Während der NS-Zeit richtete die Gestapo hier ein Sammellager für Bonner Juden und Jüdinnen ein, die von hier aus in Vernichtungslager transportiert wurden. Seit 2001 dient das zwischenzeitig als Altenheim (1952-1984) wieder aufgebaute Kloster als erzbischöfliches Priesterseminar.
Vorgängerkloster, Gründung und Exil der Bonner Benediktinerinnen
Rückkehr nach Bonn und Klostergründung in Endenich
Die Klosteranlage seit der NS-Zeit bis heute
Das Kloster auf historischen Karten
Baudenkmal
Internet, Literatur
Vorgängerkloster, Gründung und Exil der Bonner Benediktinerinnen
Mit dem Benediktinerinnenkloster Dietkirchen (Frauenstift) bestand bereits seit der Jahrtausendwende des Mittelalters bis zu dessen Auflösung im Jahr 1802 während der Zeit der französischen Besetzung (1794-1814/15) eine Niederlassung von Benediktinerinnen in Bonn. Ab der Mitte des 12. Jahrhunderts bestand ferner das später verstiftete und 1803 aufgelöste Benediktinerinnenkloster Schwarzrheindorf (Engels 2006).
Im Jahr 1857 kaufte Karoline von Romberg (1777-1857, geborene Boeselager-Heessen) das 1629 begründete und 1802 aufgehobene Kapuzinerkloster in Bonn (nördlich des heutigen Bertha-von-Suttner-Platzes). Seit 1804 wurden in dem Klostergebäude eine Spinnerei und Weberei betrieben. Karoline von Romberg stiftete hier für die Benediktinerinnen des 1653 gegründeten Ordenszweigs „vom Heiligsten Sakrament“ (lat. Benedictinae ab adoratione perpetua Sanctissimi Sacramenti) das „Kloster zur Ewigen Anbetung“, das von Benediktinerinnenklöstern im nordfranzösischen Saint-Omer und in Osnabrück besiedelt wurde.
Den Osnabrücker Benediktinerinnen vom Heiligsten Sakrament gehörte seit 1857 unter dem Ordensnamen Josefine vom Göttlichen Willen auch Josefine Karoline von Fürstenberg-Stammheim (1835-1895) an, eine Enkelin der Karoline von Romberg. Diese wechselte ebenfalls nach Bonn, legte hier im Folgejahr ihre Ordensgelübde ab und wurde 1863 als Novizenmeisterin im Alter von nur 28 Jahren zur Oberin (Priorin) gewählt.
Im Zuge des Kulturkampfes mit der Auseinandersetzung zwischen dem protestantisch geprägten preußischen Staat und der katholischen Kirche wurde der Bonner Konvent zu Auswanderung und Exil in Viersen und im niederländischen Driebergen (heute Utrechtse Heuvelrug) gezwungen, wo man das Kloster Arca Pacis („Kammer des Friedens“) gründete. Mutter Josefine Karoline gründete 1872/74 in Viersen eine Ordensniederlassung und übernahm das im Januar 1875 selbständig gewordene Kloster als Oberin. Als das Kloster Viersen bereits im Mai des gleichen Jahres ebenfalls infolge der Kulturkampfgesetze zur Auswanderung gezwungen wurde, gründete sie das heute noch bestehende Kloster Nazareth (De Oude Munt) im niederländischen Tegelen (Stadt Venlo). Von 1890 bis zu ihrem Tod amtierte sie als Oberin in dem ebenfalls von ihr gegründeten Benediktinerinnenkloster in Köln-Raderberg.
Rückkehr nach Bonn und Klostergründung in Endenich
Als der Konvent schließlich im Januar 1888 nach Bonn zurückkehren konnte, fand man das einstige Klostergebäude verkauft vor. Es wurde schließlich 1897 im Zuge der Umgestaltung des Bertha-von-Suttner-Platzes und der Errichtung der Alten Bonner Rheinbrücke abgebrochen.
