Die Rodenkirchener Brücke quert den Rhein zwischen den Stadtteilen Marienburg und Rodenkirchen am Westufer sowie Poll und Westhoven am Ostufer des Flusses. Über die in ihrer Gesamtstützweite 567 Meter lange Hängebrücke führt die Bundesautobahn A 4. Sie wurde zwischen 1952 und 1954 als Nachfolgerin ihres am Ende des Zweiten Weltkriegs zerstörten Vorgängerbauwerks - der 1938-1941 erbauten „Adolf-Hitler-Brücke“ - erbaut.
Der Vorgängerbau Die nördlich des Stadtteils Rodenkirchen gelegene Brücke wurde 1938-1941 im Zuge des von den Nationalsozialisten forcierten Autobahnbaus errichtet. Sie verband die rechtrheinische „Hafraba“ (Hamburg-Frankfurt-Basel, heute A 3) und die 1932 eröffnete Autobahn Köln-Bonn und war zugleich Teil des geplanten Kölner Autobahnrings. Als Hängebrücke mit zwei portalartigen Tragepfeilern ähnelte sie der ein Jahrzehnt zuvor errichteten Mülheimer Brücke, wies aber wichtige Neuerungen auf: Die Kabel waren erdverankert und sie besaß eine durchgehende Fahrbahnplatte auf durchlaufenden, stählernen Vollwandbalken. Die massiven Widerlager auf beiden Ufern wurden repräsentativ mit Werkstein verkleidet. Von Reichsadlern mit Hakenkreuz bekrönte Eingänge führten zum Fußgängerweg zwischen den beiden Richtungsfahrbahnen.
Der Tragwerksentwurf stammte von dem renommierten Ingenieur Karl Schächterle (1879-1971), die Bauleitung übernahm Fritz Leonhardt (1909-1999), der sich später ebenfalls einen Namen machte. Für die Gestaltung wurde der in Köln geschätzte Architekt Paul Bonatz (1877-1956) hinzugezogen. Besonderen Wert legte man auf die Einbindung der Brücke in das Stadtbild, unter anderem durch möglichst minimierte horizontale Versteifungsträger. Als die „Adolf-Hitler-Brücke“ im September 1941 eingeweiht wurde, war sie die größte Hängebrücke Europas. Als staatlicher Vorzeigebau verdeutlicht sie die typische Kombination moderner Ingenieurbaukunst und konservativ-imperialer Selbstdarstellung im „Dritten Reich“.
Bereits seit Januar 1945 hatte die 8. US-Luftflotte, die Eighth Air Force mit dem Spitznamen „Mighty Eighth“, den Befehl, die noch verbliebenen Kölner Rheinbrücken zu zerstören (die Mülheimer Brücke war bereits am 14. Oktober 1944 bei einem Luftangriff zerstört worden): „Hierzu wurden erhebliche Mengen an 1.000- und 2.000-Pfund-Bomben eingesetzt, die im Rahmen einer Angriffswelle am 6., 7., 10., 14. und 28. Januar 1945 aus großer Höhe und entsprechend ungenau abgeworfen wurden.“ (kriegsenden.nsdok.de) Bei den Angriffen wurden die Brücken zwar immer wieder getroffen, doch wurden dabei in der Regel einzig die Fahrbahnen durchschlagen und die Sprengkörper selbst explodierten eher wirkungslos im Rhein. Infolge eines neuerlichen massiven Bombardements wurde die Kölner Südbrücke am 6. Januar 1945 weitgehend zerstört und stürzte ein. Ebenso brach am 28. Februar 1945 die Deutzer „Hindenburgbrücke“ infolge von Kriegsschäden zusammen (ebd.). Zwei Wochen nach einem am 14. Januar 1945 erhaltenen schweren Bombentreffer fand die Rodenkirchener Autobahnbrücke das gleiche Ende und stürzte am 28. Januar 1945 in den Rhein.
Die heutige Brücke Die Pylone der zerstörten Brücke waren erhalten geblieben und konnten beim weitgehend unveränderten Wiederaufbau zwischen 1952 und 1954 genutzt werden. Der Wiederaufbau erfolgte nach Entwürfen des Hagener Bauingenieurs Hellmut Homberg (1909-1990), auf den gleich mehrere Rheinbrücken der Nachkriegszeit zurückgehen und dessen seine Konstruktionen im Vergleich zu Entwürfen der Konkurrenz beachtliche 40 Prozent Material einsparten (rp-online.de). Der Bau überspannt den Rhein zwischen zwei am Ufer stehenden Pfeilern mit 378 Meter. Die Konstruktion ist 580 Meter lang, die Pylone sind fast 60 Meter hoch. Die etwa 50 Zentimeter dicken Kabel fertigte Felten & Guilleaume in Köln-Mülheim. Die Rodenkirchener Brücke ist bei gleichen Proportionen fast ein Viertel größer als die Mülheimer, für deren Wiederaufbau sie als Vorbild diente. Aufgrund ihrer ähnlichen Konstruktion wird die Rodenkirchener Brücke sogar mit der berühmten Golden Gate Bridge im US-amerikanischen San Francisco verglichen - sie bringe einen „Hauch Kalifornien“ nach Köln (www.koeln-lotse.de; vgl. auch die gerne als „Golden Gate vom Niederrhein“ bezeichnete Rheinbrücke Emmerich).
