Die Geschichte des Hofgartens
Nutzungskonflikte
Großdemonstrationen und Großveranstaltungen
Quellen, Internet, Literatur
Die Geschichte des Hofgartens
Als der Neubau des kurfürstlichen Residenzschlosses 1688-1723 unter Kurfürst Joseph Clemens von Bayern (1671-1723, Erzbischof von Köln 1688-1723) entstand, wurden auch die dazugehörigen Gartenanlagen neu geplant. Zwei dieser Pläne, die von dem französischen Baumeister, Hofbaumeister und Innenausstatter de Cotte aus dem Jahre 1715 stammen, sind bis heute erhalten. Auf beiden Plänen ist der Hofgarten vor der Südfront der Residenz geplant, mit Sichtachse auf das Siebengebirge und die Godesburg als „points de vue“ (Blickpunkte). Zwischen den Schlossflügeln an der Südfront sollten zwei gleich gestaltete Zierbeete mit jeweils einem Springbrunnen in der Mitte entstehen, drei Treppen sollten zum tiefer gelegenen großen Hofgartenparterre führen, welches wiederum in zwei Zierparterres gegliedert worden wäre. Als Verlängerung der Schlossanbauten nach Süden waren zwei Doppelalleen geplant. Der südliche Abschluss des Parterres fehlte jedoch auf den Plänen. Der einzige Unterschied in den beiden Plänen lag in der Gestaltung des Privatgartens des Kurfürstens vor der Westfront, der heutige Kaisergarten.
Zu dieser Zeit war die Stadt noch von einer Festungsanlage, die auf der Südseite an der Residenz vorbeiführte, umgeben, was die Ausführung der Pläne zunächst verhinderte. Hinzu kam eine schwierige Finanzlage des Kurfürsten.
Clemens August, Nachfolger des Kurfürsten (1723-61), führte die Planungen fort und ließ den Bereich zwischen den Flügeln der Residenz fertigstellen. 1725/26 lässt der Kurfürst durch seinen Baumeister Johann Conrad Schlaun eine neue, niedrigere Befestigung anlegen und so den Wallring der Stadt wieder schließen. Die Reste dieser Schlaun’schen Befestigungsanlage kamen bei dem Bau der Universitätsgarage 1969 zum Vorschein. Allerdings war diese Befestigung eher ein dekorativer Schutzwall. Der Hof unmittelbar vor dem Schloss war nach den Plänen von de Cotte gestaltet.
Etwa 1741/42 kam es zum Abbruch der zweiten Wallanlage und zur Erweiterung des Gartens nach Süden. Jetzt führten zwei Stufen ins tiefer gelegene Hofgartengelände, welches mit typischen Elementen des französischen Gartens und Doppellalleen aus jungen Bäumen an den Seiten gestaltet wurde.
Ab 1752 wurde der Hofgarten auf die heute noch bestehende Ausdehnung vergrößert und war jetzt auf dem Höhepunkt der barocken Ausgestaltung. Als Architekt des Gartens gilt der Großvater von Peter Joseph Lenné (1789-1866), der seit 1748 als Bonner Hofgärtner tätige Johann Cunibert Lenné (1714-1787). Zum Abschluss des Gartens im Süden gibt es jedoch wieder keine Hinweise.
Unter dem Kurfürsten Maximilian Friedrich Graf von Königsegg-Rothenfels (1708-1784, Erzbischof und Kurfürst von Köln 1761-1784) wurden die pflegeintensiven Ziergärten des großen Hofgartenparterres aus Kostengründen entfernt und durch einfache Rasenflächen ersetzt.
Ein Bild vom großen Brand der Residenz 1777 zeigt eine Umfassung des vereinfachten Hofgartens durch eine niedrige Mauer mit einem Eingang durch ein Gittertor zwischen zwei seitlichen Steinpfosten, welches heute noch erhalten ist. Als südlichen Abschluss wurde ein Wasserbassin mit drei großen Fontänen errichtet, die sogenannte Hauptwasserkunst.
