Stadt Kirchheimbolanden

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Fachsicht(en): Landeskunde
Gemeinde(n): Kirchheimbolanden
Kreis(e): Donnersbergkreis
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 49° 39′ 54,04″ N: 7° 58′ 37,85″ O 49,66501°N: 7,97718°O
Koordinate UTM 32.426.190,04 m: 5.501.888,51 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.426.235,78 m: 5.503.650,08 m
  • Die Stadt Kirchheimbolanden aus der Luft gesehen (2020)

    Die Stadt Kirchheimbolanden aus der Luft gesehen (2020)

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    Stadt Kirchheimbolanden
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Kirchheimbolanden (pfälzisch: Kerschem) ist eine Stadt im Südosten von Rheinland-Pfalz und zugleich Verwaltungssitz der Verbandsgemeinde Kirchheimbolanden sowie Kreisstadt des Donnersbergkreises. Der staatlich anerkannte Erholungsort ist gemäß Landesplanung als Mittelzentrum ausgewiesen. (de.wikipedia.org) Im 18. Jahrhundert wurde Kirchheimbolanden zur Residenzstadt des Fürstentums Nassau-Weilburg erhoben. Der daraufhin einsetzende Bauboom prägt die Innenstadt noch bis heute.

Stadtgeografische Annäherungen
Stadtwappen
Ursprünge: „Heim bei der Kirche“
Unter Graf Heinrich II. von Sponheim
Ackerbürgerstadt
Residenzstadt
Stadtbildgestaltung der Residenzstadt
Revolutionsjahr 1848: Der Sturm, der Europa durchbraust
Das moderne Kirchheimbolanden
Internet


Stadtgeografische Annäherungen
Vom Hinweisschild an der A63 ausgehend öffnet sich der Blick auf die Stadt: Im Vordergrund die Stadt, im Mittelgrund der Schillerhain und im Hintergrund der 687 m hohe Donnersberg. Das sind zugleich 280 Millionen Jahre Geologie. Denn so alt ist der als Subvulkan im Erdaltertum entstandene Donnersberg. Magmatisches Gestein - fachbegrifflich Rhyolith- bestimmt damit den Hintergrund, Der Mittelgrund ist erdgeschichtlich nicht weniger spektakulär. Denn der Schillerhain, Kirchheimbolandens Hausberg, war vor 30 Millionen Jahren Küstenrand des damaligen oberrheinischen Tertiärmeeres. Und die hügeligen Oberflächenformen im Vordergrund sind das Ergebnis von erdneuzeitlichen Sedimentations- und Erosionsvorgängen. Von der Bischeimer Höhe aus lässt sich dieses geologische Baumuster sehr gut studieren.

Stadtwappen
Das Stadtwappen von Kirchheimbolanden zeigt im oberen Teil ein Schachbrettmuster als Wappenbild der Grafen von Sponheim, im unteren Teil das Kirchheimbolander Wappentier, ein Wildschwein (pfälzisch: Wutz). Die Wappendeutung führt ins Hochmittelalter. Die seit dem frühen 13. Jahrhundert urkundlich belegten Grafen von Sponheim (im Vorderen Hunsrück) gelangten Mitte des 14. Jahrhunderts auf dem Erbweg auch an Besitz und Rechten im „Kirchheim“. Damit wurde das sponheimische Schachmuster als ihr herrschaftliches Wappenbild auf ihre nunmehr Stadt Kirchheim übertragen. Ob die Wurzel dieser Wappensymbols von den Kreuzzügen herrührt? Denn durch Kreuzzugsteilnehmer gelangte das „herrschaftliche Spiel“ im Hochmittelalter auch nach Deutschland. Das zweite Wappenbild, ein Wildschwein, deutet wohl darauf hin, dass wildreicher Wald vom Donnersberg her bis unmittelbar an die Stadt heranreichte und die Stadtmauer von nun an das Schwarzwild fernhielt, dessen Jagd ja zudem ein ausschließlich adliges Recht war. Das Stadtwappen kann damit nicht nur historisch-genealogische, sondern auch historisch-geographische, rechtsgeschichtliche und allgemeine stadtspezifische Aufschlüsse geben.
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Ursprünge: „Heim bei der Kirche“
Im 8. Jahrhundert - genauer: am 28. Dezember 774 - wurde Kirchheim erstmals urkundlich erwähnt. Damals schenkte Wulfrich zu seinem Seelenheil Hofreiten, Weinberge und Wälder in Kirchheimer marca an das Kloster Lorsch. Das „Heim“ (Dorf) bei der Kirche bestand zu diesem Zeitpunkt aber wohl schon längere Zeit, denn „Heim“ - Ortsnamen sind typisch für eine Besiedlung zwischen 450 und 600. Auf diese Zeitspanne weist auch die an der Stelle der späteren Peterskirche bereits in fränkischer Zeit bestehende Remigiuskirche hin, benannt nach Bischof Remigius von Reims (um 436-533), einem der drei fränkischen Reichsheiligen. Weitere urkundliche Erwähnungen „Kirchheims“ liegen aus dem 12. und 13. Jahrhundert vor. Im Jahre 1370 ist dann von dem zwei Jahre vorher zur Stadt erhobenen Dorf Kirchheim als „Kirchheim by Bolanden“ die Rede. Bei Bolanden, das deutet auf die großmütterliche Herkunft des damaligen Stadtherrn Graf Heinrich II. von Sponheim hin. Diese bestand aus den Herren von Bolanden, die in der Stauferzeit (zweite Hälfte des 12. erste Hälfte des 13. Jahrhunderts) als Reichsministeriale politisch sehr einflussreich geworden waren. In der nun entstehenden Stadtummauerung lag die Peterkirche zwar am nördlichen Rand, doch wurde mit der daran anschließenden Vorstadt oberhalb des Oberen Tore das alte Kirchheimbolander Siedlungsareal voll in den neuen städtischen Baubereich einbezogen. Die Peterskirche markiert damit zugleich den Mittelpunkt des fränkischen Dorfes Kirchheim.

