Der Architekt Ludwig von Stempel
Baustil und Bauzierde der Alten Post
Der Schnellnachrichtenverkehr
Die späten Jahre als Postamt
Die Suche nach einer neuen Funktion
Umwandlung in ein Kulturzentrum
Räumliche Lage und Erreichbarkeit
Kulturdenkmal
Internet
Der Architekt Ludwig von Stempel
Architekt der Alten Post war Ludwig Stempel, später Ludwig Ritter von Stempel (1850-1917). Er war von 1888-1897 Vorstand des Landbauamtes Kaiserslautern. Unter seiner Bauleitung entstand nicht nur das Königlich Bayerische Postamt, sondern auch das Königlich Bayerische Bezirksamt und Amtsgericht in der heutigen Bahnhofstraße. während der Bauzeit des Postgebäudes in Pirmasens führte er noch vier weitere Bauwerke aus, beispielsweise in Kaiserslautern die Kottenschule (1891-93), das Rentamt und die Villa Munzinger (beide 1892/93) sowie das Polizeipräsidium (früheres Bezirkskommando, 1893). Seine rege Tätigkeit brachte ihm 1915 die Beförderung zum Ministerial-Direktor und Vorstand der Obersten Baubehörde in München, wo er von König Ludwig III. in den Adelsstand erhoben wurde. Seinen größten Wirkungskreis hatte Stempel in Kaiserslautern, wo die Evangelische Apostelkirche nach seinen Entwürfen entstand. Stempel ist auch der Planer des Humbergturms nahe Kaiserslautern. Ebenfalls in Kaiserslautern baute er drei Jahre vor dem Bau des Postgebäudes in Pirmasens im Jahre 1890 die Hauptpost. Die ausgeprägte Renaissance der Postbauten, sowohl in Pirmasens als auch in Kaiserslautern, ist vermutlich auf den Einfluss von Gustav von Neureuther (1811- 1887) zurückzuführen, der als „Professor für Civilbaukunde“ an der Technischen Universität in München lehrte. Stempel erhielt dort im Jahre 1877 das Staatsexamen. Neureuther gilt als Vertreter der Neorenaissance, zu deren bekanntesten Bauwerken das Reichstagsgebäude in Berlin gehört.
Baustil und Bauzierde der Alten Post
Als Bauwerk des Historismus vereint die Alte Post Motive aus der italienischen und französischen Renaissance. Architektonisches Hauptmotiv bilden die drei großen Torbogen, die den öffentlichen Charakter des Gebäudes unterstreichen. Über den Torbogen thronte einstmals die „Löwengruppe“, ein stark plastisches Relief mit schildhaltenden Löwen. Dieses wurdes von dem Kaiserslauterer Bildhauer Karl Menges (1853-1937) in Anlehnung an das große bayrische Staatswappen gestaltet. Im Jahre 1932 wurde die Löwengruppe aus Gründen der Verkehrssicherheit abgenommen. Danach stand das Relief vor der Hofabschlussmauer linksseitig der Einfahrt zum Posthof noch bis ins Jahr 1981. Nach Restauration war die Löwengruppe für die Fußgängerzone eingeplant in der Nähe des Schusterbrunnens. Vermutlich gehen auch die zwei weiblichen Figuren in den Bogenzwickeln des mittleren Tors auf sein Schaffen zurück. Es handelt sich dabei um allegorische Darstellungen für Industrie und wirtschaftliche Prosperität (Gross-Roath 2005). Die Bauzierde nimmt Bezug auf die Funktion des Gebäudes, so in dem 50 cm hohen und 34 Meter langen Mosaikfries, der unter der Dachtraufe verläuft und diverse Motive aus dem Postbetrieb zeigt. Er war 1893 von einem unbekannten Künstler entworfen worden. Der Fries besteht aus rund 250.000 Mosaiksteinen, ca. 15.000 Steine pro Quadratmeter und wurde von der Firma Villeroy & Boch erstellt. Diese Firma übernahm auch bis zur Wiedereröffnung der Alten Post die Restaurierung anhand archivierter Auftragsbücher. Das Schmuckband war gegen Ende des Zweiten Weltkriegs teilweise zerstört worden. Herzstück des Gebäudes bildet der Kuppelsaal, heute Elisabeth-Hoffmann-Saal. In diesem Saal befand sich einst die Pakethalle, die man durch die großen Torbogen betrat. Der 20,3 x 13,8 m große Raum streckte sich über die gesamte zweistöckige Gebäudehöhe und war durch eine mit Dekorationsmalerei verzierte Stuckdecke überspannt. In den 1930er Jahren wurde der Raum durch Einbau einer Stahlbetondecke in zwei Geschosse unterteilt. Die Stuckdecke selbst erhielt durch Einbau einer Blende großen Schaden, sodass sie trotz Bemühungen während der Zeit der Instandsetzung nicht restauriert werden konnte. An ihrer Stelle befindet sich heute eine originalgetreue Nachbildung der Kassettendecke.
