Die gegenwärtige Bestockung des Dämmerwaldes besteht im Staatsforst zu knapp 54 % aus Laubhölzern und gut 46 % aus Nadelhölzern (v.a. Kiefern). Verbreitet sind naturnahe Eichen- und Buchen(misch)wälder, Eichen-Hainbuchenwälder, alte Eichenwälder, Erlen(bruch)wälder und beim Nadelholz v.a. Kiefernforste, zum Teil auch Lärchen und Fichten (Wald und Holz NRW 2009; www.naturschutzinformationen-nrw.de, WES-073).
Frühe Geschichte
Mittelalter
Neuzeit
Heute
Historische Kulturlandschaftselemente und Relikte
Hinweis / Internet
Frühe Geschichte
Im Dämmerwald selbst sind keine vor- und frühgeschichtlichen Bodendenkmäler aus der Stein-, Bronze- und Eisenzeit bekannt. Entlang des Unterlaufs der Lippe sind mehrere bronze- und eisenzeitliche Fundstellen nachweisbar.
Die rechtsrheinischen Gebiete lagen nur indirekt im römischen Herrschaftsbereich. Wir können davon ausgehen, dass allenfalls im Umkreis der römischen Verkehrswege und vorgeschobenen Römerlager an der Lippe ein gewisser Einfluss auf die umgebende Kulturlandschaft stattfand (Bosinski 2006, S. 150; Baales u.a. 2006, S. 480; Kreis Wesel 2004, S. 10).
Mittelalter
Eine erste urkundliche Erwähnung (Demmerwalt) datiert von 1163. Bereits im 8. Jahrhundert kristallisierten sich nördlich und östlich des Dämmerwaldes die politischen Grenzen zwischen Sachsen und Franken heraus. Im Mittelalter blieben das Rheinland und Westfalen durch die Grenzen der späteren Territorialherrschaften – dem westfälischen Bistum Münster einerseits und dem rheinischen Bistum Köln bzw. der Grafschaft Kleve andererseits – getrennt.
Im Laufe des Hochmittelalters dehnten die Klever Grafen ihren Machtbereich von Wesel ausgehend lippeaufwärts aus. Im südöstlich des Dämmerwaldes liegenden Schermbeck wird 1319 erstmals eine klevische Wasserburg erwähnt. Die um die heute noch weitgehend erhaltene Burg angelegte Siedlung – später „Neuschermbeck“ – gehörte zum klevischen Amt Schermbeck. Dagegen befanden sich Altschermbeck, Overbeck, Rüste und Üfte im Amt auf dem Brahm (das spätere Amt Ahaus) im Fürstbistum Münster.
Die mittelalterlichen Rodungs- und Kultivierungsaktivitäten rund um den Dämmerwald waren nicht so intensiv wie etwa in den linksrheinischen Gebieten. Im 11./12. Jahrhundert kamen noch die Bauerschaft Bricht, die Einzelhofsiedlung Dämmerwald, die Siedlung Damm und der Hof Wisele (heute Weselerwald) hinzu. Gahlen wurde bereits am Ende des 8. Jahrhunderts erwähnt, die Bauerschaft Overbeck erst 1340. Im Norden lagen das schon 889 erstmals urkundlich aufgeführte Raesfeld und Erle. Das zu Hünxe gehörende Drevenack taucht schon im 10. Jahrhundert in den Quellen des Klosters Werden auf (Lutter 1980; Wensky 1983, S. 277ff.; Rotthauwe-Löns 1964, S. 13ff.).
In diesen Jahrhunderten nutzten die umliegenden Bewohner den Dämmerwald als Wirtschafts- und Lebensraum. Dämmerwald und Weselerwald waren vermutlich ursprünglich ein zusammenhängendes, weitgehend geschlossenes Waldgebiet, welches als Eichen-Buchen-Mischwald mittel- und niederwaldartig genutzt wurde. Im Jahre 1319 teilte man es „in zwei Markverbände“ auf (Benninghoff-Lühl 1984, S. 30).
Neuzeit
Im 18. und frühen 19. Jahrhundert wurden im Rahmen der preußischen Peuplierungspolitik in den Heidegebieten vor allem des Weselerwaldes und westlich des Weges nach Erle „Colonisten“ angesiedelt.
Durch die Festigung ihrer grundherrlichen Forstrechte entwickelten die klevischen Landesherren weite Gebiete des Dämmerwaldes zu einem herrschaftlichen Forst. Zunächst gehörte nur der östliche (größere) Teil des Waldes zum landesherrlichen Wald, weitere Parzellen – etwa östlich des Kerslohs – kaufte der Fiskus seit Beginn des 20. Jahrhunderts von umliegenden Bauern dazu.
Obwohl zeitgenössische Quellen den Zustand des Dämmerwaldes im Vergleich zu benachbarten Waldgebieten noch als relativ gut bezeichneten, verheideten auch hier immer mehr Flächen. Sie sind z.B. auf der Le Coq’sche Karte Anfang des 19. Jahrhunderts gut zu erkennen.
Bevölkerungswachstum und zunehmender Brennholzmangel zwangen dazu, auch Torf als Feuerungsmaterial zu verwenden. Um Zaunholz einzusparen und die Kulturen vor Vieh- und Wildverbiss zu schützen, wurden Wälle angelegt und mit Hecken bepflanzt. Demgegenüber ging nach wie vor Eichenholz aus dem Dämmerwald als Schiffsbau- und Bauholz insbesondere in die Niederlande.
