasenser Gewerbefreiheit. Dieser Umstand begünstigte das Handwerk und so zählte man in diesem Jahr 46-50 leichte und schwere Schuhmacher. Leichte Schuhmacher stellten die eingangs beschriebenen Wollschuhe her. Schwere Schuhmacher fertigten Schuhe aus Leder. Die unbeschränkte Zollfreiheit vergrößerte den Absatzmarkt. Das billige Schuhwerk aus Pirmasens überschwemmte regelrecht den Markt und andere Schuhmacher zum Beispiel aus Baden hatten sich dagegen zu wehren. Sie erwirkten bei der herzoglich-badischen Regierung ein Einreiseverbot für Pirmasenser Marktläufer und Schuhverkäufer. Nur mit List war dieses Verbot zu umgehen. Nun wurden nicht mehr nur einzelne Schuhpaare verkauft, sondern gleich der ganze verplombte Schuhkorb.

Entwicklung der Sohlenfertigung
Preissenkungen beim Leder ermöglichten 1810 den leichten Schuhmachern die Verarbeitung einer Roß- später einer Schafsledersohle. Als Begründer dieser Technik sieht man in den Pirmasenser Analen den Schuhmacher Jean Joß an. Der Sage nach soll er das Leder aus Frankreich mitgebracht haben. Bereits 1809 sei seine Frau mit einem Korb dieser neuen Schuhe in die Rheinprovinz gewandert. Ihnen hätten es dann viele nachgemacht und der Schuhhandel in Pirmasens nahm seinen Anfang. Amtlich ist diese Legende jedoch nicht. Es gibt im Standesamtsregister zwar einen Schuhmacher mit Namen Joß, geboren 1779 in Brechttal, 1806 mit Katharina Lambersheimer in Pirmasens verheiratet und im Oktober 1818 nach Straßburg ausgewandert, über seine ruhmreichen Taten ist jedoch nichts vermerkt. Ob er wirklich existierte oder nicht, sein Denkmal ziert heute in der Pirmasenser Fußgängerzone den Schusterbrunnen.
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Wandel der heimischen Wirtschaft
Die Entwicklung in der Sohlenfertigung schadete natürlich den Wolllieferanten. So beschäftigte der bekannteste Wolllieferant Sturmfels in dieser Zeit nur noch 170 Arbeiter und Gesellen. Gerbereien hingegen nahmen ihren Aufschwung. 1812 verzeichnete man 3 Rotgerber und einen Weißgerber, die alleinig Betriebe in Pirmasens und in der Pfalz belieferten. Dies zeigt deutlich die enge Wechselwirkung zwischen den drei Erwerbszweigen. Mit dem Aufstreben der Lederverarbeitung starben die Wolltuch- und Wollschuhfabrikation in Pirmasens langsam aus. Die Zahl der Bevölkerung hatte sich von ehemals 9 000 EW im 18. Jahrhundert, als es noch ausreichend Arbeit und Brot gab, bei rund 4 900 EW im Jahr 1815 eingependelt. Weitere Gewerbezweige, wie die Färberei und der Handel erstarkten.

