Barockes Kirchheimbolanden

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Fachsicht(en): Landeskunde
  • Porträtgemälde der Fürstin Karoline von Nassau-Weilburg mit ihren Kindern (um 1778)

    Porträtgemälde der Fürstin Karoline von Nassau-Weilburg mit ihren Kindern (um 1778)

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    Johann Anton Wilhelm Tischbein
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  • Porträtgemälde eines unbekannten Malers von Fürst Carl August von Nassau-Weilburg (ca. 1710)

    Porträtgemälde eines unbekannten Malers von Fürst Carl August von Nassau-Weilburg (ca. 1710)

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  • Kupferstich mit einem Porträt (Bruststück) des Fürsten Carl Christian von Nassau-Weilburg (1787-1851)

    Kupferstich mit einem Porträt (Bruststück) des Fürsten Carl Christian von Nassau-Weilburg (1787-1851)

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  • Gemälde von Johann Friedrich August Tischbein des Fürsten Friedrich Wilhelm zu Nassau-Weilburg mit Familie (1811)

    Gemälde von Johann Friedrich August Tischbein des Fürsten Friedrich Wilhelm zu Nassau-Weilburg mit Familie (1811)

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    Johann Friedrich August Tischbein
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  • Porträt des Fürsten Carl Christian von Nassau-Weilburg (1770er Jahre)

    Porträt des Fürsten Carl Christian von Nassau-Weilburg (1770er Jahre)

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  • Porträt der Fürstin Caroline von Nassau-Weilburg (1770er Jahre)

    Porträt der Fürstin Caroline von Nassau-Weilburg (1770er Jahre)

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    Museum im Stadtpalais Kirchheimbolanden
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Für drei nassau-weilburgische Fürsten war Kirchheimbolanden im 18. Jahrhundert Residenzstadt. Die beiden prägendesten Fürstenpaare waren Carl August und Auguste Friederike Wilhelmine sowie Carl Christian und Caroline Sie sind auf der Stele des Mozartbrunnens in der Vorstadt dargestellt.

Carl August
Carl Christian
Friedrich Wilhelm
Fürst und Untertanen
Kirchheimbolander Hofleben
Musik am Hofe
Internet

Carl August
* 17. September 1685 in Weilburg; + 9. November 1753 in Weilburg; von 1699 bis 1701 Aufenthalte in Versailles: Regierungsantritt 1719 als Graf von Nassau-Weilburg; 1737 in den Reichsfürstenstand erhoben.

Unter seiner Regierung entstehen in Kirchheimbolanden vor allem die Fertigstellung des Schlosses, die Paulskirche, das Ballhaus und die Amtsstraße. Ganz im Geist seiner Zeit treibt er einen landesstaatlichen Ausbau voran. Zum Ausdruck kommt das z. B. 1734 in seiner „Armenordnung“ oder 1737 in einer „schulordnung“. Carl August lässt sich damit durch das Staatsverständnis der Frühaufklärung leiten. So setzt er in der „Schulordnung“ eine allgemeine Schulpflicht von Michaelis (29. September) bis Mai fest. Unentschuldigtes Fehlen wird mit einer Geldbuße bestraft. seine Kirchenpolitik ist von Toleranz geprägt, denn obwohl er selbst Lutheraner ist, soll die reformierte Gemeinde aller, „ (…) der Lutherischen Gemeinde bishero allein zuständigen Vorechten theilhaftig geachtet sein und darin kein Unterschied hinkünftig mehr gemacht werden.“ (Dekret von 13. Januar 1738)

Carl Christian
* 16. Januar 1735 in Weilburg; Regierungsantritt 1753; + 28. November 1788 auf dem Münsterhof in Dreisen bei Kirchheimbolanden.