In der Folgezeit des Brandes (1784-1801) konnte aus Geldmangel nur das Nötigste zur Unterhaltung von Schloss und Gärten getan werden. Während der französischen Besatzung wurde das Schloss als Lyzeum und der Hofgarten als „Nationalgarten“ genutzt und war Schauplatz für die Feste der Besatzung.
Die Karte von Tranchot (1807/08) und der Plan von Hundeshagen (1819) lassen erkennen, dass die ursprüngliche Planung de Cottes, Doppelalleen anzulegen, verwirklicht wurde, sowie, dass die Hauptwasserkunst sich noch am südlichen Ende der ansonsten einheitlich grünen Fläche ohne Zieranlagen des Hofgartenparterres befand.
Im Anschluss an den Zweiten Weltkrieg wurden die zerstörten Alleen neu mit Linden bepflanzt. Dem Provinzialkonservator Graf Wolff Metternich ist es zuzuschreiben, dass die Rasenfläche nicht mit Trümmerschutt aufgefüllt und als Tennisplatz genutzt wurde.
Heute präsentiert sich der Hofgarten deswegen als große vertiefte Rasenfläche zwischen seitlichen Alleen. Allerdings ist die Perspektive zum Siebengebirge mittlerweile verbaut, die Sichtachse zum Poppelsdorfer Schloss und zur Kreuzbergkirche blieb jedoch weitestgehend erhalten.
Das von Josef Clemens und Robert de Cotte favorisierte Gartenkonzept ist in seinen Grundzügen bis heute in der Gestaltung wiederzufinden.
Nutzungskonflikte
Nach der Gründung der Rheinischen-Friedrich-Wilhelm Universität 1818 gab es erste Konflikte über die weitere Nutzung des Hofgartens. Zum einen wurde darüber diskutiert ob der botanische Garten der Universität dort angelegt werden soll und zum anderen gab es die Überlegung die Fläche für Professorenwohnungen zu nutzen, da die Universität Geld brauchte. Dieser Vorschlag wurde jedoch aus ästhetischen Gründen abgelehnt, da die Bebauung die freie Sicht auf das Siebengebirge genommen hätte.
In den Jahren 1822-24 wurde an die Stelle der Hauptwasserkunst das neue Anatomiegebäude der Universität (nach Schinkel) gebaut, welches heute das Akademische Kunstmuseum beherbergt.
Als 1836 der Astronom Argelander als Professor an die Universität berufen wurde, entstand eine Diskussion über den Bau einer Sternwarte auf dem Hofgarten. Diese Idee scheiterte jedoch am Widerstand der Bürgerschaft. Des Weiteren kam um 1858 herum die Überlegung auf, den Hofgarten in seiner barocken Form mit Mittelbassin, Springbrunnen und Blumenbeeten wieder zu errichten.
Ab 1899 gab es viele Anträge zur Durchführung von Sportveranstaltungen und in den Jahren 1900-1903 wurden Wettkämpfe auf der Wiese ausgetragen. Anschließend unterband der Rektor zum Schutz des Rasens weitere Sportveranstaltungen. Gelegentlich fanden allerdings Militärparaden statt, zum Beispiel zur Immatrikulation des Kronprinzen Friedrich Wilhelm (der spätere Kaiser Wilhelm II.).
Im Ersten Weltkrieg ernteten russische Kriegsgefangene Heu auf der Hofgartenwiese, welches für Pferde benötigt worden ist. Anschließend kam eine erneute Diskussion über die Nutzung als Sportplatz auf. Die Universität und die Stadt waren jedoch dagegen.