Entwicklung des Absatzmarktes
Neben der Pfalz wurde Frankreich zum Hauptabnehmer für Pirmasenser Schuhe. Gefolgt von Holland und der Schweiz. Mit den Freiheitskriegen versiegte der Absatzmarkt in Frankreich und die Missernte von 1816/17 tat ihr Übriges, um die Schuhindustrie ins Wanken zu bringen. Ein neuer Absatzmarkt entwickelte sich, wenn auch nicht in gleicher Stärke, in Preußen. Durch die freiheitliche Handhabung bei der Gewerbesteuer konnte einiges gerettet werden. 1819 sind nur noch 60 Schuhmacher in der Stadt.
Im Jahr 1830 waren 150 Schuhträgerinnen, Frauen und Mädchen aus Pirmasens, unterwegs. Der Bürgermeisterbericht schilderte folgende Wegstrecken: Sechs bis acht Wochen in die Schweiz, ins Badische 14 Tage, ins Württembergische drei Wochen, Ober- und Untermainkreis drei Wochen, nach München vier bis fünf Wochen und nach Hessen 18 Tage. Wesentliche Erleichterung brachte die Staatsstraße zwischen Zweibrücken - Pirmasens und Landau mit sich, da nun für den Transport auch Fuhrwerke eingesetzt werden konnten. Neue Techniken förderten wiederum den Absatz. So z. B. die Kederschuhe: Mit einem Lederriemen wurde die Wendearbeit erst nach dem Umstülpen des Schuhs an der Ferse verschlossen und mit der Sohle verankert. Diese Schuhe fanden Liebhaber bis nach China. Die Bevölkerung entwickelte sich rasch, 1830 zählte man noch 4.990 Einwohner. 1840 waren es schon 6.410. Zu den Schuhmachern gesellten sich nun Handelsleute, Kaufleute und Schuhartikelhändler. Die mittlerweile 11 Rotgerbereien bildeten wegen des hohen Anlagevermögens immer wieder den Rückhalt der Schuhmacherei, die manchen Schwankungen unterlag. In dieser Zeit kam dem in der Familie geführten Betrieb große Bedeutung zu. Das konstante Interesse am Fortgang des Betriebes und der Verzicht auf Gewinn in wirtschaftlich schlechteren Zeiten, waren die Grundlage beim Aufbau der Schuhproduktion.
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Die Fabriken entstehen - der Boom beginnt
In der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts gründete Peter Kaiser im Alter von 22 Jahren seine Schuhfabrik. Er war einer der ersten, die 1843 nach Übersee exportieren. Auch die Schuhverpackung wurde natürlich in Pirmasens z. B. durch die Fa. Gundelwein hergestellt. Sie bestand aus mit Zink ausgeschlagen großen, doppelten Holzkisten. Geliefert wurde nach Griechenland, in den Balkan, nach Amerika und Australien. Die Branche boomte und 1854 lag in Pirmasens die Tagesproduktion bei 150 Dutzend Paar Schuhen. Eine Eigenart sei hier schnell erzählt: In Pirmasens wurden die sogenannten Brotbücher eingeführt. Das heißt der Schuhmacher fertigte seine Schuhe und brachte diese zur Fabrik. Der Meister trug in das sog. Brotbuch die Entlohnung dafür ein und der Schuhmacher konnte aufgrund dieser Eintragung im Kramladen anschreiben lassen. Wurden die Schuhe verkauft erhielt der Schuhmacher seinen Lohn, den er umgehend an den Krämer ablieferte. Problematisch wurde dieses System, wenn der Meister den Kramladen selbst unterhielt und den Schuhmacher verpflichtete bei ihm einzukaufen. Dieses Trucksystem ist auch aus England bekannt. In der Folge war die Herstellung von Lederschuhen rückläufig. Die Entlohnung war mäßig und so setzte die Auswanderungswelle in die Schweiz, nach Frankreich und auch letztlich nach Amerika ein. Diese Auswanderer hielten weiterhin Kontakt und förderten den Absatz von Schuhen z. B. in Konstantinopel, Tunis, in den Orient, Neuseeland, Brasilien, Argentinien, Chile, Peru und Bolivien.

Technische Innovationen steigern die Produktivität
Nach der Entstehung der sogenannten Manufaktur ging die Entwicklung der Schuhindustrie in die nächste Stufe. Kaufmännisch geführte Betriebe arbeiteten dabei als Mischgeschäfte. Solche Betriebe nahmen sowohl eigene Arbeit an, versorgten aber gleichzeitig Material für andere, die dafür nach 1-2 Tagen fertige Schuhe oder Schuhteile lieferten. Somit wurde der Absatz auf Bestellung gefördert und die Einrichtung von Schuhverkaufsgeschäften. Die Erfindung verschiedener Maschinen, wie der Holznagelmaschine, der Nähmaschinen und der Stifteschneidemaschine tat ihr Übriges, um die Produktion effektiver zu machen. 1860 konnte deshalb eine deutliche Produktionssteigerung erreicht werden ohne dass sich die Zahl der Schuhmacher erhöht hätte. Im Zuge dieser Entwicklungen war die Zahl der Schuhverkäuferinnen rückläufig. In den 80iger Jahren ging sie dann gegen Null. Eingesetzt wurden sie nur noch von Kleinstbetrieben. Noch immer ließ die Qualität der Pirmasenser Schuhe zu wünschen übrig. Dies besserte sich nachhaltig, als die Fabrikschuhe aufgrund der besseren Technik das Niveau der Handproduktion erreichten und auch preislich mit diesen gleichzogen. Immer mehr Arbeitnehmer waren nun in Fabriken angestellt. Es gab nur noch wenige kleine Meisterbetriebe. Der Verkauf lief über die Musterproduktion, die durch Handelsreisende angeboten wurden. Die Herstellung des Lederschuhs gewann mehr und mehr an Bedeutung und die Arbeitnehmerlöhne stiegen. Südamerika war mittlerweile der Hauptabsatzmarkt der Pirmasenser Schuhindustrie geworden. Begünstigend kam hinzu, dass 1864 die Bahnlinie eröffnet wurde.
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Internationale Positionierung - Chancen und Herausforderungen
Zur Weltausstellung in Wien 1872 wurden auch Pirmasenser Schuhmacher eingeladen. Diese lehnten die Teilnahme mit der Begründung ab, dass sich der Bekanntheitsgrad nicht mehr erhöhen könnte, da sie bereits heute die größten Umsätze machen würden. Nur auf eindringliches Bitten konnten sie doch noch zu einer Teilnahme bewogen werden. Bereits 1875 beklagten sich die Pirmasenser über die schlechte Verkehrsanbindung. Mit der Umstellung auf die Mackay-Maschine (Riss), die die Wendearbeit abschaffte und den Ganzlederschuh forcierte, mussten mehr und mehr Zulieferstoffe, wie Leder, aus dem Ausland eingeführt werden. Zu dieser Zeit schlug sich zum ersten Mal das Problem der Auslandszölle nieder.