Unter seiner Regierung entstehen in Kircheimbolanden insbesondere die Neue Allee und die Orangerie. Seine Sozialpolitik ist für das 18. Jahrhundert vorbildlich. So sorgt er etwa für die Hinterbliebenen seiner Beamten, indem er drei Rentenkassen (für die weltlichen Beamten, die Geistlichen und die Lehrer) begründet oder zur Beseitigung des Bettelns einen Armenfonds einrichtet. Gegenüber Neuerungen auf kirchlichem oder schulischem Gebiet verhalten sich die Untertanen allerdings abweisend So kann Carl Christian die Einführung eines Grundschul-Lesebuches, das für Lutheraner wie Reformierte gleichermaßen verbindlich sein soll, nur mit kurpfälzischer Waffengewalt („ABC-Buch“-Streit von 1777) durchsetzen. In seiner Regierungszeit wird das Kirchheimbolander Schloss zum „Musenhof“. Ihn gestaltet hauptsächlich Carl Christians Ehefrau Caroline (1742-87). Auf sie und ihren höfischen „Musique-Flair“ ist deshalb auch der Besuch Wolfgang Amadeus Mozarts im Jahre 1778 zurückzuführen.
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Friedrich Wilhelm
* 25. Oktober 1768 in Den Haag; Regierungsantritt 1788; + 9. Januar 1816 in Weilburg.

Seine Regierungszeit hat in Kirchheimbolanden keine baulichen Spuren hinterlassen. Denn im September 1792 sind französische Revolutionstruppen im Anmarsch auf die Stadt. Die fürstliche Familie - und mit ihr der gesamte Hofstaat - flieht ins rechtsrheinisch verbliebene nassauische Territorium. Für die Residenz Kirchheimbolanden bedeutet dies ein abruptes Ende, zumal die französischen Truppen auch das Residenzschloss plünderten und in Brand setzen. Das Linksrheinische bleibt für Nassau-Weilburg dauerhaft verloren. Doch nicht zu vergessen: 1890 hat Friedrich Wilhelms Enkel Adolph die heute noch herrschende großherzogliche Dynastie von Luxemburg begründet.

Fürst und Untertanen
Wie im „Alten Deutschen Reich“ insgesamt, war das 18. Jahrhundert auch in Nassau-Weilburg eine Zeit zunehmender staatlicher Durchdringung. Versuchten die Fürsten doch zunehmend ihre monarchischen Interessen zu erweitern. Mit dem dadurch zunehmend vergrößerten Verwaltungsapparat stieg aber auch der Steuerbedarf. Das betraf die Stadt- und die Landbevölkerung gleichermaßen. So verfügte Fürst Carl August u.a. ein Salzmonopol, führte Malz- und Braugeldabgaben ein oder weitete die Besteuerung von Agrarprodukten (Kartoffeln, Rüben, Kraut, Klee) aus. Die landesweiten Klagen der Untertanen dagegen, blieben erfolglos. Ebenso wirkungslos waren die Klagen gegen Fürst Carl Christians vom Gedanken der Aufklärung getragenen Religions- und Schulpolitik. Sie entzündete sich an einem Schulbuch. Lesebücher für den Unterricht in der Grundschule enthielten im 18. Jahrhundert vor allem biblische Texte und Auszüge aus dem Katechismus. Die Auswahl erfolgte streng
nach konfessionellen Gesichtspunkten. Entsprechend unterschied sich auch ein lutherisches von einem reformierten „ABC-Buch“. Ganz im Geist der Aufklärung wollte Fürst Carl Christian deshalb ein für beide Konfessionen gemeinsames Lesebuch einführen. Er beauftragte deshalb die Kirchheimbolander Geistlichen, die lutherichen Pfarrer Hahn und Liebrich sowie den reformierten Prediger Des Cötes, ein kirchlich neutrales „ABC-Buchstabir- und Lesebuch“ zu entwickeln. Das Ergebnis ist in die allgemeine Schulgeschichte eingegangen. Hahn und Des Cötes sind deshalb auch auf der Stele des Mozartbrunnens in der Vorstadt dargestellt

