Gedenkstätten am Steigerkopf

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Fachsicht(en): Landeskunde, Architekturgeschichte
  • Historische Karte der Gedenkstätten am Steigerkopf (1958)

    Historische Karte der Gedenkstätten am Steigerkopf (1958)

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    Landesarchiv Speyer, Akte H 39 Nr. 2635
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    Vermessungsamt Landau in der Pfalz
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  • Das Österreich-Denkmal am Steigerkopf auf der Gemarkung der Gemeinde Edesheim (2018)

    Das Österreich-Denkmal am Steigerkopf auf der Gemarkung der Gemeinde Edesheim (2018)

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    Matthias C.S. Dreyer
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    Matthias C.S. Dreyer
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  • Historische Ansichtskarte Forsthaus Heldenstein mit Schänzelturm, Pfau-Denkmal und Pfau-Stein bei Edenkoben (ca. 1921).

    Historische Ansichtskarte Forsthaus Heldenstein mit Schänzelturm, Pfau-Denkmal und Pfau-Stein bei Edenkoben (ca. 1921).

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    Dreyer, Matthias C.S.
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Auf und um den Steigerkopf befinden sich zahlreiche Gedenkstätten. Es handelt sich um einen Aussichtsturm, um Relikte von Schanzenbauwerken und um eine große Anzahl an Gedenk- und Hinweissteinen, darunter auch neun Rittersteine. Alle verweisen auf Kampfhandlungen im Umfeld des Steigerkopfes. Den historischen Hintergrund bildet im Wesentlichen der Erste Koalitionskrieg, der 1792 bis 1797 stattfand. Weitere historische Bezüge bestehen zu dem Dreißigjährigen (1618-1648) und dem Deutsch-Französischen Krieg (1870-1871).

Geschichtlicher Hintergrund
Der Steigerkopf als Ort der Erinnerung – auch Schänzel genannt
Gedenkstätten abseits des Steigerkopfs
Trivia

Geschichtlicher Hintergrund
Der Erste Koalitionskrieg fand in den Jahren von 1792 bis 1797 statt. Die Koalitionskriege (der synonyme Begriff Revolutionskriege ist nicht mehr gebräuchlich) umfassten Kampfhandlungen Frankreichs gegen andere europäische Mächte im Zeitraum von 1792 bis 1815. Waffengänge im Ersten Koalitionskrieg gingen zunächst vom französisch-kurpfälzischen Grenzgebiet aus, verbreiteten sich jedoch mit zunehmender Kriegsdauer über weite Teile Europas. Ab 1796 rückte Napoleon Bonaparte in den Mittelpunkt des Geschehens (Italienfeldzug 1796/97, Ägyptenfeldzug 1798, Staatsstreich Napoleons 1799, Kaiserkrönung 1804, französische Siege bei Austerlitz 1805 und Jena-Auerstedt 1806 mit der Auflösung des Heiligen Römischen Reiches, Russlandfeldzug 1812). Vom Zweiten Koalitionskrieg ab 1799 bis zur Niederlage Napoleons bei Waterloo 1815 werden die Koalitionskriege deshalb auch als Napoleonische Kriege bezeichnet.

Die kriegsauslösenden Ursachen im Jahr 1792 waren eine zeitlich versetzte Reaktion auf die Französische Revolution von 1789. Französische Revolutionäre hatten den Rhein als Ostgrenze Frankreichs im Visier. Eine Koalition aus (im Wesentlichen) Preußen und Österreich verfolgte in den Jahren des Ersten Koalitionskrieges die Wiederherstellung der Monarchie in Frankreich (Ludwig XVI.) und versuchte, die Verbreitung revolutionärer Ideen und Reformen außerhalb von Frankreich zu unterdrücken.
Mit der französischen Kriegserklärung im April 1792 begannen, bezogen auf die Kurpfalz, etwa das heutige Gebiet der Pfalz, wechselhafte und scheinbar wirre Kampfhandlungen. Die revolutionäre Nationalversammlung zwang den französischen König Ludwig XVI., bevor er im Januar 1793 hingerichtet wurde, zur Kriegserklärung gegen Preußen und Österreich, obgleich Preußen-Österreich den französischen König stützte. Es folgten erste erfolglose Vorstöße der Koalitionstruppen nach Lothringen. In der Folge kam es, ausgehend von den Weißenburger Linien (französisch-deutsche Grenze), zum Vormarsch der Franzosen, über Landau, Speyer und Worms bis nach Mainz. Nachdem die Stadt kapituliert hatte, zogen Teile der Koalitionstruppen erneut gegen Süden. Gleichzeitig stießen andere Einheiten bei Pirmasens auf den französischen Gegner. Es folgte im Winter 1793 der Rückzug nach Kaiserslautern. Dabei kam es vom 28. bis 30. November 1793 zur Schlacht bei Morlautern, bei der etwa 20.000 preußisch-sächsische Truppen über 40.000 Franzosen siegreich waren (Gedenktafel am Schlachtenturm).