1897 siedelten in Pirmasens 3.846 Schuhmacher bei 8.110 Einwohnern. Im Vergleich zu anderen schuhproduzierenden Städten lag Pirmasens damit weit vorne. Borne bei Leipzig wies z. B. 2.143 Schuhmacher bei 3.050 Einwohnern auf. Dies zeigt auch welch hohe Beschäftigungsrate die Schuhindustrie in dieser Zeit bieten konnte. Die Konkurrenz um 1900 war sehr groß. Durch eine Qualitätssteigerung gelang es den Pirmasensern Österreich als Hauptabsatzmarkt zu gewinnen. In den Ländern, in denen Einfuhrzölle bestanden, versuchten die Pirmasenser Fabrikfilialen zu gründen, um der Besteuerung zu entgehen.

Mit der Wirtschaft entwickeln sich Stadt und soziales Gefüge
Die Einführung der Gas- und Dampfmaschinenkraft trieb die Produktion weiter voran. Weitere Zulieferbetriebe siedelten sich an. Kartonagefabriken, Schuhausputzer, Nähmaschinenhandlungen (z. B. Fa. Pfaff in Kaiserslautern) und Lederhandlungen. Pirmasens überzeugte durch seine günstige Lage zwischen dem Absatzmarkt in Frankreich und dem in der Vorderpfalz. Zudem wirkte sich die Grenzlage günstig auf das Lohnniveau aus. Kleineren Krisen wurden hier von im Familienverbund organisierten Fabriken besser verkraftet als in anderen Gegenden. Die Löhne der Schuhfabrikarbeiter waren höher als die der Landarbeiter. So hatte Pirmasens keine Probleme bei steigender Nachfrage Arbeiter anzuwerben. Das Produkt Schuhe war im Übrigen leicht und günstig zu transportieren. Dies machte diese Industrie weitgehend standortunabhängig. Lediglich die Bahn wurde gebraucht.

Mit der steigenden Zahl der Arbeitnehmer begann die Organisation in Vereinigungen. 1889/90 wurde der Gewerkschaftsverein dt. Schuh- und Lederarbeiter Hirsch-Duncker, Ortsverein Pirmasens gegründet und am 26. 6 1890 der Gegenpol der „Verein Schuh- und Schäfte- und Absatzfabrikanten“. In den Folgejahren 1903, 1907 und 1910 wurden verschiedene Streiks, die jeweils mit Aussperrung der Arbeitnehmer endeten, vermerkt. Dennoch verkürzte sich die Arbeitszeit von 11,5 Stunden auf 9 Stunden pro Tag. Mehr und mehr wurden in den umliegenden Dörfern Filialproduktionsstätten errichtet, um den Bedarf an Arbeitern zu decken.
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Erster Weltkrieg und Weimarer Republik
Einen großen Einbruch erlebte die Schuhindustrie in der Zeit des Ersten Weltkrieges (1914-1918). So gut es ging übernahmen die Frauen die Arbeitsplätze der eingezogenen Männer. In der Nachkriegszeit herrschte Rohstoffmangel und eine von außen auferlegte Arbeitszeit- und Produktionsreduzierung. Es blühte das Gewerbe der „illegalen Kellerfabrikation“. Die sich andeutende Hochkonjunktur wurde durch die Inflation schnell gestoppt. Hier sei erwähnt, dass Pirmasenser Notgeld natürlich mit Schuhsymbolen bedruckt und geprägt wurde. Die hohen Zölle verhinderten die Steigerung des Absatzes. Trotzdem erholte sich die Industrie. Waren 1923 noch 76 Betriebe verzeichnet, so stieg die Zahl 1924 auf 356 Betriebe. Mit der Überschwemmung des Marktes mit billigen tschechischen Produkten wurde das Ende der Schuhproduktion in Pirmasens in großem Stil eingeleitet. Die allgemeine Weltwirtschaftskrise war zu spüren. Die Aufträge der Regierung flossen nicht nach Pirmasens, weil die Grenzlandlage zu unsicher war.

