Stadion am Lievelingsweg (ab 1921)
Schmidt-Schneiders-Stadion (ab 1927)
Poststadion (ab 1938)
Denkmal für Geheimrat Professor Dr. F. A. Schmidt
Das Ende eines Stadions - kein Denkmalschutz für die Moderne
Aktuelle Situation, Lage und Objektgeometrie
Quellen, Internet, Literatur
Stadion am Lievelingsweg (ab 1921)
Um die Wende von 19. zum 20. Jahrhundert galt Bonn nach Frankfurt am Main, Charlottenburg (bis zur Eingemeindung 1920 nach Groß-Berlin eigenständige Großstadt) und Wiesbaden als die viertreichste Stadt in Preußen. Im ersten Drittel des 20. Jahrhunderts entstanden neben städtischen Verwaltungsgebäuden wie dem alten Stadthaus, der ersten deutschen Autobahn Bonn - Köln und mehreren Institutsgebäuden der Universität auch einige Kultur-, Freizeit-, Erholungs- und Sportstätten.
Bereits im Jahr 1920 hatte der Bonner Turnverein 1860 das Areal am Lievelingsweg gekauft. Lieveling, das niederländische Wort für „Liebling“, ist zugleich auch eine mundartliche Bezeichnung für den Sperlingsvogel Lerche. Die Straße hieß von 1903 bis 1928 zunächst Liefelingsweg und dann von 1928 bis 1935 und erneut ab 1945 Lievelingsweg (stadtplan.bonn.de).
Der Fußballabteilung des BTV, der sich bereits 1919 der FC Normannia Bonn angeschlossen hatte, war nur drei Tage vor der ersten Stadioneinweihung 1921 mit dem 1904 als FC Borussia Bonn gegründeten Club für Rasenspiele 04 zum Bonner Turnverein e.V., Abteilung Turn- und Rasenspiele (kurz TuRa Bonn) fusioniert. Die TuRa galt als der Arbeiterverein aus der Nordstadt.
Zuvor spielte der zum 31. Mai 1903 von dem damals 18-jährigen Willi Rick und Kameraden begründete FC Normannia auf einem Fußballfeld am damaligen Adolfsplatz (heute Frankenbadplatz bzw. Am Frankenbad) inmitten der Nordstadt, für das die Stadt Bonn sogar eine Wellblechbude als Umkleideraum zur Verfügung gestellt hatte. Die Normannen teilten sich diesen Platz mit dem Ende 1901 gegründeten FC Germania Bonn, der wiederum 1922 mit dem ebenfalls 1901 gegründeten und als „Akademikerverein“ geltenden Bonner FV zum Bonner Fußballverein 1901 (Vereinigter B.F.V. und F.C. Germania) fusionierte (Hinweise Herr Rick; zur Entwicklung der Bonner Vereine vgl. die ausführliche Darstellung unter de.wikipedia.org, Bonner SC).
Nach einer einjährigen Bauphase konnte am 8. Mai 1921 das neue Stadion mit einem Fassungsvermögen von bis zu 10.000 Zuschauern offiziell eingeweiht werden.
Schmidt-Schneiders-Stadion (ab 1927)
Die Gesamtplanung für den Ausbau des BTV-Sportplatzes zum Stadion mit Radrennbahn und die Entwürfe für die Hochbauten lieferte die Architektengemeinschaft von Karl Oldag aus Bonn, der selbst Vereinsmitglied war, und Paul Held aus Köln. Ein Vorentwurf entstand 1925, der Ausführungsentwurf mit um die Aschenbahn des eingetieften Platzes gelegter Radrennbahn, Sportgebäude und repräsentativer Eingangsfront am Lievelingsweg 1926. Die Konzeption der Radrennbahn wurde von dem damals führenden Spezialisten für solche Anlagen, Ing. Richard Ludwig aus Markkleeberg bei Leipzig, beraten.
Das von Oldag und Held entworfene Sportgebäude an der Bahn war ein langgestreckter Flachdachbau aus Eisenbeton, verputzt und hell gestrichen. An der Stadionseite waren das turmartige Treppenhaus, die Zuschauerhalle und der halbrund vorspringende Vereinsraum durch eine einheitliche bandartige Fensterreihe zusammengefasst und auf Stützen gestellt. Hinter der Stützenreihe lagen im Untergeschoss die über seitliche Rampe bzw. Treppe zugänglichen Wasch- und Umkleideräume (Schmitz-Ehmke 1988 und Hinweise Herr Dr. Kieser 2024).