Der Schnellnachrichtenverkehr
Für die Zeit vor dem Zweiten Weltkrieg versteht man darunter die Anlagen für Telegrafen und Fernsprecher. Bereits 1918 waren in der Pfalz 942 Telegrafenanstalten verzeichnet, die durch 748 öffentliche Telefonstellen ergänzt wurden. Nach der Saargebietsabtretung verringerte sich diese Zahl um 80 bzw. 65 Stellen. Nachdem die Inflation gestoppt wurde entwickelte sich das Fernsprechwesen rasant.
Vergleich:
Art | 1920 | 1928 |
Fernleitungen | 261 | 475 |
Davon Mehrfachschaltungen | 64 | 72 |
Drahtlänge in km | 11.265 | 19.067 |
Hauptanschlüsse | 10.640 | 18.774 |
Nebenanschlüsse | 5.380 | 10.815 |
Selbstanschlusssystem, d. h. ohne das Fräulein vom Amt, wurde 1925/26 in Ludwigshafen und Neustadt eingeführt und 1928 in Landau. 1925 gelang es auch mit Zustimmung der Besatzung den Rundfunk in der Pfalz einzuführen. Im Jahr 1928 bediente der auf den Höhen von Kaiserslautern aufgestellte Rundfunksender 9.481 Anschlüsse. Damit gelang der Post eine Verbindung beider Teile Bayerns, so dass in Pirmasens die Übertragung der Münchner Staatsoper zu hören war. Die Post war es auch, die bei ihren eigenen Oberpostdirektionen Hochbaureferate einführte, die sich um die Errichtung der Postgebäude, sowie die Errichtung von Wohnblöcken der Baugenossenschaft mit 30 Wohnungen kümmerte. Heute ist der Baukörper im Schachen noch vorhanden, wenn auch umgestaltet.
Die späten Jahre als Postamt
Bereits 1927 wurde mit dem Bau der „Neuen Post“ begonnen. Die Räumlichkeiten der Alten Post waren für den weiter ansteigenden Postverkehr und die zusätzlichen Dienstleistungen nicht mehr ausreichend. Zudem mussten neue technische Voraussetzungen geschaffen werden, so wurde die Neue Post mit einer zeitgemäßen Paketförderanlage ausgestattet. In der Alten Post verblieben die Fernmeldedienststellen und die Kraftpoststelle. Die bisherigen Paketposträume wurden abgerissen, an der Stelle entstand der Kraftposthof. 1930 war Pirmasens einer der größten Kraftpoststützpunkte Deutschlands. Das Gebäude wurde als Wartesaal, Telefonzentrale, Kraftpostverwaltung und Lager genutzt. Diese diverse Nutzung führte zahlreiche bautechnische Veränderungen mit sich. Die Nutzlast der Betondecke im Erdgeschoss wurde 1960 durch den Unterbau einer Stahlträgerkonstruktion von 500 kg/qm auf 800 kg/qm verstärkt. Durch die ständige Erweiterung des Telefonnetzes mussten die technischen Einrichtungen der Post mitwachsen. Bereits 1955 wurden im nördlichen Gebäudeflügel mehrere Zwischenwände entfernt und durch Stahlstützen ersetzt. Der Wählersaal der Telefonzentrale wurde mehrfach erweitert. Die Eingriffe in die Gebäudestatik und der Einsatz provisorischer Wand- und Deckenaufbauten machten während der Instandsetzungszeit Kernbohrungen notwendig, um die Bausubstanz zu erkunden. Bis 1976 wurde das Gebäude von der Post genutzt. Die letzte bauliche Veränderung erfolgte 1969 durch Installation einer Lüftungs- und Klimaanlage, wodurch die Fassade des Gebäudes in starke Mitleidenschaft gezogen wurde.