Die auf den Heideflächen gehaltenen Schafherden lieferten den Rohstoff für das in der zweiten Hälfte des 18. und zu Beginn des 19. Jahrhunderts in der Umgebung des Dämmerwaldes angesiedelte Textilgewerbe. Später im 19. Jahrhundert folgten das Töpferhandwerk und die Ziegelherstellung, gegen Ende des Jahrhunderts die Dachziegelindustrie. Überall im Bereich des Dämmerwaldes legte man Tongruben an. Bekannt ist das heutige Naturschutzgebiet Lichtenhagen, wo bis in die 1960er Jahre der hier am Rand der Hauptterrasse fast oberflächlich zutage tretende Ton abgegraben wurde.
Größere Rodungen zur Anlage von Siedlungen folgten nicht mehr, außer einer 1886 im Ödland der Lühler Heide errichteten Ansiedlung von 19 Kolonisten (Lühlerheim). Die allmähliche Verkehrserschließung dieser Jahrzehnte berührte den Dämmerwald nicht.
Die Agrar- und Forstreformen des 19. Jahrhunderts veränderten den Dämmerwald nachhaltig. Die preußische Forstwirtschaft kultivierte besonders die kargen Heideböden – so etwa Gebiete des Jägerheidemoors, der Großen Heide und der Apeler Heide – mit den anspruchsloseren Nadelhölzern. Der fehlende Absatz für Laubhölzer und die Nachfrage des Ruhrbergbaus nach Nadelhölzern beförderten die Kiefernwirtschaft. Durch die umfangreichen Aufforstungen des 19. Jahrhundert nahm auch die Waldfläche wieder zu. Ehemalige Laubwälder wandelte man in sekundäre Nadelwälder um. Einheitlich strukturierte, künstliche Hochwaldformen verdrängten die alten Mittel- und Niederwälder. Viele der Forstkulturen wurden von Wällen und Gräben umgeben, die man heute noch im Wald erkennen kann.
Im 20. Jahrhundert blieb der Dämmerwald als weitgehend geschlossenes Waldgebiet erhalten. Er wurde fast ausschließlich als Wirtschaftswald genutzt in der schon im 19. Jahrhundert eingeführten Hochwaldwirtschaft mit Kahlschlagverfahren und künstlicher Verjüngung. Die Bestockung mit Nadelholz – besonders Kiefer – nahm weiter zu.
Die Schäden durch den Zweiten Weltkrieg waren im Dämmerwald im Vergleich zum hart umkämpften Reichswald relativ gering. Im Rahmen der „Reparationshiebe“ nach dem Krieg wurden viele Altbestände gefällt und auf dem Rhein verschifft (Stracke 1994, S. 14). Später sind diese Kahlflächen fast ausschließlich mit Kiefer wiederaufgeforstet worden.
Heute
Ab Mitte der 1960er Jahre nahm die wirtschaftliche Bedeutung des Waldes ab, da die Holzerzeugung unrentabler wurde. Die Schutz- und Erholungsfunktion der Wälder bekamen einen höheren Stellenwert. Der Dämmerwald wurde nahezu vollständig als Immissionsschutz- und Erholungswald eingestuft. 1965 erfolgte der Beitritt des Gebietes zum Naturpart Hohe Mark.
Heute ist der Dämmerwald ein großes Naturschutzgebiet und wurde teilweise in das europäische Schutzgebietsnetz „Natura 2000“ aufgenommen. Die strukturarmen Nadelholzbestände werden nach und nach in reich strukturierte, standortgerechte Laub-/Mischwaldbestände überführt.
Aber auch aus landeskundlichen und historischen Gründen ist dieses Waldgebiet von großer Bedeutung.
Historische Kulturlandschaftselemente und Relikte im Raum Dämmerwald - Besonderheiten und Bedeutung
Der Dämmerwald beherbergt einige kulturhistorische Elemente und Strukturen, die sich unter Wald bzw. im Umfeld des Waldes bis heute erhalten konnten. Die wichtigeren von ihnen sind:
- Weseler Landwehr
- Forsthaus Damm
- Forsthaus Malberg
- Ehemalige Lehm- und Tongruben als Relikte des Ziegelei- und Töpfereihandwerks (u.a. Gewässer im Naturschutzgebiet Lichtenhagen)
- Ehemalige Kies- und Sandgruben
- „Jakobsbrunnen“ – eine alte Viehtränke im Zentrum des Dämmerwaldes
- Umwallungen zum Schutz der Kulturen vor Vieh- und Wildverbiss
- Kiefernbestände (Relikte der Grubenholzwirtschaft)
- Ehemalige Schneitelbäume (Relikte der Futterwirtschaft)
- Hutebäume (Naturdenkmale Rotbuchen) als dynamische Kulturlandschaftsrelikte
- Findling „Teufelstein“
- Inselhaftes Vorkommen des Rotwildes als Relikt der historischen Jagdnutzung.
Hinweise
Das Objekt „Dämmerwald“ ist wertgebendes Merkmal des historischen Kulturlandschaftsbereichs Dämmerwald (Kulturlandschaftsbereich Regionalplan Ruhr 021).
Der Dämmerwald war KuLaDig-Objekt des Monats im Februar 2018.
(Bernward Selter, Münster, 2013)
Internet
www.naturschutzinformationen-nrw.de: Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen, Fachinformation Naturschutzgebiet Daemmerwald (WES-073) (abgerufen 09.01.2018)