Die Ordenfrauen ließen sich in Endenich in einem Landhaus neben der Marterkapelle am Fuße des Bonner Kreuzbergs nieder. Die auch „Mordkapelle“ genannte Marterkapelle in Endenich wurde ab 1719 durch den Propst des Bonner Cassius-Stifts neu erbaut und 1721 vom Kölner Kurfürsten Joseph Clemens von Bayern (1671-1723, amtierte ab 1688) eingeweiht. Sie soll der Legende nach auf frühchristliche Märtyrer der thebäischen Legion zurückgehen, die Bonner Stadtpatrone und Heiligen Cassius und Florentius.
Das Straßenschild zu dem vom Kloster aus nach Nordosten wegführenden Weg „Mordkapellenpfad“, ein Stationsweg mit mehreren Andachtsstationen der Passion Christi, weist diesen wie folgt aus: „Legendärer Ort des Martyriums der Bonner Stadtpatrone Cassius und Florentinus (3. Jh.)“.
Das Haus hatte der Orden von Paula von Fürstenberg-Stammheim, Freiin von Romberg (1805-1891) erworben. Diese war die Mutter von Josefine Karoline und Witwe des Politikers, Großgrundbesitzers und Mäzens Franz Egon Graf von Fürstenberg-Stammheim (1797-1859). Die Familie lebte im Kölner Schloss Stammheim, das seinerzeit ein Zentrum des zeitgenössischen Kunst- und Kulturlebens war.
Der neue Konvent in Endenich wuchs rasch an (1896 werden 76, 1919 130 und 1931 schließlich 148 Schwestern genannt), so dass ab 1891 mit einem Neubau begonnen wurde, der 1916 fertiggestellt wurde.
Auf das Bonner Kloster der Benediktinerinnen gehen als Neugründungen die folgenden Filialklöster zurück:
- Das Herz-Jesu-Kloster Kreitz in Neuss-Holzheim (1899, noch bestehend),
- das Kloster Niederlahnstein bei der Johanniskirche (1907, 1920 nach Johannisberg in Geisenheim verlegt, bis 1991 bestehend), und
- ein Kloster in Braunshardt bei Darmstadt (1930/31), das aber bereits nach einem Jahr Aufenthalt wieder geschlossen wurde.
Ferner wurde das Kloster Herstelle in Beverungen 1912 als diesem untergeordnetes Subpriorat an Bonn angeschlossen (1924 zur Abtei erhoben) und 1916 das Benediktinerinnenkloster Ottmarsheim im französischen Elsaß (1991-2004 an die Kongregation Serviteurs de Jésus et de Marie übergegangen, heute Prieuré Saint Bernard).
Die umfassende Sammlung im Geschichtlichen Atlas der Rheinlande (Schaffer 2008) führt weitere Ordensniederlassungen an, die entweder vom Endenicher Kloster aus besiedelt wurden oder erkennbar in Beziehung zu diesem standen:
- Viersen: „Benediktinerinnen vom hlst. Sakrament Bonn, 1873-1875: beschauliches Leben, Handarbeit“ (ebd., S. 41),
- Klemens-Josef-Haus in Blankenheim-Vellerhof (Kreis Euskirchen): „Benediktinerinnen vom hlst. Sakrament Bonn-Endenich, 1943-1945: Haushaltsführung Männer-Altenheim“ (ebd., S. 31), und
- Haus Tenking in Rhede (Kreis Borken): „Benediktinerinnen v. d. ewigen Anbetung des Allerheiligsten Altarsakramentes Bonn-Endenich, 1948-1967: Lungenfürsorge“ (ebd., S. 100).
Für Maria Hilf/Benedictus-Heim in Endenich werden ab 1888 als Betätigungsfelder die Hauptapostolate „beschauliches Leben, Handarbeit, Altenheim“ angeführt (ebd., S. 56).
Die Klosteranlage seit der NS-Zeit bis heute
Während der Zeit des Nationalsozialismus nutzte die Geheime Staatspolizei (Gestapo) das beschlagnahmte Endenicher Kloster von Mai 1941 bis Juli 1942 als Sammel- und Zwischenlager für Bonner Juden und Jüdinnen, die von hier aus in die KZ-Vernichtungslager deportiert wurden (Kraus 1999, ders. 2007 und Groten u.a. 2006). Bezeugt sind nur sieben Überlebende von 474 deportierten Menschen.