Nach der Fertigstellung einiger Erweiterungsarbeiten in den Folgejahren wurde das Stadion dann unter dem Namen „Schmidt-Schneiders-Stadion“ und einem Fassungsvermögen von nunmehr 15.000 Zuschauern am 24. Juli 1927 nochmals eröffnet (nach Kösters 2004 und de.wikipedia.org, andernorts wird vereinzelt ohne Beleg auch der 14. Juli genannt). Bei strömendem Regen zog ein Festzug der Turner und Fußballer vom Belderberg durch die Stadt zum neuen Stadion, wo sportliche Wettkämpfe und ein Fußballspiel Bonn-rechtsrheinisch gegen Bonn-linksrheinisch ausgetragen wurden.
„Es entstand ein Spielfeld von 70 mal 90 Metern mit einer Aschenbahn und Wurf- und Sprungbahnen hinter den Toren. Neben einer Tribüne wurden ein Wirtschaftsgebäude mit Gaststätte und Freiterrasse sowie eine Wohnung für den Platzwart gebaut. Darunter befanden sich die Kabinenräume ...
Die Radrennbahn von 400 Metern Länge aus Beton mit stark überhöhten Kurven war für Flieger- und Steherrennen (Radrennen hinter Schrittmachern auch Spezialmotorrädern) geeignet. Die Tribüne war entgegen den ursprünglichen Planungen nicht überdacht worden ...“ (Kösters 2004)
Im August 1927 fanden sich über 4.500 Zuschauer zu den „Abend-Rennen“ des Bonner Radrenn-Vereins ein. Der Sieger des „Großen Preises von Bonn“ wurde dabei in zwei Steher-Rennen über 30 und 50 km ermittelt. Im Rennen um den „Kleinen Preis von Bonn“ sahen die Regeln vor, dass der jeweils Letzte einer jeden Runde aus der Wertung fiel (man durfte aber offenbar weiterfahren, wodurch „das Rennen sehr an Übersicht ein[büßte]“) und der „Stadionpreis“ wurde über drei Runden ermittelt (General-Anzeiger 1927).
Eine Boxveranstaltung im Juni 1936 zog stolze 3.000 Zuschauer an. Der Hauptkampf über 10 Runden endete mit einem „nach erbitterten Kampf“ errungenen Punktsieg des in Bonn-Buschdorf als Sohn eines Maurers geborenen Berufsboxers Adolf Heuser (1907-1988) gegen den Solinger Erwin Klein. 1996 wurde der Adolf-Heuser-Weg in Bonn-Buschdorf zu Ehren des Bonner Welt- und Europameisters sowie mehrfachen Deutschen Meisters benannt (stadtplan.bonn.de).
Ab 1933 nutzte der Bonner FV das Poststadion als Heimspielstätte, bevor der BFV 1938 in das vereinseigene Stadion an der Dottendorfer Straße umziehen konnte (Skrentny 2015).
Der erste Teil des neuen Namens der Sportanlage „Schmidt-Schneiders-Stadion“ geht auf den seit 1880 in Bonn als Sportarzt und Physiologen wirkenden Geheimen Sanitätsrat Prof. Dr. Ferdinand August Schmidt (1852-1929) zurück. F. A. Schmidt gilt als Mitbegründer der wissenschaftlichen Leibeserziehung, war seit 1883 Herausgeber des Nachrichtenblattes des „Rheinisch-westfälischen Spielverbandes“ und Vorsitzender des Bonner Turnvereins 1860 (BTV) von 1883 bis 1925 (!).
Zweiter Namensgeber war der ebenfalls als BTV-Vorsitzender tätige Rechtsanwalt Dr. Heinrich Schneiders, der als Vorsitzender des Platzausschusses als „Schöpfer“ der Anlage gilt. Er erlebte die Fertigstellung seines Werkes jedoch nicht mehr, da er vor Ostern 1927 verstarb. Die Einweihung des Stadions erfolgte unter dem neuen Vorsitzenden des Bauauschusses, dem Rechtsanwalt Dr. Gansen, war aber eher eine Gedächtnisfeier für dessen verstorbenen Vorgänger. Dr. Schneiders wurde in Reden gewürdigt und zu seinen Ehren wurde eine Plakette an der südlichen Front des Wirtschaftsgebäudes angebracht (Kösters 2004).