Insbesondere in vielen lutherischen Gemeinden wurde das neue Buch aber abgelehnt. Es kam zu offenem Widerstand, am 19. Februar 1777 sogar zu einem Tumult vor dem Residenzschloss in Kirchheimbolanden, so dass der Fürst kurpfälzische Militärhilfe anforderte. Es dauerte aber auch unter staatlichem Druck noch vier Jahre, bis das Buch in allen lutherischen und reformierten Schulen des Amtes Kirchheimbolanden genutzt werden konnte. Noch waren also die konfessionellen Gräben nur schwer zu überwinden.
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Kirchheimbolander Hofleben
Im 18. Jahrhundert war ein Fürstenhof das politische und kulturelle Zentrum des Staates. Die nassau-weilburgische Residenz Kirchheimbolanden hatte damit auch eine doppelte Funktion, die es durch den Hofstaat und das Hofleben auszufüllen galt. Der Hofstaat umfasste in den 1750-80er Jahren u.a. den jeweils amtierenden Präsidenten, Hofmarschall, Obrist-Stallmeister, Obrist-Leutnant, Hauptmann und mehrere Leutnants. Sie alle gehörten als Freiherren dem Adelsstand an. Ihren Status und ihren Rang erhielten sie unmittelbar vom Fürsten. Daraus ergab sich auch ihr Einbezug in das Hofleben, dessen „Bühnen“ das Schloss, die Kirche, die Orangerie, die Gärten, das Ballhaus und das Komödienhaus waren.

Musik am Hofe
Fürstin Caroline spielte im Hofleben besonders durch ihre Musikbegeisterung eine zentrale Rolle. Der Musikschriftsteller Christian Friedrich Daniel Schubart (1730-94) hat sie als Kennerin und Beschützerin der Musik gerühmt. Sie spielte schwere Konzerte von Schobert, Johann Christian Bach, Vogler und Beeke mit ungemeiner Leichtigkeit. Dass Allegro und Presto gelingt ihr immer. Entsprechend bestand am Kirchheimbolander Hof auch ein volltönendes Orchester. Schubart hatesalssehr gut besetzt gerühmt. Die Mitglieder brillieren zwar nicht sonderlich, aber desto besser sind sie zur musikalischen Eintracht gewöhnt. Virtuosen ersten Ranges, die sich daselbst hören ließen, bewunderten die Accuratesse des Vortrages und die genaue Haltung des Colorits, welches hier besser als an manchem weitgrößeren Hofe beobachtet wird. „Mozart und die Hofmusik in Kirchheimbolanden“, eine Musikeinspielung des Kurpfälzischen Kammerorchesters Mannheim, belegt überaus klangvoll, dass die nassau-weilburgische Residenz in den 1770/80 Jahren eine musikalisch anerkannte Adresse war. Das belegt auch das Renommee der Kirchheimbolander Konzertmeister dieser Zeit: Johann Paul Rothfischer (1770/71), Conrad Breunig (1772/73), erneut Rothfischer (1773-82) und Guiseppe Demachi (1782-90). Ein Verzeichnis des Notenarchivs der Hofkapelle nennt von ihnen jeweils mehrere Orchesterwerke. Besonders zahlreich waren auch Joseph Haydn, Carl Ditters von Dittersdorf und Ignaz Joseph Pleyel vertreten, außerdem Antonio Rosetti, der 1782 mit seiner Bewerbung um die Konzertmeisterstelle in Kirchheimbolanden nicht zum Zuge kam, oder auch Johann Christian Bach, Carl Stamitz und natürlich Wolfgang Amageus Mozart. Zu Mozart bestand im Übrigen von Seiten der Fürstin Caroline eine ganz besondere Verbindung. Sie hatte 1766 den damals Neunjährigen in Den Haag erlebt, der dann in ihrem Auftrag u. a. Six Sonates komponierte. Sie sind im Köchel-Verzeichnis der Mozart-Werke unter den Nummern 26-31 geführt.

(Sören-Peter Dall, Kirchheimbolanden, 2024)


Internet
visit-kirchheimbolanden.de: Barockzeit (abgerufen 18.04.2024)
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Literatur

Kremb, Klaus; Dall, Sören / Stadt Kirchheimbolanden (Hrsg.) (2024)
Stadthistorische Zeitschichten. Begleitbuch zur Stadt-Tour Kirchheimbolanden durch Mittelalter, Barockzeit und 19. Jahrhundert. In: Schriftenreihe der Stadt kirchheimbolanden, Beiheft 1, S. 116ff., Kirchheimbolanden.

Barockes Kirchheimbolanden

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Sören-Peter Dall (2024), „Barockes Kirchheimbolanden”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-352226 (Abgerufen: 5. Mai 2024)
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