Unter Graf Heinrich II. von Sponheim
Das 14. Jahrhundert war eine Zeit territorialer Raumbildung. Nicht nur größere Herrschaftsräume - vor allem die kurfürstlichen - wurden zunehmend Machtfaktoren. Gleiches gilt für kleinere und kleinste Territorien. Da diese oft aus Erbteilungen hervorgegangen sind, haben sie auch nicht selten nur zeitlich engen Bestand. Ein Beispiel war Graf Heinrich II. von Sponheim (reg. 1350-1393). Er profitierte insbesondere vom Niedergang des Hauses Bolanden. Denn auf diese Weise gelangte er durch eine Reihe von sich über mehrere Etappen und Jahre hinziehenden Teilkäufen in den Besitz Kirchheims. Im Jahre 1368 folgte dann der Erwerb der Stadtrechte. Damit wurde Kirchheim zum zentralen Ort in Heinrichs Territorium, das dann auch schon bald unter dem Namen Herrschaft Kirchheim firmierte. Hier bestimmte der Graf deshalb auch die Peterskirche als Grabstätte. Die Grabplatten sind leider verloren, jedoch in Zeichnungen des 17. Jahrhunderts überliefert, darunter die des 1393 verstorbenen Grafen Heinrich.
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Ackerbürgerstadt
Die Stadtrechtsurkunde, die Graf Heinrich II. von Sponheim (reg. 1350-1393) für sein Dorf Kirchheim 1368 von Kaiser Karl IV. erhielt, war gleich mehrfach bedeutsam: sie bot mit dem Befestigungsrecht Schutz und Schirm für die Bevölkerung und mit dem Marktrecht die Möglichkeit wirtschaftlicher Entwicklung. Was allerdings fehlte, das war ein größeres Umland, denn die Grafschaft Heinrichs II. umfasste um Kirchheimbolanden herum lediglich fünf Dörfer. Entsprechend bedurfte der innerstädtische Marktplatz auch nur einer kleinen Fläche. Das mittelalterliche Kirchheimbolanden war damit eine „Ackerbürgerstadt“. Befestigung und Marktverkehr hoben die Stadt zwar von ihrem Umland ab, aber auch ein großer Teil der hier ansässigen Bevölkerung deckte den Nahrungsbedarf durch eigenen Anbau. Im Gegensatz zum 7 Kilometer entfernten Dannenfels, wo Heinrichs Vater Philipp 1331 einen erfolglosen städtischen Entwicklungsversuch unternommen hatte, wurde Kirchheimbolanden aber zu einem sponheimischen „Erfolgsmodell“.

