Der Kölner Stadtteil 713 Libur gehört zum Stadtbezirk 7 Porz. In dem rechtsrheinischen Stadtteil leben heute etwa 1.150 Menschen auf einer Fläche von 6,35 Quadratkilometern (1.155 Einwohner*innen zum 31.12.2021, bzw. 1.116 zum 31.12.2019, 1.135 zum 31.12.2017 und 1.106 zum 31.12.2009, www.stadt-koeln.de). Libur hat mit gerade einmal 180 Einwohner*innen je km2 die niedrigste Bevölkerungsdichte aller Kölner Stadtteile (zum Vergleich: im Schnitt leben in Köln rund 2.650 Menschen pro km2 und in der engen Südstadt sogar 12.000 bis 13.000 pro Quadratkilometer; ebd. und www.koeln-lotse.de). Der Erholungsflächenanteil im südlichsten Stadtteil der Domstadt betrug im Jahr 2021 10,3 % (bei einem Schnitt für Gesamt-Köln von 11,5 %).
Ortsgeschichte und -entwicklung Eine im Jahr 1936 am Südosteingang des Dorfes gefundene Axt weist auf eine Bandkeramikersiedlung der Jungsteinzeit (Neolithikum) an dieser Stelle hin.
Die erste urkundliche Erwähnung des Orts erfolgte im Jahr 1183. Im Mirakelbuch des als heilig verehrten Erzbischofs Anno II. von Köln (~1010-1075, amtierte ab 1056) ist dann 1185 von einer Ortschaft villula Lebure die Rede, die sich auf einem sehr alten Siedlungsplatz befinde. Seit dem Mittelalter gehörte Libur zum Amt Porz im Herzogtum Berg (Holdt 2008, S. 22 u. Karte Nr. 224). Im Jahr 1482 erhielt Libur über eine Stiftung des Graf von Plettenberg eine Vikarie (Seelsorge- bzw. Priesterstelle), die 1849 zur selbständigen Pfarrei erhoben wurde. 1582 wurde eine Feldkapelle zu Ehren der heiligen Margareta von Antiochia errichtet, die bis zum Kirchenneubau von 1909/10 für Gottesdienste genutzt und 1911 abgerissen wurde.
In den Erläuterungen zu der Karte der politischen und administrativen Eintheilung der heutigen preussischen Rheinprovinz für das Jahr 1789 im Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz wird der Ort als „Honsch. Libour“ (Honschaft = die unterste Verwaltungseinheit) mit einer Gemarkungsgröße von „ca. 378“ Hektar im Bergischen Amt Porz, Hauptgericht Porz angeführt. Als zuständiger Pfarrort für Libour wird „K. N.-Kassel“ angeführt (die katholische Pfarrei Niederkassel im Dekanat Siegburg; vgl. Fabricius 1898, S. 319, Nr. 305). Auch in den beiden Karten des Rheinprovinz-Atlas zur kirchlichen Organisation sowohl für das Jahr 1450 wie auch 1610 wird der Ort dem Dekanat Siegburg zugewiesen (vgl. ebd., Karten 5.1 u. 6 und dito Becker 2008).
Während der Zeit der französischen Besatzung (1794-1814/15) gehörte Libur als Teil der Bürgermeisterei Wahn (frz. Mairie) im Kanton Mülheim zum Arrondissement Mülheim - einem der vier Verwaltungsbezirke im Département Rhein des von 1806 bis 1813 bestehenden napoleonischen Satellitenstaats Großherzogtum Berg (Grand-Duché de Berg et de Clèves). Nach der Franzosenzeit gehörte Libur ab 1815 über die Bürgermeisterei Wahn im zwischen 1816 und 1932 bestehenden Kreis Mülheim am Rhein zur Preußischen Rheinprovinz und wurde dann 1929 mit der Gemeinde Wahn nach Porz eingemeindet (ab 1932 im neu gegründeten Rheinisch-Bergischen Kreis, ab 1951 Stadt Porz).