Poststadion (ab 1938)
Für die TuRa war die Saison 1937/38 der Gauliga Mittelrhein die vorläufig letzte Spielzeit im vereinseigenen Schmidt-Schneiders-Stadion, das aus finanziellen Nöten zunächst über eine Zwangsversteigerung am 17. Dezember 1937 von der Stadt als Hauptgläubigerin übernommen wurde. Im Oktober 1938 wurde es von der Stadt Bonn für 85.000 Reichsmark an den seinerzeit rund 600 Mitglieder zählenden Post-Sportverein Bonn 1926 e.V. verkauft und anschließend in „Poststadion“ umbenannt. Verkauft wurde seinerzeit „eine Fläche von 2,8973 Hektar einschließlich der Aufbauten und der vorhandenen Anlagen“ sowie „die auf dem Eigentum der Stadt an der Ludwig-Knickmann-Straße befindlichen Kassenhäuschen“ (Hinweis Herr Rick, vgl. General-Anzeiger 1938 und Mitteldeutsche Landeszeitung 1938).
Die Wiedereröffnung erfolgte mit einem Klubvergleich der Bonner und Kölner Leichtathletikvereine am 27. August 1939. In seinen Berichten dazu war der General-Anzeiger voll des Lobes über die modernen Errungenschaften - wie z.B. unterirdische Telefonleitungen, die nun Ansagen von allen Wettkampfstätten ermöglichten.
Zwischen 1935 und 1945 wurde die damalige Teilstrecke des Wegs zwischen Kölnstraße und Stefan-George-Platz zu Ehren des Gründers und Führers eines „Stoßtrupps Buer“ gegen Truppen der Rheinlandbesetzung in Ludwig-Knickmann-Straße umbenannt. Ludwig Knickmann (1897-1923), ein frühes Mitglied der NSDAP seit 1922, wurde bei einem Zusammenstoß mit einer belgischen Patrouille angeschossen und ertrank bei seiner anschließenden Flucht in der Lippe. Von der NS-Propaganda zu einem „Märtyrer der Bewegung“ stilisiert, wurden in Westfalen und im Rheinland bis 1945 zahlreiche Straßen und Einrichtungen nach ihm benannt (www.lwl.org).
Von 1941/42 bis zum Ende des Zweiten Weltkrieges trat die TuRa gemeinsam mit dem Post-SV als Kriegsspielgemeinschaft Bonn (KSG) an. Wiederum durch Fusion entstand im Mai/Juni 1965 aus der TuRa und dem bereits 1901 gegründeten Bonner FV (BFV) der Bonner Sport-Club 01/04 e.V. (Bonner SC).
Der SC zog in das südlich des ab 1966 erbauten Abgeordnetenhochhauses „Langer Eugen“ gelegene Gronaustadion um, wo der Verein bis Ende der Saison 1968/69 seine Heimspiele austrug. Das Gronaustadion wurde wiederum 1989 zugunsten des dort errichteten Schürmann-Baus abgerissen. Der SC ist heute im Bonner Sportpark Nord beheimatet.
Noch lange Zeit in Erinnerung blieben bedeutende Fußballspiele der TuRa im Poststadion - so u.a. am 9. August 1933 ein 2:4 gegen den FC Schalke 04 mit Fritz Sczepan und Ernst Kuzorra oder am 6. Mai 1948 im nach Kriegsschäden wieder hergestellten Stadion gegen den Meister der französischen Besatzungszone, den 1. FC Kaiserslautern mit den späteren Weltmeistern von 1954 Werner Kohlmeyer, Werner Liebrich, Fritz und Ottmar Walter (die Bonner verloren vor 16.000 Zuschauern deutlich mit 3:12).
Neben solchen Spitzenspielen fanden aber auch lokale Derbys großes Interesse bei den Bonner Fußballfans. So fanden sich zu einem Gauliga-Spiel der beiden die Tabelle anführenden Bonner Vereine BFV und Tura am 12. Januar 1936 laut Zeitungsbericht 10.000 Schaulustige im Stadion am Lievelingsweg ein. Auch wenn das Ergebnis von 2:2 eher als enttäuschend wahrgenommen wurde („Man wollte den Sieger sehen“), so freuten sich die beiden Vereinskassierer „Lack“ und „Hubert“ über die offenbar unerwartet hohen Einnahmen (General-Anzeiger 1936).
