Rheinquerungen bei Emmerich
Planung und Bau
Konstruktion und Elemente der Brücke
Bedeutung
Schiffsunglück bei Emmerich 1960
Hinweis
Internet, Literatur
Rheinquerungen bei Emmerich
Bei Emmerich gab es in historischer Zeit keine dauerhaft-feste Querung des Rheins in Form einer Brücke (Groten u.a., HbHistSt NRW 2006 und de.wikipedia.org, historische Rheinbrücken). Insbesondere am Niederrhein dürften zudem die hier zahlreichen Rheinlaufverlagerungen über die Jahrhunderte hin entsprechende Vorhaben erschwert oder unmöglich gemacht haben.
Etwa 5 Kilometer vom heutigen Brückenstandort entfernt führte ab 1865 die Griethhausener Eisenbahn-Rheinbrücke über den Altrhein zwischen Griethausen und Salmorth. Die zur Bahnstrecke Kleve-Zevenaar gehörenden Gleise führten dann nur wenige hundert Meter nördlich davon über eine bis 1912 betriebene Eisenbahnfähre über den Rhein von Spyck nach Welle („Trajekt Spyck-Welle“, vgl. Bahnhof Spyck). Diese Fähre wurde bis 1926 durch ein Dampfschiff für den Personenverkehr ersetzt. Nach dem Zweiten Weltkrieg bauten die Briten hier eine eingleisige Eisenbahnbrücke, die jedoch nur provisorisch von 1945 bis 1946 unterhalten wurde.
Während bereits die Karten der zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme bei Salmorth eine „Spicksche Fähre“ zeigen, weist die etwas spätere Preußische Neuaufnahme (1891-1912) hier sowohl „Fähre“ als auch vorgenanntes „Traject“ in unmittelbarer Nachbarschaft aus.
Bei Emmerich selbst lässt die Uraufnahme über ein mitten im Rhein stehendes Pfeilerbauwerk unzweideutig eine verkehrsmäßig betriebene Fähre zwischen der Stadt und dem damaligen Copray und Hurendeich (heutiger Orianiendeich) in der Mitte des 19. Jahrhunderts erkennen, die dann in der jüngeren Neuaufnahme eindeutig als „Dampf-F.“ (Dampffähre) ausgewiesen wird (vgl. die historischen Karten in der Kartenansicht). Daneben sind weitere kleinere Rheinfähren im näheren Umland anzunehmen.
Planung und Bau
Im Zuge der Ausschreibung des Bauwerks wurde zeitweise der neuartige Entwurf einer Monokabel-Hängebrücke vom Bauingenieur Fritz Leonhardt (1909-1999) und dem Architekten Gerd Lohmer (1909-1981) diskutiert. Diese Planung war zwar „um 15 % billiger als der konventionelle Entwurf“, kam aber letztlich nicht zur Ausführung, „weil keine Erfahrungen darüber vorlagen“ (de.wikipedia.org, Rheinbrücke Emmerich).
Die Emmericher Rheinbrücke entstand schließlich als „einfache“ Hängebrücke nach Entwürfen des Bauingenieurs Hellmut Homberg (1909-1990) und des Architekten Heinrich Bartmann (1898-1982). Beide zeichneten etwas später auch für die 1964 bis 1967 als Vielseil-Schrägseilbrücke erbaute Bonner Friedrich-Ebert-Brücke verantwortlich, die als erste moderne Schrägseilbrücke gilt.
Bei Emmerich begann man am 2. Mai 1962 mit dem Bau. Nach etwa drei Jahren konnte am 18. Juni 1965 das Richtfest gefeiert werden und die Brücke zum 3. September des gleichen Jahres eröffnet werden.
Konstruktion und Elemente der Brücke
Zu der Gesamtlänge der Emmericher Rheinbrücke finden sich unterschiedliche Angaben, da sich die Konstruktion des Brückenbauwerks aus mehreren Elementen zusammensetzt. Von der südlich-linksrheinischen Klever Seite beginnend hin zur nördlich-rechtsrheinischen Emmericher Seite sind dies:
- Vorlandbrücke: Die als Spannbetonbrücke ausgeführte Vorlandbrücke beginnt an einem Widerlager West und verteilt sich auf fünf Felder bis zum an sie anschließenden Verankerungspfeiler. Die Längen der fünf Felder vergrößern sich ausgehend von 59,5 Meter über 64,5 Meter, 68,5 Meter und 72,5 Meter auf 76 Meter. Insgesamt hat die Vorlandbrücke damit schon eine stattliche Länge von 341 Meter.
- Südlicher Verankerungspfeiler: Vorland- und eigentliche Flußbrücke sind über einen Verankerungspfeiler miteinander verbunden. Dieser ist 37,5 Meter lang.
