Die Abtei zu Werden war eine der bedeutendsten Klosteranlagen des Rheinlandes. Gegründet um 800 besaß sie eine hohe wirtschaftliche und kirchenpolitische Strahlkraft. 1802/03 erfolgte die Aufhebung des Stifts. Die Kirche Sankt Ludgerus ist Pfarrkirche, in den Abteigebäuden befindet sich eine Schule.
Geschichte der Abtei Anhand mehrerer Schenkungen in den Jahren 799 bis 801 sind diese als Gründungszeit des Klosters Werden anzunehmen, welches bis zu seiner Aufhebung ein reichsunmittelbares Fürstentum war (Reichsstift bzw. Reichsabtei Werden). Ein Privileg König Ludwigs des Jüngeren garantierte der zuvor als Eigenkloster geführten Benediktinerabtei im Jahr 877 Königsschutz, Immunität und freie Abtswahl, bis zur Mitte des 12. Jahrhunderts entwickelte sich eine bedeutende Grundherrschaft. Um 1160 wechselten die seit dem 11. Jahrhundert von den Grafen von Werl und Berg ausgeübten Vogteirechte durch Erbe an die Grafen von Altena-Isenberg. Nach dem Übergang der Isenberger Grafschaft an Graf Adolf I. von der Mark gingen die Vogteirechte an den Kölner Erzbischof Konrad von Hochstaden, wurden nach der Schlacht von Worringen (1288) aber de facto durch die Grafen von der Mark ausgeübt. Durch die Säkularisation erfolgte 1802/03 die Aufhebung des Stifts. Patrozinium: In der ersten Hälfte des 9. Jahrhunderts Salvator, seit der Mitte des 9. Jahrhunderts zusätzlich, später ausschließlich Liudger. Orden: Benediktinerabtei (Männerkloster).
Gründung und Entwicklung bis um 1200 799 ist eine Schenkung aus dem Ort Werden an den Missionar Liudger bezeugt. Sie war wohl der Anlaß für Liudger, seit 784 auf der Suche nach einem geeigneten Platz für eine Klostergründung, sich für Werden zu entscheiden, zumal dieser Platz ein guter Stützpunkt für seine Missionstätigkeit zu sein schien. Um 827 ist in Werden erstmals ein „monasterium“ genannt. Weil jedoch für die Jahre 799 bis 801 mehrere Schenkungen bekannt sind, darf man diese als Gründungszeit annehmen. Woher die Mönche kamen, ist unbekannt; jedenfalls war es ein Konvent angelsächsischer Tradition. Von daher versteht sich, dass Werden ein Eigenkloster Liudgers war, das den Nachwuchs für die Mission lieferte. Das Kloster wurde von Liudger bis zu seinem Tod 809 geleitet. Da ihm in der Leitung seine Verwandten im geistlichen Stand folgten, darf von einer Befolgung der Benediktregel noch keine Rede sein. Dennoch erfreute sich das Kloster wegen seiner Missionierung in Sachsen und Friesland bis zum Tode des Bischofs Altfrid von Münster (849) eines guten Rufes. Altfrid, der auch die älteste „Vita“ des Klostergründers verfaßte, war Liudgers Neffe und sein Nachfolger in Münster und in der Leitung Werdens. Der eigenkirchliche Besitzanspruch der Gründerfamilie auf beide Ämter verlor sodann an Selbstverständlichkeit; die engen Beziehungen zum Bischofssitz Münster brachen ab. Es begann eine Phase inneren und äußeren Verfalls des Klosters, die bis in die sechziger Jahre des 9. Jahrhunderts andauerte. 864 wandte sich der Konvent an den Königshof, um Übergriffe von Laien abzuwehren. Eine vom Mainzer Erzbischof Liutbert einberufene Synode entschied, dass Bischof Hildigrim II. von Halberstadt, dessen gleichnamiger Vorgänger ein Bruder Liudgers gewesen war, die Leitung des Klosters übernehmen sollte. 877 erbat dieser von Ludwig III. für Werden den Königsschutz mit dem Recht der freien Abtwahl. Es dürfte der Zeitpunkt gewesen sein, da der Konvent auch auf die Benediktregel verpflichtet wurde. Und um die eigenkirchlichen Ansprüche wohl vollends zu beenden, wurden dem Kölner Erzbischof Kirchenzehnt, Pfarrechte und Sendgerichtsbarkeit übertragen.
Die ottonischen und salischen Herrscher privilegierten die Abtei; sie erhielt unter anderem das Münz- und Marktregal in Werden und Lüdenscheid, war von nun an ein Reichskloster. Es unterhielt weiterhin Beziehungen zu den Bischöfen von Münster und Halberstadt. Unter Kaiser Heinrich II. schloß es sich widerstandslos der Gorzer Reform an, was eine schlichtere Lebensweise des Konvents erforderte. Im 12. Jahrhundert fand auch die Siegburger Reform, teilweise vermittelt durch die Abteien Deutz und Gladbach, statt. Schon 1160 hatte der Abt faktisch einen landesherrlichen Status inne. 1198 wurde sein fürstlicher Rang anerkannt. 1198-1218 zählte er zu denen, die vom Thronstreit im Reich am meisten profitierten. Diesem Höhepunkt folgte ein schneller Verfall. Laut Cäsarius von Heisterbach gehöre Werden zusammen mit Fulda und Prüm zu denjenigen Benediktinerabteien, die im Inneren und Äußeren verfallen seien, so dass dort nur wenige Mönche ihren Lebensunterhalt fänden. Der Reformversuch Abt Heriberts II. († 1228) scheiterte am Widerstand des Konvents. Das Territorium der Abtei (Werden, Kettwig, Bredeney, Heisingen, Hamm, Heidhausen und Holsterhausen) blieb bescheiden. (Text dieses Absatzes: Engels 2006)
Abteigebäude Südlich der Stiftskirche (heutige Pfarrkirche St. Ludgerus) erstrecken sich heute die im 18. Jahrhundert errichteten ehemaligen Klostergebäude. Ende des 8. Jahrhunderts begründet Ludger das Kloster zu Werden. Die ältesten Klostergebäude fielen 1119 einem Brand zum Opfer. 1256 wiederhergestellt, erweiterte Abt Johannes V. (1517 bis 1540) die Anlagen. Die Benediktinerabtei wurde im 18. Jahrhundert durch Errichtung neuer Abteigebäude an der Südseite der Kirche zu einer Barockresidenz: 1783-85 wurden um das alte Quadrum unter Verwendung älterer Bausubstanz die Konventgebäude errichtet. Nach Westen folgt die 1745-64 entstandene Prälatur, deren zwei Seitenflügel hufeisenförmig einen Hof umschließen, abgeschlossen nach Westen durch das Torhaus von 1794.