Residenzstadt
Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg (reg. 1675-1719) entschied sich dafür, im linksrheinischen Teil seines Territoriums seine Nebenresidenz errichten zu lassen. Er begann mit dem Ausbau seiner Residenz, die jedoch erst unter seinem Nachfolger, Carl August, fertiggestellt wurde. 1730 wird Kirchheimbolanden unter der Herrschaft der Fürstenpaare Carl August und Frederike Wilhelmine sowie Carl Christian und Karoline zu einer barocken Residenzstadt des Fürstentums Nassau-Weilburg ausgebaut. Im nun folgenden Bauboom - der neue Hofhaltungsbereich war in seinem Umfang gegenüber dem mittelalterlichen Stadtareal fünf Mal größer - entstanden zahlreiche repräsentative Neubauten: Schloss, Schlosskirche, Ballhaus, Orangerie, um nur einige zu nennen. Zudem wurde die bisher mittelalterlich geprägte „Altstadt“ barock „modernisiert“' und durch „Vorstädte“ erweitert. Dennoch blieb ein Teil der im späten 14. Jahrhunderts errichteten Wehrmauern erhalten. 1776 hielt sich Wolfgang Amadeus Mozart im Januar eine Woche in der „Kleinen Residenz“ auf und spielte auf Wunsch des Fürstenhofes auf der Stummorgel in der Paulskirche. Im Jahre 1792 war die Fürstenzeit vorbei. Das Schloss wurde von französischen Revolutionstruppen geplündert und bestand lediglich in seinem Ostflügel weiter, der dann aber 1861 abbrannte. Verändert wiederaufgebaut, ist er heute Teil der Seniorenresidenz.
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Stadtbildgestaltung der Residenzstadt
Die Fachwerkbauweise bestimmte nicht nur im Mittelalter städtische Erscheinungsbilder. Sie blieb sogar bis ins 18. Jahrhundert hinein für neu errichtete Bürgerhäuser maßgebend. Entsprechend war auch noch in der Zeit, als Graf Johann Ernst von Nassau-Weilburg (reg. 1675-1719) mit dem Schlossbau begann, die Fachwerkbauweise in der Altstadt üblich. Mitte des 18. Jahrhunderts passten jedoch Fachwerksfassaden nicht mehr ins Bild einer Residenzstadt. Der auf Johann Ernst folgende Regent Carl August (reg. 1719-53) - zumal nachdem er 1737 in den Reichsfürstenstand erhoben worden war - erließ deshalb eine neue Bauordnung. Zwar konnten Neubauten auch weiterhin im Obergeschoss als Fachwerk ausgeführt werden, sie waren aber zu verputzen, um so dem residenziellen Stadtbild ein „besseres Aussehen“ zu geben und das Renommee des Fürsten zu steigern. Bestehende Häuser waren davon ausgenommen. Denn Fürst Carl August wollte gerade damit die von ihm ausgehende Neuerung in der Stadtbildgestaltung noch zusätzlich unterstreichen. In Kirchheimbolanden stehen deshalb vorfürstenzeitliche Fachwerkbauten und fürstenzeitliche Putzbauten oft unmittelbar nebeneinander.

Revolutionsjahr 1848: Der Sturm, der Europa durchbraust
1848/49 fand auch in Kirchheimbolanden eine Politisierung der Öffentlichkeit statt. Im Jahr 1848 dominierte dabei das Thema einer durch Volkssouveranität, Grundrechte und Gewaltenteilung bestimmten Staatsordnung, analog also der durch die Deutsche Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche geführten Verfassungsdiskussion. Als dann aber im Mai 1849 die von der Nationalversammlung verabschiedete Verfassung vom Königreich Bayern nicht anerkannt wurde, eskalierte in der Pfalz die Gewalt. Das „Gefecht von Kirchheimbolanden am 14. Juni 1849“ zwischen preußischen Truppen und rheinhessischen Freischärlern wurde so zu einer Etappe auf dem Weg zum Scheitern der Revolution. In Kirchheimbolanden sind beide Phasen – die einigkeits- und rechts- und freiheitskonzeptionelle von 1849 wie die obrigkeitsstaatlich-restaurative von 1849 – vielfältig (nach)erlebbar.
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Das moderne Kirchheimbolanden
Napoleons Kaiserstraße führte - wie in Morschheim und Marnheim - direkt durch den Ort. Die heutige L 401 umgeht ihn in elegantem Bogen, die neue Autobahn natürlich ebenfalls. Diese Verkehrswege lassen die Entfernungen schrumpfen und erhöhen den Wert von Kirchheimbolanden als Industriestandort und als Wohnsitz. Die Stadt ist der Verwaltungs-, Schul- und Geschäftsmittelpunkt der Verbandsgemeinde. Auf Luftaufnahmen hebt sich die Altstadt sehr klar von den jüngeren Stadtbereichen ab. Ebenso deutlich lässt sich der barocke Hofhaltungsbereich erkennen. In dessen Zentrum befindet sich das Schloss, das seit einer Erweiterung zur „Seniorenresidenz“ auch wieder als Dreiflügelanlage deutlich hervorstsicht. Nicht weniger charakteritisch sind die Industriegebiete für das moderne Kirchheimbolanden. Die unmittelbare Nachbarschaft zur A-63 gibt der Wirtschaft hier weitere Wachstumschancen. Dabei sind die industriell-gewerblichen „Aktivräume“ im Nordosten, Osten und Süden der Stadt, die für die weitere Entwicklung entscheidende Grundlage.

(Stadt Kirchheimbolanden, 2023)


Internet
visit-kirchheimbolanden.de: Willkommen in der kleinen Residenz! Wie möchten Sie Kirchheimbolanden Erleben? (abgerufen 04.04.2024)
de.wikipedia.org: Kirchheimbolanden (abgerufen 04.04.2024)
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Stadt Kirchheimbolanden

Schlagwörter
Ort
67292 Kirchheimbolanden
Fachsicht(en)
Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Literaturauswertung, Geländebegehung/-kartierung, mündliche Hinweise Ortsansässiger, Ortskundiger

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Empfohlene Zitierweise
Stadt Kirchheimbolanden: „Stadt Kirchheimbolanden”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-352175 (Abgerufen: 4. Mai 2024)
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