Während der Zeit des Nationalsozialismus fanden vor allem Aufmärsche auf der Wiese statt, zum Beispiel zum NSDAP-Kreisparteitag 1939. Bei der Zerstörung des Hauptgebäudes am 18.10. 1944 durch einen Fliegerangriff wurde auch der Hofgarten in Mitleidenschaft gezogen. Vor allem der Baumbestand der Alleen erlitt durch die Bomben Bestandsverluste. Im Zweiten Weltkrieg bis in die Zeit danach, wurde der Hofgarten als Kartoffelacker genutzt, da Nahrungsmittel dringend benötigt wurden. Die Nationalsozialisten beschrieben es im Februar 1942 in einem Zeitungsartikel als Optimierung der „Volksernährung“.
Großdemonstrationen und Großveranstaltungen
Während der Hofgarten in den 1970er Jahren häufig als Parkplatz „missbraucht“ wurde, fanden hier bis in die frühen 1990er Jahre vor allem Massendemonstrationen statt. Die Friedensbewegung, Gewerkschaften, Schüler und Studenten demonstrierten meist mit zahlreichen Teilnehmern.
Bevor die Bundesregierung der ersten Großen Koalition aus CDU/CSU und SPD (1966-1969) die Notstandsgesetze verabschiedete, kam es am 11. Mai 1968 auf der Wiese des Hofgartens zur ersten großen Massenkundgebung, dem sogenannten „Sternmarsch auf Bonn“ mit mehr als 60.000 Demonstranten. Vor allem Gewerkschaften und Studenten demonstrierten in der damaligen Bundeshauptstadt gegen die neuen Gesetze, aber auch bekannte Persönlichkeiten wie der Schriftsteller und Literatur-Nobelpreisträger Heinrich Böll (1917-1985) beteiligten sich.
Als bislang größte Demonstration galt die Anti-Atomkraftwerke-Demonstration des Bundesverbandes der Bürgerinitiativen Umweltschutz am 14. Oktober 1979, als in Bonn rund 100.000 Menschen friedlich gegen die Kernernergie protestierten.
Zur Zeit des Kalten Krieges versammelten sich bei einer Großdemonstration gegen den umstrittenen NATO-Doppelbeschluss am 10. Oktober 1981 („Gegen die atomare Bedrohung gemeinsam vorgehen“) etwa 300.000 Menschen und am 22. Oktober 1983 alleine in Bonn rund 650.000 der bundesweit rund 1,3 Millionen Demonstranten unter dem Motto „Volksversammlung für den Frieden“. Eine weitere große Demo fand am 10. Juni 1982 unter dem Motto „Aufstehn! Für den Frieden“ auf den Bonner Rheinwiesen statt.
Der Hofgarten wurde wiederholt auch für Demonstrationen der seit 2019 in Deutschand aktiven Klimaschutz-Bewegung „Fridays for Future“ („Freitage für die Zukunft“) genutzt.
Im Jahr 1984 gab der Senat der Universität ein Gutachten mit der Frage in Auftrag, ob Großveranstaltungen rechtlich verhindert werden können. Dieses Gutachten besagt, dass die Universität über den Hofgarten verfügen darf, also die rechtliche Grundlage besitzt, Demonstrationen und andere Großveranstaltungen zu verbieten.
Zur gleichen Zeit erstellte eine lokal ansässige Zeitung eine Umfrage an die Leser mit dem Titel: „Was soll aus dem Hofgarten werden?“, bei der sich 40% der Befragten für ein Verbot von Großveranstaltungen jeglicher Art aussprachen und 30% für die Gestaltung nach historischem Vorbild mit barockem Garten und Brunnen. Der letzte Vorschlag wurde jedoch hauptsächlich aus Kostengründen abgelehnt.
Trotz des Gutachtens kam es zu jahrelangen Konflikten zwischen der Universität als Eigentümerin des Hofgartens, der Stadt, der Polizei, den Demonstranten und den Bürgern.