Im Kriegsjahr 1794 bildete sich eine Frontlinie von Speyer über Johanniskreuz im Pfälzerwald bis in die Trierer Gegend heraus. Am 614 Meter hohen Steigerkopf befestigten unter dem preußischen General von Pfau vier Bataillone, also rund 4.000 Soldaten, umfangreiche Schanzen unmittelbar unter dem Gipfel. Es handelte sich nicht um das erste Mal, dass hier Schanzenbauwerke aus Holz und Erdreich errichtet worden waren. Bereits im Dreißigjährigen Krieg soll es dort Schanzen gegeben haben. Die im Jahre 1794 in das Erdreich gegrabenen oder aufgeschütteten Schanzen umfassten den Gipfelbereich in allen vier Himmelsrichtungen. Die am stärksten ausgebaute Hauptschanze I sicherte die Passstraße, die die Rheinebene mit Kaiserslautern verband.
Der 13. Juli 1794 war ein Tag von entscheidender Bedeutung. Bereits in den Tagen zuvor kam es zu mehreren Eroberungsversuchen der Franzosen, bis es schließlich am 13. Juli zur Einnahme der Schanzen kam. Dabei kam der preußische General von Pfau ums Leben. Die Niederlage der Koalitionstruppen am Schänzel hatte einen Rückzug zum und über den Rhein zur Folge. Als Konsequenz schied Preußen nach einem Waffenstillstand mit Frankreich aus dem laufenden Kriegsgeschehen aus.
Im Jahr 1795 kam es erneut zu Kämpfen am Schänzel, diesmal zwischen österreichischen und französischen Truppen. Dabei kam es am 13. Dezember zu einer Erstürmung der französisch besetzten Schanzen durch die Österreicher, zum anschließenden Rückzug der Franzosen aus der Rheinebene und am 27. Dezember zu einem, jedoch nur vorübergehenden, Waffenstillstand.

Die Jahre 1796 und 1797 waren gekennzeichnet durch die erneute und nunmehr vollständige Besetzung des linken kurpfälzischen Rheinufers durch französische Truppen. Nach Friedensverhandlungen (zum Ende des Jahres 1797) wurde das linke Rheinufer zum französischen Territorium. Ab dem Jahre 1799 sollte es zum Zweiten Koalitionskrieg kommen, bei dem dann auch Napoleon Bonaparte in den geschichtlichen Vordergrund drängen sollte. Auf Napoleons Scheitern bei Waterloo (1815) und den Wiener Kongress folgte ab dem Jahre 1816 die Eingliederung der Pfalz in das Königreich Bayern.
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Der Steigerkopf als Ort der Erinnerung – auch Schänzel genannt
Die Kampfhandlungen der Jahre 1794 und 1795 (Erster Koalitionskrieg) und insbesondere der Tod des preußischen Generals von Pfau am 13. Juli 1794 markieren den Beginn des heutigen Bekanntheitsgrads des Steigerkopfes. In der Folge nahm er mehr und mehr Gestalt als Erinnerungsort an. Bereits zwei Jahre nach Pfaus Tod wurde 1796 durch den ebenfalls an den Kämpfen 1794 und 1795 beteiligten österreichischen Feldmarschall Wurmser das Pfau-Denkmal in Auftrag gegeben. Es wurde im Jahr 1828 aufgestellt. Der Gedenkstein, nicht zu verwechseln mit dem Ritterstein 68, erinnert an den Tod Generals von Pfau.

In den Jahren nach dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71 wurden auf dem Steigerkopf mehrere Gedenksteine und ein Aussichtsturm errichtet. Nach dem Sieg 1871 und der Gründung des Deutschen Reiches durch Kaiser Wilhelm I. wurde versucht, die Reichsgründung historisch zu legitimieren. Man verknüpfte das neue Kaiserreich mit den Koalitionskriegen gegen Frankreich und dem Sieg gegen Napoleon 1813 in der Völkerschlacht bei Leipzig (Gruner, Seite 110). In der Pfalz bezog sich diese historische Legitimierung auf den Ersten Koalitionskrieg von 1792 bis 1797 und auf die Kampfhandlungen auf dem Schänzel in den Jahren 1794/95.

Im Jahr 1874 wurde auf dem Gipfel des Steigerkopfes der Schänzelturm errichtet. Eine am Turm angebrachte Tafel, die anlässlich der Widmung im Jahr 1894 angebracht wurde, erinnert an die Kämpfe im Juli 1794, die mit dem Tod Generals von Pfau endeten.

Im Jahre 1895 wurde einhundert Jahre nach dem österreichischen Sieg am Steigerkopf das Österreich-Denkmal errichtet. Es besteht aus mehreren Steinen und Inschriften und erinnert an die Kämpfe vom 13. Dezember 1795 und den anschließenden vorübergehenden Rückzug der Franzosen aus der Rheinebene. Ebenfalls im Jahre 1895 wurde ein weiterer historischer Bezug durch die Errichtung eines Gedenksteines hergestellt. Es handelt sich um einen Gedenkstein mit der Inschrift „Schwedenstein“. Er bezieht sich auf den Dreißigjährigen Krieg (1618-1648). Damals wurden auf dem Steigerkopf, im Zusammenhang mit einer schwedisch-französischen Truppenverbündung, Schanzen zur Sicherung der Truppen des Herzogs von Sachsen-Weimar gebaut, der auf schwedischer Seite gegen die kaiserlich-bayerischen Truppen kämpfte.