Im Frühjahr 1957 wurden aus dem damaligen Liburer Feuerwehr-Löschteich „Schullekul“ (auch „Schollekuhle“) hunderte Waffen und Sprengmittel geborgen. Diese waren dort von Wehrmachtssoldaten nach den letzten Kampfhandlungen kurz vor dem Einrücken der Amerikaner am Ende des Zweiten Weltkriegs versenkt worden. Dies war in Libur ein offenes Geheimnis - eine Räumung erfolgte jedoch erst, nachdem Schulkinder wiederholt Sprengkörper geborgen hatten und damit in lebensgefährlicher Weise spielten. Erst nach mehrjährigem Gerangel zwischen der Porzer Stadtverwaltung und der Bezirksregierung über die Verantwortung und die anstehenden Räumungskosten wurde die „Schullekul“ ausgepumpt und der Räumdienst barg aus dem schlammigen Gewässer über eine Dauer von 66 Tagen bis zum 15. Juni 1957 insgesamt 522 Sprenggranten, 692 Infanterie-Patronen, 121 Stielhandgranaten, 14 Gewehre, 6 Maschinengewehre sowie weitere diverse „Granaten und weitere Munition“ (www.koeln-lotse.de). Der unabhängig vom Fund der Kampfmittel auch wegen seines modrigen Geruchs und regelmäßig wiederkehrenden Mückenplagen sanierungsbedürftige Teich verschwand nachfolgend. An seiner Stelle befindet sich heute der Sportplatz zwischen Pastor-Huthmacher-Straße, Freiheit und dem Stockumer Weg nach Stockem (östlich der Flur An der Schulkaulen).
Im Zuge der kommunalen Neugliederung durch das Gesetz zur Neugliederung der Gemeinden und Kreise des Neugliederungsraumes Köln (das so genannte „Köln-Gesetz“ vom 5. November 1974; vgl. recht.nrw.de) wurde Porz mit seinen Stadtteilen zum 1. Januar 1975 nach Köln eingemeindet. Damit gehören seitdem die Kölner Stadtteile Eil, Elsdorf, Ensen, Finkenberg, Gremberghoven, Grengel, Langel, Libur, Lind, Poll, Porz (auch: „Porz-Zentrum“), Urbach, Wahn, Wahnheide, Westhoven und Zündorf zum heutigen Stadtbezirk 7 Köln-Porz.
Ortsname Die Namensformen des späteren Libur - so etwa auch Lebur (1411), Liebour und Liebuire - rühren möglicherweise von althochdeutschen Worten her: lê für Grabhügel und bûr für Wohnung, Kammer oder kleines Haus (daher auch der „Bauer“ für einen Vogelkäfig, vgl. Berger 1993) - respektive bur für Mitbewohner oder Nachbar. Demnach ließe sich der Name als „Wohnort am Grabhügel“ erklären (Wilhelm 2008 u. www.stadt-koeln.de, Libur).
Libur auf historischen Karten In der das Jahr 1789 abbildenden Karte des Geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz findet sich die Ortschaft Liebour zwischen den Orten Ranzel (heute Stadtteil von Niederkassel) und Lind eingezeichnet. Mit gleicher Schreibweise zeigen auch die historischen Karten der Topographischen Aufnahme der Rheinlande (1801-1828) den Ort, der hier mit einer besiedelten Fläche von rund 17 Hektar (170.000 m2) auszumachen ist. Eigens verzeichnet ist im Norden ein Wahner Signal, vermutlich ein Vorgänger der ab 1832 ausgebauten Linie der Optischen Telegrafen. Hinsichtlich seiner Größe zeigen sich für den Ort auch auf der nur wenig jüngeren, zwischen 1836 und 1850 erarbeiteten Preußischen Uraufnahme wie auch der späteren Preußische Neuaufnahme (1891-1912) noch kaum Veränderungen. In beiden Kartenwerken wird der Ort immer noch Liebour benannt. Nunmehr mit Libur bezeichnet, zeigen auch die topographischen Karten TK 1936-1945 keine wesentlichen Unterschiede beim Ortsbild (vgl. Kartenansichten). Die Größe des Orts hat sich bis heute kaum verändert, zumal der isoliert liegende Siedlungskern von Libur nicht - so wie zahlreiche andere Stadtteile - mit Nachbarstadtteilen zusammengewachsen ist.