- Südliches Randfeld der Hängebrücke: Noch nicht über den Rhein führend, aber bereits konstruktiver Teil der Hängekonstruktion ist das 151,5 Meter lange Randfeld im Süden.
- Hängebrücke: Das zentrale Hauptfeld der Hängebrücke über dem Rheinlauf weist mit 500 Meter Länge die größte freie Stützweite in Deutschland auf.
- Nördliches Randfeld der Hängebrücke: Dieses entspricht konstruktiv seinem Pendant im Süden und hat ebenfalls 151,5 Meter Länge.
- Nördlicher Verankerungspfeiler: Über den zweiten Verankerungspfeiler von 52,5 Meter Länge wird die Brücke im Norden wieder auf das feste Land überführt.
In der Summe ergibt sich damit eine Gesamtlänge von – je nach Betrachtungsweise – maximal 1.234 Meter, die Feldweiten der „hängenden“ Brückenabschnitte summieren sich auf 803 Meter.
Die eine lichte Höhe von 30 Meter aufweisende Hängebrücke wird von zwei 74,15 Meter hohen Stahlpylonen getragen (so structurae.de, wikipedia nennt für diese 76,7 Meter Höhe), die optisch das zentrale Hauptfeld begrenzen. Über die Pylone sind im Abstand von 16,8 Meter zwei Tragkabel von jeweils 45 Zentimeter Außendurchmesser geführt. An diesen sind die Hängeseile im Abstand von jeweils 15,15 Meter befestigt, die wiederum den 4,5 Meter hohen Brückenüberbau aus Stahl tragen. Die Fahrbahnen führen über die darauf liegende Brückentafel bzw. -platte, die im Mittel 22,5 Meter breit ist und an beiden Brückenseiten 2,5 Meter über die Hauptträger hinausragt.
Bedeutung
Seit wann das Bauwerk in Anlehnung an die weltberühmte Brücke im US-amerikanischen San Francisco auch als „Golden Gate vom Niederrhein“ bezeichnet wird, ist nicht eindeutig nachweisbar – eine gewisse Ähnlichkeit mit der zwischen 1933 bis 1937 erbauten längsten Hängebrücke der Welt (Hauptstützweite 1.280 Meter) ist jedenfalls nicht von der Hand zu weisen.
Die bei Rheinkilometer 853,2 über die verkehrsreichste Wasserstraße Deutschlands führende Emmericher Brücke wird heute täglich von rund 500 Schiffen passiert. Die Bundesstraße B 220 führt über die Hängebrücke und verbindet die unmittelbar an Emmerich vorbeiführende Bundesautobahn A 3 mit der rund 30 Kilometer entfernten linksrheinischen A 57. Die B 220 quert die Brücke dabei auf zwei nicht baulich voneinander getrennten Einzelfahrspuren mit Standstreifen. Auf beiden Seiten der Emmericher Brücke verlaufen – durch Geländer vom motorisierten Verkehr abgetrennt – Geh- und Fahrradwege.
Schiffsunglück bei Emmerich 1960
Am 7. Oktober 1960 kam es auf dem Rhein bei Emmerich zu einem katastrophalen Schiffsunglück. Aufgrund von Ruderversagen bei der zu Tal geschleppten dänischen Fähre Tina Scarlett kam es zum Zusammenstoß mit dem mit 1100 m3 Benzin beladenen Tankschiff Diamant. Dabei entzündeten sich große Mengen ausgelaufenen Benzins und das Feuer griff auf insgesamt zehn Schiffe über: „Der Rhein stand auf einer Breite von rund 300 Metern in Flammen. Das Tankschiff sank, die Fähre lief auf Grund und sank später. Zwei Menschen starben und 22 wurden zum Teil schwer verletzt.“ (de.wikipedia.org, Unfälle)
Hinweis
Die Rheinbrücke Emmerich ist wertgebendes Merkmal des Kulturlandschaftsbereichs „Rheinbrücke Emmerich - Kleve” (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Düsseldorf 009).
(Franz-Josef Knöchel, LVR-Redaktion KuLaDig, 2017/2022)
Internet
structurae.de: Rheinbrücke Emmerich (abgerufen 21.02.2017)
de.wikipedia.org: Rheinbrücke Emmerich (abgerufen 21.02.2017)
de.wikipedia.org: Liste historischer Rheinbrücken (abgerufen 21.02.2017)
de.wikipedia.org: Unfälle der Binnenschifffahrt (abgerufen 05.07.2021)
rp-online.de: Geschichte zum Anfassen: Wer unsere Brücken baute [zu Hellmut Homberg] (Text Kilian Treß, RP-online 18.10.2018, abgerufen 07.07.2022)