Nicht lange nach der Gründung des Pfälzerwald-Vereins wurden in den Jahren 1900 bis 1914 die sogenannten Rittersteine aufgestellt. Die Sandsteinfindlinge mit den Nummern 62, 63, 64, 64a, 65, 66 und 67 erinnern an die vier Schanzenbefestigungen rund um den Steigerkopf (Hauptschanze I, Schanzen II, III und IV). Die einst erdbefestigten Schanzen sind aufgrund des steilen Geländes nur noch in Ansätzen erkennbar. Am deutlichsten nachvollziehbar sind die Schanze I (Ritterstein 62) und der Verhau der Schanze IV (Ritterstein 67). Der Ritterstein 68 erinnert an den Tod Generals von Pfau am 13. Juli 1794. Der Ritterstein 69 befindet sich knapp drei Kilometer östlich vom Schänzel. Der heutige Kohlplatz erinnert an Rückzugsgefechte durch ein preußisches Bataillon, die sich im Nachgang von Pfaus Tod ereigneten.
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Gedenkstätten abseits des Steigerkopfs
Die geschilderten Kriege hatten noch weitere Schauplätze im Pfälzerwald. Auch abseits des Steigerkopfes wurden Gedenkstätten errichtet. Die Rittersteine 61, 79 bis 81 sowie 144 und 145 im Umfeld von Johanniskreuz und die Nummern 170 bis 175 nordöstlich von Hochspeyer erinnern ebenfalls an Auseinandersetzungen und Schanzenbauten in den Jahren 1793 und 1794 des Ersten Koalitionskrieges. Am ehesten lassen sich Relikte der erdbefestigten Schanzen an den Rittersteinen 145, 172, 173 und 174 nachvollziehen. Auch der Schlachtenturm bei Morlautern ist im Zusammenhang der Kriegsereignisse zu erwähnen.

Insgesamt erinnern zwanzig der gegenwärtig 306 Rittersteine an den Ersten Koalitionskrieg und damit an die Zeit, als die Pfalz das erste Mal französisch wurde. Kein anderes geschichtliches Ereignis wird in dieser Breite und Anzahl durch Rittersteine aufgegriffen.

Trivia
In dem Gedicht „Das wilde Heer“ (Von dem Lande der Reben) hat der pfälzische Lieder- und Gedichteschreiber Oskar Schmitt (22.02.1875-10.01.1941), Maikammer folgende Zeilen (im Vers acht) zum Schänzel formuliert (Schmitt 1905, S. 134):

Was flattert um den Totenkopf?
Vom Schänzel, welch Gedröhn?
Noch kämpfen die Gefallenen,
Horch! Hörst du das Gestöhn?


(Matthias C.S. Dreyer, Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd 2018 und Club Sellemols (Historienfreunde Maikammer-Alsterweiler) 2020)

Literatur

Dumont, Franz; Schütte, Ludwig / Alter, Willi (Hrsg.) (1981)
Die Zeit der Französischen Revolution und Napoleons. In: Pfalzatlas (1963-1994). Textbände I bis IV sowie zwei Kartenbände, S. 1458-1460. Speyer.
Eitelmann, Walter / Pfälzerwald-Verein e.V. (Hrsg.) (2005)
Rittersteine im Pfälzerwald. Gedenksteine und Inschriften - Eine steinerne Geschichtsschreibung. Neustadt an der Weinstraße (5. Auflage).
Eitelmann, Walter; Kimmel, Ernst (1998)
Rittersteine im Pfälzerwald. Eine steinerne Geschichtsschreibung. S. 422. Neustadt an der Weinstraße (4. überarbeitete und wesentlich erweiterte Auflage, insbesondere erweitert durch 59 Wandervorschläge).
Gruner, Wolf D. (2012)
Der Deutsche Bund. S. 128. S.110, München.
Landesarchiv Speyer (Hrsg.) (1904)
Genehmigung von Neubauten oder Umbauten in einzelnen Gemeinden (Edenkoben). Alle Akten mit Plänen in der Zeit vor 1950. In: Bestand H 39 Nr.2635, Edenkoben. Online verfügbar: Archivdatenbank Landesarchiv Speyer, abgerufen am 15.01.2019
Schmitt, Oskar (1905)
Von dem Lande der Reben. Eine bunte Folge heimischer Lieder und Gedichte von Oskar Schmitt, Maikammer. Mit Buchschmuck v. Heinrich Strieffler, Landau. S. 160. 134, Neustadt a. H.

Gedenkstätten am Steigerkopf

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„Gedenkstätten am Steigerkopf”. In: KuLaDig, Kultur.Landschaft.Digital. URL: https://www.kuladig.de/Objektansicht/SWB-276747 (Abgerufen: 27. April 2024)
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