Währenddessen mussten die Nonnen in Krankenhäusern und Altersheimen unterkommen, wo sie als Pflegerinnen tätig waren. Die Aufhebung des Klosters kam für die Benediktinerinnen nicht völlig überraschend, da man zuvor natürlich von der Beschlagnahme anderer Klöster gehört hatte. Der der Gestapo gegenüber fühlte man sich ohnmächtig. Gerade für die kontemplativ lebenden Ordensgemeinschaften war die Ausweisung ein schockierendes Erlebnis. „So standen wir, die wir bei unserer strengen Klausur 20, 30, ja 40 Jahre die Straße nicht betreten hatten, nun wieder mitten im Getriebe der Welt“, schrieb die Priorin der Endenicher Benediktinerinnen dazu in ihren Erinnerungen (zitiert nach www.rheinische-geschichte.lvr.de).
Eine 1981 installierte Gedenktafel mit Inschrift an der Marterkapelle erinnert heute an die Geschehnisse.
Die Klostergebäude wurden während des Zweiten Weltkriegs durch Bomben zerstört. Beim Wiederaufbau konnte das Schwesternhaus 1954 fertiggestellt werden und 1962 die übrigen Bauten des inzwischen wieder als Altenheim (1952-1984) genutzten Klosters.
Die Überalterung des Konvents und ein Mangel an neuen Berufungen führten im Jahr 2001 zur Auflösung der Ordensniederlassung. Seitdem dienen die Klostergebäude als „Erzbischöfliches missionarisches Priesterseminar Redemptoris Mater Köln“.
Künftig soll ein Teil der früheren Klostergebäude als neuer Standort der Bonner Gedenkstätte und des NS-Dokumentationszentrums dienen (gedenkstaette.bonn.de und ga.de)
Das Kloster auf historischen Karten
Die historischen Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (1801-1828) wie auch die der jüngeren, zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme zeigen den späteren Klosterstandort noch unbebaut zwischen dem Ort Endenich und dem Bonner Kreuzberg.
In der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) ist die Niederlassung dann als „Mord-Kp.“ verzeichnet und ebenso auch noch in den topographischen Karten TK 1936-1945. Beide Male umfasst das Areal auch die hier nicht in die Objektgeometrie einbezogene heutige Streuobstwiese nördlich der Klosterbauten neben dem Friedhof „Ewige Anbetung“ (vgl. Kartenansichten).
Baudenkmal
Das Kloster Maria-Hilf ist zusammen mit dem Kreuzgang, der Klosterkapelle und dem Wohnhaus ein eingetragenes Baudenkmal (Denkmalliste Bonn Nr. A 1240, Eintragungen vom 01.12.1987).
(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2024)
Internet
stadtplan.bonn.de: Denkmalauskunft im Stadtplan der Bundesstadt Bonn (abgerufen 27.05.2024)
www.bonn.de: Liste der gem. § 3 DSchG NW in die Denkmalliste eingetragenen Baudenkmäler, Bodendenkmäler, beweglichen Denkmäler und Denkmalbereiche der Stadt Bonn (Stand 15.01.2021, PDF, 2.133 KB, abgerufen 27.05.2024)
bonnerleerstellen.net: „Warum wir das Kloster Endenich nicht kennen - eine Leerstelle im Wandel“ (Text Hera Shokohi, undatiert, wohl 2020, abgerufen 27.05.2024)
de.wikipedia.org: Benediktinerinnenkloster Bonn (abgerufen 27.05.2024)
de.wikipedia.org: Marterkapelle (abgerufen 27.05.2024)
de.wikipedia.org: Josefine Karoline von Fürstenberg-Stammheim (abgerufen 27.05.2024)
www.rheinische-geschichte.lvr.de: Klostersturm im Rheinland 1940–1942 (Text Annette Mertens, Bonn, abgerufen: 06.08.2024)
gedenkstaette.bonn.de: Gedenkstätte und NS-Dokumentationszentrum (abgerufen 06.08.2024)
ga.de: Umzug ins Endenicher Kloster, Stadt legt Plan für Umzug von Gedenkstätte und NS-Dokumentationszentrum vor (Autorin Lisa Inhoffen, General-Anzeiger vom 05.06.2024, abgerufen 06.08.2024)