Da sich die Radrennen bereits früh mangels Publikumsinteresse als unrentabel erwiesen hatten, wurde nach dem Besitzwechsel 1938 die Bahn teilweise beseitigt; nur die Steilkurven bleiben stehen, um das Nachrutschen des Erdreichs zu verhindern. Nach dem Zweiten Weltkrieg, als viele andere Sportstätten beschädigt oder zerstört waren, hat man in Bonn „die Gunst der Stunde“ genutzt und die Rennbahn im Anschluss an die noch erhaltenen Steilkurven wiederhergestellt. (Schmitz-Ehmke 1988 und Hinweise Herr Dr. Kieser 2024)
Seit September 1948 fanden hier wieder Bahnrad- und Steherrennen statt, die nicht selten mehr als 10.000 Zuschauer anzogen (www.general-anzeiger-bonn.de und www.bonner-geschichtswerkstatt.de).
Im Juni und Oktober 1948 wurden im Poststadion sogar reine Motorradrennen ausgerichtet. Ein weiteres, zunächst für 1950 geplantes Rennen wurde jedoch abgesagt und weitere Rennen sind nicht dokumentiert (Semmeling 2009, S. 126). Seit den 1960ern gelang es dem Postsportverein wohl nicht mehr, die Rennbahn zu verpachten (Postsportverein 1966). Laut dem Stadionhistoriker Werner Skrentny fand 1960 zum letzten Mal ein Bahnradrennen im Poststadion statt (Skrentny 2015, S. 32).
In den Jahren, als Bonn Bundeshauptstadt war, trugen die Postsportvereine von Belgien, Frankreich, Großbritannien und Deutschland turnusmäßig einen sogenannten „Four Capitals Cup“ aus: „Dabei wurden die Mannschaften im Postministerium des jeweils austragenden Landes empfangen. Aufgrund der seit 1947 bestehenden Städtepartnerschaft von Oxford und Bonn wurden wir damals vom Lord Major, dem Oberbürgermeister der City of Oxford, empfangen und bewirtet. Die Spiele in Deutschland wurden im damaligen Poststadion ausgetragen.“ (Hinweis Herr Rick, aktiver Teilnehmer 1971 und 1972)
Der Post-SV, der lange noch seine Geschäftsstelle im Clubhaus am Lievelingsweg unterhielt, verkaufte das Stadion 2003 an einen privaten Investor aus Aachen. Seinerzeit war die Anlage zumindest noch so weit intakt, dass in ihr Teile der 2004 erschienenen Kino-Komödie um eine schwule Fußballmannschaft „Lattenknaller - Männer wie wir“ unter der Regie von Sherry Hormann gedreht werden konnten.
In den anschließenden Jahren verfielen das frühere Stadion und die ungenutzte Radrennbahn jedoch zusehends, Müll und Unrat machten sich auf dem Gelände breit. Weder das Stadion noch die Radrennbahn waren als Denkmale geschützt (www.bonn.de, Denkmalliste), so dass einem Abriss mit anschließender Überbauung des Geländes nichts im Wege stand.
Pläne zur weiteren Nutzung des Areals sahen zu Beginn der 2010er-Jahre u.a. vor, dass „das Poststadion komplett verschwinden [solle], denn das ganze Areal wird zugeschüttet und das Clubhaus abgebrochen. Ursprünglich war geplant gewesen, das tiefer liegende Stadiongelände so zu belassen und von unten aus ein viergeschossiges Gebäude zu errichten - also zwei Geschosse über Straßenniveau. Von der alten Radrennbahn, die inzwischen verfallen und an vielen Stellen nur noch zu erahnen ist, wird dann nichts mehr zu sehen sein.“ (www.general-anzeiger-bonn.de, 2011)
Denkmal für Geheimrat Professor Dr. F. A. Schmidt
Eine 1930 am Stadion errichtete Erinnerungsstele für den im Jahr zuvor verstorbenen Ferdinand August Schmidt stand bis vor wenigen Jahren noch in der Mittelachse der Gesamtanlage zwischen den beiden Sportplätzen (vgl. Abbildungen). Die einfach gehaltene Tuffstein-Stele mit umlaufender Sockelinschrift und vorgesetztem Kalksteinblock zeigte seitlich das Turnermotto „Frisch, Fromm, Fröhlich, Frei“. An seiner Front war der Gedenkstein mit einem Duplikat des 1907 geschaffenen bronzenen Reliefbildnis F. A. Schmidts des Bonner Bildhauers Albert Hermann Küppers (1842-1929) geschmückt, dessen Original sich an Schmidts Grab auf dem Bonner Alten Friedhof befindet. Das Relief befindet sich heute auf einem Gedenkstein auf dem „Hertha-Platz“ genannten Sportplatz des F.C. Hertha Bonn 1918 e.V. in Dottendorf.
