Frechen entwickelte sich aufgrund seiner Nähe zu bedeutenden und hochqualitativen Tonvorkommen und der Handelsmetropole Köln am Rhein ab dem ausgehenden Mittelalter zu einem bedeutenden Zentrum für Steinzeug- und Irdenwareprodukte. Im Laufe des 18. und 19. Jh. nahm die Bedeutung dieser Produkte für den täglichen Bedarf und häuslichen Gebrauch ab, da andere Materialien, wie z.B. Emaille, industriell und günstiger produziert werden konnten. Dafür stieg aber der Bedarf an Abwassersystemen in den Städten, die aufgrund der Industrialisierung mit starkem Bevölkerungswachstum und damit auch hygienischen Problemen zu kämpfen hatten. Für die Wasserver- und -entsorgung eignete sich ganz besonders das Steinzeugrohr, da Steinzeug bruchsicher, druckfest, wasserundurchlässig und säureresistent ist.
Steinzeugröhren konnten in Frechen ab 1852 mithilfe einer Handröhrenpresse genormt hergestellt werden. Diese hatte die Kölner Kaufmannsfamilie Sticker aus London mitgebracht. Eduard Sticker pachtete 1852 den Töpfereibetrieb des Christian Schaaf in der Breitestraße, wo er unter dem Töpfermeister Schaaf die ersten Steinzeugrohre produzieren ließ. Nach und nach passten sich einige der Frechener Töpfer dieser Entwicklung an und produzierten nun auch Steinzeugröhren mithilfe von Pressen.
Insgesamt sind bisher aus der Aktenlage des Frechener Stadtarchives und der Literatur folgende Steinzeugfabriken für Frechen und Königsdorf bekannt. Teilweise können die Standorte nicht genau lokalisiert werden.
- 1852-1857 Eduard Sticker
- 1862-(?) Albert Meier (Ostermann 1967, S. 44)
- 1862-(?) Adolph Meyer
- 1864-1902 Adolph Bauer
- 1867-1920 Simon Loevenich
- 1869(?)-(?) Peter Schaaf (lt. Dörner 1953, S. 70)
- 1873-1880 Franz Hensmann in Frechen
- 1879-1898 Johann Schaaf (später Kleinsorg & Loevenich)
- 1879-1954 Lövenich & Hendrickx
- 1880-1972 Franz Hensmann
- 1883-1966 Weiden & Schaaf
- 1885-1970 H & J. Geusgen
- 1885-1975 Großpeter & Lindemann
- 1886-1964 Gerhard Dorn
- 1887-1968 Conzen & Cie.
- 1889-2018 Kalscheuer & Co. (später Rhenania, zuletzt Steinzeug KERAMO GmbH)
- 1895-1966 Andreas Loevenich
- 1898-1982 Kleinsorg & Loevenich
- 1903-1968 Tillmann Vogt
- 1903/1906-1984 Rhenania
- 1906-1998 Cremer & Breuer
- 1913-1968 Balkhausen & Co.
- 1927-2005 Valentin Rossmann
Innerhalb Deutschlands stellte Frechen ein bedeutendes Zentrum der Steinzeugrohrproduktion, aber auch der Tongewinnung dar. Laut einem Bericht des Frechener Gemeindedirektors Hans Schaeven für das Jahr 1949, gestaltete sich die Situation der Steinzeugindustrie wie folgt: „Im Jahre 1936 bestanden in Deutschland 84 Steinzeugröhrenfabriken, von welchen 43 in Westdeutschland, besonders im linksrheinischen Gebiete lagen. (…) Frechen ist einer der beiden Hauptstandorte der deutschen Steinzeugindustrie geworden; der andere Hauptpunkt ist Bitterfeld, die übrigen Werke liegen über Deutschland verstreut. (…) Das Frechener Tonvorkommen ist die Rohstoffbasis für 30 Werke der Steinzeugindustrie, von welchen 28 im linksrheinischen, 2 im rechtsrheinischen Gebiete liegen. (…) Das Frechener Tonvorkommen ist die Rohstoffbasis für rd. 40% der deutschen Steinzeugindustrie“ (Schaeven 1949, S. 7). Frechener Steinzeugröhren wurde innerhalb Europas gehandelt, aber auch bis Argentinien, Costa-Rica, Guadeloupe, Vorderasien, Indonesien, Sri Lanka und Singapur verschifft (Schaeven 1949, S. 12).
In den 1960er Jahren produzierten noch bis zu 12 Fabriken zeitgleich, danach fanden kontinuierlich Unternehmenskonzentrationen statt und die kleineren Unternehmen beendeten die Produktion. Aufgrund ihrer innerstädtischen Lage konnten diese nicht expandieren und keine neuen Ofenanlagen mit hohem Raumanspruch errichten. Somit waren sie aufgrund veralteter Technik und zu kleinen Betriebsgrößen nicht mehr konkurrenzfähig.
Mit Schließung der letzten Steinzeugfabrik zum 31.12.2018 gehören die Steinzeugfabriken, zugehörige Siedlungen, Infrastruktur sowie die Baukeramik im Stadtgebiet zum historischen kulturellen Erbe der Keramiktradition in Frechen. Die Fabriken prägten das Stadtbild wesentlich - Frechen entfaltete mit den hochaufragenden zahlreichen Schornsteinen das Landschaftsbild im Westen Kölns wesentlich. Im Hinblick auf die Bedeutung der Steinzeugproduktion innerhalb Deutschlands kommt den verbliebenen Spuren dieser Industrie ein sehr hoher Zeugniswert zu.
(Nicole Schmitz, LVR-Abteilung Kulturlandschaftspflege, 2024)