Südstadt ist ein Ortsteil der Bundesstadt Bonn im gleichnamigen Stadtbezirk. Die Bonner Südstadt ist eines der größten Gründerzeitviertel Deutschlands und weitestgehend in seiner ursprünglichen Bausubstanz erhalten. Seit den 1970er Jahren stehen viele der Gebäude unter Denkmalschutz.
Das südlich der Bonner Innenstadt gelegene Gebiet war Anfang des 19. Jahrhunderts weitestgehend unbebaut. Infolge des starken Bevölkerungswachstums und der dadurch verursachten Bodenknappheit entschied man sich 1825 zur Schleifung der Befestigungsanlagen, um Platz für die Stadterweiterung zu schaffen. Mit dem Abbruch des Kölntores und der Befestigung begann die Erweiterung der Stadt über den mittelalterlichen Kern hinaus. Einige Professoren der Universität und vermögende Rentner, die Bonn als Altersruhesitz wählten, erbauten daraufhin Häuser außerhalb der früheren Befestigungsanlage.
Der Thomann-Plan Um die zukünftige Entwicklung planvoll zu gestalten, beauftragte die Stadt den Stadtbaumeister Paul Richard Thomann (1827-1873) mit der Erstellung eines Plans zur Stadterweiterung südwestlich der Innenstadt. Thomann erstellte 1855/56 einen Bebauungsplan, der die Übergangsflächen der benachbarten Orte Poppelsdorf und Kessenich einschloss. Der Plan zeichnet sich durch ein planmäßig gerastertes Netz untereinander gleichwertiger Straßen aus, in das vier Rechteckplätze eingepasst sind. Die Eisenbahn ist als zeitgemäßes Verkehrsmittel und technische Errungenschaft in den täglichen Ablauf einbezogen, ihre Trasse verläuft abschnittsweise durch die Häuserblöcke, schneidet oder tangiert die Plätze. Der Planteil des Bonner Stadtgebietes, der zwar 1859 durch eine königliche Verfügung genehmigt wurde, scheiterte in seiner Umsetzung an den Schwierigkeiten mit den Nachbargemeinden und an den drohenden Entschädigungskosten für private Grundstückseigentümer. So musste der Plan aufgrund juristischer Auseinandersetzungen zwischen der Stadt Bonn, den (damals eigeständigen) Gemeinden Poppelsdorf und Kessenich sowie Grundstücksbesitzern größtenteils verworfen werden, sodass der Plan nur noch auf einem kleinen Gebiet Anwendung fand.
Weiterer Verlauf der Bebauung So erfolgte die Bebauung in den anschließenden Jahren ohne fest formuliertes Planungskonzept auf der planerischen Grundlage des Fluchtliniengesetzes, wobei die Fluchtlinien häufig nach den Wünschen der Grundstückseigentümer für Einzelobjekte oder für Straßenzüge festgesetzt wurden. Dennoch entstand im Laufe des ausgehenden 19. und des frühen 20. Jahrhunderts ein im Charakter weitgehend in sich geschlossenes Stadterweiterungsgebiet aus Wohnbauten mit gehobenem Wohnstandard in geschlossenen Zeilen in Blockrandbebauung. Die rückwärtigen Gärten in Hausbreite stoßen im Blockinneren zu großzügigen Grünanlagen aneinander und orientieren sich auf diese Weise an dem Ideal der Villa suburbana. Entsprechend zeichnen sich die Bauten, die vorwiegend als Haustyp des mehrgeschossigen Dreifensterhauses errichtet sind, individuell durch zahlreiche architektonische Details und baulichen Schmuck aus. Dabei sind die Eckbauten in der Architektursprache und im Dekor besonders hervorgehoben. Die Zeilen bilden in der Gesamtheit und im Gegenüber - abschnittsweise mit Vorgärten - charakteristische Straßenräume mit hoher städtebaulicher Qualität. Baumreihen begleiten Fahrbahn und Trottoir und spenden Schatten. Die Anbindung an die barocken städtischen Grünflächen rundet die Freiflächenqualität des Viertels ab.
Der Großteil der Gebäude entstand zwischen 1860 und 1910, in der so genannten „Gründerzeit“. Die ersten Bauten wurden an Kaiserstraße und Weberstraße errichtet. Zwischen 1870 und 1880 wurden König- und Arndtstraße bebaut. Ab 1890 kam es zu einem regelrechten „Bauboom“, der Bismarckstraße, Roonstraße (heute Wilhelm-Levison-Straße), Hohenzollernstraße (heute Heinrich-von-Kleist-Straße) und Goebenstraße umfasste. Da die Südstadt allmählich mit den Gemeinden Poppelsdorf und Kessenich zusammenwuchs, wurden diese 1904 nach Bonn eingemeindet.
Sozialstruktur Während in den nördlichen Stadterweiterungen von Bonn vorwiegend Handwerker, Angestellte und Arbeiter wohnten, ist die Südstadt ein typisches bürgerliches Wohngebiet und als Wohnort von Rentnern, Pensionären, Kaufleuten, Professoren, auch mittelständischen Handwerkern bevorzugt. Die Südstadt geht über in das großbürgerliche Villengebiet zwischen Adenauerallee und Rheinufer. Aufgrund ihres großzügigen Zuschnitts werden die ursprünglichen Einfamilienhäuser heute häufig als Mehrfamilienhäuser genutzt.
Entwicklung in der Nachkriegszeit Während des Zweiten Weltkriegs ist die Südstadt nur in geringem Maße beschädigt worden. In den dadurch entstandenen Baulücken finden sich heute Gebäude neueren Datums. Auch in den 1970er Jahren kam es zu Neubauten. Diese waren allerdings nur durch den Abriss historischer Gebäude möglich. Proteste der Bonner Bevölkerung und die Denkmalschutzbewegung in den 1970er Jahren konnten erreichen, dass den Bauplänen Einhalt geboten wurde. Heute stehen fast alle Gründerzeitgebäude der Südstadt unter Denkmalschutz.
(Pascal Glass, LVR-Fachbereich Umwelt, 2013 / Elke Janßen-Schnabel, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2015)
Literatur
Denk, Andreas; Flagge, Ingeborg (1997)
Architekturführer Bonn. Berlin.
Dollen, Busso von der (1982)
Der Thomann-Plan. In: Bonner Geschichtsblätter, S. 141-172. Bonn.
Gruber, Brigitta (2001)
Stadterweiterung im Rheinland. Kommune, Bürger und Staat als Akteure im Entstehungsprozess der Bonner Südstadt 1855 bis 1890. Bonn. Online verfügbar: http://hss.ulb.uni-bonn.de/2001/0315/0315.htm, abgerufen am 14.06.2013
Grunsky, Eberhard; Osteneck, Volker (1976)
Die Bonner Südstadt. (Arbeitshefte des Landeskonservators Rheinland, 6.) Köln u. Bonn.
Stadt Bonn, Amt 61-02, Untere Denkmalbehörde (Hrsg.) (2012)
Liste der gem. § 3 DSchG NW in die Denkmalliste eingetragenen Baudenkmäler, Bodendenkmäler, beweglichen Denkmäler und Denkmalbereiche der Stadt Bonn (Stand: 01.01.2012). Bonn.
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