Der Bonner General-Anzeiger berichtete bereits am 31. Oktober 1930 vorab zu der Einweihung der Stele, dass am 2. November „für Geheimrat Professor Dr. F. A. Schmidt, dem verstorbenen bedeutenden Förderer der deutschen Leibesübungen, ein Erinnerungsmal im Schmidt-Schneider-Stadion am Lievelingsweg geweiht [werde]. Das Erinnerungsmal ist ... überaus schlicht und eindrucksvoll gehalten. Es stellt eine im Grundriss rechteckige Säule dar, deren oberer Abschluß etwas etwas abgeschrägt ist. An der vorderen Schmalseite ist, etwas vorstehend, ein Reliefbildnis Geheimrat Schmidt's angebracht. Die Breitseiten tragen die Anfangsbuchstaben des Turnerwahlspruchs 'Frisch-Fromm-Fröhlich-Frei'. Als Widmung erhielt die Säule neben dem Namen die Inschrift: 'Dem Erneuerer der Leibesübungen in Deutschland'.“
Zuvor wurde bereits eine einfache Marmor-Gedenktafel am Haus Koblenzerstraße 23 enthüllt. Deren Inschrift lautete: „In diesem Hause lebte und wirkte von 1889-1929 für Stadt, Staat und Volk Prof. Dr. F. A. Schmidt, Erneuerer und Förderer der Leibesübungen in Deutschland.“ (Hinweis Herr Rick, vgl. Abb. u. General-Anzeiger 1930)
Das Ende eines Stadions - kein Denkmalschutz für die Moderne
Aufgrund ihres modernen Stils fanden die Bauten von Stadion und Radrennbahn schon kurz nach ihrer Errichtung in den 1920er-Jahren über Bonn hinaus Beachtung: „Der Beton ist hier schon ausdrucksvoll als das Element eines neuen Baugedankens verwendet, durch die stützenfreie horizontale und die skelettartige Durchbildung des Baukörpers. Hinzukommt die treffliche Herausbildung proportionaler Verhältnisse, so zwischen der Schwunglinie der Bahn und dem Baukörper, zwischen der Länge des flach vor-gezogenen Kabinenhofes und der kubischen Gedrungenheit des durch den Aufbau betonten Restaurants und Klubhauses.“ - so die Zeitschrift „Westbau“ 1929. Und auch jüngst noch befand das Projekt „Neues Bauen im Rheinland“ des LVR-Amtes für Denkmalpflege die Bonner Radrennbahn und ihre Gebäude als diejenige Sportanlage im Rheinland dieser Zeit, die der Vorstellung von einem sogenannten „Bauhausstil“ am nächsten gekommen ist (Gropp, Kieser, Kuhrau 2019, S. 48).
Auch wenn die Akzentuierung der Baugruppe durch den Treppenhausturm zuletzt durch die nachträgliche Aufstockung der Zuschauerhalle nicht mehr so deutlich wirksam war, hatte der LVR das Stadion (zusammen mit der umgebenden „Postsiedlung“) bereits 1988 zur Eintragung in die Denkmalliste beantragt. Die Stadt Bonn als zuständige Denkmalbehörde folgte dem jedoch nicht, und wegen des inzwischen fortgeschrittenen Verfalls musste der LVR 2006 seinen Antrag schließlich zurücknehmen - was aber nur noch eine Formalie war, denn Stadion und Gebäude waren inzwischen schon weitestgehend zur Ruine verkommen.
Aktuelle Situation, Lage und Objektgeometrie
Nach der inzwischen erfolgten Neubebauung des Geländes eröffnete auf dem Areal des früheren Poststadions 2018 ein großer Verbauchermarkt mit umliegenden kleineren Geschäften (www.edeka-mohr.de). Im heute durch moderne Wohnbebauung geprägten Nordwesten des früheren Stadionareals erinnert seit 2006 der Straßenname „Am alten Poststadion“ an den 1927-1960 genutzten früheren Weg zu der einstigen Sportstätte (stadtplan.bonn.de). Ein hier erbautes Pflegeheim trägt den Namen „Zentrum für Betreuung und Pflege am alten Poststadion“.
