Trauernde Germania in Kirchheimbolanden

Schlagwörter:
Fachsicht(en): Denkmalpflege, Landeskunde
Gemeinde(n): Kirchheimbolanden
Kreis(e): Donnersbergkreis
Bundesland: Rheinland-Pfalz
Koordinate WGS84 49° 40′ 14,4″ N: 8° 01′ 5,91″ O 49,67067°N: 8,01831°O
Koordinate UTM 32.429.166,17 m: 5.502.477,65 m
Koordinate Gauss/Krüger 3.429.213,09 m: 5.504.239,47 m
Zur Erinnerung an die gefallenen Freischärler und ihr Gefecht vom 14. Juni 1849 wurde im Jahr 1872 eine Germania errichtet. Auf ihrem Sockel steht „den Kämpfern für die deutsche Reichsverfassung - gefallen am 14. Juni 1849“ geschrieben. Auf der Rückseite befindet sich eine Tafel mit Namen, Alter und Herkunftsort der Gefallenen.
Gestaltet hat die Germania der Bildhauer Hermann Schies (1836-1899), Professor an der Wiesbadener Bau- und Kunstgewerbeschule. Hergestellt hat sie die Werkstatt Kreß von Kressenstein in Frankfurt am Main. Fabriziert hat sie die Kunstgießerei A. Kastner in Berlin. Das Prostament hat der Kirchheimbolandener Bildhauer Michael Schuler gestaltet. Die Figur ist 2,60 groß, insgesamt ist das Denkmal 5,55 Meter hoch.
Besonders ist bei dieser Germania in Kirchheimbolanden, dass sie den Siegerkranz gesenkt hält als Zeichen der Trauer. Sie verherrlicht weder wie viele ihrer Pendants das Reich, den Kaiser oder das Militär, sondern drückt vielmehr ihre Trauer über den Verlust der jungen Menschen und die Niederlage der Revolution aus - eine zu damaliger Zeit im frisch gegründeten Kaiserreich durchaus mutige Aussage.
Zur Enthüllungsfeier 1872 war Kirchheimbolanden mit Fahnen und Blumen geschmückt. Bei dem Fest standen politische Reden nicht im Mittelpunkt. Kam doch einmal Politik zur Sprache, so berichten Zeitzeugen, gab es kein Hoch auf den Kaiser und das Reich, sondern die Gedanken hingen der freiheitlich-demokratischen Idee nach trotz der nationalen Euphorie, die mit der gearade erst 1871 erfolgten Einigung Deutschlands verbinden war. Ein durchaus zwiespältiger Festtag.

Gefecht von 1849
Ausgelöst von der französische Feburarrevolution kam es auch in deutschen Gebieten zur Revolution von 1848/49. Gefordert wurden neben einer Verfassung, Grundrechten, Volkssouveränität und einer Gewaltenteilung auch die Einheit Deutschlands. Die Nationalversammlung in der Frankfurter Paulskirche sollte den Weg in einen demokratischeren Staat ebnen, doch viele deutsche Monarchen, allen der preußische und der bayerische König waren dagegen und schlugen die Revolution mit militärischer Gewalt nieder. Von der revolutionären Stimmung blieben auch die Pfalz und Kirchheimbolanden nicht verschont. Nachdem der bayerische König Maximilian II. die entworfene neue Verfassung ablehnte, kam es in der bayerischen Pfalz zu Aufständen. Freischarler wollten die neue Verfassung mit Gewalt durchsetzen und verteidigen. Hinzu kam eine wirtschaftlich schwierige Situation, geprägt von Armut und einer Krise des Handwerks. Gegen die Aufständischen gingen allen voran die Preußen vor. So kam es am 14. Juni 1849 im Schlossgarten in Kirchheimbolanden zu einem Gefecht, bei dem 17 Freischarler ums Leben kamen.
Angeführt wurden die tausenden Freischärlern von den Mainzern Friedrich Bamberger und Franz Zitz, die ihr Hauptquartier im Schloss in Kirchheimbolanden bezogen hatten. Wie in Berlin und andere Städten errichteten die Aufständischen Barrikaden, etwa am Schlossgarten. Als die preußische Armee mit rund 3000 Soldaten anmarschierte und die Rebellen angriff und einzukesseln versuchte, flohen die meisten schließlich. Denn gegen die disziplinierte und gut ausgebildete Armee hatten die schlecht bewaffneten Freischärler kaum eine Chance. Ein Teil von ihnen blieb jedoch und verschanzte sich im Schlossgarten. 17 Freischärler aus Mainz, Bingen, Ingelheim und Gau-Weinheim fielen, einige wurden verletzt oder gefangen genommen, andere sofort erschossen. Bamberger und Zitz flohen schließlich nach Enland und die USA und wurden in ihrer Abwesenheit zum Tode verurteilt, Jahrzehnte später jedoch begnadigt.

Noch vor der Germania wurde für die gefallenen Freischärler erst 1866 ein Grabstein in Form eines Obelisken errichtet. Bis dahin wurde ihnen ein Grabstein verwehrt.

(Christine Brehm, Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd, Neustadt an der Weinstraße, 2024, mit Unterstützung von Sören Dall, Kirchheimbolanden)

Internet
visit-kirchheimbolanden.de Kirchheimbolanden / Freischaren (abgerufen am 5.3.2024)
https://www.kudaba.de Eintrag in der Kulturdatenbank kudaba (abgerufen am 5.3.2024)

Literatur

Krenb, Klaus; Dall, Sören / Stadt Kirchheimbolanden (Hrsg.) (2024)
Ausgebremste Zeitenwende 1848/49. Begleitbuch zur Freischaren-Stadt-Tour Kirchheimbolanden. In: Schriftenreihe der Stadt Kirchheimbolanden - Beiheft 2, Kirchheimbolanden.

Trauernde Germania in Kirchheimbolanden

Schlagwörter
Straße / Hausnummer
Am Staffelstein 3
Ort
67292 Kirchheimbolanden
Gesetzlich geschütztes Kulturdenkmal
Geschütztes Kulturdenkmal gem. § 8 DSchG Rheinland-Pfalz
Fachsicht(en)
Denkmalpflege, Landeskunde
Erfassungsmaßstab
i.d.R. 1:5.000 (größer als 1:20.000)
Erfassungsmethode
Auswertung historischer Fotos, Literaturauswertung

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Christine Brehm: „Trauernde Germania in Kirchheimbolanden”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/KLD-352003 (Abgerufen: 18. Mai 2024)
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