Ortsbild Die Stadt Köln beschreibt den kleinen Ort als „Weiler mit achteckigem Ortskern, auf den zahlreiche Straßen von den umliegenden Dörfern zulaufen. … Das immer noch etwas abgeschiedene Libur inmitten agrarisch genutzter Flächen hat noch einen Gutteil seines ländlichen Charakters bewahrt.“ Der von Ackerflächen umgebene Ortskern nimmt dabei nur einen geringen Teil der ca. 640 Hektar großen Fläche des Stadtteils ein (Wilhelm 2008). Als besondere Akzente des Stadtteils werden neben mehreren Wegekreuzen, die sich inner- und außerhalb des Orts befinden (darunter das Urbankreuz von 1729), und der katholischen Pfarrkirche Sankt Margaretha (1909/10) vor allem die das Ortsbild prägenden Fachwerk- und Backsteinbauten des 18. und 19. Jahrhunderts genannt: „In der Kuxgasse hat sich das alte Liburer Ortsbild in einem Ensemble höchstens zweigeschossiger, giebelständiger Häuser am besten erhalten. Sie stammen teils aus dem 18., meistens aber aus dem 19. Jahrhundert.“ (www.stadt-koeln.de, Stadtteilinformationen) In einem „Veedels-Check“ des Kölner-Stadt-Anzeigers landete Libur 2018 auf dem ersten Platz, fast 80% der Bewohner gaben dabei an, nicht aus dem Ort wegziehen zu wollen. Im Karneval pflegt Libur die besondere Tradition des „verkehrtesten Karnevalszochs“ von ganz Köln: „Hier stehen die Jecken am Straßenrand und werfen Kamelle für die Pänz, die im Zoch mitgehen.“ (www.koeln-lotse.de)
Verkehrsanbindung Libur liegt jeweils etwa 18 Kilometer von den Zentren von Köln und Bonn entfernt und ist an beide Großstädte über die östlich des Stadtteils vorbeiführende Bundesautobahn A 59 verbunden (Anschluss in Lind). Aufgrund der isolierten Ortslage sind auch die näher gelegenen Städte Niederkassel und Troisdorf - beide jeweils etwa 5 Kilometer entfernt - von Bedeutung, so z.B. zum Einkauf. An den regionalen ÖPNV ist der Stadtteil derzeit über nur einen Linienbus angebunden. Die Kölner Straßen- und Stadtbahnen und das Netz der Deutschen Bahn sind über die 2 Kilometer entfernte Haltestelle Porz-Wahn bzw. das etwa 4 Kilometer entfernte Zündorf erreichbar.
Bistümer, Archidiakonate und Landdekanate um 1450. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, IX.4.) Bonn.
Berger, Dieter (1993)
Duden: Geographische Namen in Deutschland. Herkunft und Bedeutung der Namen von Ländern, Städten, Bergen und Gewässern. (Duden-Taschenbücher, 25.) S. 68, Mannheim u.a..
Fabricius, Wilhelm (1898)
Erläuterungen zum geschichtlichen Atlas der Rheinprovinz. (2 Bände, Nachdruck 1965). Bonn.
Handbuch der Historischen Stätten Nordrhein-Westfalen. (HbHistSt NRW, Kröners Taschenausgabe, Band 273.) S. 610-612, Stuttgart (3. völlig neu bearbeitete Auflage).
Holdt, Ulrike (2008)
Die Entwicklung des Territoriums Berg. (Geschichtlicher Atlas der Rheinlande, V.16.) Bonn.
Wilhelm, Jürgen (Hrsg.) (2008)
Das große Köln-Lexikon. S. 294, Köln (2. Auflage).
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