Die Stadtrechtsurkunde, die Graf Heinrich II. von Sponheim (reg. 1350-1393) für sein Dorf Kirchheim 1368 von Kaiser Karl IV. erhielt, ermöglichte mit dem Befestigungsrecht auch den Bau einer Stadtbefestigung. Das Untere Tor (Vorstadtturm) in der Schloßstraße von Kirchheimbolanden ist ein noch heute sichtbarer Teil dieser Stadtbefestigung. Es bildete den wichtigsten und deshalb auch am besten geschützten Zugang zur Stadt Kirchheimbolanden. Wenn in unruhigen Zeiten das Obere Tor dauernd geschlossen blieb, wickelte sich der Verkehr nach außen und in die Stadt ausschließlich durch das Untere Tor ab. Im 18. Jahrhundert wurde der eigentlich im Kern mittelalterliche Torturm im Barockstil überformt.
Torturm Der Torturm hat einen quadratischen Grundriss von 6 x 6 m und besaß eine (jetzt etwas erweiterte) Durchfahrt von 3 m Breite. Auf die Tordurchfahrt waren vier Stockwerke aufgesetzt, wobei das oberste einen besonders guten Ausblick auf die Umgebung der Stadt bot. Es ist auch anzunehmen, dass in Höhe dieses Geschosses außen ein umlaufender Rundbogenfries vorhanden war, wie er an anderen Türmen und Mauerteilen noch erhalten ist. Zugänglich war die Stadt hier nur über eine Zugbrücke. Davor befand sich in etwa 30 m Abstand ein kleiner Rundturm für die Wachhabenden am dort befindlichen Schlagbaum. Der südliche Stadtzugang war also eine im mittelalterlichen Sinn höchst wehrhafte Anlage und zugleich ein repräsentativer Ausdruck städtischer Zentralität. In der nassau-weilburgischen Zeit im 18. Jahrhundert hatte das Tor dann zwar nur noch eine optische Funktion, wurde aber nun durch seine Barockisierung - besonders auffällig hier das Haubendach - noch stärker im Stadtbild hervorgehoben.
Bezeichnung Die mittelalterliche Bezeichnung des „Vorstadtturmes“ als „Bolander Pforten“ (Bolander Pforte) verweist auf die 3 km südlich gelegene Burg Neubolanden und die dort ansässigen Herren von Bolanden. Deren Lehensverzeichnis (um 1190) nennt auch beneficia (Güter), partem frumenti et tocius iustricie (Fruchtgefälle und die Gerichtsbarkeit) in Kirchheim. Das dann Graf Heinrich II. von Sponheim (reg. 1350-1393) die bolandische Rechtsgrundlage weiter ausbauen konnte, ermöglichte ihm eine landesherrschaftliche Rolle. Die „Bolander Pforten“ war also mehr als lediglich eine Richtungsangabe, ist die Bolander Burg doch auch eine imposante Anlage gewesen, eine der großen zumal, die in der staufischen Zeit in der Pfalz errichtet wurden. Ein Modell wird im „Museum im Stadtpalais“ gezeigt.
Kulturdenkmal Der Torturm Unteres Stadttor in Kirchheimbolanden wird im Nachrichtlichen Verzeichnis der Kulturdenkmäler im Donnersbergkreis geführt (Stand 2024). Der Eintrag lautet: „Schloßstraße o. Nr. Vorstadtturm (Unterturm), fünfgeschossiger Torturm unter verschiefertem barockem Haubendach, im Kern gotisch, barock überformt.“
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Empfohlene Zitierweise
Sören-Peter Dall (2023): „Torturm Unteres Stadttor in Kirchheimbolanden”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-352167 (Abgerufen: 18. Mai 2024)
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