Wie auch schon der Südfriedhof ist der Westfriedhof ebenfalls ein Entlastungsfriedhof. Er wurde angelegt, um die zu dieser Zeit bereits bestehenden Friedhöfe wie Melaten zu entlasten. Der ursprüngliche Plan, dass der Westfriedhof Melaten als Zentralfriedhof ablösen sollte, wurde ab 1923 nicht weiter verfolgt.
Heute gilt er als einer der bedeutendsten Jugendstilfriedhöfe Deutschlands. Im Gegensatz zum Südfriedhof ist seine Wegeführung rein linear und rechtwinklig. Es gibt keine geschwungenen Wege, kreisförmige oder ovale Grabfelder. Trotzdem kennzeichnet ihn ein für die Großfriedhöfe typischer Parkcharakter, der in den breiten Alleen, großen Freiflächen und der umfangreichen Gehölzverwendung seinen Ausdruck findet. Der Eingang liegt an der Venloer Straße, der Hauptweg führt direkt auf das Krematorium mit der vorgelagerten Trauerhalle im Herzen der Anlage zu. 1937 fand hier die erste Einäscherung statt.
Letzte Begegnung der Kulturen
Spannend machen diesen Friedhof die kulturellen Hintergründe der Verstorbenen. Unterschiedliche Glaubensrichtungen und Kulturen wechseln sich auf den einzelnen Grabfeldern ab. Häufig sind die Unterschiede bereits auf den ersten Blick auszumachen.
Hinter dem Haupteingang auf der linken Seite befinden sich Grabstätten von Sinti und Roma. Großflächige Gräber mit eindrucksvollen Marmoreinfassungen und Marmordeckeln, üppig verziert mit Marienfiguren, Fotos der Verstorbenen und bunten Kunstblumen reihen sich hier aneinander. Besonders an Allerheiligen werden die Gräber noch zusätzlich geschmückt und sind so von weitem schon leicht zu erkennen. Was der Besucher nicht sieht, ist die spezielle Sargeinfassung, die sich unter den Marmorplatten verbirgt. Nach Sinti- und Roma-Tradition darf der Sarg die Erde nicht berühren. Aus diesem Grund zimmert die Friedhofsverwaltung Holzverschalungen aus groben Bohlen um die Särge herum.
Ähnlich auffällig dekoriert wie die Gräber der Sinti und Roma sind die Kindergräber, die sich im westlichen Friedhofsbereich befinden. Fotos und Stofftiere zieren die kleinen Grabflächen der deutschen Kindergräber ebenso wie die der muslimischen Kindergräber.
Seit 1965 werden Muslime auf dem Westfriedhof bestattet. Die Anzahl der Gräber steigt erst langsam, da viele Muslime der ersten Generation nach ihrem Tod noch in ihre Heimatländer überführt wurden. Erst jetzt entscheiden sich langsam immer mehr Muslime dazu in Deutschland begraben zu werden. Das muslimische Gräberfeld unterscheidet sich von den anderen durch seine Ausrichtung nach Mekka.
Der jüdische Friedhof
Zwischen Westfriedhof und Militärringstraße liegt als schmaler, langer Streifen der Neue Jüdische Friedhof Bocklemünd. Er ist der einzige noch von der jüdischen Gemeinde genutzte Friedhof in Köln. Männliche Besucher müssen hier eine Kopfbedeckung tragen, viele bringen außerdem Steine mit zum Besuch am Grab. Nach jüdischer Tradition werden diese bei jedem Besuch auf das Grab des Verstorbenen gelegt. Wahrscheinlich stammt dieser Brauch aus der Zeit, als die Toten noch auf dem kargen Wüstenboden Sinais beigesetzt wurden, wo man sie mit Steinen bedeckte um den Leichnam zu schützen. Ein Mahnmal erinnert an die ermordeten Kölner Juden während der NS-Zeit.
Das „Gestapofeld“
Ein Überbleibsel aus NS-Zeiten ist das auf die Taten der Geheimen Staatspolizei während der NS-Zeit zurückgehende sogenannte „Gestapofeld“. In weniger als einem Jahr, von Anfang August 1944 bis Ende Februar 1945, wurden hier 437 anonyme Tote begraben, „von denen nachweislich viele im EL-DE-Haus, der Kölner Gestapozentrale (heute: NS-Dokumentationszentrum), umgebracht worden waren“ (Stegmann 2004, S. 171-189).
(Hannah Brüggemann, NABU-Naturschutzstation Leverkusen-Köln, 2014)
Internet
www.stadt-koeln.de: Westfriedhof (abgerufen 03.07.2018)
www.stadt-koeln.de: Plan des Westfriedhofs (PDF-Datei, 351 kB, abgerufen 03.07.2018)
de.wikipedia.org: Westfriedhof (Köln) (abgerufen 06.10.2014)