Die Suche nach einer neuen Funktion
Ab 1976 stand das Gebäude leer, wenn man davon absieht, dass die Alte Post für sieben Monate (ab dem 29. Januar 1979) provisorisch als Schalteranlage für sieben Monate absieht. Grund hierfür waren Umbauarbeiten an der Hauptpost. Bald kamen in den 1980er Jahren die ersten Vorschläge auf, die Alte Post zum Städtischen Museum umzufunktionieren. Ziel war es, für die angewachsenen Sammlungen der Stadt eine angemessene Unterbringung zu finden und den Standort Pirmasens durch ein größeres museales Angebot zu stärken. Ermöglicht wurde das Vorhaben durch die Erbschaft Elisabeth Hoffman, geb. Siring (1906-1978), die ihren gesamten Besitz im Wert von 2 Millionen DM der Stadt Pirmasens vermachte. Nach Beschluss vom 10. März 1986 zum Ankauf der Alten Post und Umbau zum Kulturzentrum folgten angeregte Diskussionen, in welchem Rahmen die Umgestaltung stattfinden sollte. Mehrere Nutzungskonzepte wurden entworfen, die neben der Wirtschaftlichkeit des Gebäudes die Erlebbarkeit Pirmasenser Geschichte, auch in Hinsicht der Restaurierung des Gebäudes, vorsahen. Zudem sollte das ehemals zentrale Postdreieck mit den Gründerzeitbauten zu neuem Leben erweckt werden. Im Jahr 1994 schrieb die Stadt einen europaweiten Architektenwettbewerb aus mit Preisen im Gesamtwert von 130.000 DM. Ein städtebauliches Konzept sollte gefunden werden für eine Eingliederung der Alten Post in die Stadtstruktur, zudem ein Konzept für den Umbau des Gebäudes zum Kulturzentrum. 180 Architekten nahmen an dem Wettbewerb teil. Allerdings waren die angestrebten Lösungen aus finanziellen Gründen für die Stadt nicht tragbar, so kam es zu keiner Umsetzung.
Umwandlung in ein Kulturzentrum
Anfang Januar 1999 wurde der Arbeitskreis „Kulturzentrum ALTE POST“ einberufen, der nach einer kurzfristigen Lösung für das Gebäude suchen sollte. Ziel war es, durch Teilausbauten des Gebäudes Ausstellungen zu ermöglichen. Schon im folgenden Jahr 2000 war der Südflügel insoweit hergestellt, dass bis 2005 insgesamt 15 Ausstellungen stattfinden konnten. In weiteren Ausbaustufen wurde der Nordflügel entkernt. 2006 konnte das dortige Kuppelzimmer auf Grundlage des historischen Bestands restauriert werden. Im Dezember 2006 wurde die Architektin Tina Müller-Einfalt Projektleiterin der „Arbeitsgruppe Alte Post“. Sie entwarf ein modernes klimatisches Konzept, das durch optimale Raumbedingungen zukünftige Leihgaben von Kunstwerken ermöglichen sollte. Damit wagte die Stadt den weiteren Schritt zu einer größeren Umsetzung, der 2008 durch einen Landeszuschuss von 80% der Gesamtkosten für die komplette Sanierung des Gebäudes und den Umbau der Alten Post zum Kulturzentrum gefördert wurde.
Räumliche Lage und Erreichbarkeit
Das Forum Alte Post befindet sich in der Innenstadt von Pirmasens in Bahnhofsnähe. Das Gebäude ist somit sowohl mit den öffentlichen Verkehrsmitteln als auch mit dem Auto erreichbar. In der Innenstadt gibt es ausreichende Parkmöglichkeiten.
Kulturdenkmal
Das Forum Alte Post in Pirmasens wird als Teil der Denkmalzone „Bahnhofsviertel“ im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler in der kreisfreien Stadt Pirmasens (Stand 2023) geführt. Der Eintrag lautet:
„Bahnhofstraße 39, 40, 41, 43, 45, Poststraße 2, Schützenstraße 7-13 (ungerade Nrn.), 16, 18, Teichstraße 6,
8, 9, 11, 13 “Bahnhofsviertel„ (Denkmalzone)
ab den 1880er Jahren infolge des Bahnhofsbaus entstandene Bebauung aus Wohn- und Geschäftshäusern,
Postamt (Poststr. 2), überdurchschnittlich aufwendig gestaltete Fassaden, meist im Stil der Neurenaissance“.
(Peter Felber, Stadtarchiv Pirmasens, 2023)
Internet
www.forumaltepost.de: Forum Alte Post (abgerufen 19.09.2023)
www.pirmasens.de: Auioguide „Auf den Punkt gebracht / Uff de Punkt gebrung“ - Station: „Forum Alte Post“ (abgerufen 19.09.2023)
de.wikipedia.org: Alte Post (Pirmasens) (abgerufen 19.09.2023)
mdi.rlp.de: Minister Lewentz: Alte Post ist lebendige Kulturstätte in Pirmasens (abgerufen 10.07.2018, Link nicht mehr verfügbar 19.09.2023)