Zweiter Weltkrieg beendet die „goldene Zeit“
Mit der Kriegserklärung an Frankreich und England wurde die Stadt am 1.9.1939 evakuiert. Ganze Fabriken versuchte man umzulagern. Fa. Rheinberger ging nach Offenbach und die Fa. Kopp kam in Nürnberg unter. Die Rückbesiedlung erfolgte nach dem Ende des Frankreichfeldzuges im Jahr 1940. Mit der Bombardierung 1944 und 1945 kam das Aus für viele Fabriken. Die Zerstörung war so groß das teilweise erst mit jahrelanger Verspätung die Aufräumarbeiten begonnen werden konnten. Die Zugehörigkeit zur Französischen Zone beschränkte den Markt und förderte die Demontierung. Aus allen Fabriken wurden die gleichen Maschinen herausgenommen und dadurch die Produktion lahmgelegt. Hinzu kam, daß die Französische Militärregierung die Produktion beschränkte. Lediglich 19 Betriebe sollten eine 10 % Leistung von 1936 erbringen. Nach zähen Verhandlungen gelang die Erhöhung auf 30 Betriebe und schließlich auf 150. Diese versuchten alle übrigen Firmen in sogenannten Patenschaften an der Produktion zu beteiligen. Rohstoffkürzungen und die fehlenden Absatzmärkte engten die Produktion auf 40 % ein. Man plünderte vollends die Lager und beschränkte sich auf die Fertigung einzelner Schuhteile.
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Die Nachkriegszeit bringt kurzweilige Erholung
Zum Zeitpunkt der Währungsreform waren die Pirmasenser Betriebe vollends „enthortet“. Bis 1959 blieb der Markt uneinheitlich und gekennzeichnet von Kurzarbeit und hektischer Überproduktion. Ordnend wirkte der Aufbau der Pirmasenser Messe. Aus kleinen Anfängen kurz nach dem Krieg 1949 entwickelte sich die international anerkannte „IMS - Internationale Messe für Schuhproduktion“. Flankiert von „PLW - Pirmasenser Lederwoche“ und „PSM - Pirmasenser Schuhmusterung“ machte die Messe den Standort Pirmasens weltbekannt. Die 1936 gegründete Deutsche Schuhfachschule, die sich die Qualifizierung des Nachwuchses auf die Fahnen geschrieben hatte, fand nun ebenso weltweiten Zuspruch. Gut in Pirmasens ausgebildete Konkurrenz machte in der Folge Ansprüche auf Marktanteile geltend und konnte nicht mehr verdrängt werden.

Weniger ist mehr - die jüngsten Entwicklungen
War zu Anfang Pirmasens noch mit 50 % der Herstellung der deutschen Damenlederschuhe beteiligt, so wurde dieser Anteil mit den Jahren immer kleiner. Die Innlandumsätze lagen 1978 noch bei 22,2 %. Im Jahr 1994 sanken sie auf 9,2 %. Die Zahl der Beschäftigten ging um 13 000 auf rund 7 000 im Jahr 1994 zurück. 125 Schuhfabriken mußten schließen, es blieben nur noch 68. Der Rückwärtstrend in der Schuhindustrie war nicht mehr zu stoppen. Kapitalabfluss gefährdete die verbliebenen Betriebe.
Eine letzte Chance sahen viele in der Verlagerung geeigneter Produktionsteile ins Ausland, um dort die günstigen Standortfaktoren, wie Billiglöhne zu nutzen und gleichzeitig die Vorteile des deutschstämmigen Unternehmens nicht zu verlieren. Andere Unternehmen setzten auf Spezialisierung und Nischenproduktion. Unter dem Motto „Qualität vor Quantität“ werden heute in Pirmasens hochwertige Schuhe hergestellt, die ihren Markt haben. Die Unternehmer vereinigen gewachsenes Know-how mit dem Mut zu Innovationen, was ihren Firmen derzeit einen Platz am Markt sichert und gute Perspektiven für die Zukunft schafft.
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(Heike Wittmer, Stadt Pirmasens, 2023)


Internet
de.wikipedia.org: Geschichte der Schuhindustrie in Pirmasens (abgerufen 17.11.2023)
www.swr.de: Jeder zweite Schuh kam einmal aus der Schuhstadt - Aufstieg und Fall der einstigen Schuhmetropole Pirmasens (abgerufen 17.11.2023)
schuhstadt-pirmasens.de: Schuhstadt Pirmasens (abgerufen 17.11.2023)
www.regionalgeschichte.net: Geschichte der Stadt Pirmasens (abgerufen 17.11.2023)
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Entwicklung der Schuhindustrie in Pirmasens

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Heike Wittmer (2023), „Entwicklung der Schuhindustrie in Pirmasens”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-345930 (Abgerufen: 6. Dezember 2024)
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