Da die Wiese eine große, frei begehbare Fläche in der Innenstadt darstellt, wäre sie eigentlich ideal für Massendemonstrationen. Die Stadt stünde in der Pflicht als Hauptstadt eine solche Fläche zur freien Meinungsäußerung zur Verfügung zu stellen, war ein häufig genutztes Argument für die Demonstrationen an diesem Ort. Der Universitätsbetrieb wurde jedoch enorm eingeschränkt und gestört durch den Lärm der Vorbereitungen und der Demonstrationen. Des Weiteren wurde der Rasen immer wieder stark in Mitleidenschaft gezogen und die Wiederherstellung war mit sehr hohen Kosten verbunden.
Die gleiche Problematik trat auf, wenn die Wiese für andere Großveranstaltungen, wie zum Beispiel Konzerte, genutzt werden sollte. Selbst der weltbekannte italienische Tenor Luciano Pavarotti (1935-2007) bekam 1992 keine Auftrittserlaubnis im Hofgarten.
Es entwickelte sich ein Rechtsstreit, der bis vor das Oberlandesgericht in Münster getragen wurde und mehr als 10 Jahre andauerte. Am Ende bekam die Universität als Eigentümerin Recht und durfte die Demonstrationen und Veranstaltungen auf der Wiese verbieten. Zu diesem Zeitpunkt war Bonn keine Hauptstadt mehr und viele Massendemonstrationen hatten sich bereits nach Berlin verlagert.
Die einzige weiterhin regelmäßig stattfindende Veranstaltung ist die Absolventenfeier der Universität, die jährlich zum Ende des Sommersemesters im Hofgarten abgehalten wird. Als letzte Großveranstaltung dort gilt das Deutschlandfest im Frühjahr 2012. Auch hierbei wurde die Wiese wieder stark in Mitleidenschaft gezogen und musste im Anschluss an die Absolventenfeier erneuert werden. Leider gibt es immer wieder Negativschlagzeilen über Drogenhandel und -konsum, besonders in den Randbereichen des Hofgartens. Abgesehen davon dient er jedoch heute hauptsächlich zur Erholung für die Bürgerinnen und Bürger und vor allem für Studentinnen und Studenten, die die Wiese an sonnigen Tagen ausgiebig für verschiedene Freizeitaktivitäten nutzen.
(Caroline Huth, Geographisches Institut der Universität Bonn, 2013 / Ergänzungen von Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2022)
Quellen
Zeitungsartikel: Stadtarchiv
- „Der Countdown läuft: Wiese soll für Großveranstaltungen gesperrt werden“, General-Anzeiger, 14.7.1984, Signatur: 136/825
- „Was soll aus dem Hofgarten werden?“, General-Anzeiger, 21.7.1984, Signatur: 136/825
- „Kein “barockes Disneyland„ auf Bonns Hofgartenwiese“, General-Anzeiger, 6.9.1984, Signatur: 136/825
- „Universität darf wie ein Privatmann über den Hofgarten verfügen“, General-Anzeiger , 23.11.1984, Signatur: 136/825
- „Hofgarten: Entscheidung erst am Freitag“, Rhein-Sieg-Anzeiger, 13.6.1985, Signatur: 137/186
- „Hofgarten für Kundgebung freigegeben“, Bonner Rundschau, 12.6.1987, Signatur: 139/1017
- „Pavarotti will keine Lauscher in den Bäumen“, Rhein-Sieg-Anzeiger, Feb. 1992, Signatur: 144/608
Internet
www.zeitklicks.de: Anti-AKW-Demo des Bundesverbandes der Bürgerinitiativen Umweltschutz in Bonn am 14. Oktober 1979 (abgerufen 02.11.2022)
de.wikipedia.org: Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1981 (abgerufen 28.01.2013)
de.wikipedia.org: Friedensdemonstration in Bonn 1982 (abgerufen 02.11.2022)
de.wikipedia.org: Friedensdemonstration im Bonner Hofgarten 1983 (abgerufen 28.01.2013)