Stiftsmauer / Immunitätsmauer Neben den Stiftsgebäuden gehört die Stiftsmauer als sichtbares Zeichen des abgegrenzten Immunitätsbereiches zu den wesentlichen Elementen einer solchen Anlage. Bedingt durch die Säkularisation und die umfangreiche Siedlungsentwicklung seit dem Beginn des 19. Jahrhunderts ist die Stiftsmauer der Abtei Werden heute nur noch in wenigen Steilstücken als Baudenkmal erhalten. Für die obertägig abgetragenen und im Erdreich als Bodendenkmal erhaltenen Teilstücke sieht die Situation nur unwesentlich besser aus. Nördlich der Stiftskirche ist die Stiftsmauer der Abtei Werden als Baudenkmal auf einer Länge von 50 Meter erhalten. An der Südseite der Straße Haus Fuhr ist die aus Ruhrsandstein errichtete Mauer etwa 2,50 Meter hoch. Im Bereich der Hausnummer 10 biegt die Mauer nach Süden ab und ist dann östlich der Eiergasse zunächst in westlicher, dann aber in mehreren Versprüngen in südlicher Richtung auf 60 Meter zu verfolgen. Durch die Bearbeitung von W. Effmann kann der Verlauf der Stiftsmauer weitgehend rekonstruiert werden.
Schatzkammer der ehemaligen Abtei Werden und Schule Das Gebäude der Schatzkammer mit dem anschließenden ehemaligen Gefängnistrakt ist ein Teil der Klostergebäude der Abtei Werden. Nach der Säkularisation wurde in preußischer Zeit (um 1811) hier ein Gefängnis untergebracht. Dabei wurde ein ehemaliger zweigeschossiger Bruchsteintrakt um zwei weitere in Backsteinmauerwerk errichtete Geschosse erhöht. Die beiden Bruchsteingeschosse sind durch flache Lisenen aus Sandsteinquadern gegliedert, die nach oben in weit vorkragenden Dreiecksqiebeln enden. Es ist anzunehmen, dass bei der Umnutzung zum Gefängnis Veränderungen an den Fenstern vorgenommen wurden. Die anschließende zweigeschossige Schatzkammer, in der Höhe dem ehemaligen Klosterflügel entsprechend, hat ein Mansardendach mit einer Reihe von Dachgauben. Das Gebäude hat Ecklisenen in der gleichen Ausformung wie die am Gefängnistrakt; das Innere ist stark verändert.
Folkwangschule Seit 1811 und bis 1928 als Strafanstalt genutzt, wurden die Gebäude ab Mitte des 19. Jahrhunderts erheblich verändert und erweitert, dabei wurde der Kreuzgang bis auf Reste im Nordflügel abgebrochen. Seit 1946 Sitz der Folkwangschulen, wurde 1983-87 das barocke Erscheinungsbild als zweigeschossige Putzbauten unter Mansarddächern rekonstruierend wiederhergestellt; das Gebäude der so genannten Meierei von 1732-37, 1803 an einen Tuchfabrikanten vermietet, 1897 um ein Tuchlager erweitert, wurde durch G. Böhm mit Theater- und Konzertsaal und neuer Aula ausgebaut.
Hinweise Die Abtei Werden ist eingetragenes Bau- und Bodendenkmal (Essen BauD lfd. Nr. 1, BodD lfd. Nr. 29; LVR-ABR E 32, Eintragungstext siehe PDF-Datei in der Mediengalerie). Die Abtei Werden in Essen war KuLaDig-Objekt des Monats im Dezember 2010.
(LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, LVR-Amt für Bodendenkmalpflege im Rheinland und LVR-Fachbereich Umwelt, 2010)
Die alte Reichsabtei. Bilder aus Werdens Geschichte. Essen.
Burghard, Hermann (2001)
Werden. (Rheinischer Städteatlas, Lieferung XIV, Nr. 78.) Köln, Weimar, Wien.
Effmann, Wilhelm (1899)
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Engels, Odilo (2006)
Klöster und Stifte von der Merowingerzeit bis um 1200. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.2.) Bonn.
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Keyser, Erich (1956)
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Zimmermann, W.; Borger, Hugo; Ehmke, R. u..a. (1959)
Die Kirchen zu Essen-Werden. (Die Kunstdenkmäler des Rheinlandes, 7.) Essen.
Auswertung historischer Karten, Literaturauswertung, keine Angabe
Historischer Zeitraum
Beginn 799 bis 801
Empfohlene Zitierweise
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