Aktuelle Situation Die allgemeine Zunahme des Straßenverkehrs erforderte 1990 eine Erweiterung der Rodenkirchener Brücke, über die inzwischen täglich etwa 118.000 Fahrzeuge rollen (Stand 2005). Die 1995 fertiggestellte Verbreiterung erfolgte in Form eines Zwillingsbaus an der Nordseite. Durch den gleichzeitigen Austausch der vorherigen Spannbeton-Fahrbahnplatte durch eine Stahl-Leichtfahrbahn erhöhten sich die Lasten der nunmehr doppelt so breiten Brücke nur um 50%, weswegen die Ergänzung der beiden vorhandenen Tragkabel durch lediglich ein neues drittes Kabel ausreichte. Diese Ergänzungen am Brückenbau selbst sind daran zu erkennen, dass die neuen Elemente geschweißt wurden und nicht wie die auf der südlichen Seite genietet sind (das gleiche Phänomen findet sich ebenso bei der späteren Nord-Erweiterung der Kölner Hohenzollernbrücke). Seit dem ergänzenden Umbau verlaufen auf der zwischen den Geländern 52,3 Meter breiten Brücke nun in jeder Richtung drei Fahrbahnen und ein Standstreifen der A 4.
Aktuell wird die Brücke von etwa 135.000 Fahrzeugen täglich genutzt, was sich voraussichtlich bis 2030 noch auf 160.000 erhöhen wird (Stand 2021). Bei einer erneuten Verbreiterung des Kölner Autobahnring auf acht Spuren wäre die Rodenkirchener Brücke damit erneut das Nadelöhr. Eine nochmalige Verbreiterung ist jedoch statisch nicht mehr möglich und einem Abriss steht seit 1996 der Denkmalschutz entgegen. Einer der Planungsvorschläge sieht daher vor, „einen Tunnel für die Autos zu bauen und die denkmalgeschützte Brücke zum begrünten Aufenthaltsort mit Biergarten und Spielplatz umzugestalten“. Über eine Gestaltung als „Party-Brücke“ könne „eine Nutzung als begrünte Fußgänger- und Fahrradbrücke mit enormer Aufenthalts- und Naherholungsqualität“ ermöglicht werden (www.koeln-lotse.de).
Baudenkmal und Kulturlandschaftsbereich Die Autobahnbrücke Köln-Rodenkirchen ist eingetragenes Baudenkmal (Köln, UDB-Nr. 7837; LVR-ADR-Objekt-Nr. 69346) und wertgebendes Merkmal des Kulturlandschaftsbereichs Rodenkirchener Brücke (Regionalplan Köln 367).
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2014/2023; Ergänzungen: Walter Buschmann / Matthias Hennies / Alexander Kierdorf, Institut. Industrie-Kultur-Geschichte-Landschaft, 2019)
Internet www.rheinische-industriekultur.com: Autobahnbrücke Rodenkirchen, Heinrich-Lübke-Ufer (abgerufen 05.07.2021) de.wikipedia.org: Rheinbrücke Köln-Rodenkirchen (abgerufen 24.03.2014) de.wikipedia.org: Karl Schaechterle (abgerufen 14.02.2020) deu.archinform.net: Fritz Leonhardt (abgerufen 14.02.2020) deu.archinform.net: Paul Bonatz (abgerufen 14.02.2020) rp-online.de: Geschichte zum Anfassen: Wer unsere Brücken baute [Hellmut Homberg] (Text Kilian Treß, RP-online 18.10.2018, abgerufen 07.07.2022) www.koeln-lotse.de: Kölner Brücken: Die Rodenkirchener Brücke - ein Hauch Kalifornien in Köln (Uli, der Köln-Lotse vom 03.07.2021, abgerufen 05.07.2021) kriegsenden.nsdok.de: „Kriegsenden in Köln“, Kapitel 4: Brückengeschichten (abgerufen 14.05.2024) www.stadt-koeln.de: Die Geschichte der Kölner Rheinbrücken (abgerufen 24.03.2014, Inhalt nicht mehr verfügbar 22.06.2021)
Kurrer, Karl-Eugen; Pelke, Eberhard; Stiglat, Klaus (2009)
Einheit von Wissenschaft und Kunst im Brückenbau: Hellmut Homberg (1909-1990). Leben und Wirken (Teil I). In: Bautechnik, 86. Jahrgang, 2009, Heft 10, S. 647-655. o. O.
Landschaftsverband Rheinland (Hrsg.) (1996)
Brücken über den Rhein. (Diesmal 1993, Sondernummer 1.) Pulheim-Brauweiler (2. überarbeitete Auflage).
Der hier präsentierte Inhalt steht unter der freien Lizenz CC BY 4.0 (Namensnennung). Die angezeigten Medien unterliegen möglicherweise zusätzlichen urheberrechtlichen Bedingungen, die an diesen ausgewiesen sind.
Möchten Sie dieses Objekt in der Kuladig-App öffnen?
Wir verwenden Cookies
Dies sind zum einen technisch notwendige Cookies,
um die Funktionsfähigkeit der Seiten sicherzustellen. Diesen können Sie nicht widersprechen, wenn
Sie die Seite nutzen möchten. Darüber hinaus verwenden wir Cookies für eine Webanalyse, um die
Nutzbarkeit unserer Seiten zu optimieren, sofern Sie einverstanden sind. Mit Anklicken des Buttons
erklären Sie Ihr Einverständnis. Weitere Informationen finden Sie auf unserer Datenschutzseite.