Die hier verzeichnete Lage des Stadions mit der umlaufenden Radrennbahn folgt dem Eintrag „Sportplatz“ auf den topographischen Karten TK 1936-1945 (vgl. Kartenansicht, zur aktuellen Karte technisch bedingt etwas verschoben). Die älteren historischen Karten der Preußischen Neuaufnahme (1891-1912) zeigen das Areal noch völlig unbebaut. Das Luftbild / Orthofoto Nordrhein-Westfalen 1988-1994 lässt die inzwischen überbaute frühere Sportanlage noch deutlich erkennen (ebd.).
(Franz-Josef Knöchel, Digitales Kulturerbe LVR, 2019/2024)
Quellen
- Freundliche Hinweise und Ergänzungen zur Baugeschichte und zum Denkmalschutz von Herrn Dr. Marco Kieser, LVR-Amt für Denkmalpflege im Rheinland, 2024.
- Freundliche Hinweise von Herrn Klaus Rick (Enkel von Willi Rick) und zahlreiche, teils nachfolgend aufgeführte Zeitungsartikel aus dessen Sammlung, 2021/2022.
- „Ferdinand August Schmidt-Stadion des Bonner Turn-Vereins e.V. 1860“, in: General-Anzeiger für Bonn und Umgegend vom 8. Februar 1927.
- „Turnen, Sport und Spiel. Abend-Rennen im Schmidt-Schneiders-Stadion“, in: General-Anzeiger für Bonn und Umgegend vom 27. August 1927.
- „Erinnerungsmal und Gedenktafel für Geheimrat Professor Dr. F. A. Schmidt“, in: General-Anzeiger für Bonn und Umgegend vom 31. Oktober 1930.
- „Das Unentschieden im Bonner Gauliga-Lokalkampf befriedigte nicht“, in: General-Anzeiger für Bonn und Umgegend vom 13. Januar 1936.
- „Verkauf des Schmidt-Schneiders-Stadions an den Post-Sportverein“, in: General-Anzeiger für Bonn und Umgegend vom 21. Oktober 1938.
- „Das Schmidt-Schneiders-Stadion“, in: Mitteldeutsche Landeszeitung vom 21. Oktober 1938.
- „Zum 40jährigen Bestehen des Vereins“, Postsportverein e. V., Nr. 4, 1966.
Internet
www.cycling4fans.de: Radrennbahn Bonn (abgerufen 21.10.2019)
www.lwl.org: Datenbank der Straßenbenennungen 1933-1945, Ludwig Knickmann (abgerufen 22.10.2019)
stadtplan.bonn.de: Straßennamen in Bonn, Lievelingsweg (abgerufen 22.10.2019)
stadtplan.bonn.de: Straßenverzeichnis, Adolf-Heuser-Weg (abgerufen 04.03.2022)
stadtplan.bonn.de: Denkmalauskunft (ohne Eintragung im Bereich Lievelingsweg, abgerufen 10.04.2024)
d-nb.info: Ferdinand August Schmidt in der Deutschen Nationalbibliothek (abgerufen 21.10.2019)
www.bonner-geschichtswerkstatt.de: Bonn 1948/49 (abgerufen 21.10.2019)
www.general-anzeiger-bonn.de: „Einst Bonner Sport-Tempel, heute Ruine“ (General-Anzeiger vom 18.02.2010, abgerufen 21.10.2019, Inhalt nicht mehr frei verfügbar 10.04.2024)
www.general-anzeiger-bonn.de: „Lievelingsweg in Bonn: Poststadion soll komplett verschwinden“ (Text Rolf Kleinfeld, General-Anzeiger vom 13.08.2011, abgerufen 21.10.2019)
www.edeka-mohr.de: EDEKA Mohr, Bonn, Lievelingsweg (abgerufen 21.10.2019)
www.postsportvereinbonn.de: Post-Sportverein Bonn 1926 e.V. (abgerufen 21.10.2019)
de.wikipedia.org: Bonner SC (abgerufen 21.10.2019)
de.wikipedia.org: Albert Küppers (abgerufen 21.10.2019)
de.wikipedia.org: Männer wie wir, Produktion (abgerufen 22.10.2019)
www.bonn.de: Stadt Bonn, Denkmalliste (PDF-Datei, Stand 15.03.0219, abgerufen 22.10.2019, Inhalt nicht mehr verfügbar 10.04.2024)