Kai-William Boldt / Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e. V.
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Kai-William Boldt
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Der Blick geht vom Rheindeich in das hinter dem Deich gelegene Dorf Friemersheim. Erkennbar ist anhand der Bausubstanz die vor allem historische Ausrichtung des Dorfs auf die Landwirtschaft.
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Landschaftgenese und Lage des Dorfs Der Rhein hat in Friemersheim während des Holozäns aus der weichselzeitlichen Niederterrase ein leicht reliefiertes Gelände geformt. Das Dorf Friemersheim liegt auf der Niederterrasse beziehungsweise vermittelt zu den alt- bis mittelholozänen Terrassen, welche die südlich angrenzende Rheinaue Friemersheim prägen (Shala 2001, S. 61, 156, 161 ff.). Die morphologische Grundausstattung stellt sich spätestens im frühen Mittelalter als ein wichtiger Faktor für die Entwicklung der historischen Kulturlandschaft dar, wie wir sie heute auch visuell entdecken können. Eine ältere militärische Präsenz der Römer ist aus archäologischer Sicht wahrscheinlich.
Geschichte Friemersheim war seit dem 8. Jahrhundert ein Königshof und gehörte zum Fränkischen Reich, das Karl der Große bis 814 zu seiner maximalen Macht und Ausdehnung gebracht hatte. Südlich angrenzend auf dem Werth entstanden im weiteren Verlauf des Mittelalters gesicherte Bauwerke unter anderem zur Eintreibung von Zöllen; später wurde das Areal zum Standort des Werthschenhofs. Deutlich wird eine militärische Relevanz, die in der Tradition der älteren römischen Anlagen steht. Friemersheim etablierte sich zu dieser Zeit neben einer Handels- auch als Verwaltungs- und Steuerzentrale - unter der Führung durch das damals mächtige Benediktinerkloster Werden. Vermutlich war der nahe gelegene Borgsche Hof mit einer Burg der Standort der Werdener Macht. Die Abtei Werden hatte die Rolle eines Lehensherren. Dieses Lehenwesen war typisch für das Heilige Römische Reich im Spätmittelalter; Lehensherren und Vasallen beziehungsweise Lehensnehmer waren in einer Art Treue verbunden, wobei die Lehensherren Landbesitzer waren und die Vasallen Abgaben leisteten. Lehensnehmer mit teilweisem Eigenbesitz waren erst die Herren von Friemersheim (Edlen von Vrymersheim) und später aufgrund von damals üblichen Streitereien zwischen Adel, Kirche, Städten und Staat die Grafen von Moers; 1392 wurde Friemersheim fester Bestandteil der Grafschaft Moers. Die Geschichte Friemersheims seit dem Übergang vom 15. zum 16. Jahrhundert spiegelt viele Facetten, Ereignisse und kulturelle Umbrüche der neuzeitlichen Geschichte Mitteleuropas wieder (LVR-Portal Rheinische Geschichte). Auf den Einzug der protestantischen Religion folgten die Reformation und die Machtübernahmen Frankreichs und Preußens. In der späteren Bundesrepublik Deutschland sind kommunale Veränderungen wie die Auflösung des Kreises Moers 1974 erwähnenswert, die dazu führten, dass Rheinhausen inklusive Friemersheim ein Stadtteil von Duisburg wurden.
Siedlungsgeographische Aspekte Noch im 19. und frühen 20. Jahrhundert war Alt-Friemersheim ein typisches Reihendorf, hier in der speziellen Form eines Straßendorfes - Höfe und ihre Nutzungsareale ordnen sich dabei linear und in regelmäßigen Abständen an. Vorgaben dafür gaben der Naturraum und daran angepasste Strukturen: in Friemersheim der Rheinverlauf und seine begleitenden Infrastrukturen (Wege, Deiche etc.). Heute verläuft der moderne Rheindeich über die damalige Dorfstraße. Ein Vorteil dieser Ortsformen, die für das Mittelalter in Deutschland typisch sind und auch das Friemersheim des späten MIttelalters betreffen, ist der unmittelbare Anschluß des Hofs an seine Flur. Aus dem damaligen Bestand von über 30 Höfen ist noch etwa ein Drittel erhalten; erkennbar sind unter anderem Dreiseiter mit zur Strasse orientierten Haupthäusern. Die funktionsräumliche Verknüpfung zum benachbarten Werthschenhof ist über eine Sichtachse persistent.
Von der Industrialisierung zur heutigen Landschaft Mit der Industrialisierung und der Ansiedlung des Kruppschen Hüttenwerks im heutigen Rheinhausen änderten sich die Verhältnisse: In unmittelbarer Nachbarschaft zum Dorf entstanden zunächst ein Industrie- und dann im Strukturwandel ein Logistikstandort. Schon Anfang des 20. Jahrhunderts bildeten sich im Nordosten ein neuer Ortskern von Friemersheim und im Westen eine Eisenbahnsiedlung. Das Dorf Friemersheim hat dadurch zwar ein funktionelles Downgrading erfahren, sich dafür aber seinen kulturhistorischen Charme erhalten. Es gab bis heute nur eine geringe Überformung durch Suburbanisierung. Der Lohn dafür: 1993 wurde das Dorf Friemersheim mit seiner Kirche, dem Lehrerhaus und den historischen Bauernhöfen zum Denkmalbereich 6 der Stadt Duisburg; weitere Einzelemente sind zusätzlich als Baudenkmäler ausgewiesen. Vor Ort ist der Kontrast der agrarisch und der industriell geprägten Landschaft mit einem Blick auf die andere Rheinseite sicht- und hörbar: Dort befinden sich die Hüttenwerke Krupp Mannesmann (HKM). „Tu mich ma dat Fahrrad vonne Omma!“ Initiativen versuchen, traditionelle Kultur wie die Mundart zu bewahren, in der sich der Regiolekt Ruhrdeutsch vor Ort als niederfränkische Variante darstellt, die noch einmal nach verschiedenen Gegenden differenziert wird.
Hinweis Friemersheim ist wertgebendes Merkmal des historischen Kulturlandschaftsbereiches „Friemersheim, Eisenbahnsiedlung Hohenbudberg“ (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Ruhr 075).
(Kai-William Boldt, Rheinischer Verein für Denkmalpflege und Landschaftsschutz e.V., 2016)
Internet www.friemersheim.eu: Willkommen in Friemersheim. (abgerufen 12.12.2016) www.derwesten.de: Altes Dorf mit viel Geschichte. (Der Westen vom 13.09.2013, abgerufen 12.12.2016) www.rp-online.de: Das wichtige, alte Friemersheim. (RP online vom 21.07.2010, abgerufen 12.12.2016) bauauskunft.duisburg.de: Bauauskunft online (nicht-öffentlich, abgerufen 12.12.2016)
Literatur
Herrmann, Volker (2011)
Das alte Friemersheim, eine historische Kulturlandschaft in der Rheinaue. Geführter Spaziergang der Stadtarchäologie Duisburg am 07.06.2011 im Rahmen der Duisburger Umwelttage 2011. Duisburg.
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